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Simulationsmethoden und theoretische Ergebnisse

5.1 Simulationen mit LLG

In diesem Teilkapitel1 soll auf die Simulationen, die mit dem Simulationspro-grammLLG Micromagnetics Simulator durchgef¨uhrt wurden, eingegangen wer-den. Mit diesem Programm, daß vielfache Anwendung in der Simulation zur Bestimmung der mikromagnetischen Eigenschaften von Mikro- und Nanoteil-chen findet, k¨onnen verschiedene Magnetisierungskonfigurationen unter Ber¨uck-sichtigung verschiedener Parameter berechnet werden. Eine Vorhersage und Berechnung der betreffenden Hysteresekurven ist ebenfalls m¨oglich. Ein Ver-gleich von gemessenen und simulierten Ergebnissen erm¨oglicht vielfach wichtige R¨uckschl¨usse auf das magnetische Verhalten von Mikromagneten. Ziel mikro-magnetischer Simulationen ist die Ermittlung der Magnetisierungskonfigura-tion m(r, t), wobei der Betrag der S¨attigungsmagnetisierung MS im Inneren des (ferro-)magnetischen K¨orpers als konstant angenommen wird. Dazu wird das gesamte Volumen des magnetischen Probenk¨orpers in ein dreidimensiona-les Gitter aus identischen Quadern des Volumens

VZelle= ∆x∆y∆z, (5.1)

eingeteilt. Es wird in der Regel ∆x = ∆y = ∆z gew¨ahlt, da ansonsten dem System eine leichte magnetische Formanisotropie aufgepr¨agt wird. Zur Wahl der Gr¨oße f¨ur das Volumen sollte beachtet werden, die Austauschl¨ange nicht zu unterschreiten. Das bedeutet, daß innerhalb der Zelle die Magnetisierung als homogen angenommen werden kann, da die Austauschwechselwirkung auf der Skala vonlex dominiert. Damit kann man jede dieser Zellen mit einem Ein-heitsvektormirepr¨asentieren, der das Element des Magnetisierungsvektorfeldes m(r,t) im Zentrum der Zelle idarstellt. Zur Beschreibung der zeitlichen Ent-wicklung der Magnetisierungskonfiguration in einem ferromagnetischen K¨orper, wird dieLandau-Lifshitz-Gilbert-Gleichung (LLG Gleichung)2 verwendet:

³mi

∂t

´ =³1+α|γ|2

´mi×Hief |γ|α

1 +α2mi׳mi×Hief´ (5.2) Hier bezeichnetHief das effektive Feld am Ort des Vektorsmi. Streng genom-men handelt es sich um eine magnetische Flussdichte mit der Einheit V sm2 und wird durch Bildung der (negative) partielle Ableitung der gesamten freien

Ener-1Die hier angef¨uhrte Beschreibung ist eng an diejenigen in [46] angelehnt. Grundlegende Aspekte sind auch der Bedienungsanleitung [114] zu entnehmen.

2Zur Herleitung der Gleichung siehe beispielsweise [115].

gie3 nach dem magnetischen Momentµi berechnet. Dieses effektive Feld setzt sich aus dem tats¨achlichen externen Feld und dem Streufeld zusammen. Zur ge-naueren Erl¨auterung zu den einzelnen Termen und Beitr¨agen in der Gleichung wird auf [46] verwiesen. Der erste Term auf der rechten Seite in obiger Gleichung

500 nm

400 nm (100 Zellen) 84nm (21Zellen)

Zellendiskretisierung Kubisch (4 x 4 x 4 )nm³

a)

b)

c)

d)

Abbildung 5.1: Schritte zur dreidimensionalen LLG Maske: In Bild a) ist die als Grundlage f¨ur die Diskretisierung verwendete TEM-Aufnahme der Ma-gnetosomenkette gezeigt. Die daraus geschlossene Lage der Kristallfl¨achen der Magnetosomen wurde wie in Bild c) angegeben, abgesch¨atzt und in eine Diskre-tisierung in Form eines Bitmap Bildes wie in d) umgesetzt. Die DiskreDiskre-tisierung erfolgte in kubische Zellen mit einer Kantenl¨ange von 4 nm. Das Probenvolu-men betrug insgesamt 84 nm (21 Zellen) × 84 nm (21 Zellen)× 400 nm (100 Zellen).

dr¨uckt die Pr¨azessionsbewegung des Vektorsmi um die Richtung des effektiven Feldes aus. Dabei istγ das gyromagnetische Verh¨altnis (normalerweise mit dem Wert des freien Elektronenspins; Lande-Faktor g f¨ur ferromagnetische Materia-lien als 2 angenommen) und ergibt [46]:

|γ|=g|e|

2m |e|

m = 17,6·1010 m2

V s2. (5.3)

Der zweite Term repr¨asentiert die D¨ampfung (D¨ampfungskonstante α). F¨ur

3Diese setzt sich im wesentlichen aus der Summe aus Austausch-, Streufeld- und Zeemann-energie zusammen.

die Simulation einer Magnetosomenkette, wurde der Ausschnitt einer TEM-Aufnahme herangezogen siehe Abbildung 5.1, um eine m¨oglichst wirklichkeits-nahe ¨Ubertragung der ¨außeren Form (Kristallstruktur) zu gew¨ahrleisten. Um das Ummagnetisierungs-verhalten der Kette genau beschreiben zu k¨onnen, ist die Betrachtung der dreidimensionalen Gestalt der einzelnen Magnetosomen notwendig. Aus diesem Grund musste eine dreidimensionale Maske f¨ur LLG er-zeugt werden. Dazu wurde wie folgt vorgegangen: Die aus der TEM-Aufnahme rekonstruierten Verl¨aufe der Kristallfl¨achen, lieferten die erste Schicht zum Auf-bau der dreidimensionalen Maske. Dies wurde gleichzeitig als Mittelebene de-finiert und die Konturen als Bitmap nachgezeichnet. Die zwanzig einzelnen Schichten f¨ur die 3D-Maske (inklusive Mittelebene 21 Schichten), symmetrisch dar¨uber und darunter, wurden aus diesem Bitmap durch sukzessives Entfer-nen einzelner Bildpunkte (Pixel) erzeugt (siehe Abbildung 5.2). Mit diesem Vorgehen konnte nur grob die dreidimensionale Struktur der Magnetosomen nachempfunden werden. Die daraus erhaltene Positivmaske wurde schließlich invertiert und alle einzelnen zweidimensionalen Bitmap-Einzelmasken zu einer dreidimensionalen Maske zusammengef¨uhrt. Veranschaulicht wird dieses Vor-gehen in der Abbildung 5.2. Drei Schichten, der ingesamt 21 Schichten (Layer), die f¨ur den Gesamtaufbau der 3D-Maske notwendig sind, wurden exemplarisch eingezeichnet. Im linken Teil von Abbildung 5.2 ist eine dreidimensionale Dar-stellung der unteren 10 Layer der Maske eines Magnetosoms dargestellt. Analog ist die Schichtabfolge der oberen 10 Layer, symmetrisch zur Schicht in der Mitte, zu erg¨anzen. Diese 3D-Maske diente schließlich als Grundlage f¨ur die Simulatio-nen mit dem ProgrammLLG Micromagnetics Simulator. Die Dimension einer einzelnen kubischen Zelle betr¨agt 4 nm (Kantenl¨ange). Die Diskretisierung des Simulationsvolumens wird durch 21 Zellen (H¨ohe)× 21 Zellen (Breite) × 100 Zellen (L¨ange) beschrieben. Damit betr¨agt das Simulationsvolumen in Zellen 21×21×100 = 44.100 Zellen. Als weitere Parameter f¨ur die Simulation in LLG wurden gesetzt:

F¨ur die S¨attigungsmagnetisierung von Magnetit wurde MS = 480 emucm3

gesetzt [116].

Unter Einbeziehung der kubischen Anisotropie, wurde entlang der x-Achse (L¨angsachse des Probenvolumes siehe Abbildung 5.2) die leichte Achse gesetzt. Dies entspricht der Kettenachse.

F¨ur KC wurdeKC = 13.500 cmerg3 angenommen.

Als Anfangsbedingung bzw. Startvektorfeldm(r, t0) wurde eine homogene Magnetisierung entlang der x-Achse gesetzt.

Abbildung 5.2:Schema zum Aufbau der 3D-Maske f¨ur die Simulation in LLG:

aus der 2D-Maske, rekonstruiert aus der TEM-Aufnahme, werden sukzessive die einzelnen Schichten der 3D-Maske aufgebaut. Links sind schematisch f¨ur das Magnetosom ganz links (grau unterlegt in Zeichnung oben) die einzelnen Layerbeitr¨age (nur Schicht 1 bis 10 der unteren Ebene) veranschaulicht.

Die Austauschl¨ange wurde nach

lex= s

A

kd (5.4)

berechnet, wobeiA= 1.32µerg/cmdie Austauschkonstante f¨ur Magnetit ist. F¨ur Magnetit berechnet sich, mitkd= JS2

0 in SI-Einheiten bzw.kd= 2πMS in cgs-Einheiten, die Austauschl¨ange von Magnetit zu

lSIex = 9,55 nm. (5.5)

Das Programm LLG berechnet mit der LLG-Gleichung daraus die zeitliche Entwicklung der Magnetisierung bzw. des magnetischen Grundzustandes. Zur

-500 -400 -300 -200 -100 0 100 200 300 400 500 -1,0

-0,5 0,0 0,5 1,0

NormalisierteMagnetisierung

Äußeres Feld (Oe) 1

2

3 4 5 6 7

Abbildung 5.3: Mit LLG ermittelte Hysterese (hier nur ein Ast dargestellt) einer Magnetosomenkette mit sieben Magnetosomen. Gekennzeichnet sind die verschiedenen Spr¨unge und die, aus der Darstellung von LLG ermittelten, gnetisierungskonfigurationen der Kette. Dunkelrot jeweils die schaltenden Ma-gnetosome. Das Schalten der Kette beginnt bei einem Wert von ca. 370 Oe und ist bei -500 Oe abgeschlossen.

Berechnung quasistatischer Hysteresekurven wird eine definierte Folge von Ma-gnetfeldern H sukzessive abgearbeitet. Sobald das Abbruchkriterium f¨ur ein bestimmtes Magnetfeld erreicht wird, folgt die Berechnung des n¨achsten Wer-tes, und die Prozedur zur Energieminimierung beginnt von Neuem.

Das Ergebnis der Simulation ist in Abbildung 5.3 gezeigt. Es ergibt sich bei einem einfachen Sweep in eine Feldrichtung ein Teil der Hysteresekurve. Man erkennt an Hand von Abbildung 5.3 mehrere diskrete Schaltfelder, bei ver-schiedenen Werten des ¨außeren magnetischen Feldes. Diese Schaltfelder konn-ten, nach Interpretation der dreidimensionalen Magnetisierungsdarstellung im LLG-Simulationsprogramm, mit dem Umschalten von einzelnen Magnetosomen identifiziert werden. Die jeweils schaltenden Magnetosome sind in der Abbil-dung 5.3 eingezeichnet. Obgleich die, im Rahmen dieser Arbeit durchgef¨uhrten

Abbildung 5.4: Mit LLG ermittelter Metazustand der Magnetisierung, der den Charakter eines Fanning Prozesses aufweist. Die Magnetisierungsvektoren f¨achern in entgegengesetzte Richtungen auf.

Messungen mit Hilfe der Mikro-Hallmagnetometrie, nicht die erforderliche Ge-nauigkeit zum Aufl¨osen der Schaltfelder erm¨oglichte, konnten dennoch einzelne der Schaltfelder in den Messungen verifiziert werden (siehe Kapitel 7).

Das erste Schalten im positiven Feld liegt bei einem Feldwert von ca. 370 Oe.

Hier schaltet das Magnetosom 1 (linkes Kettenende; siehe Abbildung 5.3). Es folgen bei einem Wert von 230 Oe die beiden benachbarten Magnetsome 2 und 3. Der dritte Sprung (bei ca. 48 Oe) in der Hysterese konnte mit dem Magneto-som 7 (rechtes Kettenende) identifiziert werden. Im Rahmen dieser Simulation trat im Feldbereich zwischen -40 Oe und ca. -120 Oe eine Art metastabiler Zwischenzustand auf. Bei diesem waren die Magnetisierungsvektoren der Ma-gnetosome in entgegengesetzte Richtungen aufgef¨achert (siehe Abbildung 5.4).

Eventuell bildet dieser Magnetisierungszustand eine metastabile Zwischenstufe f¨ur alle Ketten. Das Schalten der Kette vollzieht sich sukzessive in einzelnen Stufen durch das Schalten von einzelnen Magnetosomen und Paaren von Ma-gnetosomen; beginnend mit dem kleinsten Magnetosom an einem Kettenende.

Diese Simulationen dienen insbesondere dazu, den Bereich des Schaltens der gesamten Kette zu bestimmen, um bei den Messungen mit Hilfe der Mikro-Hallmagnetometrie die korrekten Feldbereiche zu identifizieren. Das Schalten der beispielhaften Kette beginnt bei einem Feld von 370 Oe und ist bei ca.

500 Oe abgeschlossen. Dies ist dann auch der interessante Feldbereich f¨ur die Mikro-Hallmessungen.

Neben der Bestimmung der normierten Magnetisierung M/MSgibt es mit Hilfe des Simulationsprogrammes LLG auch die M¨oglichkeit, das mittlere magneti-sche Streufeld zu simulieren, dass man bei einer Hallmessung erwartet. Dabei bestimmt das Programmmodul B-Prober nach den vordefinierten Parameter den mittleren magnetischen Streufeldbeitrag durch die aktive Fl¨ache (N¨aheres dazu und eine detaillierte Einf¨uhrung in den B-Prober findet sich in [46]). Unter Annahme eines ballistischen Tranportes, kann daraus die Gr¨oßenordnung des zum mittleren magnetischen Streufeldes proportionalen Messsignals bestimmt werden. Beide physikalische Gr¨oßen k¨onnen qualitativ einen sehr ¨ahnlichen

Ver-lauf aufweisen. Dennoch ist es abh¨angig von der jeweiligen Konfiguration und den Messbedingungen in wie weit diese beiden simulierten Gr¨oßen zur Inter-pretation der realen Messwerte herangezogen werden k¨onnen. In Kapitel 7.3.5 wird n¨aher auf diese Aspekte, die bei der Interpretation der Messwerte wich-tig sind, eingegangen. ¨Andert sich die Magnetisierungskonfiguration in einem lokal r¨aumlich begrenzten Bereich der Probe, so kann der Abstand dieses Gebie-tes zur aktiven Fl¨ache und zum sensitiven 2DEG, Einfluss auf die registrierte Streufeld¨anderung haben. Dagegen ist die ¨uber das gesamte Probenvolumen gemittelte Magnetisierung M vom genauen Ort einer ¨Anderung in der Magne-tisierung unabh¨angig. Nach Erkenntnissen aus Simulationen mit dem B-Prober aus [46] stellte sich heraus, daß die simulierten Werte von hBi die Gemesse-nen um etwa 30% ¨ubertrafen. Eine Ursache konnte dabei in [46] nicht ermittelt werden.

Die Form der Hysterese bei den Umschaltfeldern der einzelnen Magnetosomen deutet auf einen Rotationsmechanismus hin. Dennoch k¨onnen auch komplexe-re Ummagnetisierungszust¨ande beim Ummagnetisierungsprozess der einzelnen Magnetosomen auftreten. Betrachtet man aber die gesamte Kette und fasst den Magnetisierungszustand der einzelnen Magnetosome im Magnetisierungsvektor zusammen, ergeben sich abweichende Gesamtzust¨ande (Fanning und Koh¨aren-te Rotation) der gesamKoh¨aren-ten KetKoh¨aren-te. Da im Rahmen der Messungen der Mikro-Hallmagnetometrie nicht zu erwarten war, Details des Umschaltverhaltens ein-zelner Magnetosomen beobachten zu k¨onnen, konzentrierte sich die Diskussion und Simulation auf den Magnetisierungszustand der ganzen Kette oder Teile davon. Generell wiesen die Messungen in Form und Gr¨oße, deutliche ¨ Ahnlich-keiten mit der LLG-simulierten Hysterese auf. Dazu wird in Kapitel 7 genauer eingegangen.

5.2 Hysterese von zuf¨ allig verteilten Ketten im