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3.1.1 Aufbau des Software-Werkzeugs

Zunächst werden grundlegende Parameter definiert. Dazu gehören das betrachtete Szenario, die Anzahl der Schritte bzw. Stufen und Dimensionen der Stufen. Daraus können abhängig vom Szenario die Schrittparameter abgeleitet werden. Des Weiteren sind Stützstellen und Anzahl der Phasen der Trajektorien sowie die Dauer der Schrittphasen festzulegen. Für die Ausgangsposi-tion werden Anfangswerte definiert. Anschließend erfolgt das Zeichnen der Stufen. Es schließt sich eine Schleife über die Anzahl der Schritte bzw. Stufen an, in der mit aktueller Schrittdauer die Koeffizienten aller Trajektorien ermittelt werden. Dazu wird eine entsprechende Funktion aufgerufen, der die Anzahl der Phasen sowie die Zeitpunkte und Werte der Stützstellen über-geben werden. Diese Funktion liefert als Rückgabewert eine Matrix𝑨, die für jeden Abschnitt einen Vektor der Koeffizienten erhält, die das entsprechenden Polynom definieren (siehe Ab-schnitt3.2.2). Die Schrittparameter werden je nach zutreffendem Zustand angepasst (siehe dazu Abschnitt3.1.4). Innerhalb dieser Schleife gibt es eine weitere Schleife über einen Zeitvektor, der für jeden diskreten Zeitwert die verschiedenen Trajektorien auswertet und diese Werte in Matri-zen abspeichert. Diese werden dann an eine Funktion übergeben, welche die aktuelle

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ration berechnet und zeichnet. Die zurückgegebenen Winkel werden in Matrizen abgespeichert, um sie später weiter verwenden zu können für Visualisierung und Auswertung. Anschließend er-folgt das Zeichnen der Trajektorien, Winkelverläufe und Geschwindigkeitsverläufe. Außerdem wird die pseudokinetische Energie für den aktuellen Schritt berechnet. Vor Beginn der nächsten Iteration, welche dem folgenden Schritt entspricht, wird die Gesamtsimulationszeit erhöht und es werden die Funktionen der Beine als Stand- und Schwungbein gewechselt. Dafür ist das Abspei-chern der aktuellen Konfiguration des bisherigen Standbeines nötig. Sofern gewünscht, erfolgt ein Wechsel des Zustandes. Dieser Ablauf des Programms ist schematisch in Algorithmus1 dar-gestellt.

Auswertung der Trajektorien zu Zeit t Zeichnen der aktuellen Konfiguration end

Schwung- und Standbein wechseln Zustand wechseln

end

Algorithmus 1 :Darstellung des Programmablaufes

Als Ausgabe des Software-Werkzeugs erhält man unter anderem eine Animation. Dabei werden die vorangegangen Konfigurationen beibehalten, sodass am Ende der Verlauf der Konfiguratio-nen nachvollziehbar ist. Eine solche Historie ist in Abb.3.1zu sehen. Es werden immer beide Beine abgebildet, dabei entspricht blau dem rechten und orange dem linken Bein. Des Weiteren werden die vorgegeben Trajektorien und die verschiedenen Gelenkwinkel und Gelenkgeschwin-digkeiten als Verlauf über die Zeit dargestellt und ein Video erzeugt. Weitere Details zum Aufbau des Programms und den verwendeten Funktionen finden sich in AnhangA.

3.1.2 Annahmen und Modellierung

Für die Darstellung der Bewegungen des Roboters in dem verwendeten Software-Werkzeug wer-den einige Annahmen getroffen, um es zu ermöglichen, die wesentliche Kinematik abzubilwer-den und zu untersuchen, ohne dabei alle Details der eigentlichen Kinematik zu modellieren. Bei der Modellierung in MATLAB werden lediglich Bewegungen in der Sagittalebene betrachtet. Dies stellt zwar eine gewisse Vereinfachung dar, die allerdings dadurch gerechtfertigt ist, dass die Bewegungen in der Frontal- und Transversalebene deutlich kleiner sind. Die Hauptbewegungs-anteile finden in der Sagittalebene statt. Diese Annahme ermöglicht eine übersichtlichere 2D-Darstellung. Dadurch gibt es jedoch keine Möglichkeit, ein Kurvengehen darzustellen. Der Win-kel𝑝ℎ𝑖𝑧,𝑠𝑤𝑖𝑛𝑔, welcher die Rotation des Schwungfußes gegenüber dem Standfuß um die z-Achse darstellt, ist immer0°. Die Bewegungen Adduktion und Abduktion werden also vernachlässigt.

Eine Erweiterung des Modells auf die dritte Dimension wäre aber ohne Weiteres möglich.

Bild 3.1: Verlauf der Konfigurationen

Des Weiteren wird eine konstante Höhe des Torsos angenommen. In der Realität und der Mehr-körpersimulation schwankt dieser Wert leicht. Vereinfachend wird als Mittelwert1,077 m ver-wendet. Auch die Neigung des Oberkörpers in der Sagittalebene wird vernachlässigt, d. h. der Torso bewegt sich nur in𝑥- und𝑧-Richtung, jedoch findet keine Rotation statt. Es ist aber mög-lich, verschiedene Trajektorien für die Torsokoordinaten im Software-Werkzeug vorzugeben, so-dass auch eine variierende Torsohöhe darstellbar wäre.

Der Aufbau der Füße des RobotersLolaist deutlich komplexer als im Software-Werkzeug dar-gestellt. Der Kontakt mit dem Boden findet über zwei Kontakt-Pads statt. Das hintere Pad kann mit der Ferse und das vordere mit dem Fußballen des Menschen verglichen werden. Verbunden ist das vordere Pad mit dem eigentlichen Fußsegment über ein aktives Gelenk. Dieses wird als Zehengelenk bezeichnet. Die Kontaktpads haben eine spezielle Form inklusive Radien, die ein Abrollen beim Fersenkontakt ermöglichen soll. Diese Radien werden im Rahmen dieser Arbeit vernachlässigt. Details zum Aufbau der Füße finden sich in Lohmeier2010.

3.1.3 Robotermodell

Zur Evaluierung der Fußtrajektorien wird ein vereinfachtes Modell des RobotersLolaverwendet, welches lediglich Elemente bis zum Torso beinhaltet. Die im Software-Werkzeug verwendeten Dimensionen sind die des RobotersLola. Die Länge des Fußes, ausgenommen die Rundungen der Kontaktpads, beträgt 0,28 mund die Breite0,22 m. Um eine mögliche Kollision der

Kon-taktpads mit den Stufen oder anderen Hindernissen feststellen zu können, werden diese mit einer Länge von0,02 mapproximiert, wobei die verwendete Rundung vernachlässigt wird. Die Ge-samtlänge des Fußes beträgt daher im Software-Werkzeug0,32 m. Die Länge der Oberschenkel beträgt0,44 mund die der Unterschenkel0,43 m. Die Dimensionen des Modells, welches in dem Software-Werkzeug verwendet wird, sind in Abb.3.2dargestellt. In der verwendeten Ausgangs-lage, von der aus jeder Schritt aus dem Stillstand beginnt, ist das Knie um etwa56,6° gebeugt.

Bild 3.2: Maße des Robotermodells (links) und Winkel (rechts)

Die Füße des RobotersLolabestehen aus drei Segmenten, dem Hallux, auch Zeh genannt, dem Mittelfuß und der Ferse. Der Hallux ist über das aktive Zehengelenk mit dem Mittelfuß verbun-den. Der gesamte Fuß ist über ein Gelenk an das Bein angeschlossen, das in etwa dem oberen Sprunggelenk des Menschen (engl.ankle joint) entspricht (Lohmeier2010). Ein Stehen auf dem Zehensegment entspricht in etwa dem Stehen auf dem Vorderfuß beim Menschen.

3.1.4 Einstellungsmöglichkeiten

Es gibt die Möglichkeit, zwischen Treppauf, Treppab und flachem Gehen als Szenario zu wäh-len. Die verwendeten Trajektorien und Schrittparameter werden entsprechend angepasst. Beim Treppensteigen werden zwei Bewegungsmuster unterschieden,Step-over-StepundStep-by-Step, siehe Abb.3.3. Ersteres bedeutet, dass ein Fuß nur auf jeder zweiten Stufe abgesetzt wird, letzte-res dagegen, dass beide Füße auf jeder Stufe abgesetzt werden. Abhängig davon, ob die Treppen im Muster Step-over-StepoderStep-by-Stepgestiegen werden, ergibt sich eine andere Abfolge von Zuständen. Entsprechend werden die Werte der Trajektorien auf die zu überwindenden Di-stanzen gesetzt. Hierfür dient die Variablestate, die den Zustand angibt. Dabei bedeutetStart, dass ein Schritt aus dem geschlossenen Stand beginnt,Continueentspricht demStep-over-Step und beiClosingwerden beide Füße wieder nebeneinander gestellt, also das Schwungbein in den geschlossenen Stand herangezogen.

Bild 3.3: Bewegungsmuster beim Treppensteigen (nach Reid u. a. 2007)