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Schutz des geistigen Eigentums

5 Horizontale Politiken

5.8 Schutz des geistigen Eigentums

Die Verlagerung des Fokus von der multilateralen auf die bi- respektive plurila-terale Ebene setzte sich im Berichtsjahr auch im Bereich des geistigen Eigen-tums fort. Während die Bemühungen für einen verstärkten Schutz der geogra-fischen Herkunftsangaben in der WTO-Doha-Runde vorläufig ohne Ergebnis weitergeführt wurden, konnten die Verhandlungen über ein plurilaterales Abkommen zur besseren Bekämpfung von Fälschung und Piraterie abgeschlos-sen werden.

5.8.1 Schutz des geistigen Eigentums in bilateralen und EFTA-Freihandelsabkommen

Der Wirtschaftsstandort Schweiz ist in seinen Handelsbeziehungen auf einen guten Schutz der Immaterialgüterrechte und deren effektive Durchsetzung gegen Verlet-zungen angewiesen. Die EFTA-FHA (vgl. Ziff. 4) enthalten deshalb in der Regel ein Kapitel und einen Annex zum Schutz des geistigen Eigentums, das in einzelnen, für die Schweizer Wirtschaftsinteressen wichtigen Aspekten über die Minimalstandards des WTO-Abkommens über die handelsbezogenen Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS-Abkommen) hinausgeht. Dabei trägt die EFTA dem wirtschaft-lichen Entwicklungsstand des jeweiligen Verhandlungspartners Rechnung. Ziel ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die zu einem handels- und investitionsfreund-lichen Klima beitragen. Das gilt neben den im Rahmen der EFTA abgeschlossenen Abkommen auch für die Abkommen, welche die Schweiz bilateral aushandelt (etwa das im 2009 in Kraft getretene Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft mit Japan (vgl. Ziff. 4.3.1) oder das Abkommen mit Russland über die geografischen Herkunftsangaben und Ursprungsbezeichnungen (vgl. Ziff. 5.8.6 und 11.2.4). Die im Berichtsjahr in Kraft getretenen EFTA-FHA mit Serbien und Alba-nien sowie das unterzeichnete EFTA-FHA mit der Ukraine enthalten substanzielle, dem europäischen Standard entsprechende Bestimmungen zum Schutz des geistigen Eigentums. Das im Berichtsjahr unterzeichnete FHA EFTA-Peru enthält ebenfalls substanzielle Bestimmungen zum Schutz des geistigen Eigentums, einschliesslich Bestimmungen zur Biodiversität.

5.8.2 Verhandlungen über ein plurilaterales Abkommen zur Bekämpfung der Fälschung und Piraterie (ACTA)

Nach der elften und letzten Runde der Verhandlungen über ein Abkommen gegen Fälschung und Piraterie (Anti-Counterfeiting Trade Agreement, ACTA) in Tokio Anfang Oktober konnten die Verhandlungsteilnehmer38 in einer Telefonkonferenz die letzten offenen Punkte bereinigen und damit die Verhandlungen abschliessen. In der Folge wurde der ausgehandelte Abkommenstext einer formaljuristischen

38 Australien, EU, Japan, Kanada, Korea, Marokko, Mexiko, Neuseeland, Singapur, Schweiz und USA.

fung (legal scrub) unterzogen. Seit dem 3. Dezember liegt die endgültige Fassung des Abkommens vor. Es soll im 2011 unterzeichnet und ratifiziert werden. In der Schweiz wird das Abkommen dem Parlament zur Genehmigung vorgelegt. In Anbetracht des grossen Interesses verschiedener NGO und anderer Vertreter der Zivilgesellschaft am ACTA führte das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigen-tum im Berichtsjahr drei Informations- und Konsultationsveranstaltungen durch. Die Teilnehmer konnten sich so über den aktuellen Stand der Diskussionen, die Ver-handlungsthemen und die Schweizer Position informieren. Den von diversen Krei-sen der Zivilgesellschaft gegenüber ACTA geäusserten Bedenken Rechnung tra-gend, setzte sich die Schweiz erfolgreich für möglichst grosse Transparenz und Information über den Verhandlungsgegenstand und -verlauf ein. Das Abkommen definiert effektivere internationale Standards bei der Rechtsdurchsetzung im Bereich Immaterialgüterrecht und fördert die internationale Zusammenarbeit unter den Vertragsstaaten, damit dem stetig wachsenden Problem der Fälschung und Piraterie effizienter begegnet werden kann. Es baut auf dem bestehenden internationalen Regelwerk zum geistigen Eigentum auf, insbesondere dem WTO/TRIPS-Abkom-men).

5.8.3 WTO/TRIPS und Doha-Runde

Die Schweiz setzt sich in der WTO-Doha-Verhandlungsrunde (vgl. Ziff. 2.1) unter anderem für einen besseren Schutz geografischer Herkunftsangaben ein, um diese im internationalen Wettbewerb für Schweizer Qualitätsprodukte gewinnbringend einsetzen und Missbrauch durch unberechtigte Dritte effizienter unterbinden zu können. Die entsprechenden Arbeiten auf technischer Ebene wurden in von WTO-Generaldirektor Pascal Lamy geleiteten Konsultationen fortgeführt. Der von der Schweiz zusammen mit der grossen Mehrheit der WTO-Mitglieder unterstützte Vorschlag für Verhandlungsmodalitäten für die drei TRIPS-Themen ist nach wie vor Gegenstand von Diskussionen in den Doha-Verhandlungen. Diese Themen sind die Ausdehnung des höheren Schutzes des TRIPS-Abkommens für geografische Her-kunftsangaben für Weine und Spirituosen auf alle anderen Produkte, die Etablierung eines multilateralen Registers für geografische Herkunftsangaben für Weine und Spirituosen sowie die Offenlegung der Quelle von genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen bei Patentanmeldungen.

5.8.4 Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Anlässlich der 63. Weltgesundheitsversammlung (WHA) wurde im Rahmen der globalen WHO-Strategie und des Aktionsplans zu öffentlicher Gesundheit, Innova-tion und geistigem Eigentum beschlossen, eine neue beratende Expertengruppe einzusetzen, nachdem der Bericht der bestehenden Expertengruppe vor allem von südamerikanischen Staaten, allen voran Brasilien, stark kritisiert worden war. Der Bericht enthält Empfehlungen zur Finanzierung und Koordination von Forschung und Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung von Krankheiten, welche vorwiegend Patienten in Entwicklungsländern betreffen. Des Weiteren beschloss die WHA, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, welche sich mit der Bekämpfung von gefälschten Medikamenten und der Rolle der WHO in diesen Bemühungen befassen soll, wobei besonders die Definition von gefälschten Medikamenten umstritten ist

und die Frage, inwieweit diese auch Aspekte des geistigen Eigentums umfasst.

Ebenfalls gingen dieses Jahr die Diskussionen um das Thema virus- and benefit sharing39 weiter, wobei nicht zuletzt Aspekte des geistigen Eigentums umstritten bleiben.

5.8.5 Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) In der WIPO in Genf hatte die Schweiz im Berichtsjahr das Amt der Koordinatorin der Industrielandgruppe inne. Als solche setzte sie sich dafür ein, dass die Organisa-tion ihr Mandat zur weiteren Vereinfachung und damit Verbesserung des naOrganisa-tionalen und internationalen Schutzes des geistigen Eigentums wahrnehmen kann und dabei den besonderen Bedürfnissen der Entwicklungsländer Rechnung trägt.

5.8.6 Bilateraler Dialog zum geistigen Eigentum und bilaterales Abkommen zur gegenseitigen

Anerkennung von geografischen Herkunftsangaben und Ursprungsbezeichnungen

In Umsetzung der vom Bundesrat beschlossenen aussenwirtschaftlichen Strategie (vgl. Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2004) legt die Schweiz auch im Bereich Schutz des geistigen Eigentums besonderen Stellenwert auf die Vertiefung der Beziehungen mit den wichtigsten Schwellenländern. Die Arbeiten im Rahmen des 2007 institutionalisieren bilateralen Dialogs zum geistigen Eigentum mit China und Indien wurden fortgeführt. Mit China konnte der bilaterale Austausch vertieft und im November ein viertes Arbeitsgruppentreffen durchgeführt werden, an dem etliche praktische Problemstellungen unter anderem im Bereich des Patent- und Marken-rechts erörtert und Lösungen gesucht wurden. In einem separaten Treffen konnten die Probleme von Schweizer Wirtschaftsunternehmen wegen ungenügendem Schutz des geistigen Eigentums in diesen beiden Ländern auch unter Einbezug von Wirt-schaftsvertretern diskutiert werden. Im Berichtsjahr wurde zudem zwischen der Schweiz und Russland ein bilaterales Abkommen über den Schutz geografischer Herkunftsangaben unterzeichnet, welches nun ratifiziert werden muss (vgl.

Ziff. 11.2.4). Dieses sichert den gegenseitigen Schutz der geografischen Herkunfts-angaben und Ursprungsbezeichnungen zwischen den beiden Ländern, ebenso wie den Schutz ihrer Landes- und offiziellen Gebietsnamen, ihrer Wappen, Flaggen und Hoheitszeichen. Im Weiteren sieht das Abkommen einen Basisschutz für die Herkunftsbezeichnungen der Parteien für Dienstleistungen vor. Das Abkommen wird voraussichtlich im Jahr 2011 in Kraft treten. Zum Abkommen zwischen der EU und der Schweiz zur gegenseitigen Anerkennung der Ursprungsbezeichnungen (GUB) und geografischen Angaben (GGA) für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel wird auf Ziffer 3.2.1 dieses Berichts verwiesen.

39 Pandemic Influenza Preparedness Framework for sharing influenza viruses and access to vaccines and other benefits.