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4. Charakterisierung der 13 C-Stoffflussanalyse 24

4.1.3. Validierung der einzelnen Prozessparameter

Die benötigten Parameter weisen je nach Messmethode unterschiedliche Standardabweichungen auf und es sollte geklärt werden, wie sich diese experimentellen Fehler auf die berechneten Werte und Simulationsergebnisse auswirken. Hierzu verdeutlicht Abbildung 4.2 die Zusammenhänge zwischen den experimentellen Parmetern und den daraus berechneten extrazellulären Raten sowie der aufgestellten Kohlenstoffbilanz.

CBM Mcarbon

cGlc

MGlc

Fmedium

ρ V BT M cP rod

Fair

cO2

cCO2

F eedrate

Biomasse

ΠP rod

ΠBM

ΠGlc

ΠCO2

ΘC

Abb. 4.2.:Zusammenhang zwischen den experimentellen Parametern und den daraus berechneten Raten sowie der Kohlenstoffbilanz: die Parameter auf der linken Seite werden für die Berechnung der Raten in der Mitte und die Aufstellung vonΘCauf der rechten Seite benötigt.

Aus den gerade vorgestellten Modellen können nun genauere Untersuchungen zu Genauigkeit und Präzision der einzelnen experimentellen Parameter durchgeführt werden. Diese Charakterisierun-gen sollen einerseits realistische GrößenordnunCharakterisierun-gen über die nicht biologisch bedingten Variatio-nen liefern sowie Möglichkeiten der Optimierung aufdecken.

Pumprate: Es gibt zwei grundlegende Möglichkeiten, eine genaue Pumprate zu erreichen. Ent-weder kann die Pumpe über eine angeschlossene Waage geregelt sein und somit zu jedem Zeit-punkt die Pumpgeschwindigkeit anpassen. Hierfür ist allerdings der Hardware-Bedarf größer und bei sehr geringen Pumpraten die Steuerung sehr schwierig. Bei der zweiten Möglichkeit wird die Pumpe zunächst in einem bestimmten Drehzahlbereich kalibriert und kann dann über den Kali-brierfaktor mit einer fest eingestellten Drehzahl die gewünschte Pumprate ermöglichen. Nachteilig hierbei könnten zeitabhängige Faktoren wie die Füllstandshöhe im Feedgefäß oder die Geschmei-digkeit und SpröGeschmei-digkeit der Pumpschläuche sein.

Im verwendeten Kultivierungssystem fedbatch-pro®der DasGip AG ist die zweite Möglichkeit eingebaut und somit erfolgte zunächst eine technische Validierung der Pumpraten. Hierfür wurde ein Langzeitpumpentest durchgeführt, bei dem mit den Pumpen über fünf Tage eine definierte Rate gepumpt wurde und alle 24 h eine Bestimmung der tatsächlichen Rate erfolgte. Jeder dieser Tests wurde in einem 8-fach Ansatz für die drei Pumpraten 10, 20 und 30mL/hdurchgeführt (entspricht

Verdünnungsraten von 0,05 h−1, 0,1 h−1 und 0,15 h−1). Basierend auf diesen Ergebnissen konnte für diese drei Pumpraten eine durchschnittliche Präzision von 1,07 % ermittelt werden. Wichtiger jedoch war die Erkenntnis, dass trotz einer einmaligen Kalibrierung und keiner dauernden Rege-lung mittels einer Wägung der Feedflasche konstante Pumpraten erreicht werden konnten.

Dichte des Mediums: Beim Pumpensteuerungssystem des verwendeten fedbatch-pro® wird zunächst eine Pumpenkalibrierung durchgeführt, bei der über die Dichte des Mediums und die gepumpte Masse das tatsächliche Pumpvolumen errechnet wird. Neben der durchgeführten Kali-bration wurde auch während der Experimente die tatsächlich gepumpten Masse über Laborwaa-gen ermittelt, mittels derer der Mediumsstrom über die Dichte berechnet werden kann. Bei diesem System wird der benötigte Volumenstrom über die zwei Parameter Massestrom und Dichte ermit-telt. Aufgrund der beiden Fehlermöglichkeiten ist dieser daher schlechter bestimmt, allerdings ist dies die einzige Möglichkeit den tatsächlichen Volumenstrom zu berechnen. Für die ersten13 C-Markierungsexperimente wurde eine Dichte von 1,01±0,001g/L angenommen. Im Rahmen der Optimierung erfolgte die 60-fach Bestimmung der Dichte des Mediums anhand von einer 10 mL und einer 15 mL Vollpipette. Es konnte ein Wert von 1,013±0,0025g/L ermittelt werden der mit einer relativen Abweichung von 0,25 % vertrauenswürdig ist. Über diesen Parameter kann nun der Volumenstrom ermittelt und daraus die tatsächliche Verdünnungsrate berechnet werden.

Kulturvolumen im Reaktor: Das Kulturvolumen hat Einfluss auf die Verdünnungsrate, die Gesamt-Biomasse sowie die volumenbezogene Kohlendioxidbildungsrate und spielt daher eine wichtige Rolle. Gerade in der kontinuierlichen Kultivierung reagieren alle Prozessparameter sehr sensibel auf das Kulturvolumen und es ist daher äußerst wichtig, dieses korrekt und konstant ein-zuhalten. Die Bestimmung vonV erfolgt durch ein Abpumpen mit Hilfe eines Absaugrohres von der Oberfläche der Kulturbrühe. Hierbei erfolgte die Einstellung des Absaugrohres im ungerührten Zustand oberhalb der Flüssigkeitsoberfläche. Die Reaktoren wurden mit 200 mL Medium befüllt und zunächst ein Fehler von±10 mL angenommen. Nach einer genaueren Untersuchung mit der Optimierung des Reaktoraufbaus konnte der Fehler auf±5 mL reduziert werden.

Alternativ könnte auch eine Bestimmung am Ende des Experimentes erfolgen, wobei diese Me-thode bedingt durch die Probenahme und verbleibende Flüssigkeit im Reaktor ungenau ist. Eben-so könnte zunächst ein definiertes Volumen im Reaktor eingestellt und der Ablauf direkt aus der Kulturbrühe entnommen werden. Da jedoch leichte Schwankungen in den Pumpraten festgestellt werden konnten (siehe oben) und die Biomasse eine wesentliche Änderung der Dichte und Vis-kosität verursacht, wurde diese Möglichkeit als zu instabil betrachtet. Die Ungenauigkeiten von Zu- und Ablauf könnten sich ebenfalls summieren und zu einem Leerpumpen oder Überlaufen des Reaktors führen.

Bestimmung der Biotrockenmasse: Die BiotrockenmasseBT M ist ein wichtiger Parame-ter für die Stoffflussanalyse, da alle extrazellulären Raten auf die Gesamtbiomasse (BT M ⋅V) normiert werden. Daher ist eine absolut präzise und genaue Bestimmung erforderlich. Üblicher-weise erfolgt diese über die Trocknung eines definierten Volumens mit der Ermittlung des Dif-ferenzgewichtes zum Gefäß, ebenso kann eine Filtration angewendet werden. Hier soll auf das gravimetrische Verfahren wie in Abschnitt B.6 im Anhang beschrieben und der daraus abgeleitete Zusammenhang (OD-BT M) eingegangen werden. Über den etablierten Standardprozess (siehe

Abschnitt 4.4 mit der einzigen Änderung des Kulturvolumens auf einen Liter) wurden nach jeweils einer halben Verweilzeit mit sechsfacher Bestimmung Proben entnommen und daraus die OD600

sowie dieBT M bestimmt (siehe Abbildung 4.3). Über den Verlauf einer kontinuierlichen Kul-tivierung ist zunächst das Überschwingen derBT M erkennbar, die sich aber nach ca. zwei Ver-weilzeiten stabilisiert. Mit diesen Daten und denBT M-Werten aus den Markierungsexperimenten konnte im Schnitt aus 5g/LGlukose eineBT M von ~ 2,5g/Lfür den ausgewählten Zeitpunkt der Probenahme bestimmt werden. Die Bestimmung derBT M-Werte war nicht so reproduzierbar wie gewünscht. Dies ist auf die geringe Konzentration aufgrund der Kostenreduzierung beziehungs-weise die geringen Volumina der Probenahme (2 mL) zurückzuführen. Die Fehlerbalken bewegen sich zwischen 3 – 8 % relativer Abweichung, so dass sich ein Bereich zwischen 2,2 – 2,9g/Lfür die BT M ergibt.

0,0 2,5 5,0 7,5 10,0 12,5 15,0 17,5 20,0

0,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5

BTM [g / L]

Prozesszeit [h]

A B C D

BTM[g/L]

Prozesszeit [h]

A B C D

Abb. 4.3.:BT M über einen Chemostatverlauf in biologischen Replikaten. In der anfänglichen Batch-Phase ist eine sehr niedrigeBT M festzustellen, die sich nach der Stabilisierung auf ca. 2,5g/Leinpendelt. AnsatzC musste aufgrund einer Pumpstörung abgebrochen werden.

Die zugehörigen Werte der OD600– die nach dem Verfahren in Abschnitt B.5 im Anhang ermit-telt wurden – lagen im Bereich von 8 – 10. Dies könnte einerseits mit einer verminderten Vita-litätsrate [193] erklärt werden, andererseits wurde mit zunehmender Kultivierung ein größeres Zellvolumen beobachtet (Daten hier nicht gezeigt). Reproduzierbarer ist hier dieBT M, trotz der technisch bedingten großen Standardabweichungen. Diese ergibt aufgrund der geringen Probenvo-lumina von 2 mL Ungenauigkeiten und Schwankungen in der Auswaage der getrockneten Proben.

Für zukünftige Experimente sollte die Bestimmung der BT M auf wesentlich größere Mengen an Kulturvolumen basieren, wobei die präzise Entnahme eines definierten Volumens optimal mit einer Vollpipette gewährleistet werden kann. In dem verwendeten Kultursystem bestand die aus-schließliche Möglichkeit der Entnahme größerer Mengen von Kulturbrühe am Ende der Experi-mente. Die BT M-Verläufe können allerdings noch nicht als stabil angesehen werden, weil die 3,5 durchgeführten Verweilzeiten anscheinend für eine vollständige Anpassung des Stoffwechsels durch die Substrat-Limitierung nicht ausreichten. Um diesen Sachverhalt tiefer zu analysieren, müssten entsprechend längere Chemostatversuche durchgeführt werden, die im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr erfolgen konnten. Die vorgestellten Erkenntnisse wirken sich nun stark auf alle

abhängigen Daten und Ergebnisse aus und werden später erneut aufgegriffen (Abschnitt 4.1.4 und Abschnitt 6.4). Aufgrund der Wichtigkeit dieses Parameters sollte dessen Bestimmung in zukünf-tigen Experimenten mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.

DieOD-BT M ist ein biologischer Parameter, der Informationen über morphologische Eigen-schaften geben kann. Da die OD600wesentlich leichter zu bestimmen ist, wurde eine aufgestellte OD-BT M schon eingesetzt, um auf die Biomassekonzentration zu schließen [12, 48, 96, 191].

Insgesamt konnte aber gezeigt werden, dass in einer kontinuierlichen Kultivierung die OD600

stärkeren Schwankungen unterliegen kann und daher nur mit Vorsicht für eine Prozesskontrolle beziehungsweise zur Herleitung relevanter Prozessdaten eingesetzt werden sollte.

Kohlenstoffanteil: Die Berechnung der Biomassebildungsrate wurde über den Kohlenstoff-gehalt in der Biomasse CBM geschätzt. Für C. glutamicum ATTCC 13032 konnte nach Ab-schnitt B.7 ein DurchAb-schnittsgehalt von 38,6±0,017 % fürCBM ermittelt werden. In der Litera-tur finden sich für den Wildtyp medienabhängige Zusammensetzungen der Biomasse [49,106], die zum Teil höhere Werte aufwiesen (~ 41,4 %). Grund dafür könnte die nicht vollständige Trocknung der Proben vor der Elementaranalyse sein, weshalb durch die Restfeuchte fehlerhaft zu wenig tat-sächliche Biomasse für die Analyse eingesetzt wurde. Die Trocknung der Proben erfolgte nur in einem auf 80 °C beheizten Trockenschrank, wobei eine Gefriertrocknung eventuell bessere Ergeb-nisse aufgrund eines geringeren Wassergehaltes liefern könnte [40]. Die tatsächliche Restfeuchte der analysierten Proben wurde nicht bestimmt und kann daher höchstens mit bis zu 10 % relati-vem Fehler geschätzt werden (Abweichung der in dieser Arbeit ermittelten Werte im Vergleich zur Literatur).

Gasförmiger Stofftransport: Die Bildung von CO2sowie die Aufnahme von O2sind wesent-liche Faktoren bei der Bilanzierung. Übwesent-licherweise erfolgt eine Bilanzierung über das Inert-Gas N2. Bei der Bilanzierung gasförmiger Stoffe spielen die ParameterFair,cCO2,cO2,pundT eine Rolle. Die Regelung und Messung aller Parameter erfolgt über technische Geräte und können da-her – unter Annahme korrekter Benutzung und Kalibration – mit der vom Hersteller angegebenen Genauigkeit und Präzision angenommen werden. Neuartig bei dem eingesetzten Abgasanalysator GASMET (Ansyco GmbH, Karlsruhe) ist die Möglichkeit der Differenzierung zwischen markier-ten und unmarkiermarkier-ten CO2. Damit steht ein weiterer Markierungsanteil eines zentralen Metaboli-ten zur Verfügung, der für die Parameterschätzungen eingesetzt wird.

Molekulargewichte von Substrat, Produkt und Biomasse: Ein bisher vernachlässigter Faktor in der korrekten Ermittlung der extrazellulären Raten ist das durch die Isotopen geänderte Molekulargewicht des Substrates, der Produkte sowie der Biomasse. Eine Quantifizierung durch die Ermittlung der Konzentration ing/Lmit anschließender Umrechnung mit dem Molekularge-wicht muss den erhöhten Wert durch 13C berücksichtigen. Für die verwendete Glukose ergeben sich Molekulargewichte von 180,1577g/mol(Mglc0), 181,1467g/molfürMglc1 und 186,09g/molfür MglcU, weshalb die Substrat-Mischung nach Formel 4.6 berechnet. Der zweite wichtige Parame-ter Mcarbonsteht für das durchschnittliche Molekulargewicht des Kohlenstoffs in der Biomasse, der aus dem Molekulargewicht M12Cvon 12,01g/molfür natürlich markierten und 13g/molfür mar-kierten Kohlenstoff (M13C) berechnet wird. Mit Formel 4.7 kann basierend aufCBM der Wert

fürMcarbongeschätzt werden, da ein gleichverteilter Einbau des Substrates in der Biomasse an-genommen wird.

MGlc = glc0⋅Mglc0+glc1⋅Mglc1+glcU⋅MglcU [g/mol] (4.6) Mcarbon = CBMM13C+ (1−CBM) ⋅M12C [g/mol] (4.7) Eine Zusammenfassung der Auswirkungen von Genauigkeiten und Präzision der vorgestellten Parameter auf die Kohlenstoffbilanz beziehungsweise berechneten Raten findet sich im nächsten Abschnitt.

4.1.4. Charakterisierung der extrazellulären Raten und der Kohlenstoffbilanz