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Staats- und Waldverständnis der Obrigkeit

Die Obrigkeit war von Gott gewollt, sie war jedoch ein-gesetzt zum Schutz und zur väterlichen Aufsicht der Untertanen;

einmal würde sie Rechenschaft ablegen müssen über das ihr an-vertraute Gut (32). Mit diesen Worten ist die Vorstellung, die die Obrigkeit im alten Bern von ihrer Aufgabe hatte, treffend umschrieben. Die hohe Auffassung von ihrem Amt wurde der Obrig-keit nicht von Aussenstehenden nachgesagt, es war durchaus auch ihre Meinung, wie das z.B. im Ingress zur Forstordnung 1592 zu lesen ist:

Demnach wir uns erinneret, das[s] frommenn, redlichenn unnd fürsichtigenn fürgesetztenn der regimenntenn gebürt und zuostadt, nit alleinn uff gegenwärttige sachenn unnd löuff zesechenn, unnd allein der zytt, da sy regierind, fürsechung zethun: sonnders auch und nit minder jnenn angelegenn sin soll, uff die nachkhommendenn unnd künfftigenn zyttenn zesechenn, schadenn unnd nachteil zefürkhommen, unnd dargegenn nutz und frommen zefürderenn unnd zeschaffenn, wie dann wir vonn sälli-ger gedechtnus, unnserenn getrüwenn liebenn vorfarenn, ann unnserem regiment dessenn lobliche exempel, unnd jrer getrüwen fürsorg danckbare gedechtnus zebehaltenn, billiche ursachenn habennd, auch unns nit minder geneigt, dann schuldig wüssennd, unnsernn nachkhomenn mit ebenmessiger fürsechung, wider über-fluss, unnd unnottwendig bruch, unnd darus volgendenn schadenn zeverhüttenn. Daruff unnd als wir je lennger je mher sechend, unnd erfarend, wie wenig das bedenckenn der nachkommenden nutz unnd notturfft, durch mertheil jetziger zytt unnserer unnder-thanenn jnn nutzung unnd bruch unnserer hochwälden, oder son-derbarer personenn unnd gmeindenn höltzerenn betrachtet unnd bedacht wirt •.• (33)

Amtsträger und damit Ausübende der Staatsmacht waren An-gehörige einer recht kleinen Zahl regimentsfähiger Familien von Bernburgern. Die Patrizier sahen sich nicht als die Eigen-tümer des Staatsgutes, sondern als deren Verwalter. Sie waren sich ihrer Vorrechte durchaus bewusst, zugleich aber bemüht, keine Missbräuche einreissen zu lassen. Die Obrigkeit trat hart auf gegen Schlendrian in der Verwaltung.

Klagen von Untertanen wurde nachgegangen, und wenn sie sich als berechtigt erwiesen, hatte man die Kraft, die Schul-digen zu bestrafen. Wenn das erste Protokoll über die Verhand-lungen der Deutschen Holzkammer vom 18. Juli 1713 mit der De-vise: Pro Dei gloria et comuni bono begann, war das mehr als eine blosse Floskel (34).

Die Politik der bernischen Obrigkeit war auf das Erhalten von Bewährtem ausgerichtet. Neuem verschloss man sich indessen nicht; Massnahmen wurden aber erst getroffen, wenn die Sache allseits überlegt und die Meinung der Betroffenen eingeholt war. Immerhin gingen die Anregungen zu verbesserter Waldwirt-schaft in aller Regel von der Obrigkeit aus, sie stiessen bei den Nutzniessern des Waldes fast immer zunächst einmal auf Ab-lehnung, weil man die Vorteile der Neuerungen nicht einsah und Beschränkungen befürchtete. Es ist auch auffällig, dass Erlas-se über die Ausreutungen, das Harzen, sorgfältigeres Fällen des Holzes inLmer wieder neu herausgegeben werden mussten; das heisst: die Mandate sind von der Bevölkerung nicht ernst ge-nommen worden, sie hatten deshalb auch nur geringe Wirkung.

Daran trug auch die Obrigkeit mit ihrer largen Einstellung zum Wald ihren Teil Schuld. Das (zu) sparsame Haushalten mach-te sich gerade im Wald nachmach-teilig bemerkbar. Die Obrigkeit verfügte zwar über die Einsicht, dass Verbesserungen in der Besorgung der Wälder notwendig seien, sie war aber nicht be-reit, die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen, da-mit die Waldhut wirkungsvoll gestaltet und eine sachgerechte Forstwirtschaft in der Art, wie sie etwa in den vorderöster-reichischen Landen geübt wurde, hätte aufgebaut werden kön-nen. Es war aber nicht nur Sparsamkeit, die forstlichen Fort-schritt verhinderte. Die bernische Obrigkeit hielt auf ein gutes Einvernehmen mit ihren Untertanen, sie wollte sie nicht mehr als nötig behelligen. Die Mittel, einen obrigkeitlichen Erlass durchzusetzen, waren recht begrenzt. Einesteils konnte man nicht durchdringen, wie es nötig gewesen wäre, andernteils fehlte aber öfters auch der Wille dazu. Der Wald und was da-mit zusammenhing war eine Gelegenheit, da man Nachsicht walten lassen konnte, im Ausgleich zu jenen Dingen, wo man hart blieb.

Es gibt mehrere Beispiele dafür, dass auf Anträge der Land-vögte zu forstlichen Verbesserungen nur zögernd eingetreten und, entgegen den Erlassen der gleichen Obrigkeit, dann doch den Begehren der Bevölkerung entsprochen wurde. Aehnliches gilt für die Forstfrevel, die oft ganz im Gegensatz zu den angedrohten scharfen Strafmassnahmen schliesslich milde Rich-ter fanden. Die in den Mandaten angeschlagene Tonart und die Handhabung widersprachen sich. Die Landbevölkerung fand sich, nicht zuletzt wegen der lauen Haltung der Obrigkeit in Wald-dingen, in der tiefsitzenden Auffassung bestärkt, mit dem Wald dürfe man - sei es als Nutzungsberechtigter, sei es als Frev-ler - nach eigenem Gutfinden und Belieben umgehen (35).

2.3.3 Der Landvogt und seine Beamten

Repräsentant und Vertrauensmann der Obrigkeit zu Bern auf der Landschaft war der Landvogt, nach der amtlichen Titu-latur "Amtmann" genannt. Andere Bezeichnungen lauteten Ober-vogt, Oberamtmann, oder es wurde aufgrund des Ortsgebrauches ein besonderer Name gebraucht. So gab es in Königsfeldenden Hofmeister, der Stiftsverwaltung in Zofingen stand der Stifts-schaffner vor, auf der Festung Aarburg nannte sich der Land-vogt seit 1667 Kommandant. Die Amtszeit der Amtmänner dauerte im 18. Jh. sechs Jahre. Das Amt konnte nur von Mitgliedern des Grassen Rates übernommen werden, es wurde (seit 1710) aus-gelost. Das Pflichtenheft eines Landvogtes war sehr umfang-reich und in einer Instruktion festgehalten. Die Mandatenbücher enthielten die Weisungen der Obrigkeit. In den Schloss- oder Dokumentenbüchern waren die Rechte der Obrigkeit wie der Aemter und Gemeinden aufgezeichnet, darüber hinaus gab es Dorfbrie-fe und -rodel mit den Ordnungen für die einzelnen Gemeinden.

An alle diese Vorschriften und Rechtssetzungen hatte sich der Landvogt zu halten. Der Landvogt verfügte aufgrund seiner Stel-lung zwar über ein grosses Ansehen und anscheinend über eine grosse Machtfülle, er war die obrigkeitliche Respektsperson.

Bei näherem Zusehen ist festzustellen, dass dem bernischen Landvogt aber doch nur eine recht begrenzte-Kompetenz und

Ent-scheidungsfreiheit blieb, denn bei den meisten wichtigen An-gelegenheiten behielt sich die Obrigkeit in Bern den Entscheid vor oder war Beschwerdeinstanz. Er stand überdies zwischen zwei Feuern, auf der einen Seite hatte er der Obrigkeit zu Bern Red und Antwort zu stehen, auf der anderen Seite achte-ten die Landleute genau auf die ihnen zustehenden Rechte und waren bald zu Beschwerden bereit. Zu Willkür gab es wenig Ge-legenheit; wenn solches geschah und sich die Untertanen dage-gen beschwerten, wurde das Vergehen geahndet.

Dem Landvogt stand neben vielem anderem die Oberaufsicht über die Wälder zu. Das umfasste vor allem die Kontrolle über die Tätigkeit der untergebenen Beamten für die Waldhut, die Bewilligung zur Ausgabe von Holz, die Inpflichtnahme der staat-lichen und gemeindeeigenen Förster/Bannwarte. Dazu hatte er Berichte und Anträge über Rodungen, ausserordentliche Abgaben von Holz und dergleichen zu veranlassen bzw. zu verfassen.

Bittgesuche aus der Bevölkerung wurden, mit seinem Siegel abge-segnet, an die Obrigkeit nach Bern weitergeleitet. Mindestens einmal während seiner Amtszeit sollte er die in seinem Ober-amt gelegenen hochobrigkeitlichen Waldungen und die Hochwälder besichtigen und der Holzkammer darüber Bericht erstatten. Ein-zelne solcher Beschriebe sind noch vorhanden, so für das Amt Aarburg 1778 (36). Es ist aber zweifelhaft, ob die Landvögte diese Waldbesichtigungen selbst vorgenommen haben, sie schei-nen - verständlicherweise - in der Regel auf die Berichte der Gemeindevorgesetzten abgestellt zu haben.

Nach dem Eyd für den Herren Amtsmann zu Biberstein 1779, heute würde man das als Pflichtenheft bezeichnen, hatte der Landvogt der "Besorgung der Wälderen" wegen die folgenden Auf-gaben:

21. Die Amtleüt sollen Mr GHH. Wald und Bahnhölzer getreü-lich beschirmen, kein Holz daraus verkaufen, hingeben, noch erlauben, dann allein den Underthanen so Rechtsamme in denen-selben haben, oder denen von alter Gewohnheit har, zu ihren Gebaüen und Hausbrauch Holz gegeben worden. Von dem also ver-willigten Holz dann, sollen die Amtleüt keine Emolument noch

Stoklosung beziehen, als insofern ihr Amt dazu ein hochobrig-

,,

keitlicher Titul aufzuweisen haben wird. In den Amteren aber, da man von Rechtsammen oder alter Gewohnheit wegen, solches nicht schuldig wäre, niemand gar kein Holz zu erlauben, ohne Mr GHH. besonderer Bewilligung.

Die Windfähl samt denen von selben gleich dem zum Bauen gefälten Holz, sich ergebenden Abholz, sollen sie so gut im-mer möglich zu obrigkeitlichem Nuzen verwenden, ohne dass da-von ihnen den Amtleüten einich Genoss zufliesse[n dürfe].

22. Dergleichen sollen die Amtleüt weder von den obrig-keitlichen Bahn- oder anderen Waldungen, noch Allmenten, Ryss-gründen oder anderem obrigkeitlichen Erdrich, einige Hausplätz, Rüdtinen oder Einschläge ohne Mr GHH. Vorwüssen, weder für sich selbsten gestatten und machen lassen, noch jemand anders verwilligen. Auch kein vorhandenes Bau- oder Brennholz ver-kaufen, sondern solches zuhanden der neüen Amtleüten hinter-lassen ••• (37)

Von einzelnen Landvögten weiss man, dass sie sich inten-siv mit den Waldangelegenheiten befassten.

In seinem Oberamt standen dem Landvogt nur wenige eigene Beamte zur Verfügung. Als sein Stellvertreter, Statthalter, wirkte der A m t s u n t e r v o g t . Da dieser in den kleineren Aemtern nur nebenamtlich tätig sein konnte, war er oft zugleich Gerichtsuntervogt. Der Kleine Rat wählte ihn als einen Mann aus dem betreffenden Amt auf Vorschlag des Land-vogtes auf Lebenszeit. Der L a n d s c h r e i b e r war die rechte Hand des Landvogtes und der Leiter der Verwaltung.

Die Ausstellung aller Akten war seine Aufgabe. Er wurde eben-falls auf Vorschlag des Landvogtes auf Lebenszeit gewählt. Der dritte obrigkeitliche Beamte war der A m t s w e i b e 1 Der Landvogt wählte dazu einen Mann aus dem Amt. Der Amtswei-bel wird derjenige Beamte gewesen sein, der sich u.a. mit den kleinen Dingen der Waldverwaltung zu befassen hatte. Vergli-chen mit dem Umfang der Aufgaben waren auf der Landschaft wirk-lich nur wenige Beamte tätig. Das gilt ausgesprochen auch für

den Wald. Der Landvogt musste deshalb seine Gehilfen in den Dörfern unter dem Gemeindevorgesetzten suchen; für den Wald waren dies auch die Förster und Bannwarte.

Der Landvogt war indessen nicht nur der Repräsentant der Obrigkeit, er war gleichzeitig der berufene Vertreter seines Oberamtes bei der Obrigkeit in Bern, und es gibt viele Zeug-nisse dafür, dass er sich für die Anliegen der Untertanen sei-nes Amtes tatkräftig einsetzte. Diese Seite des Amtes begründe-te vor allem das Vertrauen und - daraus fliessend - die land-vögtliche Würde. Männer wie NIKLAUS EMANUEL TSCHARNER, Land-vogt im Amt Schenkenberg 1767 - 1773, um ein Beispiel zu nen-nen, wirkten als wahre Landesväter.

2.4 Die Verhältnisse in den unteraargauischen Oberämtern und Gerichtsherrschaften

Bern hatte von seinen Vorgängern in der Herrschaft im Aargau die alte, weitgehend privat-rechtliche Verfassungs-struktur übernommen. Daran änderte sich zunächst nicht viel.

Zwischen der faktischen, militärisch-politischen Uebernahme der Landschaft und der Durchdringung und Integration mit al-len Zweigen der Landeshoheit verstrich oft viel Zeit (siehe

s.

22).

Ein Dorf oder mehrere Dörfer entsprachen einer Twingherr-schaft. Deren Inhaber war zum Einzug verschiedener Abgaben berechtigt und verfügte über die Gebots- und Verbotsgewalt sowie über die niedere Gerichtsbarkeit. Mehrere Twingherr-schaften bildeten zusammen das Amt als politisch massgebliche regionale Körperschaft; daraus entstanden die bernischen Ober-ämter. Eine grosse Zahl von Twingherrschaften hat Bern von Oesterreich bzw. von dessen Lehensträgern oder Pfandinhabern übernommen. Andere wurden von den Twingherren gekauft und ei-nem Oberamt angegliedert oder zu eiei-nem solchen erhoben (siehe

s.

24).

Die Dorfschaft war in früherer Zeit eine privat-recht-liche Organisation und verfügte über keine Hoheitsrechte. Erst im 16. und insbesondere im 17. Jh. bildete sich allmählich die öffentlich-rechtliche Gemeinde, der zunehmend Verwaltungs-und öffentliche Aufgaben zugewiesen wurden. Das geschah alles unter der strikten Aufsicht der Obrigkeit. In der bernischen Zeit - bis 1798 - kamen der Ausbau des Gemeindewesens als mit-tragender Teil des Staates sowie die Heranziehung der Gemein-den zur verantwortlichen Besorgung von öffentlichen Aufgaben, z.B. des Forstwesens, nicht mehr zum Abschluss. Dieses Stück Weg zu einem modernen Staat wurde von Bern zu spät und auch zu wenig konsequent beschritten. Man muss aber sogleich die Frage stellen, ob die Landbevölkerung bereit gewesen wäre,

(noch) mehr öffentliche Aufgaben zu übernehmen?

Die einzelnen Landschaften und Aemter, ja selbst Dorf-schaften verfügten von alters her und in Teilen über eigenes Recht. Es gehört in unser Bild, wenn wir feststellen, dass die Obrigkeit zu Bern diese örtlichen Rechte und Gewohnheiten weitgehend tolerierte. Wohl hielt sie auf eine Vereinheitli-chung des Rechtes, setzte sie aber nur soweit durch, als das im dringenden Interesse des Gesamtstaates notwendig wurde

(38). Ortsgebrauch kennt in beschränktem Masse auch das heu-tige Recht; es wurzelt in diesen sonst längst untergegangenen örtlichen Rechten.

2.4.1 Regelung in den Gemeinden

Ehedem war das Dorf, wie oben erwähnt, eine privat-recht-liche Gemeinschaft, welche allein kompetent war, wirtschaft-liche und nachbarschaftwirtschaft-liche Fragen zu erledigen. Sie regelte - unter der direkten oder auch nur mittelbaren Aufsicht des Twingherrn - die Nutzung des offenen Landes und des Waldes, die Ordnung über die Brunnen und Bäche und dergleichen Ange-legenheiten.

36

Innerhalb der Gemeinde gab es die Versammlung der Gemein-deangehörigen, worunter allein die Besitzer eigenen Landes so-wie die Träger von Erblehen zu verstehen sind. Diese waren auch die an der Allmend und am Wald Nutzungsberechtigten. Die Versammlung befand über Dorfreglemente, wählte die Gemeinde-beamten, soweit sie dafür zuständig war, bzw. machte entspre-chende Vorschläge zuhanden der Obrigkeit, wenn diese die Wahl vorzunehmen hatte. Ausserdem nahm sie die Abrechnung über das Gemeindegut entgegen.

Die Stellung der Gemeindefunktionäre war von Amt zu Amt etwas verschieden, gliederte sich aber in der Regel wie folgt:

als massgeblicher Mann galt der (Dorf-) U n t e r v o g t . Er und die G e r i c h t s s ä s s e n , die Vertreter der Gemeindeangehörigen im Amtsgericht, sowie die Chorrichter waren die führenden Männer in der Gemeinde. Gelegentlich fehl-te der Unfehl-tervogt, dann nahm ein Gerichtssäss seine Sfehl-tellung ein.

Ihnen folgten im Rang die V i e r e r , die gemäss dem Dorfbrief alle Angelegenheiten des offenen Landes, aber auch des Gemeinde- wie des Hochwaldes zu besorgen hatten.

Sie befassten sich u.a. mit den Forstfreveln, soweit nicht die Obrigkeit zuständig war, führten das Gemeindewerk und überwachten auch die Waldarbeiten. Für die Flur- und Waldhut wurden B a n n w a r t e bestellt; oft waren diese gleich-zeitig als Gemeindeweibel tätig. Daneben gab es für zahlreiche Waldungen auch F ö r s t e r , Leute, die zumeist aus-schliesslich im Wald zu tun hatten. Selbstredend besorgten die Bannwarte wie die Förster ihre Arbeiten als Bauern im Nebenamt, allenfalls wohnten sie in Forsthöfen.

Alle die hier genannten Beamten wurden von der Gemeinde-versammlung zumeist auf Lebenszeit, oft aber auch mit jährli-cher Bestätigung gewählt bzw. vorgeschlagen. Die Wahlen er-folgten unter Genehmigungsvorbehalt des Landvogtes bzw. Herr-schaftsherrn, der die Gewählten vereidigte, da ihnen Polizei-funktionen zukam. Die Gemeindeämter waren keineswegs begehrt;

man war nur ungern bereit, öffentliche Verpflichtungen zu

übernehmen, zumal sie schlecht bezahlt waren. Zur Besetzung der einigermassen anspruchsvollen Beamtungen fehlten oft auch einfach die fähigen Leute mit dem notwendigen Schulsack. Das führte zu ausgeprägter Aemterkumulation. Ein für ein Amt als tauglich befundener Mann, der bereit war, Verantwortung zu übernehmen, erhielt häufig mehrere Beamtungen zugewiesen (39).

Bemerkenswert ist die Feststellung, dass solche Beamtungen, auch die des Försters, oft während mehreren Generationen in den gleichen Familien blieben. Eine eigentliche Ausbildung, z.B. als Förster, gab es nicht. Der Erfahrungsschatz ging auf dem Weg der Anlehre vom Vorgänger auf den Nachfolger, vom Va-ter auf den Sohn über.

2.4.2 Waldverständnis der Landleute

Was ermöglicht letztlich die Erhaltung der Wälder in nach-haltig gutem Zustand? Nur zum geringeren Teil ist es das Mass an Intensität und Einsicht, mit der sich die Obrigkeit der Walddinge annimmt; ausschlaggebend ist vor allem die Einstel-lung der nutzniessenden Bevölkerung, ob diese eine aushaltende Waldgesinnung hat oder nicht. Im unteren Aargau war das - wie anderswo - bis ins 19. Jh. hinein nicht der Fall. Aber: konn-te die Bevölkerung bei den damaligen sozialen und wirtschaft-lichen Verhältnissen überhaupt eine Waldgesinnung haben?

Jedermann war auf vielfältige Nutzung des Waldes ange-wiesen. Die allmähliche Zunahme der Bevölkerung führte zu ei-ner ausgesprochenen Uebernutzung der Wälder, sowohl durch die Holzentnahme wie durch die Weide. Hinzu kamen die Ausreutungen von Wald mit mehr oder weniger langfristiger Zweckentfremdung des Bodens. Solche Misshandlung des Waldes musste zur bereits im 16. Jh. beginnenden und bis ins 18. Jh. sich ständig ver-schärfenden Krise führen. Es ist der Obrigkeit zugute zu hal-ten, dass sie diese Entwicklung zum Schlechten schon früh er-kannte und darauf mit Erlassen reagierte. Sie erreichte damit allerdings kaum je wirkliche Verbesserungen. Die Landleute konnten von der (zu) intensiven Nutzung des Waldes nicht

ab-38

stehen, da zunächst keine Alternativen gegeben waren. Im spä-teren 18. Jh. erlaubte die Verbesserung der landwirtschaft-lichen Produktionsmethoden im Mittelland den allmählandwirtschaft-lichen Ver-zicht auf die Waldweide. Das war ein erster wichtiger Schritt zu nachhaltiger Verbesserung der Waldverhältnisse.

Die Wälder im unteren Aargau waren grösstenteils Hoch-wälder und standen damit im Eigentum des Inhabers der Twing-herrschaft. Genutzt wurden sie von den Twingangehörigen, nominell "aus Gnade", faktisch aus Anspruch. Im Umfange ent-sprach die Nutzung der "Notdurft", in späterer Zeit musste die Abgabe von Bau- und Brennholz auf ein oft bescheidenes Mass beschränkt werden. Im Amt Aarburg erhielt ein Berechtig-ter im 18. Jh. lediglich noch ein KlafBerechtig-ter Brennholz (40). Die Trennung zwischen Eigentumsrecht und Gewährung der Nutzung führte - ähnlich den Verhältnissen auf der Allmend - nicht auch zu geteilter Verantwortung. Niemand wollte die Verpflich-tung übernehmen, für die gute ErhalVerpflich-tung und VerwalVerpflich-tung des Waldes zu sorgen. Dem Eigentümer stand eine Vielzahl von

Nut-zungsberechtigten gegenüber, die auf ihren "Rechten" beharr-ten, denen aber die Walderhaltung nicht zugleich ein wichti-ges und dringliches Anliegen war. Zu irgendwelchen Einschrän-kungen in den Waldnutzungen boten die Berechtigten nur sehr ungern Hand. Der Zustand des Waldes verschlechterte sich all-mählich, man nahm das als etwas Unabänderliches, Gegebenes hin. Zumal immer wieder ein scheinbarer "Ausweg" gefunden wur-de, schickte man sich in die Lage und musste das ja auch. Der Holzmangel, und vielleicht auch einfach die alte Gewohnheit, veranlassten viele, selbst solche, die das nicht nötig ge-habt hätten, zum Forstfrevel. Erstaunlich häufig waren Kla-gen über unsorgfältiges Holzfällen und das Vergeuden von Holz.

Das allgemein verbreitete Unverständnis der bäuerlichen Be-völkerung gegenüber dem Wald und die daraus fliessende Sorg-losigkeit in der Waldnutzung versteht ein heutiger Förster nicht. Unter diesen Umständen konnte keine Waldgesinnung ent-stehen. Erst die Bereinigung der Eigentums- und Nutzungsrechte am Wald in den ersten Jahrzehnten des 19. Jh. schuf klare Verhältnisse über die Verantwortung am Wald. Zum Besten seines

Gemeindewaldes nahm der Bürger einige Opfer auf sich, und es erwuchs allmählich die Einsicht, dass die Nutzung dem Ertrags-vermögen des Waldes anzupassen sei und nicht der Anspruch das

Gemeindewaldes nahm der Bürger einige Opfer auf sich, und es erwuchs allmählich die Einsicht, dass die Nutzung dem Ertrags-vermögen des Waldes anzupassen sei und nicht der Anspruch das