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Grundlagen zum Abscheiden auf Oberfl¨ achen

Prozess des Kontrollierten Abscheidens von Bakterien auf HL-Oberflächen

4.2 Grundlagen zum Abscheiden auf Oberfl¨ achen

Wie zu Beginn dieses Kapitels bereits erw¨ahnt wurde, muss die Probenpr¨apara-tion der Hallsensorstrukturen an die besonderen Verh¨altnisse biologischer Pro-ben angepasst werden. Insbesondere musste von den klassischen Positionier-und Herstellungsverfahren abgewichen werden, die ¨ublicherweise bei der Mi-krohallmagnetometrie zum Einsatz kommen (siehe [46], [65]). Die beiden oben eingef¨uhrten Teilaspekte zur Biokompatibilit¨at und Adh¨asion stellen zwei Pro-blemkomplexe dar, die sich aber gegenseitig beeinflussen und deshalb auch ge-meinsam betrachtet werden m¨ussen.

4.2.1 Passivierung, Schutz und Funktionalisierung der Ober-fl¨ache

Beim Durchf¨uhren der ersten Abscheideversuche auf Dummyproben, noch ohne Vorbehandlung, wurde schnell klar, daß geeignete Maßnahmen zu treffen sind, um einen Angriff der Halbleiteroberfl¨ache durch die einwirkenden Elektrolyten zu unterbinden. Gleichzeitig sollte die Adh¨asion der Bakterien auf der Ober-fl¨ache verbessert und durch geignete Vorbehandlungen beeinflussbar werden.

Eine wichtige Bedingung f¨ur alle Ans¨atze war, daß die aufgebrachten Schutz-schichten nicht zu dick ausfallen durften, um den Abstand zwischen magneti-scher Probe und dem f¨ur das Magnetfeld sensitive 2DEG nicht zu groß werden zu lassen.

Nach mehreren Ans¨atzen, fiel die Wahl auf folgende Konfiguration: eine d¨unne Goldschicht (< 10 nm), unterst¨utzt durch eine haftvermittelnde Cr-Schicht, sollte als inh¨arente Barriere auf dem Halbleiter wirken. Eine Thiolmonolage diente zur Verbesserung und gezielten Einflussnahme auf die Adh¨asion. Die Adh¨asion von Bakterien auf blankem Gold stellten sich als deutlich schlechter als auf GaAs heraus. Durch Waschschritte wurden praktisch alle Bakterien von der Goldoberfl¨ache entfernt. Eine Oberfl¨achenmodifikation mit selbstorganisie-renden Monolagen aus Thiolen konnte die Adh¨asionseigenschaften verbessern.

ODT-Monolayer

Abbildung 4.10:Ubersicht zum Konzept der verwendeten Schutzschicht beste-¨ hend aus einer Cr/Au Schicht und einer Thiolisierung mit Oktadekanthiolen.

Die beiden Eigenschaften Schutzfunktion und Adh¨asion werden ineinander ver-eint.

Die Metallisierung Cr/Au dient auch f¨ur, auf 2DEG-Proben aufgebrachte Gate-strukturen, als Materialkombination. So lag es nahe, diese Schicht in Form und Gr¨oße den Gatestrukturen anzupassen. Diese Methode hat viele Vorteile: Die Schichtung Cr/Au kann sehr d¨unn (um 7 bis 12 nm) gehalten werden. Trotzdem bildet sie insgesamt eine geschlossene Schicht, zum effektiven Schutz der Ober-fl¨ache vor Zellwasser und Einfl¨ussen durch die Waschprozedur. Die Masken f¨ur das Goldgate k¨onnen verwendet werden und auch die Herstellung durch thermi-sches Aufdampfen ist identisch. Zudem ist Gold leicht mit Thiolen modifizier-bzw. funktionalisierbar. Unter Funktionalisierung versteht man in diesem Zu-sammenhang, die gezielte Beeinflussung der Oberfl¨achen- bzw. Adh¨asionseigen-schaften durch das Aufbringen von monomolekularen Schichten. Hier wirken die Thiolmonolagen neben ihrer Rolle als Haftvermittler f¨ur die Bakterien, als eine zus¨atzliche Passivierungsschicht zum Schutz der Oberfl¨ache. Die Vorteile lassen sich somit summieren wie folgt:

1. Die Beschichtungen sind verh¨altnism¨aßig einfach herzustellen.

2. Es wird eine geschlossene und sehr d¨unne Schutzschicht gebildet.

3. Durch Thiolisierung schafft man eine einfache und vielseitige Funktiona-lisierung der Oberfl¨ache8.

4. Der Schutz durch diese Materialkombination ist -angepasst an die Verh¨altnisse-optimal und praktisch zeitlich unbegrenzt.

8Je nach verwendetem Restmolek¨ul (siehe Abbildung 4.10) kann die Oberfl¨ache hydrophob oder hydrophil gemacht werden. Es ist sogar m¨oglich besondere Proteinstrukturen anzulagern, die gezielt an bestimmte Rezeptoren von Organismen binden [100].

-

-Hydrophobes Kohlenwasserstoffende

Hydrophiler Kopf

Abbildung 4.11:Die aus ambiphilen (sowohl hydrophober als auch hydrophiler Anteil) Molek¨ulen bestehenden Kolloidteilchen bilden in L¨osungsmitteln eine elektrische Doppelschicht aus (Mitte). Je nach Ionenst¨arke der L¨osung ergibt sich eine d¨unne oder dickere Schicht, was respektive zu eine Anziehung bzw.

Abstoßung f¨uhrt (rechts) [97].

Mit dieser Methode konnten die beiden notwendigen Eigenschaften Biokom-patibilit¨at und Adh¨asion gemeinsam auf einfache und effektive Weise ber¨uck-sichtigt werden. Um die eigentliche Wirkung, vor allem der Thiolschicht besser verstehen zu k¨onnen, ist es angebracht, grundlegende Aspekte zur Thematik Adh¨asion von Mikroorganismen zu erl¨autern. Zu diesem Zweck soll, neben der Beschreibung des Prozesses in diesem Kapitel, auch kurz auf die theoretischen Grundlagen zur Adh¨asion eingegangen werden.

4.2.2 Adh¨asion von Bakterien auf Halbleiteroberfl¨achen

Irrt¨umlicherweise k¨onnte man davon ausgehen, daß das Aufbringen von Bak-terien auf Halbleiter keine gr¨oßeren Probleme bereitet. Bei ersten Versuchen auf blanken GaAs-Substraten, ergaben sich auch keine signifikanten Hindernis-se. Wie bereits erw¨ahnt, stellt sich dies auf einer Goldoberfl¨ache anders dar.

W¨ahrend Bakterien auf blankem GaAs praktisch kaum mehr zu entfernen sind, waren auf Gold abgeschiedene Bakterien sehr leicht durch weitere Schritte (Wa-schen etc.) wieder von der Oberfl¨ache entfernbar. Um diesen Wirkmechanismus zu verstehen, war es notwendig sich wenigstens gruns¨atzlich mit den Wechsel-wirkungen auseinander zu setzen, die hinsichtlich der Adh¨asion von Mikroor-ganismen auf Oberfl¨achen eine Rolle spielen.

Generell ist die Adh¨asion9 von Bakterien und Mikroorganismen auf Ober-fl¨achen, je nach Beschaffenheit (Zusammensetzung, Rauhheit etc.) erleichtert bzw. erschwert. Generell neigen einige Mikroorganismen dazu, sich leicht auf

9Ubersichten zu diesem Thema findet man unter anderem in [102], [103].¨

Elektrostatische Kraft

Van der Waals Kaft

AnziehungAbstoßung

Resultierende Kraft

5 nm

Abstandsbereich der Abstoßung

Abstand

Wechselwirkungsenergie

r r-1

r-2

r-4 r-6 V(r)

Abstandsbereiche der Anziehung

Abbildung 4.12: Uberblick zur DLVO-Theorie: Schematisch aufgetragen ist¨ die Wechselwirkungsenergie in Abh¨angigkeit vom Abstand der Testprobe (z.B.

Bakterium) von der Oberfl¨ache. Die resultierende Kraftkurve (durchgezogene Linie) weist in zwei Bereichen negatives Vorzeichen auf, was Anziehung bedeu-tet. Die Resultierende ist eine Summe aus elektrostatischen Anteilen (Punkt-kurve) und van-der-Waals-Kr¨aften (gestrichelte Kurve). Man erkennt, daß es Abstandsbereiche gibt, in denen Anziehung bzw. Abstoßung ¨uberwiegen. Im In-set sind verschiedene Parameterwerte f¨ur V(r) =rn zur Illustration von Nah-und Fernwirkungskr¨aften dargestellt. Nach [101].

Oberfl¨achen anzuhaften und dort Kolonien zu bilden. Durch extrazellul¨are Pro-teinnetze schaffen sie große Zellverb¨unde, die man auch als sogenannten Biofilme (siehe z.B. [104]) bezeichnet. Biofilme sind gerade in den letzten zehn Jahren

Objekte intensiver Forschung geworden, da sie in vielen Bereichen der Tech-nik und Medizin meist Nachteile oder Gefahren mit sich bringen. Beispiel ist Zahnplaque, ein komplexer Biofilm aus verschiedenen, auch pathogenen, also krankheitserregenden Bakterien. Aber auch Biofilme in verschiedenen Versor-gungsleitungen (z.B. f¨ur Wasser) bilden ein teilweise nicht zu untersch¨atzendes Problem. Zur Vermeidung der Biofilmbildung, wurde auch der Begriff Antifou-ling gepr¨agt, der s¨amtliches Anwachsen von biologischer Materie auf anorgani-schem Grund verhindern soll.

In dieser Arbeit war das Gegenteil der Fall. Hier war gefordert, daß gezielt Bak-terien an bestimmten Stellen sicher haften bleiben und dadurch fixiert (immobi-lisiert) werden. Zur generellen Adh¨asion von Mikroorganismen auf Oberfl¨achen gibt es verschiedene theoretische (siehe [102], [103]) und empirische (z.B. [105], [106]) Erkl¨arungsans¨atze. Einer dieser theoretischen Ans¨atze stammt urspr¨ung-lich aus der Kolloidchemie. Die DLVO-Theorie beschreibt die Mechanismen von Kolloiden und Suspensionen in L¨osung. Vor allem die Wechselwirkung einzelner Kolloidteilchen untereinander und mit dem L¨osungsmittel wird erkl¨art. Kolloide sind komplexe Gebilde aus organischen Molek¨ulen, die auf Grund ihrer hydro-phoben und hydrophilen Eigenschaften bestimmte Anordnungen eingehen. Eine Art Kolloid bilden auch Zellmembranen. Die Bezeichung DLVO ist ein Akro-nym der Anfangsbuchstaben von B.V. Derjaguin, l.D. Landau, E.J.W. Verwey und J.Th.G. Overbeck, den Begr¨undern der Theorie.

Oberfl¨achenladungen, auf Grund von Carboxyl-, Phosphat- und S¨auregruppen, f¨uhren zu einer effektiven negativen Ladung nach außen von allen Biomembra-nen und ZellwandkompoBiomembra-nenten und damit Zellen. In L¨osungen bilden diese mit entgegengesetzt geladenen Ionen eine elektrische Doppelschicht aus. Die Dicke dieser Doppelschicht von Oberfl¨achenladungen, aus Membranladungen und ge-ladenen L¨osungsmittelteilchen, ist

d= s

D·T

8πne2ν2 (4.2)

wobei D die dielektrische Konstante der Fl¨ussigkeit, T die Temperatur, ν die Valenz der Ionen undndie Salzkonzentration bezeichnet (eist die Elementar-ladung; nach [107]). Daraus folgt, daß die Dicke der Doppelschicht mit zuneh-mender Ionenst¨arke der L¨osung abnimmt, d.h. Teilchen k¨onnen sich aneinander ann¨ahern. Die Dicke bestimmt die minimalste Ann¨aherung von Kolloidteilchen untereinander. Man kann sich Bakterienzellen ebenfalls von einer elektrischen Doppelschicht umgeben denken. Normalerweise wirkt im Falle gleichnamig ge-ladener Oberfl¨achen eine abstoßende Kraft. Es h¨angt aber entscheidend von der Ionenst¨arke des Mediums ab, aus dem Bakterien abgeschieden werden. Erh¨oht

Erhöhung sterische Wechselwirkung Bei großen Abständen und geladenen

Oberflächen überwiegt elektrostatische Wechselwirkung zwischen Oberfläche und Bakterium (abhängig von Ionenstärke Lösung)

Abbildung 4.13: Zu den unterschiedlichen Mechanismen bei Adh¨asion von Bakterien auf Oberfl¨achen: Ist die Oberfl¨ache, beispielsweise eines Halbleiters, negativ geladen, ergibt sich je nach Oberfl¨achenladung des Bakteriums eine ab-stoßende Kraft (links). Bei Monolagen von langkettigen Kohlenwasserstoffen auf der Oberfl¨ache ist der Adh¨asionsmechansimus durch mechanische Verkan-tung der langen Molek¨ulketten in die Zellwandstruktur der Bakterien und durch sterische Wechselwirkung bestimmt (rechts). Die weißen Pfeile sollen die jewei-ligen St¨arken der Adh¨asion andeuten.

man die Konzentration, f¨uhrt dies zu einem Schrumpfen der elektrischen Dop-pelschicht. D.h. die Bakterien k¨onnen n¨aher an die Oberfl¨ache gelangen. Ab einem bestimmten Gr¨oßenordnungsbereich ist die van-der-Waals-Kraft die ein-zige attraktive Kraft. Sie wird nicht durch die Ionenst¨arke beeinflußt. Sie ist zwar verh¨altnism¨aßig stark, aber kurzreichweitig. Die DLVO-Theorie in ihrer einfachsten Form, ber¨ucksichtigt dabei nur diese beiden Hauptanteile der Wech-selwirkung zwischen geladenen Kolloidteilchen:

die elektrostatische Abstoßung zwischen gleich geladenen Teilchen und

die van-der-Waals Wechselwirkung.

Die Summe dieser beiden Anteile beschreibt, die Gesamtkraft, die auf ein Kol-loidteilchen wirkt, wenn sich dieses einem anderen Teilchen oder einer Ober-fl¨ache n¨ahert (siehe dazu Abbildung 4.12). Mit dieser Beschreibung ist es in der Kolloidchemie m¨oglich, Aussagen ¨uber das L¨osungs- bzw. Mischungsverhalten von Kolloiden zu machen. Man geht nun bei einer n¨aherungsweisen Beschrei-bung des bakteriellen Adh¨asionsverhaltens davon aus [108], daß Bakterien sich wie kleine kolloidartige Teilchen verhalten. K¨onnen Zellen nahe genug an die

Oberfl¨ache heran, dann kann die van-der-Waals-Kraft wesentlich gr¨oßer werden, als die abstoßenden elektrostatischen Kr¨afte aufgrund der elektrischen Ladun-gen. Zur dauerhaften Immobilisierung der Bakterien auf der Oberfl¨ache m¨ussen aber die anziehende Kr¨afte ¨uberwiegen, damit durch Waschprozeduren kein Fortsp¨ulen der Bakterien erfolgt.

Was bedeutet dies nun f¨ur die Probenpr¨aparation? In L¨osung also w¨ahrend des Abscheideprozesses, wo sich die Bakterien noch in ihrem Medium befinden, be-stimmen die, durch die DLVO-Theorie beschriebenen Kr¨afte, das Adh¨asionsver-halten auf der Probe. Durch die teilweise geladene GaAs Oberfl¨ache wird zus¨atz-lich eine starke elektrostatische Wechselwirkung induziert. Da die Bakterien im Medium durch Abscheiden, sprich durch Sedimentation im Schwerefeld, auf die Probe gelangen, ¨uberwinden die Bakterien die Abstoßung durch die Oberfl¨ache.

Nach dem Austrocknen in Luft, und bei weiteren Abwasch- und Reinigungs-vorg¨angen auf der Probe, bestimmt gerade die elektrostatische Anziehung bzw.

Abstoßung die M¨oglichkeit Bakterien dauerhaft auf der Oberfl¨ache zu fixieren.

Ist die Oberfl¨ache nicht geladen, wie im Falle von Gold, werden die Bakterien, nachdem sie sich nach dem Abscheiden nahe genug der Oberfl¨ache angen¨ahert haben, durch die sterischen Wechselwirkungen der van-der-Waals-Kr¨afte auf der Oberfl¨ache fixiert. Dies entspricht nur einer geringen Haftung im Vergleich zu der Adh¨asion auf polaren Oberfl¨achen. Bakterien werden schnell und nach Ein-wirkung von bereits einem (notwendigen) Waschschritt von der Probe entfernt.

Eine Verst¨arkung der Wechselwirkung (van-der-Waals) zwischen Probenober-fl¨ache und Bakterien, ist durch eine Ver¨anderung der OberProbenober-fl¨acheneigenschaften m¨oglich [109]. Dazu wird die Oberfl¨ache mit selbstassemblierenden Monolagen von Thiol-Kohlenwasserstoffverbindungen beschichtet. Diese bestehen aus lang-kettigen Kohlenwasserstoffketten die ¨uber eine Thiol (Schwefel)-Verbindung an Gold binden. Die sterische Wechselwirkung ist auf Grund der molekularen Zu-sammensetzung der langkettigen Kohlenwasserstoffe st¨arker. Es kommt also zu einer signifikanten ¨Anderung der Oberfl¨acheneigenschaften (van-der-Waals Wechselwirkung), was zu einer deutlich erh¨ohten Haftung f¨uhrt.