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2.7 Therapie

2.7.1 Therapie der kranialen Kreuzbandruptur

2.7.1.2 Extraartikuläre Kreuzbandersatztechniken

2.7.1.2.2 Stabilisierendes Material

BRUCHMANN et al. (1987) postulieren, dass die minimale Reißfestigkeit der Prothese des humanen Kreuzbandes mehr als das Zweifache der Reißfestigkeit des ursprünglichen Bandes betragen soll.

Die Leistung des stabilisierenden Materials für extraartikuläre Kreuzbandersatztechniken beim Hund sollte derjenigen des intakten Kreuzbandes entsprechen. Dies erfordert eine äquivalente Belastbarkeit des Bandes hinsichtlich differenter Krafteinwirkungen sowie die Sterilisierbarkeit und die einfache Handhabung. Darüber hinaus sollte sich das Ersatzmaterial nicht plastisch verformen und eine möglichst geringe Angriffsfläche für eine bakterielle Besiedlung bieten (CAPRON und ROE 1996).

Während im Rahmen der Fibulakopftransposition das Lig. collaterale laterale als stabilisierendes Material verwendet wird (SMITH und TORG 1985), wird bei den meisten extraartikulären Kreuzbandersatztechniken synthetisches Nahtmaterial in das periartikuläre Gewebe eingefügt. Dabei bevorzugen die meisten Chirurgen monofiles Nylon und Polypropylen (KORVICK et al. 1994). PROSTREDNY et al. (1991) berichten, dass kein manuell palpierbarer Unterschied zwischen monofilem und geflochtenem Nahtmaterial bezüglich der erworbenen Stabilität des Kniegelenkes besteht. Hinsichtlich des Auftretens von Fadenreaktionen berichtet nur 1% der von KORVICK et al. (1994) befragten Operateure von diesem Problem. Solche Fisteln werden insbesondere in Zusammenhang mit der Verwendung von geflochtenem Polyester (Mersilene®, Polydek®) und beschichtetem Caprolactam (Vetafil®) beobachtet. Monofiles Nahtmaterial hingegen wie beispielsweise Nylon oder Polypropylen bedingt diese Komplikationen nur in seltenen Fällen.

DULISCH (1981a,b) berichtet dagegen von exzessiver Schwellung teilweise in Verbindung mit der Ausbildung von Fadenfisteln im Bereich der extraartikulär verwendeten Nahtmaterialien in 21% bzw. 18% der retrospektiv untersuchten Fälle. Für die Stabilisierung der 161 Knie verwendet sie multifiles, beschichtetes Caprolactam (Vetafil®), welches in drei unterschiedlichen Modifikationen, der von DE ANGELIS und LAU (1970) entwickelten Methode, angewendet wird. Es handelt sich dabei entweder um die ausschließlich laterale, um die laterale und mediale oder um die laterale und patellare Zügelungstechnik. Das Auftreten

der Fadenfisteln wird nach durchschnittlich 72 Tagen beobachtet. Im Rahmen der sekundären Operation wird der stabilisierende Faden entfernt und anschließend bakteriell kultiviert. In 83,8% der kultivierten resezierten Nahtmaterialien kann Staphylococcus aureus und in 16,2%

Micrococcus spp. nachgewiesen werden. Infolge der Entfernung des fistelbildenden Materials lässt sich in allen betroffenen Fällen eine Heilung der Wunde feststellen. Eine Kontrolle der funktionellen Wiederherstellung kann in 58,8% der reoperierten Gelenke durchgeführt werden. Dabei zeigen 65% der Patienten eine Wiedererlangung der Funktionalität des Kniegelenkes. Während DULISCH (1981b) die Entstehung von Fadenfisteln in nur wenigen Fällen auf die intraoperative Kontamination mit Staphylococcus aureus zurückführt, nennt sie als hauptsächlichen Grund die mechanische Irritation des umliegenden Weichteilgewebes mit sekundärer bakterieller Besiedlung.

EVERETT (1970) erwähnt, dass alle Nahtmaterialien eine Entzündungsreaktion bedingen, die in einer Zerstörung der kollagenen Fasern und in einer Schwächung des umliegenden Gewebes resultiert. Im Falle einer exsudativen Reaktion wird die Heilung verzögert und infolge der Zersetzung des Gewebes tritt eine Erhöhung der lokalen Proteinkonzentration ein, welche die bakterielle Besiedlung begünstigt. Diesbezüglich beschreiben ALEXANDER et al.

(1967) die höhere Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Infektion in Verbindung mit der Verwendung von geflochtenem im Gegensatz zu monofilem Nahtmaterial. Die Bakterien nutzen die Zwischenräume des multifilen Fadens, um sich festzusetzen und zu vermehren (JAMES und MC LEOD 1961). LOVELL (1945) und EVERETT (1970) bezeichnen bereits die unsaubere Abtrennung der geflochtenen Fadenenden als Risiko für die bakterielle Besiedlung. Während DORAN und GIBBINS (1961) die Korrelation zwischen Fadengröße und Auftreten der Fadenreaktion erwarten, kann DULISCH (1981a,b) diese These nicht bestätigen. EVERETT (1970) erwähnt jedoch den Zusammenhang zwischen der Positionierung und der Abstoßung des Nahtmaterials. Je dichter der Faden unter der Haut liegt, desto größer ist die Gefahr der reaktiven Entzündung.

Um die postoperativen Fadenreaktionen im Zusammenhang mit der Verwendung von geflochtenem Nahtmaterial zu minimieren, nutzen zahlreiche Chirurgen eine aus monofilem Nylon bestehende Angelschnur für den extraartikulären Kreuzbandersatz. Sie weist eine möglichst geringe Angriffsfläche für Bakterien auf und enthält einen geringen Anteil an

Plastik (BUDSBERG et al. 1988). CAPORN und ROE (1996) vergleichen die aus den Kopolymeren Nylon 6 und Nylon 66 bestehende Angelschnur mit der aus Nylon 612 aufgebauten monofilen Schnur (leader line) hinsichtlich ihrer Sterilisierbarkeit sowie ihrer chirurgischen Einsetzbarkeit und können dabei eine bessere Eignung der „leader line“

festellen. Insgesamt bezeichnen KORVICK et al. (1994) die monofile Angelschnur als weit verbreitete Alternative im Rahmen der extraartikulären Stabilisierung der vorderen Kreuzbandruptur.

OLMSTEAD (1993) nutzt orthopädischen Draht anstatt von synthetischem Nahtmaterial, um das Auftreten von Fisteln zu vermeiden. Er akzeptiert das Risiko des postoperativen Implantatbruches, da der Draht, ebenso wie die anderen extraartikulären Stabilisatoren, das Gelenk nur primär vor der unphysiologischen Instabilität schützt und sekundär periartikuläre Fibrosen die stabilisierende Funktion übernehmen. In Abhängigkeit von dem Gewicht der Patienten verwendet der Autor Drähte mit einem Durchmesser von 0,75-1,25 mm, die nach der Operationstechnik von FLO (1975) modifiziert nach DE ANGELIS und LAU (1970) um die laterale Fabella geführt und schließlich in einem Bohrkanal durch die Tuberositas tibiae verankert werden. STÖRK et al. (2001) stabilisieren 84 Kniegelenke mit der von OLMSTEAD (1993) beschriebenen Methode. Dabei können die Autoren sechs Wochen nach der Operation bei 78,8% der nachkontrollierten Patienten röntgenologisch einen Bruch des Implantates feststellen. Die Bruchstelle befindet sich in 92,2% der Fälle im Bereich der lateralen Fabella. Darüber hinaus lässt sich der Bruch bei 11,5% in der Region des Tibiaplateaus und bei 3,8% im Bereich des Bohrkanals diagnostizieren. Ein weiteres Problem stellt das Abgleiten des Drahtes von dem proximalen Verankerungspunkt, dem lateralen Sesambein, in 15,2% der beurteilten Fälle dar. Häufig verbleiben die Bruchfragmente in ihrer originalen Position. Röntgenologisch kann bei einem Patienten jedoch die Migration des gebrochenen Drahtstückes in das Innere des Kniegelenkes und bei einem weiteren Hund die Dislokation unter den M. quadriceps femoris festgestellt werden. Außerdem lässt sich bei 67% der sechs Wochen post operationem nachkontrollierten Tiere eine osteolytische Vergrößerung des Bohrkanals in der Tuberositas tibiae beobachten. PERREN (1998) beurteilt dieses Phänomen als ein einheitliches Problem, welches infolge einer erhöhten Druckbelastung des Knochens durch mobile, metallische Implantate auftritt.

FRESE et al. (2002) ersetzen den orthopädischen Draht durch Titandraht, der nach der von FLO (1975) modifizierten Methode als lateraler Zügel um das Sesambein und anschließend durch die proximale Tibia geführt wird. Im Vergleich zu der Struktur des orthopädischen Drahtes ist der Titandraht rauher und besitzt eine matte Oberfläche. Die Autoren nutzen Draht mit der Stärke von 1,0 mm und 1,25 mm. Ebenso wie bei der Verwendung von Stahldraht lassen sich Implantatbrüche auch im Rahmen von mit Titandraht stabilisierten Kniegelenken beobachten. Dabei stimmt sowohl der Zeitpunkt des auftretenden Bruches als auch die bevorzugte Stelle überein. Ebenso wie bei STÖRK et al. (2001) können röntgenologisch Osteolysen an den Bohrkanälen diagnostiziert werden, die scheinbar keine klinische Relevanz zeigen. FRESE et al. (2002) bestätigen, dass der Titandraht gegenüber dem Stahldraht keine Vorteile aufweist, sondern lediglich ausgeprägtere Gewebereaktionen und verlängerte postoperative Lahmheitsphasen bedingt.