• Keine Ergebnisse gefunden

Die Kabinettscheiben des TrŸbner-Hauses

Im Dokument Nikolaus Trübner (Seite 38-43)

5. Das Stammhaus der Familie TrŸbner

5.1. Die Kabinettscheiben des TrŸbner-Hauses

QualitŠtvolle, farbige Kabinettscheiben (s. Abb. 9 - 14) aus dem ausgehenden 19. Jahr-hundert schmŸckten einst das Treppenhaus und die ehemalige Werkstatt des TrŸbner-schen Stammhauses.106 Sie sind im Stil der Gotik und der Renaissance gehalten und sind als runde oder rechteckige ZierstŸcke in das farblose Fensterglas eingesetzt, das aus rauten- und wabenfšrmigen Glassegmenten zusammengesetzt ist. Die Buntfenster der Werkstatt hingegen sind in milchige und tonige Butzenscheiben eingelassen, die

103. Bernd Hake, op. cit,

104. Leider sind auch hierzu keine Unterlagen mehr vorhanden, nach frdl. Auskunft von Herrn Peter Liedvogel, Heidelberg

105. Bernd Hake, op. cit. und RNZ, 10. 4. 1990

106. nach Angabe der Denkmalschutzbehšrde sind die Treppenhausfenster aus dem 18. Jahr-hundert, stilistisch gehšren die Glasmalereien jedoch eindeutig ins 19. Jahrhundert. Bis auf die Fenster der Werkstatt sind alle Fensterbilder wegen Einsturzgefahr ausgebaut worden und beÞnden sich nun in Privatbesitz.

wiederum von einem farbigen Rahmen umfangen sind. Eine Scheibe hingegen war ausgebaut und gehšrt vermutlich zu den Werkstattfenstern. Die Ma§e dieser Fenster sind ca. 90 cm x 90 cm.

Die Kabinettscheiben haben verschiedene Themenkreise zum Inhalt: in den Werkstatt-fenstern ist links das typische KurpfŠlzische Wappen in den Farben Gold, Rot, Blau, Wei§ und Schwarz angebracht, in der Mitte das Bildnis des berŸhmten Goldschmiedes Wenzel Jamnitzer. Rechts daneben ist das Familienwappen TrŸbners zu sehen. Beide Wappen sind als runde Scheiben gestaltet, wŠhrend das PortrŠt Jamnitzers in ein ova-les Medaillon mit Rollwerkrahmen und Renaissance-Ornamentik wie FŸllhšrner mit TŸchern, Putten und Maskarons eingefŸgt ist. Durch seine reiche Ornamentik und den eigenen Rahmen ist das Bildnis Jamnitzers deutlich herausgehoben. Es zeigt ihn als rei-fen Mann in strenger dunkler Tracht mit spanischem Kragen, mit markanten Gesichts-zŸgen und wei§em, langen Bart im Alter von neunundfŸnfzig Jahren, wie die in Latein abgefa§te Umschrift erlŠutert. Jamnitzer, der berŸhmteste deutsche Goldschmiede-kŸnstler aus NŸrnberg, der Òdeutsche CelliniÒ genannt, war fŸr viele deutsche Gold-schmiedekŸnstler zur Zeit der Neorenaissance ein Vorbild 107, so sicherlich auch fŸr Nikolaus TrŸbner. Die Parallele zu Jamnitzer ist nicht nur in den Stilmitteln der Neo-renaissance-Arbeiten TrŸbners gegeben, sondern auch in deren beider Biographie, auf diese sich die Gemeinsamkeiten hauptsŠchlich stŸtzen: beide entstammten einer be-rŸhmten Goldschmiedefamilie, die aus einer anderen Stadt zugewandert ist und in ih-rer Wahlheimatstadt zu Ruhm und Ansehen gelangte. Beide Familien stellten aus ihih-rer Mitte StadtrŠte und nahmen ebenfalls politisch gro§en Einflu§. Beide, Wenzel Jamnit-zer wie Nikolaus TrŸbner, waren Hofgoldschmiede, beide waren sehr gebildet und hatten letztendlich auch die gleiche Konfession (sie waren protestantisch).

Das ausgebaute Fenster mit dem Allianzwappen Nikolaus TrŸbners und Franziska Schulmaiers kšnnte ursprŸnglich ebenfalls im Treppenhaus eingebaut gewesen sein.

Das Fenster hat die Ma§e 116,5 cm x 82,5 cm; das TrŸbner-Wappen: 35,5 cm (im Durch-messer); das Schulmaier-Wappen: 34,5 cm (im Durchmesser). Vermutlich hat es Niko-laus TrŸbner selbst entworfen, anlŠ§lich seiner Hochzeit mit Franziska Schulmaier am 23. 12. 1908. Die beiden farbenprŠchtigen Wappen sind in Rundscheiben eingefŸgt und sind einander zugewandt gestellt. Ein Schmuckband aus Maureskendekor und

erlŠu-107. KGB, 1885, 1. Jg., Heft 4

ternder Inschrift umfa§t jedes Wappen. Es benennt die Wappen als ÒWAPPEN DER FAMILIE TR†BNERÒ und ÒWAPPEN DER FAMILIE SCHULMAIERÒ. Das TrŸbner-Wappen besteht aus einem schwarz-wei§ geteiltem Schild mit zwei nebeneinander ge-stellten wei§en Sternen und einem einzelnen grš§eren Stern in Blau. Der Grund ist mit Perlstab, Rankenornament und WellenbŠndern damasziert. Der bla§grŸne Stechhelm des Wappens ist mit einem blau-wei§en Wulst versehen, die reiche Helmdecke ist da-gegen in Wei§ und GrŸn gehalten. Ein geschlossener Doppelflug (im Profil) in den Tinkturen des Wulstes, belegt mit einem blauen Stern, bildet die Helmzier. Das Hals-kleinod besteht aus einer Gliederkette mit Medaillon. Das Wappen der Franziska Schulmaier besteht aus einem gelben Schild mit linkem SchrŠgbalken in Rot mit drei wei§en Rosetten darauf. Die gelbe Tinktur ist mit Rankenwerk damasziert. Der bla§-grŸne Spangenhelm ist mit einem Wulst versehen, der den Tinkturen des Schildes ent-spricht. Die reiche, flatternde Helmdecke ist jedoch in Wei§ und Rot gehalten. Die Helmzier bilden drei gestielte gelbe Rosetten, zwischen denen ein lyrafšrmig geboge-nes Hšrnerpaar mit erweitertem MundstŸck in Rot, Gelb und Wei§ angeordnet ist. Als Halskleinod ist hier wie beim TrŸbner-Wappen eine Kette gewŠhlt worden. Die Orna-mente und Inschriften sind in Braun auf gelbem Grund, die RandornaOrna-mente der Fen-ster, stilisierte FlechtbŠnder aus spitzkantigem Astwerk und Akanthus, unterbrochen von stilisierten Rosetten, bzw. VierpŠssen, sind in GrŸn, Braun und Rot gehalten. Stel-lenweise sind die Farben unterschiedlich dicht aufgetragen, um eine fein abgestufte Licht-Schatten-Wirkung zu erzielen. Schwarzlot dient ebenfalls der Abschattierung der Farben. Mit Schwarzlot sind auch die Binnenkonturen scharf umrissen. Die Orna-mentik der Damaszierung ist hingegen sorgfŠltig geŠtzt. Verlštete Bleiruten halten die einzelnen Segmente des Glasbildes zusammen. Beide Wappen sind besonders quali-tŠtvolle Arbeiten aus Meisterhand und in einem sehr guten Erhaltungszustand.

Die Fenster des Treppenhauses zeigen Heiligendarstellungen und pfŠlzische Herr-scherportrŠts mit dazugehšrigen Attributen und erlŠuternden SpruchbŠndern. Diese Zierscheiben sind in den leuchtenden Farben Goldgelb, Kobaltblau, Rubinrot und SmaragdgrŸn und Hellbraun gehalten und haben die Ma§e: 30 cm im Durchmesser (Rundscheiben), 23 cm x 33 cm (rechteckige Scheiben). Ganz offensichtlich haben ihr Bildinhalt und ihre Anordnung einen Bezug zum Leben und Wirken Nikolaus TrŸb-ners: bei den Heiligengestalten handelt es sich mit St. Nikolaus, St. Georg (Beischrift ÒSt. JŸrgenÒ) und St. Martin durchweg um die Namenspatrone Nikolaus TrŸbners und

seines gleichnamigen Taufpaten, des Verlegers, seines Vaters Georg, des Stammvaters der Familie TrŸbner in Heidelberg Martin TrŸbner und noch weiterer Familienmitglie-der. Ebenfalls dargestellt ist zwischen den Heiligenbildern St. Eligius, der Schutzpa-tron des Goldschmiedehandwerks und somit SchutzpaSchutzpa-tron des Hauses TrŸbner. Eine kleine Besonderheit ist das Ritterbild mit dem Hl. Georg: es ist eine wšrtliche Kopie ei-nes DŸrerschen Kupferstiches von 1505-1508.108 Es ist eine Reverenz an den gro§en KŸnstler der Renaissance Albrecht DŸrer, der zur Zeit des ausgehenden 19. Jahrhun-dert eine noch viel hšhere WertschŠtzung erfuhr wie Wenzel Jamnitzer. (Es entstand ein regelrechter DŸrer-Kult nicht nur in NŸrnberg, sondern allerorts im Deutschen Reich.109)

Die Darstellungen der pfŠlzischen Herrscher und ihr Bezug zum TrŸbner-Haus gibt je-doch RŠtsel auf: KurfŸrst Ruprecht ist mit umwickeltem Schwert mit zwei, vermutlich allegorischen, Frauengestalten zu seiner Linken dargestellt. Beide sind in hšfischen GewŠndern, die eine mit einer Federkrone, die andere mit einer burgundischen Hšr-nerhaube gezeigt. Das umlaufende Spruchband erlŠutert: Òruprecht der Rote pfalzgra-ve v vanur u. berg sin fŸrstlche GemahlÒ. Vielleicht handelt es sich bei den Frauengestalten um die Gemahlin des KurfŸrsten oder um die Tugend der Weisheit , um ÒSapientiaÒ, die bisweilen mit mehreren Gesichtern dargestellt wird und wie hier einen Spiegel in ihrer Rechten hŠlt, und um die Tugend der Enthaltsamkeit ãSobrietasÒ, auf die das umwickelte Schwert weist.110 KurfŸrst Ruprecht I. erhielt 1386 vom Papst Urban VI. die Erlaubnis in Heidelberg, eine UniversitŠt zu grŸnden. So kšnnte mit dieser Darstellung ein heimatgeschichtlicher Bezug zur Familie TrŸbner gegeben sein, oder vielleicht sind hier auch die Ideale Nikolaus TrŸbner dargestellt worden: Weisheit und Enthaltsamkeit.

Die Kabinettscheibe im rechten Oberlicht zeigt das DoppelportrŠt des Kšnigs Ru-precht und seiner Gemahlin. Das Spruchband besagt: ÒruRu-precht. koenig. d. Roemi-schen Reich. anno dom 1410Ò. Der Kšnig ist mit seinen Insignien dargestellt, zu seiner Rechten ist das Reichswappen eingefŸgt. KurfŸrst Ruprecht III. (1398-1410) wurde als Ruprecht I. zum Kšnig gekršnt. Er lie§ den Ruprechtsbau im Heidelberger Schlo§ er-richten und ebenso die Heiliggeist-Kirche.

108. Berlin, Kupferstichkabinett, B 54

109. Mende, DŸrer-MentalitŠt und Malerei in NŸrnberg um 1900, 206ff.

110. Christliche Ikonographie in Stichworten, 345

Im selben Fenster, links unten, befindet sich das PortrŠt des KurfŸrsten Friedrich des Siegreichen. Er kniet mit gezŸcktem Schwert. Vor ihm ist ein Spruchband, das ihn als ÒFriedrich. pfaltzgraveÒ benennt, unter ihm ist das kurpfŠlzische Wappen eingefŸgt.

Gemeint ist hier wohl Friedrich der Siegreiche (1451-1476). Friedrich gewann 1462 die Schlacht bei Seckenheim gegen seine Widersacher, den Grafen von WŸrttemberg und den Markgraf von Baden. Er war einer der erfolgreichsten Territorialpolitiker seiner Zeit.

Das letzte PortrŠt, rechts unten, zeigt ganz deutlich den KurfŸrsten Ottheinrich mit den kurfŸrstlichen Insignien und einem Spruchband, das ihn benennt. Ottheinrich (1556-1559), ein Šu§erst kunstsinniger und gebildeter Mann, fŸhrte die Reformation in der Kurpfalz ein und lie§ den nach ihm benannten Ottheinrichs-Bau im Heidelberger Schlo§ errichten.

Somit haben alle Glasbilder einen direkten heimatgeschichtlichen Bezug. Gezeigt wer-den in diesen PortrŠts die fŸr die Kurpfalz wichtigsten Herrscher. Vielleicht sollte hier ausdrŸcklich die Verbundenheit der Familie TrŸbner zur Kurpfalz dokumentiert wer-den, schlie§lich stammte die Familie ursprŸnglich aus dem ThŸringischen. Vielleicht sollten aber auch die besonderen Eigenschaften der kurfŸrstlichen Herrscher, wie Weisheit, Enthaltsamkeit, Mut und StŠrke, Bildung und Kunstsinn als erstrebenswerte Ideale angesprochen werden.

Insgesamt zeichnen sich alle GlasgemŠlde durch eine sehr hohe QualitŠt in der Zeich-nung, der sorgfŠltigen AusfŸhrung und in der Brillanz der Farben aus. Der Erhal-tungszustand ist sehr gut. Die GlasgemŠlde sind durchgŠngig unveršffentlicht. Das Allianzwappen befindet sich in Privatbesitz. Alle Glasbilder stammen aus der Werk-statt Heinrich Beilers. Archivalien, wie RechnungsbŸcher, Skizzen etc. sind leider nicht mehr vorhanden, die Aufschlu§ Ÿber die Urheberschaft der EntwŸrfe, die ausfŸhren-de Hand und das genaue Entstehungsdatum hŠtten geben kšnnen.111

Stilistisch gehšren alle Arbeiten, bis auf das Allianzwappen, der Zeit des historisieren-den 19. Jahrhunderts an. Sie werhistorisieren-den wohl im Zuge der Erneuerung der Innenausstat-tung des TrŸbner-Hauses in den 1880er Jahren entstanden sein (s.o.), vielleicht

111. nach frdl. Auskunft von Herrn Peter Meysen, Heidelberg, der in dritter Generation die Glasmalereiwerkstatt Beiler-Meysen fortfŸhrt und Ÿber ein umfangreiches Archiv an Fir-menunterlagen verfŸgt.

anlŠ§lich der GeschŠftsŸbernahme Nikolaus TrŸbners 1885 und zeitgleich mit der Neugestaltung der Alten Aula der UniversitŠt Heidelberg zu deren 500jŠhrigem Jubi-lŠum. Darauf weisen deutlich stilistische †bereinstimmungen im Renaissance-Stil mit der Ausstattung des Hauses, vor allem in der BelŽtage, hin.

Im Dokument Nikolaus Trübner (Seite 38-43)