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3.4 Auswertung des Fragebogens

3.4.12 Schlechte Erfahrungen

Auch schlechte Erfahrungen konnten als Freitext genannt werden, dies wurde von 32 Pa-tienten (48,5%) nicht genutzt.

Elf Patienten (16,6%) nannten hier die ausbleibende Wirkung der Therapie, sechs weitere (9,1%) einen Haarverlust nach anfänglicher Besserung. Ein Patient (1,5%) beschrieb eine weitestgehende Besserung ohne Verhinderung immer wieder neuer Herde. Zweimal (3,0%) wurde ein Haarverlust in einer Therapiepause genannt.

Zehn Patienten (15,2%) betonten Nebenwirkungen der Therapie. Von ihnen wurde zwei-mal (3,0%) eine zu hoch gewählte Konzentration mit anschließender überschießender Reaktion beklagt, einmal (1,5%) massiver Juckreiz, Fieber und Gesichtsschwellung, ein-mal (1,5%) Rötung, einein-mal (1,5%) Schmerzen und seelische Belastung sowie einein-mal (1,5%) eine Pigmentstörung. Ein Patient (1,5%) beschrieb einen massiven Schwindel, welcher auch zum Therapieabbruch führte, allerdings habe dieser auch nach Therapie-ende weiter bestanden. Ein Patient (1,5%) gab an, die Nebenwirkungen nur in Kauf ge-nommen zu haben, da die Therapie mit DCP die letzte Hoffnung dargestellt hatte.

Zwei Patienten (3,0%) bemängelten den logistischen Aufwand, der mit einer Therapie im Universitätsklinikum Würzburg verbunden war. Ein Patient (1,5%) empfand die Vor-sichtsmaßnahmen zur Verhinderung von Kontakt von Familienmitgliedern mit der DCP-Lösung als aufwändig. Ein Patient (1,5%) beklagte eine starke mentale Fokussierung auf die Alopezie. Das Tragen einer Perücke nach Anwendung der DCP-Lösung wurde von einem Patienten (1,5%) bemängelt, da die Perücke nach dem Abwaschen der Lösung auch immer gewaschen werden müsse. Eine Patientin (1,5%) beschrieb Sorgen vor Konse-quenzen im Falle einer Schwangerschaft.

49 3.4.13 Zufriedenheit und Weiterempfehlung

Von allen Studienteilnehmern zeigten sich 23 (34,8%) vollkommen mit der Therapie zu-frieden, sieben (10,6%) überwiegend und sechs (9,1%) etwas. Drei Patienten (4,5%) ga-ben an, eher nicht zufrieden gewesen zu sein, sechs (9,1%) überwiegend nicht und 20 (30,3%) überhaupt nicht. Ein Patient machte keine Aussage zur Zufriedenheit. Im Durch-schnitt gaben die Patienten der Therapie die Note 3,3 ± 2,2 (Median 3, „etwas zufrie-den“).

Mit 32 Patienten (48,5%) stimmte etwa die Hälfte der Patienten der Frage nach Weiter-empfehlung an Freunde oder Verwandte vollkommen zu, neun (13,6%) überwiegend, sieben (10,6%) etwas, sechs (9,1%) eher nicht, zwei (3,0%) überwiegend nicht und zehn (15,2%) überhaupt nicht. Der Mittelwert betrug 2,5 ± 1,9, der Median 2 („stimme über-wiegend zu“).

Ferner hatten die Studienteilnehmer die Möglichkeit, einem fiktiven Bekannten, welcher am Anfang der Therapie mit DCP steht, Hinweise geben zu können. 20 Teilnehmer mach-ten hiervon keinen Gebrauch.

Fünfmal (7,6%) wurde generell auf Nebenwirkungen hingewiesen, zwölfmal (18,2%) spezifisch auf Juckreiz, je zweimal (3,0%) auf die Rötung, mögliche Pigmentstörungen, Schuppung, Schmerzen, eine überschießende Ekzemreaktion und bislang unbekannte Langzeitnebenwirkungen sowie einmal (1,5%) auf Schwellungen. Hinsichtlich des Juck-reizes wurde zweimal (3,0%) dringend empfohlen, Kratzen zu unterlassen, ein Patient (1,5%) empfahl ein Schlafen mit Handschuhen, um eine unbewusste nächtliche Manipu-lation zu vermeiden.

Die Notwendigkeit einer Kopfbedeckung wurde dreimal (4,5%) als wichtiger Hinweis für neue Patienten erwähnt. Auf die Dringlichkeit der notwendigen Vorsicht im Umgang mit der Substanz wurde einmal (1,5%) hingewiesen, auf das separate Waschen von Tex-tilien, welche mit DCP Kontakt hatten ebenfalls einmal (1,5%) sowie auf das zeitige Ab-waschen der Substanz von der Kopfhaut.

Ein Patient (1,5%) betonte, dass die Möglichkeit eines Therapieerfolges die Nebenwir-kungen relativiere, ein weiterer (1,5%) riet zu einem sorgfältigen Abwägen zwischen Er-folgsaussichten und Nebenwirkungen. Fünf Teilnehmer (7,6%) empfahlen, nicht zu viel

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Hoffnung in die Therapie zu setzen. Sechs Teilnehmer (9,1%) meinten allerdings, die Therapie sei auf jeden Fall einen Versuch wert.

Siebenmal (10,6%) wurde auf die Notwendigkeit einer regelmäßigen, langfristigen The-rapie hingewiesen. Vier Patienten (6,1%) wünschten anderen Betroffenen Durchhaltever-mögen.

Die Therapie am Universitätsklinikum Würzburg wurde von sechs Teilnehmern (9,1%) empfohlen, zwei (3,0%) wiesen aber auf lange Wartezeiten und Probleme bei der Ter-minvergabe hin.

Ein Patient (1,5%) wies auf Einschränkungen (insbesondere Sport) im Alltag hin. Ein Patient (1,5%) riet, positiv zu denken und sich auch über kleine Fortschritte zu freuen.

3.4.14 Verhältnis von Nutzen zu Nebenwirkungen

Die Frage, ob die Aussichten auf einen Therapieerfolg höher als die mit der Therapie verbundenen Unannehmlichkeiten anzusehen sind, wurde von 63 der 66 Studienteilneh-mer beantwortet. Hiervon stimmten 29 (46,0%) vollkommen, acht (12,7%) überwiegend und zwölf (19,0%) eher zu. Vier (6,3%) stimmten eher nicht zu, drei (4,8%) überwiegend nicht und sieben (11,1%) überhaupt nicht. Im Durchschnitt wurde diese Frage mit 2,4 ± 1,7 bewertet, der Median betrug 2 („stimme überwiegend zu“).

3.5 Prognostische Faktoren für den Therapieerfolg

Diverse Faktoren können den Therapieerfolg mit DCP beeinflussen. Daher wurde über-prüft, ob sich diese auch anhand der erhobenen Daten nachweisen ließen. Mittels χ2-Test wurde getestet, ob sich das Vorhandensein dieser Faktoren in der vorliegenden Untersu-chung bei Patienten mit und ohne Therapieerfolg signifikant unterscheidet.

Als signifikante Prädiktoren für ein schlechteres Ansprechen der Therapie konnten ledig-lich das Vorhandensein von Nagelveränderungen (p= 0,006, χ2=7,539) und eine Beteili-gung der Körperbehaarung (p=0,018, χ2=5,556) identifiziert werden. Die untersuchten Variablen sind in Tabelle 12 dargestellt.

Als nicht signifikante Einflussgrößen erwiesen sich das Vorliegen einer atopischen Dia-these, eines atopischen Ekzems, eines allergischen Asthmas und einer Hypo- oder Hyper-thyreose. Eine Rhinoconjunctivitis allergica zeigte sich als statistisch zumindestens

ten-51

denzielle Einflussgröße (p=0,056, χ2=3,655). Weder eine vorausgegangene AA-Erkran-kung noch eine familiäre Belastung mit AA konnten als Prädiktoren für ein besseres oder schlechteres Ansprechen auf die Therapie mit DCP identifiziert werden.

Tabelle 12: Signifikanz möglicher prognostischer Parameter für den Erfolg der DCP-Therapie. Signifikante p-Werte fett dargestellt

Kosmetisch relevante Besserung

(n) n

gesamt p χ2

Ja Nein

Nagelbeteiligung Ja 5 / 7,7% 18 / 27,7% 65 0,006 7,539 Nein 24 / 36,9% 18 / 27,7%

Körperhaarbeteiligung Ja 12 / 18,2% 26 / 39,4% 66 0,018 5,556 Nein 17 / 25,8% 11 / 16,7%

Atopische Diathese Ja 10 / 28,8% 15 / 22,7% 66 0,615 0,254 Nein 19 / 28,8% 22 / 33,3%

Atopisches Ekzem Ja 9 / 13,7% 9 / 13,7% 66 0,544 0,369 Nein 20 / 30,3% 28 / 42.4%

Rhinoconjunctivitis

allergica Ja 3 / 4,5% 11 / 16,7% 66 0,056 3,655

Nein 26 / 39,4% 26 / 39,4%

Allergisches Asthma

bronchiale Ja 1 / 1,5% 3 / 4,5% 66 0,431 0,620

Nein 28 / 42,4% 34 / 51,5%

Hypo- oder Hyperthyreose Ja 7 / 10,6% 15 / 22,7% 66 0,161 1,968 Nein 22 / 33,3% 22 / 33,3%

AA* in der Vergangenheit Ja 8 / 12,1% 17 / 25,8% 66 0,127 2,329 Nein 21 / 31,8% 20 / 30,3%

AA* in der Familie Ja 3 / 4,5% 9 / 13,6% 66 0,144 2,136 Nein 26 / 39,4% 28 / 42,4%

*AA: Alopecia areata

3.5.1 Alter zu Beginn der aktuellen Episode

Bei Unterteilung der Patienten in die Gruppen „Beginn der aktuellen Erkrankung bis zum 20. Lebensjahr“ und „Beginn der aktuellen Erkrankung ab dem 21. Lebensjahr“ zeigte im exakten Test nach Fischer p=0,066 (Trend; eine χ2-Testung war aufgrund der erwarteten Häufigkeit kleiner als 5 nicht anwendbar). In dieser Untersuchung zeigte sich damit, dass ein Beginn der aktuellen Episode bis zum 20. Lebensjahr gegebenenfalls mit einer schlechteren Prognose einhergeht. Im Mann-Whitney-U-Test (nichtparametrischer Test bei fehlender Normalverteilung des Manifestationsalters der aktuellen Episode) konnte allerdings mit p=0,359 keine Signifikanz nachgewiesen werden.

3.5.2 Subtypen der Alopecia areata

Bei den erhobenen Patientendaten konnte zwischen Subtyp der AA (AAP, AAO, AAD, AAT/AAU) und Therapieerfolg bei überschaubarer Patientenzahl je Subtyp weder mittels

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des χ2-Test noch mittels exaktem Test nach Fischer (2 Zellen mit erwarteter Häufigkeit kleiner als 5) ein signifikanter Zusammenhang gefunden werden, auch wenn die visuelle Darstellung in Abbildung 15 einen solchen vermuten lässt. Eine Gruppierung aller parti-eller Alopezieformen (AAP, AAO und AAD) wies im Vergleich zu allen totalen Formen (AAT/AAU) ebenfalls keine Signifikanz hinsichtlich des Therapieerfolgs auf, ebenso we-nig der Vergleich der AAP mit allen anderen, in der Literatur oft als prognostisch un-günstig beschriebenen Alopezietypen (AAO, AAD, AAT/AAU).

Abbildung 15: Therapieerfolg der topischen Immuntherapie mit DCP bei n=66 Patienten in Abhängigkeit vom Alopeziesubtyp; AAP: Alopiezia areata partialis, AAO: Alopecia areata vom Ophiasissubtyp, AAD: Alopezia areata diffusa, AAT: Alopezia areata totalis, AAU: Alopezia areata universalis

3.5.3 Dauer bis Behandlungsbeginn

Da die Dauer zwischen dem Auftreten erster Symptome und dem Beginn der Behandlung keiner Normalverteilung folgt, wurde die Dauer in Abschnitte aufgeteilt, die mittels χ2 -Test hinsichtlich eines Therapieerfolges überprüft wurden. Bei Stratifikation in „bis drei Monate“, „drei bis zwölf Monate“, „13-24 Monaten“, „zwei bis fünf Jahre“ und „mehr als fünf Jahre“ konnte kein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden (χ2= 2,983;

p=0,561). Auch mittels Mann-Whitney-U-Test konnte bei p=0,866 keine signifikante

Ab-14

5

4

6 11

12

3

11

0 2 4 6 8 10 12 14 16

AAP AAO AAD AAT/AAU

Anzahl der Patienten (n=66)

Alopeziesubtyp

kosmetisch relevante Besserung nicht kosmetisch relevante Besserung

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hängigkeit des Therapieerfolges von der Dauer zwischen Manifestationsbeginn und Be-handlungsbeginn aufgezeigt werden. Somit scheint es auch bei bereits lange bestehender Erkrankung noch sinnvoll, einen Therapieversuch zu unternehmen.

3.6 Bewertung der Therapie durch die Patienten in Abhängigkeit vom The-rapieerfolg

Um tendenzielle Zufriedenheit, Weiterempfehlung und positive Nutzen-Risiko-Abwä-gung mit dem Therapieergebnis zu korrelieren, wurden zwei Gruppen erstellt: von

„stimme vollkommen zu“ bis „stimme etwas zu“ wurde die Gruppe von Patienten mit tendenziell positiver Antwort festgelegt, von „stimme eher nicht zu“ bis „stimme über-haupt nicht zu“ die Gruppe der tendenziell negativ antwortenden Patienten.

Bei χ2=35,912 ergab sich wie in Tabelle 13 dargestellt hinsichtlich einer tendenziellen Zufriedenheit ein hochsignifikanter Zusammenhang mit einem positiven Therapieergeb-nis bei p<0,001. Bei χ2=14,803 und p=0,001 zeigte sich ebenfalls ein hochsignifikanter Zusammenhang zwischen einem guten Therapieergebnis und einer Weiterempfehlung der Therapie. Ein weiterer, hochsignifikanter stochastischer Zusammenhang (χ2=7,302;

p=0,007) bestand zwischen einem positiven Therapieerfolg und der Bewertung eines günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses.

Tabelle 13: Abhängigkeit der tendenziellen Zufriedenheit der Patienten mit der DCP-Therapie, der Weiterempfehlung der Therapie sowie der Bewertung einer günstigen Nut-zen-Risiko-Abwägung von einem positiven Therapieergebnis. Signifikante p fett darge-stellt

Kosmetisch relevante Besserung (n)

n gesamt

p χ2

Ja Nein

Tendenziell zufrieden Ja 28 / 43,1% 8 / 12,3% 65 <0,001 35,912 Nein 1 / 1,5% 28 / 43,1%

Tendenziell Weiterempfehlung

Ja 28 / 42,4% 20 / 30,3% 66 0,001 14,803 Nein 1 / 1,5% 17 / 25,8%

Tendenziell Überwiegen des Nutzens

Ja 27 / 42,9% 22 / 34,9% 63 0,007 7,302 Nein 2 / 3,2% 12 / 19,0%

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4 Diskussion

Die vorliegende Untersuchung verfolgte zwei Ziele: Einerseits sollte der Therapieerfolg der topischen Immuntherapie mit dem obligaten Kontaktallergen DCP bei Patienten mit ausgeprägter AA an der Hautklinik des Universitätsklinikums Würzburg analysiert und im Kontext ähnlicher Untersuchungen bewertet werden. Zum anderen sollten die Aus-wirkungen der Therapie auf das alltägliche Leben der Patienten möglichst genau erfasst und hieraus Empfehlungen abgeleitet werden.

4.1 Diskussion der Methoden

Die Patientendaten wurden retrospektiv der schriftlichen Dokumentation in den Ambu-lanzkarten der Alopecia-areata-Sprechstunde entnommen. Die Qualität dieser Dokumen-tation schwankte insbesondere bei den weiter in der Vergangenheit behandelten Patienten sehr, teilweise waren manche Informationen nicht vermerkt oder verloren gegangen. Ge-rade der prozentuale Kopfhautbefall war im Verlauf oft nicht mehr schriftlich dokumen-tiert und musste anhand von Fotodokumenten nachträglich erhoben werden. Die nach September 2009 behandelten Patienten wurden aufgrund der Einführung eines einheitli-chen Dokumentationsbogens in Anlehnung an die von Olsen et al.79 erstellten Richtlinien zumeist standardisiert erfasst, aber auch hier wurden manche Informationen nicht ver-merkt, die mit dem Therapieerfolg hätten korreliert werden können (z.B. familiäre Belas-tung hinsichtlich AA, andere Autoimmunerkrankungen). Auch wurden nicht in festen zeitlichen Abständen Fotodokumentationen angefertigt, die eine bessere Untersuchung des Therapieerfolges und -verlaufes beispielsweise nach definierten Zeiträumen erlaubt hätten. Als Zeitpunkt der Bewertung des Therapieerfolges wurde daher das Datum des jeweiligen Fragebogenversands festgelegt. Eine gemeinsame Betrachtung des aktuellen Befundes mit der Wahrnehmung von Nebenwirkungen und Einschränkungen durch die Therapie wurde so ermöglicht. Für den einzelnen Patienten ist es unerheblich, welcher Prozentsatz seines Haupthaares nach einer bestimmten Zeitspanne betroffen war, wichtig erscheint vielmehr, ob er langfristig von der Therapie profitieren konnte.

Für die AA existiert kein einheitlich definierter Therapieerfolg. In dieser Untersuchung wurde ein kosmetisch akzeptables Wiederwachstum der Kopfhaare als Erfolg gewertet und mit möglichen Einflussfaktoren korreliert, da dies am ehesten dem entspricht, was

55

ein Patient als erfolgreiche Therapie empfindet. Dies wurde so definiert, dass unter The-rapie entweder eine Vollremission oder weniger als 10% Kopfhaarbefall vorlagen oder der Patient alternativ angegeben hatte, dass eine Nutzung verdeckender Hilfsmittel wie Mützen oder Perücken nicht mehr notwendig sei, da alle Kahlstellen mit dem vorhande-nen Haupthaar bedeckt werden konnten. Vollremissiovorhande-nen, jegliche Verbesserung, abso-lute Veränderungen des prozentualen Befalls, prozentuale Veränderungen in Abhängig-keit vom absoluten Befall bei Therapiebeginn, Veränderung des SALT-Scores, Selbst-einschätzung des Patienten und andere Kriterien wären aber ebenfalls mögliche End-punkte einer vergleichbaren Untersuchung83. Aufgrund der Vielzahl dieser möglichen Endpunkte ist es teilweise schwierig, verschiedene Studien hinsichtlich des Therapieer-folges zu vergleichen.

Der Fragebogen, welcher an die Patienten geschickt wurde, war darauf ausgelegt, Hin-weise einer Beeinflussung der Lebensqualität durch die DCP-Therapie und ihre assozi-ierten Nebenwirkungen zu erfassen und die Zufriedenheit der Patienten mit der Therapie und dem Therapieumfeld zu bewerten. Eine dezidierte, quantifizierbare Aussage über die Beeinflussung der Lebensqualität durch die AA oder spezifisch die DCP-Therapie konnte hierdurch allerdings nicht getroffen werden. Hierfür wäre die Verwendung eines Heath-Related Quality of Life (HRQoL) Messinstruments wie beispielsweise der Dermatology Life Quality Index (DLQI), der Skindex-16 oder der Short Form Health Survey (SF-36) während der durchgeführten Therapie notwendig gewesen. Bei einer retrospektiven Un-tersuchung mit teilweise mehreren Jahren zwischen Therapieende und Befragung ist ein solcher Fragebogen aber nicht zielführend, da jeweils die aktuelle gesundheitsbezogene Lebensqualität bewertet wird140.

4.2 Diskussion der Ergebnisse

4.2.1 Therapieerfolg und Nebenwirkungen

Bei knapp einem Drittel (30,3%) der Studienteilnehmer konnte ein vollständiges und bei weiteren 13,6% ein teilweises, kosmetisch akzeptables Haarwiederwachstum mittels DCP-Therapie bewirkt werden, d.h. bei 44,0% war die Therapie erfolgreich. Ebenfalls bei 44,0% war die Therapie leider nicht erfolgreich: 37,9% der Patienten wiesen trotz Ekzem kein nennenswertes Haarwachstum auf, bei 6,1% konnte durch DCP trotz 2%iger Maximalkonzentration kein Ekzem ausgelöst werden, woraufhin die Therapie beendet

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wurde. Bei den restlichen 12,1% (rundungsbedingt nicht exakt 100%) fand sich ein teil-weises, jedoch nicht kosmetisch akzeptables Wiederwachstum des Kopfhaares. Da die meisten vergleichbaren Studien nicht den patientenzentrierten kosmetischen Erfolg be-werten, sondern stattdessen zwischen Vollremission, Teilremission und fehlender Remis-sion unterscheiden, wird im Folgenden auch in 30,3% VollremisRemis-sion, 25,6% Teilremis-sion (Summe aus kosmetisch akzeptablem und kosmetisch nicht akzeptablem partiellen Haarwachstum) und 44,0% ohne Remission unterteilt. Darüber hinaus untersuchten ei-nige ähnliche Studien nicht ein Gesamtkollektiv, sondern konzentrierten sich ausschließ-lich auf AAT und AAU oder legten den Fokus auf Kinder und Jugendausschließ-liche, was einen Vergleich zusätzlich erschwert.

Zur Wirksamkeit der topischen Immuntherapie bei AA wurde seit 1977 eine große Zahl an Studien durchgeführt und publiziert, welche mit den jeweils zentralen Parametern und Ergebnissen in Tabelle 14 dargestellt sind. Diese Untersuchung beschränkt sich auf DCP als topisches Kontaktallergen, aufgrund des identischen Wirkmechanismus kann das Er-gebnis aber auch mit der topischen Immuntherapie mit DNCB und SADBE verglichen werden. Sollte ein topisches Kontaktallergen in Kombination mit einem anderen Thera-peutikum wie beispielsweise Minoxidil verwendet worden sein, so wurden diese Patien-ten in der Tabelle ausgeschlossen, um ausschließlich den Therapieerfolg durch DNCP, SADBE und DCP wiederzugeben.

Eine Besonderheit stellt die Studie von Yoshizawa et al.141 dar, bei der eine kopfhautferne Applikation von DNCB als Zusatz zu einer bislang erfolglosen Therapie (Kryotherapie und/oder topische Kortikosteroidtherapie) aufgrund einer postulierten, systemischen Wir-kung des Kontaktallergens eine deutliche Besserung des Befundes bei 65% der Stu-dienteilnehmer bewirken konnte. Wegen der geringen Zahl an StuStu-dienteilnehmern (n=20) und der gleichzeitigen Durchführung zusätzlicher Therapien muss dieses Ergebnis aller-dings mit Vorsicht interpretiert werden. Aufgrund des vermuteten Wirkmechanismus und der teilweise eindrücklichen Erfolge von Halbseitenversuchen scheint ein Auftragen auf die Kopfhaut weiterhin als bevorzugte Anwendungsstelle.

Sämtliche sonstige Untersuchungen bewerten die Anwendung als topisches Kontaktaller-gen. Es handelt sich zumeist, wie auch in dieser Studie, um retrospektive Untersuchungen

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mit einer zweistelligen Teilnehmerzahl. Die jeweils relativ geringen Patientenzahlen er-klären in Kombination mit sehr heterogenen Patientenkollektiven hinsichtlich Schwere und Dauer der Erkrankung sowie unterschiedlichen Einschlusskriterien die teilweise sehr unterschiedlichen Therapieerfolge und erschweren die Identifikation von signifikanten Parametern, welche Einfluss auf den Therapieerfolg haben. Weiterhin hat die nicht ein-heitliche Bewertung eines Therapieerfolges lange Zeit die Erstellung einer Metaanalyse behindert, erst von Lee et al.119 wurde eine entsprechende Arbeit veröffentlicht. Wieder-wachstum von Haaren (sowohl kosmetisch akzeptabel als auch kosmetisch nicht akzep-tabel) konnte in dieser Arbeit bei 65,5% der inkludierten 2227 Patienten beobachtet wer-den (74,6% AAP, 54,5% AAT/AAU), eine Vollremission bei 32,3% (42,6% AAP, 24,9%

AAT/AAU). Diese Rate der Vollremissionen ähnelt sehr dem Ergebnis dieser Untersu-chung (30,3%). Der Anteil der Patienten, bei denen jedwedes Haarwachstum ausgelöst werden konnte, liegt allerdings im hier untersuchten Kollektiv niedriger (56,0%). Dies ist aber auch deutlich abhängig vom Untersucher, da ein feiner Flaum auf den Alopezie-Herden ohne Terminalbehaarung in dieser Erhebung im Gegensatz zu anderen Studien nicht als Teilremission gewertet wurde.

Die von Olsen et al.79 vorgeschlagenen Dokumentationsrichtlinien werden bei zukünfti-ger konsequenter Anwendung eine ähnliche Zusammenführung von Studienergebnissen wie die Metaanalyse von Lee et al.119 erleichtern. Der in der Universitätsklinik Würzburg eingeführte, standardisierte Dokumentationsbogen orientiert sich an diesen Empfehlun-gen.

Der in dieser Studie erzielte Therapieerfolg entspricht in etwa dem von Gordon et al116 und Cotelessa et al.118. Zwei große, an Erwachsenen durchgeführte Studien (Wiseman et al.86 und van der Steen et al.142) zeigen jeweils einen besseren Therapieerfolg. Ein Grund hierfür kann eine andere Patientenselektion sein, es wurden mehr geringer betroffene Pa-tienten behandelt oder es wurde früher im Krankheitsverlauf mit der Therapie begonnen.

Da in dieser Arbeit nur Patienten untersucht wurden, die den Fragebogen beantwortet hatten, könnte hierdurch auch das Therapieergebnis verzerrt worden sein. Patienten waren möglicherweise motivierter, den Fragebogen, welcher sich primär mit den Nebenwirkun-gen befasst, zu beantworten, wenn die Therapie letztlich erfolglos oder mit vielen Neben-wirkungen behaftet war. Ebenso waren eventuell in den Studien von Wiseman et al.86 und

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van der Steen et al.142 Patienten motivierter, bei positivem Therapieerfolg die Therapie längerfristig durchzuführen und zu regelmäßigen Nachuntersuchungen zu erscheinen.

Viele Studien bewerten primär den Therapieerfolg, teilweise werden aber auch Faktoren von prognostischer Bedeutung ausgewertet. Chiang et al.142 konnten einen ausgeprägten Haarverlust vor Therapiebeginn, einen ausgeprägten Verlust der Körperbehaarung und das Vorhandensein einer Schilddrüsenerkrankung als Prädiktoren für ein schlechtes An-sprechen der Therapie identifizieren. Ein ausgeprägter Haarverlust zeigte sich auch bei Wiseman et al.86 und van der Steen et al.142 als ungünstig. Nagelveränderungen wurden unter anderem von Aghaei et al.113, Gordon et al.116 und van der Steen et al.142 als nach-teilig ermittelt. Die Metaanalyse machte eine ausgeprägte Erkrankung (Befall von ≥50%

der Kopfhaut), Atopie und Nagelbeteiligung als ungünstige prognostische Faktoren aus119. In dieser Erhebung konnten eine Beteiligung der Nägel und der Körperbehaarung als signifikante Einflussgrößen ermittelt werden.

Nach Therapieende trat bei insgesamt 32,7% der Patienten dieser Untersuchung ein zidiv auf, was etwas seltener als bei vergleichbaren Erhebungen ist. Hier liegen die Re-zidivraten zumeist zwischen 40%118,119 und 60%86. In der Metaanalyse von Lee et al. wird die Rezidivrate mit 38,9% unter Erhaltungstherapie und mit 49,0% ohne Erhaltungsthe-rapie angegeben119. In der vorliegenden retrospektiven Auswertung lag allerdings kein einheitlicher Follow-up-Zeitraum vor, daher dürfte der tatsächliche Wert der häufig ver-wendeten 2-Jahres-Rezidivrate etwas höher liegen.

In dieser Untersuchung klagte ein Großteil der Patienten (78,8%) über zumindest eine Nebenwirkung. Dabei fand sich eine deutliche Diskrepanz zwischen klinischer Doku-mentation und nachträglicher Befragung der Patienten: eine vesikuläre Reaktion war bei 59,1%, ein kopfhautfernes Ekzem bei 24,2% und eine Pigmentveränderung bei 9,1% der Patienten dokumentiert worden, bei Befragung wurden diese Nebenwirkungen von je-weils 71,2%, 43,9% und 22,7% der Patienten angegeben. Waren die Nebenwirkungen nicht ausgeprägt genug, um behandlungsbedürftig zu sein, wurden sie von den Behand-lern gegebenenfalls nicht als dokumentationswürdig angesehen, eventuell wurden sie auch schlicht nicht von den Patienten berichtet. Eine Selbstlimitierung der Symptome oder nicht ausreichende Ausprägung könnte für letztere Möglichkeit der Grund sein,

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eventuell spielt aber auch die Angst vor einer Beendigung der Therapie durch den Be-handler bei großem Therapiewunsch trotz ausgeprägten Nebenwirkungen eine Rolle.

Die Rate an beschriebenen Nebenwirkungen variiert zwischen den verschiedenen Unter-suchungen erheblich: In den Studien von Chiang et al.143, Salsberg et al.115, Cotelessa et al.118 und Wiseman et al.86 wurden bei etwa der Hälfte der Patienten Nebenwirkungen angegeben, bei Luk et al.80 und Aghaei et al.113 sogar bei etwa 70%. Diese bestanden zumeist in übermäßigen, vesikulären Ekzemreaktionen, Lymphadenopathien und kopf-hautfernen Ekzemreaktionen. Im Gegensatz dazu wurden von Averinou et al.144, Schut-tellaar et al.145 und Monk146 deutlich geringere Raten angegeben. Eine Ursache für diese breite Streuung stellt vermutlich die Zielsetzung der jeweiligen Studien dar. Stand eher

Die Rate an beschriebenen Nebenwirkungen variiert zwischen den verschiedenen Unter-suchungen erheblich: In den Studien von Chiang et al.143, Salsberg et al.115, Cotelessa et al.118 und Wiseman et al.86 wurden bei etwa der Hälfte der Patienten Nebenwirkungen angegeben, bei Luk et al.80 und Aghaei et al.113 sogar bei etwa 70%. Diese bestanden zumeist in übermäßigen, vesikulären Ekzemreaktionen, Lymphadenopathien und kopf-hautfernen Ekzemreaktionen. Im Gegensatz dazu wurden von Averinou et al.144, Schut-tellaar et al.145 und Monk146 deutlich geringere Raten angegeben. Eine Ursache für diese breite Streuung stellt vermutlich die Zielsetzung der jeweiligen Studien dar. Stand eher