• Keine Ergebnisse gefunden

Sterische und elektronische Einflüsse von P,N-Liganden Eine der ersten katalytischen Anwendungen von chiralen P,N-Liganden wurde 1980 von Eine der ersten katalytischen Anwendungen von chiralen P,N-Liganden wurde 1980 von

3 Stand der Forschung

3.1.2 Sterische und elektronische Einflüsse von P,N-Liganden Eine der ersten katalytischen Anwendungen von chiralen P,N-Liganden wurde 1980 von Eine der ersten katalytischen Anwendungen von chiralen P,N-Liganden wurde 1980 von

Um zu verdeutlichen, welchen Einfluss sowohl sterische Faktoren eines chiralen Liganden-Rückgrates als auch elektronische Eigenschaften der Heteroatome bei Verwendung chiraler P,N-Liganden in der asymmetrischen Übergangsmetall-Katalyse aufweisen, werden diese an ausgewählten Beispielen im folgenden Kapitel näher beleuchtet.

3.1.2 Sterische und elektronische Einflüsse von P,N-Liganden

Hayashi et al. untersuchten zudem den Einfluss der Position des chiralen Zentrums im Ligandenrückgrat in Nickel-vermittelten Grignard-Kreuzkupplungsreaktionen. Bei nahezu identischer Reaktionszeit und isolierter Ausbeute wurde eine geringere Selektivität beobachtet, wenn der Ligand ein stereogenes Kohlenstoff-Zentrum in α-Position zur Diphenylphosphan-Gruppe anstatt zur Dimethylamino-Gruppe aufwies (Abbildung 3.4).

Unter Verwendung des (S)-Alaphos-Liganden 28a konnte ein Enantiomerenüberschuss von 38% erhalten werden, mit dem Liganden 32 lediglich 25%.

PPh2 Me2N

MeH

S-Alaphos28a

PPh2 Me2N

H Me

32

Abbildung 3.4: Vergleich der chiralen Liganden 28a und 32.

Den Einfluss unterschiedlicher Stickstoff-Substituenten bei ansonsten gleich substituierten chiralen Rückgrat in β-Aminophosphan-Komplexen untersuchten Anderson et al. Die Autoren setzten verschiedene VALPHOS-Liganden (28c, 33 und 34, Schema 3.3) in Palladium-kata-lysierten asymmetrischen allylischen Alkylierungs-Reaktionen (AAA-Reaktionen) von 1,3-Diphenyl-2-propenylacetat 35 und Dimethylmalonat ein.[91, 92]

PPh2 MeNPh 33

PPh2 Ph2N

34 PPh2

Me2N 28c

Ph Ph

OAc

Ph Ph

CH(CO2Me)2

L* / Pd0, THF

35 36

NaCH(CO2Me)2

Schema 3.3: VALPHOS-Derivate 28c, 33 und 34 nach Anderson und durchgeführte AAA-Reaktion.

Sie beobachteten eine Umkehrung der Enantioselektivität der Katalysereaktion, sofern ein Ligand, trotz gleich konfiguriertem chiralen Rückgrat, nach der Koordination eines Palladiumatoms die Möglichkeit hat, ein stereogenes Stickstoffatom aufzuweisen

(beispiels-20

21 weise Ligand 34). Liganden 28c und 33 (Einträge 1 und 2) erzeugten dabei das R-kon-figurierte Produkt 36 mit 62% bzw. 92% Enantiomerenüberschuss, Ligand 34 hingegen das enantiomere Produkt mit 73% ee.

Basierend auf den NMR-spektroskopischen Ergebnissen von Åkermark (Kapitel 3.1.1), welche zeigten, dass ein bevorzugter Angriff des Nucleophils auf das dem Phosphordonor entgegengesetzt liegende Allylende erfolgen sollte, formulierten sie eine Hypothese, die die Umkehrung der Enantioselektivität erklären könnte. Hierfür betrachteten sie die möglichen Übergangszustände der der Reaktion unter der Annahme, dass die Enantioselektivität ausschließlich vom Liganden hervorgerufen wird. Bei unterschiedlich großen Resten am Stickstoffatom gingen sie weiterhin davon aus, dass der kleinere Rest in Richtung der iso-Propylgruppe weist und somit sterische Wechselwirkungen vermindert werden. Die daraus resultierenden Übergangszustands-Modelle sind in Schema 3.4 dargestellt.

Schema 3.4: π-Allylkomplexe nach Anderson.[91]

Für die Liganden mit zwei identischen Resten am Stickstoffatom (N,N-Dimethyl-substituierter Ligand 28c (Übergangszustand 37) und N,N-Diphenyl-(N,N-Dimethyl-substituierter Ligand 34 (Übergangszustand 38), Kasten A) postulieren sie eine „M“-Konformation in den Allylkomplexen 37 und 38, da in einer „W“-Konformation die Wechselwirkung zwischen der iso-Propylseitenkette und allylischer Phenylgruppe größer wäre. Diese Anordnungen erklären die beobachteten Absolutkonfigurationen der Produkte. Der N-Methyl-N-Phenyl-substituierte Ligand 34 müsste demnach die Allyleinheit in einer „W“-Konformation orientieren (Allylkomplex 39, Kasten B, Schema 3.4), um mögliche sterische Interaktionen zwischen der N-Phenylgruppe und der allylischen Phenylgruppe zu minimieren. Diese könnte auftreten, wenn das Allylfragment in einer „M“-Konformation (Komplex 40) vorliegen würde.

Allylkomplex 39 ergibt somit das enantiomere Produkt im Vergleich zu den Komplexen 37 und 38. Den Grund für den beobachteten höheren Enantiomerenüberschuss bei Verwendung der Liganden 33 gegenüber 28c sehen Anderson et al. in einer erhöhten sterischen Hinderung

P

N Pd

Ph Ph

Me

Me

Ph

Ph

Nu 37

P

N Pd

Ph Ph

Ph

Ph

Ph

Ph

Nu 38

P

N Pd

Ph Ph

Ph

Me

Ph

Ph

Nu

P

N Pd

Ph Ph

Ph

Me

Ph

Ph

Nu

39 40

A B

durch die Phenylgruppen in 33, im Vergleich zu den Methylsubstituenten in 28c. Zudem stellten sie fest, dass die Orientierung der phosphorgebundenen Phenylringe in allen Fällen gleich ist und somit kein Einfluss von ihnen auf das Katalyseergebnis zu erwarten ist.

Eine Diskussion der elektronischen Einflüsse der Stickstoffsubstituenten (beispielsweise N,N-Diphenyl- versus N,N-Dimethyl-substituiert) auf die Reaktivität der Komplexe führten sie jedoch nicht aus.

Derartige elektronische Effekte in heterobidentaten Liganden, die das gleiche chirale Rückgrat aufweisen, wurden von Saitoh et al. genauer untersucht.[93] Sie berichteten 1999 über dramatische Einflüsse von Stickstoff-Substituenten sowohl auf die Enantioselektivität als auch auf die katalytische Aktivität verschiedener von VALAP (41, Abbildung 3.5) abgeleiteten P,N-Liganden (generische Struktur 42, Abbildung 3.5) in der Palladium-katalysierten AAA-Reaktion zwischen 1,3-Diphenyl-2-propenylen 43 und Dimethylmalonat.

Diese Liganden weisen einen iminischen Stickstoff auf, der im Vergleich zum aminischen Stickstoff im VALPHOS-Liganden 28c (Abbildung 3.3, Seite 19) wesentlich elektronen-reicher und somit ein besserer σ-Donor ist.

PPh2 N

R 42

a:R = H b:R = CO2Me c: R = CF3 d: R = CH3 e: R = OMe f: R = NMe2

PPh2 N

41 Me2N

Ph Ph

OPiv

Ph Ph

CH(CO2Me)2

L* / Pd0, DCM

43 36

CH2(CO2Me)2 BSA, LiOAC

Abbildung 3.5: VALAP-Ligand 41 und abgeleitete Liganden 42a-f nach Saitoh, zudem durchgeführte AAA-Reaktion.[93]

Die AAA-Reaktionen wurden nach gleicher Reaktionszeit abgebrochen, wodurch die erhaltene Ausbeute an Produkt ein Maß für die Reaktivität des Katalysator-Komplexes war.

Es zeigte sich, dass eine zunehmende Elektronendonor-Eigenschaft des Restes R am Ligandensystem 42 zu einer Zunahme der Enantioselektivität und katalytischen Reaktivität führte. Der bedingt durch die para-Dimethylaminogruppe sehr elektronenreiche Ligand 42f wies dabei die höchste Aktivität und Selektivität auf (99% Ausbeute, 92% ee). Im direkten

22

Vergleich mit dem nicht modifizierten VALAP-Liganden 41 zeigte er eine deutlich gesteigerte Aktivität bei nahezu gleicher Selektivität.[94]

Die bisher vorgestellten Liganden weisen alle ein stereogenes Kohlenstoffatom auf, welches für die asymmetrische Induktion im katalytischen Schritt verantwortlich war. Im Gegensatz zu Liganden dieser Art gibt es nur wenige, die als einzige Quelle „chiraler Information“ ein stereogenes Heteroatom aufweisen.

Eines dieser Beispiele stellt das von Ellman et al. 2003 vorgestellte Sulfinylimin-System 44 (Abbildung 3.6) dar.[95] Lediglich vom stereogenen Schwefelzentrum kann im kataly-tischen Schritt eine chirale Induktion ausgehen. Die Entwicklung der Liganden wurde geleitet durch strukturelle Vergleiche mit den bereits diskutierten PHOX-Liganden 3 (siehe auch Abbildung 1.4, Seite 5 und Seite 18). So enthalten die Sulfinylimin-Liganden sowohl einen sp2-hybridisierten Stickstoff, als auch den gleichen Bindungsabstand zwischen Phosphor- und Stickstoffdonoren.

a:R1 = H b:R1 = H c: R1 = Me d: R1 = H e: R1 = H

PX2 N R1

S R2 O

44

R2 = R-tBu R2 = S-pTol R2 = R-tBu R2 = R-tBu R2 = R-tBu

X = Ph X = Ph X = Ph X = Cy2 X= oTol

N O

R PPh2 3

Ph Ph

OAc

Ph Ph

CH(CO2Me)2

L* / Pd0, DCM

35 36

CH2(CO2Me)2 BSA, KOAc

*

Abbildung 3.6: Sulinylimin-Liganden nach Ellman im Vergleich mit generischem PHOX-Liganden 3 und durchgeführte AAA-Reaktion.

In Palladium-katalysierten AAA-Reaktionen wurden Auswirkungen unterschiedlicher Schwefel-Substituenten bei gleich bleibendem Ligandengrundgerüst und Einflüsse der elektronischen Natur der Donoratome systematisch von Ellman et al. untersucht. Bei dieser Reaktion musste allerdings ein Überschuss Palladium im Verhältnis zum Liganden eingesetzt werden, um hohe Enantiomerenüberschüsse erzielen zu können. Die Autoren vermuten, dass ein möglicher Überschuss an Ligand dazu führt, dass eine chirale Sulfinylimin-Einheit von

23

einer weiteren Phosphaneinheit verdrängt und somit ein weniger selektiver, aktiverer P,P-Komplex gebildet wird.

Es wurde deutlich, dass eine große sterische Hinderung durch die Reste R2 für hohe Enantioselektivitäten benötigt wird und zudem ein elektronenreicher Stickstoffdonor zu einer Reaktionsbeschleunigung führte. Ligand 44a (R2 = tert-Butyl) erbrachte dabei das Produkt mit einem Enantiomerenüberschuss von 93%. Nach Variation des Restes R1 konnte mit Ligand 44c (R 1= Me, R2 = tert- Butyl) zwar gegenüber Ligand 44a (R1 = H, R2 = tert- Butyl) ein geringerer Enantiomerenüberschuss (56% ee) ermittelt werden, allerdings bei erhöhter Reaktionsgeschwindigkeit.

Bei Untersuchungen elektronischer und sterischer Einflüsse der Phosphor-Substituenten stellte sich heraus, dass ein elektronenreicherer Phosphordonor in 44 für diese Katalyse nachteilig war. Eine höhere sterische Hinderung bedingt durch größere ortho-Tolyl-Phosphor-Substituenten (Ligand 44e) lieferte allerdings das Katalyseprodukt trotz eines elektronenreicheren Phosphordonors in kurzer Zeit bei einer besseren Enantioselektivität von 96% im Vergleich zu Ligand 44a. Im direkten Vergleich mit den PHOX-Liganden unterlagen die Sulfinylimin-Liganden diesen allerdings. Die mit PHOX-Liganden erreichten Enantiomerenüberschüsse von 99% konnten nicht erhalten werden.

Dennoch konnten Ellman et al. eindrucksvoll belegen, dass das Vorhandensein eines stereogenen Heteroatoms für eine erfolgreiche enantioselektive Katalyse ausreichend und nicht zwingend ein stereogenes Kohlenstoffatom notwendig ist.[96]

Die in diesem Kapitel präsentierten Beispiele verdeutlichen, dass man sowohl über sterische als auch über elektronische Faktoren unterschiedlicher Substituenten entweder im chiralen Rückgrat oder an den Donorpositionen des Liganden großen Einfluss auf die Aktivität und / oder Selektivität eines Katalysators nehmen kann. Dies unterstreicht die in Kapitel 1 erwähnte These, dass der leichten strukturellen Variabilität des Liganden eine besondere Beachtung in der Entwicklung neuer Katalysatoren zu schenken ist. Des Weiteren konnte belegt werden, dass die Quelle der Asymmetrie nicht zwangsläufig ein stereogenes Kohlenstoffatom sein muss. Somit erscheinen Sulfoximine aufgrund ihrer großen strukturellen Variabilität als eine sehr interessante Klasse asymmetrischer Metall-Liganden, die im folgenden Kapitel näher besprochen werden sollen.

24

3.2 Sulfoximine als asymmetrische Liganden in der