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SGT-„Knock down“: Einfluss auf den parvoviralen Infektionszyklus

4.5 Einfluss von SGT auf die parvovirale Replikation und Akku- Akku-mulation viraler Proteine

4.5.2 SGT-„Knock down“: Einfluss auf den parvoviralen Infektionszyklus

„Knock out“-Ansätze haben schon vielfach entscheidende Hinweise auf die Funktion eines Proteins geliefert (z.B. p53, Luo et al., 2001; Jun, Herzog et al., 1999). Deshalb wurde im Rahmen dieser Arbeit angestrebt, den Einfluss des Fehlens von SGT oder zumindest einer deutlichen Reduktion der SGT-Proteinmenge auf die parvovirale Replikation zu untersuchen.

Da die Erzeugung von „knock out“-Mäusen sehr langwierig, technisch aufwendig und oft gar unmöglich ist, wurde in dieser Arbeit als Alternative die relativ neue Technik der RNAi (RNA-interference) eingesetzt.

Die RNAi ist ein bei C. elegans und Pflanzen schon länger bekannter Mechanismus zur post-transkriptionellen Regulation von Genen (Bernstein et al., 2001). Dabei induzieren doppel-strängige RNA-Moleküle mit Sequenzhomologien zum Zielgen, die nukleolytische Spaltung der genspezifischen mRNA, die dann degradiert wird und nicht mehr zur Translation zur Ver-fügung steht. Man spricht von einem „knock down“ des Gens. Der zugrunde liegende moleku-lare Mechanismus ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Die Arbeiten von Tuschl und Mitar-beitern (Elbashir et al., 2001) ermöglichten erstmals die experimentelle Nutzung dieses Me-chanismus in Säugerzellen. Diese Autoren zeigten, dass kleine doppelsträngige RNA-Oligonukleotide (siRNA: small interfering RNA) von bis zu 21bp Länge als katalytische Zwi-schenprodukte in der RNAi wirken und dass allein die Transfektion solcher Oligonukleotide in Säugerzellen eine genspezifische RNAi hervorruft. Es kommt dabei nicht zur Aktivierung der Interferon-Signaltransduktionskette, die in Säugetierzellen üblicherweise durch höhermo-lekulare doppelsträngige RNA aktiviert wird, und die eine generelle und unspezifische Ab-schaltung der Translation bewirkt. Die RNAi mittels siRNA erlaubt damit eine experimentell

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relativ einfache, transiente aber spezifische Reduktion von Proteinen in Säugetier-Zellkulturen. Ein Model der Wirkungsweise dieses Mechanismus ist in der Abb. 4-20 darge-stellt.

Die Limitationen der RNAi-Methode ergeben sich aus der Transfektionseffizienz, die abhän-gig von den verwendeten Zellinien variiert und selten 100% beträgt. Zum anderen ist der

„knock down“ eines Gens, das für ein stabiles Protein mit einer langen Halbwertszeit kodiert, nicht immer vollständig. Da aber auch andere „housekeeping“-Gene wie Lamin erfolgreich einem „knock down“ unterzogen werden konnten (Harborth et al., 2001), schien der Einsatz der RNAi aussichtsreich für die funktionellen Analysen von SGT zu sein. Im weiteren wurde deshalb angestrebt, die SGT-Proteinmenge mittels Transfektion von sgt-spezifischen siRNA-Oligonukleotiden zu reduzieren und den Einfluss dieses SGT-„knock down“ auf Prozesse im parvoviralen Infektionszyklus zu untersuchen.

Abb. 4-20: Modell von RNAi nach Nishikura (2001). In der Zelle vorhandene dsRNA wird in einem ersten Schritt durch DICER (dsRNA-specific endonuclease) in kleine aus 21-25nt bestehende doppelsträngige RNAs prozessiert (small interfering (si) RNA: siR-NA). Diese siRNAs, die auch durch Transfektion in die euka-ryontische Zelle eingebracht wer-den können, dienen als Primer für die RdRP (RNA-directed RNA Po-lymerase). In einem zweiten Schritt wird durch dieses Enzym die Ziel-mRNA in einen Doppelstrang umgewandelt, die wieder durch DICER prozessiert wird. Durch dieses Selbst-Recycling wird er-reicht, dass nur sehr kleine Mengen an siRNA ausreichend sind, um das Zielgen auszuschalten.

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4.5.2.1. Untersuchung des SGT „knock down“ in H1 Wirtszellen

Ehe der Einfluss einer Reduktion der SGT-Proteinmenge mittels RNAi auf die parvovirale Replikation untersucht werden konnte, musste diese Methode zunächst in Parvovirus H1-Wirtszellen etabliert werden. In unserer Arbeitsgruppe wurde eine siRNA für SGT (SGT-siRNA) ermittelt, die sehr effizient zu einer Verringerung der SGT-Proteinmenge in Hela-Zellen führte. Diese SGT-siRNA ist homolog zur sgt-Nukleotidsequenz von Position 315-336 nach dem Start ATG.

Zunächst sollte der zeitliche Verlauf und das Ausmaß des SGT-„knock down“ in potentiellen Wirtszellen von H1 untersucht werden. Hierzu wurden NBE-Zellen mit SGT-siRNA transfi-ziert und die SGT-Proteinmenge 2, 3 und 4 Tage nach der Transfektion mittels Western Blot analysiert (Abb. 4-21). Eine zur gfp-Gensequenz homologe siRNA (GFP-siRNA) diente als Kontrolle bei der Transfektion. Da NBE-Zellen kein gfp-Gen enthalten, sollte ihr Proteinge-halt durch die Kontrollbehandlung unverändert bleiben. Eine weitere Kontrolle bildeten nur mit Puffer transfizierte Zellen.

Abb. 4-21: Reduktion von SGT nach siRNA Behandlung. NBE-Zellen wurden mit GFP- bzw. SGT-siRNA transfiziert oder nur mit Puffer behandelt. 2, 3 oder 4 Tage nach Transfektion wurden die Zellen trypsi-niert, mit PBS gewaschen und in der Neubauer-Zählkammer gezählt. Aufgetragen wurde in Spur 1, 2 und 3 ein Extrakt aus 2x105 Zellen, während in den restlichen Spuren ein Extrakt aus 5x105 Zellen aufgetragen wurde.

Nach Zentrifugation wurden die Zellen in Lämmli aufgenommen und die Proteine in einem 10% PAA-Gel aufge-trennt. Zum Nachweis von SGT wurde als Erstantikörper der polyklonale hSGT-spezifische Ak AG 1.1 und als Zweitantikörper ein HRP-konjugierter Ziege anti-Kaninchen Ak (1:10000) verwendet.

Ein Vergleich der Proteinmenge 2, 3 und 4 Tage nach Behandlung von Zellen mit siRNA, GFP-siRNA oder Puffer zeigte, dass eine drastische Reduktion der SGT-Proteinmenge bereits 2 Tage nach der Transfektion beobachtet werden kann (Abb. 4-21). Der

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Ergebnisse 93 Effekt hielt bis zu 4 Tage nach der Transfektion an. Von dieser Reduktion waren alle drei

SGT-Polypeptidfraktionen betroffen: Die 38kDa- und 39kDa-Fraktionen waren gar nicht mehr nachweisbar und die 36kDa-Fraktion war deutlich reduziert. Die Ergebnisse zeigten aber auch, dass ähnlich wie bei Lamin (Harborth et al., 2001), SGT nicht vollständig ausgeschaltet werden kann.

Für die weiteren Experimente war es nun wichtig, einen günstigen Zeitpunkt für eine Parvovi-rus-Infektion der SGT-„knock down“ Zellen zu bestimmen, zu dem der SGT-„knock down“

Effekt schon eingetreten sein sollte und von dem ab der Effekt noch mindestens 24h anhalten sollte, damit die SGT-Proteinmenge während einer nachfolgenden Infektion noch reduziert ist.

Der Zeitpunkt „48h nach Transfektion“ (oder zusätzlich „72h nach Transfektion“)wurde als geeigneter bestimmt, um die Infektionen in den weiteren Experimenten durchzuführen.

4.5.2.2 SGT-„knock down“ hat keinen Einfluss auf die S-Phase des Zellzyklus

Die DNA-Replikation autonomer Parvoviren erfolgt in der S-Phase des Zellzyklus. Im Gegen-satz zu vielen anderen DNA-Viren können sie den Eintritt der Wirtszellen in die S-Phase nicht induzieren (Rhode, 1973; Siegl & Grautschi, 1973; Wolter et al., 1980; Tattersall & Bratton, 1983; Cotmore & Tattersall, 1987). Um den Einfluss eines SGT-„knock down“ auf die parvovirale Replikation beurteilen zu können, musste zunächst ausgeschlossen werden, dass die S-Phase potentieller Wirtszellen (NBE) durch den „knock down“ beeinflusst wird. Dazu wurde der Anteil an S-Phase-Zellen in Zellpopulation mit und ohne SGT-„knock down“ durch BrdU-Inkorporation ermittelt. BrdU wird während der Replikation in die aktiv replizierende DNA eingebaut und dient als Marker für Zellen in der S-Phase (Gratzner, 1982). NBE-Zellen wurden auf Deckgläschen kultiviert und 48h bzw. 72h nach siRNA-Transfektion für 20min vor der Formalin-Fixierung mit BrdU markiert. Nach Fixierung der Zellen mit 1% Formalin wurde die chromosomale DNA mit HCl depuriniert und die eingebauten Bromodeoxyuridine durch indirekte Immunfluoreszenz mit einem BrdU-spezifischen Antikörper sichtbar gemacht (Abb. 4-22A). Die Zellkerne wurden mit DAPI gefärbt (Abb. 4-22A). Der Anteil an S-Phase-Zellen in den Zellpopulationen wurde durch Auszählung der BrdU-positiven S-Phase-Zellen gegenüber der Gesamtzellzahl (DAPI-Färbung) ermittelt (Abb. 4-22B).

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Abb. 4-22: Untersuchung des Einflusses von SGT-“knock down“ in der S-Phase des Zellzyklus. Auf Deck-gläschen kultivierte NBE-Zellen wurden mit GFP- bzw. SGT-siRNA transfiziert und 48h bzw. 72h nach Trans-fektion für 20min mit BrdU (10 0(QGNRQ]HQWUation) inkubiert. Nach Fixierung der Zellen mit 1% Formalin und nach Methanol/Aceton-Behandlung erfolgte eine Depurinierung der DNA durch Inkubation der Zellen für 10min mit 7.4% HCl. Nach mehrmaligem Waschen mit H2O und PBS wurde die DNA, in die BrdU eingebaut wurde, mit Hilfe eines monoklonalen BrdU-spezifischen Aks (1:10; Becton Dickinson) detektiert. Als Zweitanti-körper wurde ein TRITC-JHNRSSHOWHU =LHJH -Maus-Antikörper (1:100) verwendet. Die Zellkerne wurden mit DAPI gefärbt. A: Ausschnitt der BrdU-gefärbten Präparate 48h nach Transfektion. B: Ermittlung der S-Phase-Rate nach 48h bzw. 72h nach siRNA-Transfektion durch Auszählung der BrdU-positiven Zellen (rote Fluores-zenz) gegenüber der Gesamtzellzahl (DAPI-Färbung). Die Fehlerbalken geben die Standardabweichung an, die durch Auszählungen in verschiedenen Experimenten ermittelt wurde.

Die statistische Auswertung ergab, dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen SGT- und GFP-siRNA behandelten Zellen im Anteil an Zellen in der S-Phase gab, weder 48h noch 72h nach siRNA-Transfektion (Abb. 4-22B). Statistisch signifikant ist ein Unterschied, der außerhalb der Standardabweichung liegt. Diese Daten wurden durch FACS

(Fluorescense-48h 72h