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Stilmerkmale

Im Dokument Nikolaus Trübner (Seite 50-54)

6. Das Werk Nikolaus TrŸbners

6.5. Stilmerkmale

Das Typische fŸr alle TrŸbner-Arbeiten ist die starke malerische Wirkung insgesamt und aller figŸrlichen, aber auch szenischen Ornamentmotive im Besonderen. Die Ge-samtdekoration ist bis ins kleinste Detail liebevoll ausgearbeitet und in ihrer Tiefen-wirkung fein abgestuft angegeben. Alles Harte und Spitzkantige, ebenso alle ãlautenÒ Kontraste im Dekor werden vermieden, selbst die OberflŠche der Gold- und Silber-schmiedearbeiten erscheint niemals metallisch glŠnzend, sondern weich und matt und ordnet sich dem Gesamtbild unter. Dennoch wirken die Werke TrŸbners nicht span-nungslos und stumpf, sondern durch die Angabe von Bewegung, Licht und Schatten sehr lebendig. TrŸbner erreicht diese angestrebte Gesamtwirkung durch mehrere Fak-toren, ganz besonders durch eine weich hervorgetriebene Dekoration, zumeist aus krauser, flŠchendeckende Ornamentik, die sich teilweise unter- und Ÿberschneidet und sich durchdringt, aber niemals applikationsartig angebracht ist, und dazu im Wi-derspruch stehend, durch eine straffe Gliederung der GefŠ§e mit deutlich abgesetzten GerŠteteilen, die durch fast schon harte Profilleisten, Hohlkehlen und Friese

akzentu-iert werden. Die gesamten Au§enkonturen aller TrŸbnerschen Arbeiten sind jedoch nicht durch die vielfŠltige Ornamentik, die alternierend aus verschieden stark heraus-gearbeiteten, reliefartig-plastischen Motiven und gravierter Dekoration besteht, ver-deckt, sondern in straffen SchwŸngen gefŸhrt, die ab und zu unterbrochen werden durch die weichen, ausgesprochen selten spitzkantigen Binnenkonturen der Orna-mentik. AuffŠllig ist auch die sehr geschlossene Kompositionsweise bei allen bildhaf-ten Darstellungen und vor allem bei Renaissancearbeibildhaf-ten, wie allgemein bei Juwelenarbeiten, wo sich alle Dekoration rings um das zentrale Motiv gruppiert. An-dererseits kann die Dekoration und ebenso die Komposition auch sehr verschlungen sein. Dieses Merkmal begegnet im Werke TrŸbners in neobarocken Werken sowie in Werken des Jugendstils. Noch eines haben beide gemeinsam: florale Elemente in Form von GrŠsern, Ranken und von Blumenwerk. PrŠgnante Beispiele hierfŸr sind die Daumschen Vasen und Kannen, die TrŸbner mit einer Silbermontierung versehen hat.

Diese zeigen, wie alle seine Silberarbeiten das stark ausgeprŠgte naturalistische Ele-ment in seinem gesamten Werk. Allerlei Getier mit Echsen und Fabelwesen, fast im-mer vollplastisch ausgebildet, erscheint auf vielen Pokalen und besonders auf allen TafelaufsŠtzen. Die Freude am Spielerischen in scheinbar kleinen NebensŠchlichkeiten zeigt sich in der Gestaltung von DeckelknŠufen, GefŠ§henkeln und GefŠ§fŸ§en, die als Knospen, Blattkringel, in Rollwerk eingesperrte menschliche Figuren, verschlungene Delphinleiber, DrachenmŠuler oder auch Miniaturarchitekturen gebildet sind, bei-spielsweise an Arbeiten im Rokoko-Stil, an Pokalen und an den Daum-GlŠsern. Der Fi-gurenaufbau leitet sich zumeist von den Prinzipien des Manierismus her: ŸberlŠngte Gliedma§e und schlanke Kšrper, die weich gebogen sind zu einer figura serpentinata.

Auch das Motiv des scheinbar mŸhelosen Tragens bzw. Balancierens von schweren Lasten sowie die oben aufgefŸhrten Einzelmotive sind dem Motivschatz und der Auf-fassung des Manierismus entlehnt.

Gute Bewegungsstudien, wie sie schon frŸh in TrŸbners Tierzeichnungen und der Frauenstudie ÒApr•s Michel AngeloÒ zu erkennen sind, kennzeichnen sein gesamtes Werk. Doch lagen seine SchwŠchen anscheinend bei der Darstellung von menschli-chen Kšrpern, besonders bei der dreidimensionalen. Unsicherheiten bei der Figuren-modellierung finden sich beispielsweise beim sitzenden Putto des fŸhen

MŸnzhumpen wieder. Wohl deshalb haben zu fast allen TrŠgerfiguren der Tafelauf-sŠtze und Pokale und zu einigen figŸrlich gestalteten Petschaften andere namhafte KŸnstler die EntwŸrfe bzw. die Modelle geliefert.

Typisch fŸr TrŸbner ist weiterhin das Hauptmotiv des Dekors, eine vedutenartige Stadtansicht, die von Ornamenten umrahmt wird oder eine malerische Landschaft, in der eine kleine Geschichte spielt. Um eine starke Tiefenwirkung der einzelnen Bildge-genstŠnde zu erreichen, bediente sich TrŸbner einer sehr feinen, delikaten Ziselierung auf einer subtil abgestuften, mŠ§ig erhaben getriebenen Reliefarbeit, so z.B. bei den Frankfurter Daumkannen, dem Puttiteller, den neobarocken ovalen Platten u.v.m., also in jeder von ihm genutzten Stilstršmung. Eingangs kann man in seinem Oeuvre noch eine reichhaltige, beinahe schon Ÿberladene Vielfalt an Ornamentformen und -menge beobachten, einen gewissen horror vacui, der sich spŠter, in den 90er Jahren all-mŠhlich verliert. Bei den Arbeiten im Barock-Rokoko-Stil und den Jugendstilarbeiten korrespondieren glatte, leer belassene FlŠchen als besonderes Gestaltungselement mit dekorierten FlŠchen. Trotzdem sind die einzelnen Dekore niemals hart gegeneinander abgesetzt. Obwohl die OberflŠche sehr weich erscheint und alles Harte, Metallische vermieden wird, wirken die einzelnen Bildelemente bei TrŸbner niemals teigig, son-dern sind sehr deutlich gegeneinander abgegrenzt. Das Licht ist nunmehr ebenso als eigenstŠndiges Gestaltungselement, und dies sehr differenziert, eingesetzt. WŠhrend TrŸbners erste Arbeiten noch wesentlich statischer in der Tektonik sind als die spŠte-ren, teilweise auch deshalb,weil sie sich getreu an ihre Gštzschen Vorlagen halten, lšst er sich spŠter auch hierin von seinem Lehrer Hermann Gštz, deutlich erkennbar an den bei den erhaltenen SkizzenblŠttern und den dazugehšrig ausgefŸhrten Arbeiten von 1886 und 1893, dem Silbernen Tintenfa§ und dem Tafelaufsatz mit einer geflŸgel-ten Flora als Bekršnung. Deren Figur ist schlanker modelliert, der Arm gelŠngter, die Kšrperhaltung tordierter als auf der Skizze, die gesamte Gestalt einschlie§lich des FŸllhorns, das sie nun beinahe schwerelos trŠgt, ordnet sich bei TrŸbner auf fast orna-mentartige Weise den konstrastierenden SchwŸngen der Komposition unter.

Ebenso typisch ist fŸr TrŸbner das Inszenieren von romantischen oder gar mŠrchen-haften Szenerien, die mit viel ErzŠhlfreude und Šu§erster Detailgenauigkeit geschil-dert werden. Ausgesprochen hŠufig sind auch reine ÒStimmungsbilderÒ, Bilder, die au§er ihrer schmŸckenden Funktion, hauptsŠchlich die Funktion haben, eine

be-stimmte Stimmung, wie Frieden, Harmonie und Beschaulichkeit auszudrŸcken. Bei manchen Themen, wie der idyllischen SchŠferszene auf der kleinen runden Dose, scheint die Zeit gar stillzustehen. Im Gegensatz dazu thematisiert TrŸbner ebenso oft dramatische Situationen oder schilderte Momentaufnahmen, Impressionen einer Stadt, oder einer Begebenheit mittels der Darstellung von heftigen Bewegungen oder von Wind, der in manchen Szenen zu einem Sturm anschwillt, €ste abknickt, MŠntel aufflattern lŠ§t und der die kleinen, engelsgleichen Kindergestalten in die LŸfte erhebt.

Charakteristisch sind fŸr diese Themen eine kleine Anzahl von Einzelmotiven, die er hierzu besonders gerne eingesetzt hat: aufstiebende Wasservšgel, in der Luft gaukeln-de Schmetterlinge, zierliche Libellen und Bienen; die ausfŸhrliche Darstellung von Dickicht und Schilf und zarten Farnen; knittrige RosenblŸten, abgebrochene Zweige, schlanke, elegante, zierliche €ste mit den typischen Verknotungen, spannungsvoll ge-bogen, Weinlaub mit herabhŠngenden Trauben, schwungvoll gefŸhrte Blumenranken mit zarten, gebogenen Stielen und knorpeligen Verdickungen an den BlattansŠtzen, abknickenden BlŠttern und vitalen BlŸten, FrŸchten und Schoten, die in vielerlei An-sichten dargestellt sind, Lorbeerzweige und zierlich-gebrochene Schleifen und in sei-ner Rokokophase abbreviaturhafte WaldstŸcke mit asymmetrischen Kartuschen und mit agierenden Putten. Diese drolligen Kindergestalten sind oft schwebend darge-stellt, mit MŠnteln, die die Kšrperformen betonen und mit windzerzausten Haaren.

Selten sind sie en face zu sehen. Ihre Kšrper sind mollig, ihre Handhaltung ist grazišs;

manchmal werden sie mit Attributen ausgestattet und werden so zu Allegorien. Das Bewegungsmotiv an sich spielt neben dem Motiv des Schwebenden, des Leichten ins-gesamt im Werk TrŸbners eine zentrale Rolle. Dabei wird vegetabilisch-florale Orna-mentik ebenso bewegt dargestellt in nervšs-zittriger LinienfŸhrung und vitalen SchwŸngen wie die flatternden und schlingernden Bandornamente des Jugendstils.

Die einzelnen Bildelemente seiner zarten reliefierten Darstellungen wirken bei TrŸb-ner dennoch sehr plastisch und lebendig. Er erzielte diesen Effekt durch perspektivi-sche VerkŸrzungen und die Angabe von Licht und Schatten mittels einer au§erordendlich fein abgestuften Treib- und Ziselierarbeit. Ganz besonders oft wŠhlte er dabei einen Fischhautdekor als Hintergrund. Weitere charakteristische Merkmale in der Gestaltung, der Auswahl der Ornamente, im Ornamentstil und weitere typische Ornamentkombinationen zeigen Katalog 9.1. und 9.2. , und eingeschrŠnkt, Katalog 9.3.

Die oben aufgefŸhrten Gestaltungsprinzipien sind charakteristisch fŸr Nikolaus TrŸb-ners gesamtes Werk. Dort, wo diese Stilmerkmale nicht auftauchen, handelt es sich um Werkstattarbeit. So sieht man z.B. an den stangenfšrmigen Pokalen von 1911, die nach dem Tode von TrŸbner von dessen langjŠhrigem Mitarbeiter Buz ausgefŸhrt worden sind, zwar eine Šhnlich feine Treib- und Ziselierarbeit im figŸrlichen Ornamentstil, doch sind der gesamte Aufbau wesentlich starrer, die einzelnen GefŠ§teile sehr hart gegeneinander abgesetzt und die gesamte Ornamentik applikationsartig angebracht.

Selbst da, wo ein anderer KŸnstler den Grundentwurf lieferte, wie beim Pokal von 1908, entworfen von Hoffacker und von TrŸbner bzw. seiner Werkstatt ausgefŸhrt, ist der gesamte Aufbau organischer und die Ornamentik einheitlicher. Der Fu§, der Cor-pus, die Schulterpartie des Pokales sind weicher in den †bergŠngen, die Formen mehr verschliffen. Der Pokal von 1909, der fŸr die Weltausstellung in BrŸssel gedacht war, zeigt zwar einen anderen Stil und ist ausgeprŠgter in der Formgebung, doch wird die Verschleifung der einzelnen GefŠ§partien hier mehr durch die Durchdringung und Wiederholung der Ornamentik erreicht.

Letztendlich waren es die feine AusfŸhrung seiner Arbeiten, insbesondere die meister-hafte Ziselierung, und das Malerische, die sein gesamtes Werk kennzeichneten und die die wichtigsten Merkmale seines Personalstils bildeten.

7. Werkstattbetrieb der Gold- und Silberschmiede Nikolaus

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