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Aus der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universität Würzburg Direktor: Professor Dr. med.

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Academic year: 2022

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Aus der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie

der Universität Würzburg

Direktor: Professor Dr. med. Matthias Goebeler

Retrospektive Analyse von Wirksamkeit, Sicherheit, prognostischen Parametern und Faktoren der Lebensqualität bei der topischen Immuntherapie der Alopecia areata mit Diphenylcyclopropenon

Inauguraldissertation

zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät

der

Julius‐Maximilians‐Universität Würzburg vorgelegt von

Florian Rasche aus Würzburg

Würzburg, Dezember 2020

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Referent: Prof. Dr. med. Henning Hamm Korreferent bzw. Korreferentin: Prof. Dr. med. Anne Simmenroth

Dekan: Prof. Dr. Matthias Frosch

Tag der mündlichen Prüfung: 31.08.2021

Der Promovend ist Arzt.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 1

1.1 Epidemiologie ... 1

1.2 Ätiologie ... 2

1.2.1 Genetik ... 2

1.2.2 Immunologie ... 2

1.3 Pathogenese ... 4

1.4 Klinisches Bild ... 4

1.4.1 Typen ... 5

1.4.2 Nagelveränderungen ... 6

1.4.3 SALT-Score ... 7

1.5 Differentialdiagnosen ... 9

1.5.1 Dermatoskopie ... 9

1.6 Prognose ... 10

1.7 Assoziierte Erkrankungen ... 10

1.7.1 Assoziierte organische Erkrankungen ... 10

1.7.2 Assoziierte psychiatrische Erkrankungen ... 11

1.8 Behandlungsmöglichkeiten ... 11

1.8.1 Therapieverzicht ... 11

1.8.2 Immunsuppressive Therapie ... 12

1.8.3 Topische Immuntherapie ... 13

1.8.4 Andere Therapiemöglichkeiten ... 16

1.9 Fragestellung dieser Untersuchung ... 17

2 Material und Methoden ... 19

2.1 Datenschutz ... 20

2.2 Praktische Durchführung der DCP-Therapie ... 20

2.3 Deskriptive Methoden ... 23

2.4 Statistische Methoden ... 23

2.4.1 Statistische Tests ... 23

2.5 Literaturrecherche ... 24

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2.6 Sonstige Software ... 24

3 Ergebnisse ... 25

3.1 Patientenbezogene Daten ... 25

3.1.1 Alter bei Symptombeginn ... 25

3.1.2 Alter bei Behandlungsbeginn ... 25

3.1.3 Alter bei Erstmanifestation ... 26

3.1.4 Alopezie bei Behandlungsbeginn ... 27

3.1.5 Alopeziemuster ... 28

3.1.6 Vorhergehende Episoden ... 28

3.1.7 Subjektive Trigger ... 29

3.1.8 Vorbehandlungen ... 29

3.1.9 Körperbehaarung und Nagelbeteiligung ... 29

3.1.10 Assoziierte Erkrankungen ... 30

3.1.11 Familiäre Belastung... 30

3.2 Therapie ... 30

3.2.1 Dauer zwischen Symptombeginn und Behandlungsbeginn ... 30

3.2.2 Remission ... 31

3.2.3 Halbseiteneffekt ... 31

3.2.4 Alopezie am Auswertungstag oder nach Behandlungsende ... 32

3.2.5 SALT-Score bei Behandlungsende/am Auswertungstag ... 34

3.2.6 Therapiedauer ... 35

3.2.7 Nebenwirkungen ... 36

3.3 Gesamtkollektiv aller mit DCP behandelten Patienten ... 37

3.4 Auswertung des Fragebogens ... 38

3.4.1 Aufklärung ... 38

3.4.2 Lichtschutz ... 39

3.4.3 Juckreiz ... 40

3.4.4 Aufbewahrung von Diphenylcyclopropenon ... 41

3.4.5 Nebenwirkungen ... 42

3.4.6 Schweißtreibende Tätigkeiten ... 44

3.4.7 Sonstige Probleme ... 45

3.4.8 Auswirkungen auf die Lebensqualität ... 45

3.4.9 Beendigung der Therapie ... 46

3.4.10 Rezidiv nach Therapieende ... 47

3.4.11 Gute Erfahrungen ... 47

(5)

3.4.12 Schlechte Erfahrungen ... 48

3.4.13 Zufriedenheit und Weiterempfehlung ... 49

3.4.14 Verhältnis von Nutzen zu Nebenwirkungen ... 50

3.5 Prognostische Faktoren für den Therapieerfolg ... 50

3.5.1 Alter zu Beginn der aktuellen Episode ... 51

3.5.2 Subtypen der Alopecia areata ... 51

3.5.3 Dauer bis Behandlungsbeginn ... 52

3.6 Bewertung der Therapie durch die Patienten in Abhängigkeit vom Therapieerfolg ... 53

4 Diskussion... 54

4.1 Diskussion der Methoden ... 54

4.2 Diskussion der Ergebnisse ... 55

4.2.1 Therapieerfolg und Nebenwirkungen ... 55

4.2.2 Auswirkungen der Therapie auf die Lebensqualität ... 75

4.3 Ausblick ... 77

5 Zusammenfassung ... 79

6 Literaturverzeichnis ... 82

7 Anhang ... 98

(6)

1

1 Einleitung

Die Alopecia areata (im Folgenden mit „AA“ abgekürzt) gilt als organspezifische, T-Zell- vermittelte Autoimmunerkrankung des anagenen Haarfollikels. Sie tritt nicht vorherseh- bar akut auf und betrifft meistens die Kopfhaut. Es handelt sich um eine nicht vernarbende Alopezie, die polygenetisch determiniert, nicht ansteckend und mit den aktuell zur Ver- fügung stehenden Methoden nicht heilbar ist. Sie ist allerdings oft spontan reversibel1–6. Auch wenn der definitive Beweis einer autoimmunen Genese noch aussteht, wird die AA dennoch zu den häufigsten Autoimmunerkrankungen des Menschen gezählt2,6. Im deutschsprachigen Raum wird oft der Begriff kreisrunder Haarausfall verwendet.

Das Krankheitsbild ist mindestens seit der Antike bekannt und wurde bereits von Hippokrates von Kos im Werk „De Affectionibus“ (ca. 400 v. Chr.) und Aulus Cornelius Celsus in „De Medicina“ (ca. 25-35 n. Chr.) schriftlich erwähnt. Die Bezeichnung

„Alopecia areata“ wurde 1706 durch Sauvages „Nosologia Medica“ geprägt6,7. Der Begriff Alopecia stammt vom griechischen Wort alopex (der Fuchs) ab und bezieht sich vermutlich auf die Fuchsräude8.

1.1 Epidemiologie

Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an einer AA zu erkranken, beträgt etwa 1,7%5,9,10, die Prävalenz liegt bei ca. 0,1-0,2%2,3,5. Auch wenn die Erkrankung bei unge- fähr der Hälfte der Betroffenen bereits in den ersten beiden Lebensjahrzehnten auftritt11–

14, kann sie sich prinzipiell in jedem Alter manifestieren10,15. Ein früher Erkrankungsbe- ginn geht oft mit einer ausgeprägteren Form der Alopezie und einer schlechteren Prog- nose einher11,16.

Beide Geschlechter sind nahezu gleich häufig betroffen9,10,17. Die Erkrankungshäufigkeit scheint von der Ethnie unabhängig zu sein15,18.

Bei ca. 10-33% der Erkrankten liegt eine familiäre Häufung vor5,12,19,20. Bei monozygoten Zwillingen lag die Konkordanzrate in einer Studie von Jackow et al. bei etwa 55%21. Das Erkrankungsrisiko für Kinder von Patienten mit einer schwerwiegenden AA beträgt ca.

6%11.

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2 1.2 Ätiologie

Die AA gilt als multifaktoriell bedingte, organspezifische Autoimmunerkrankung, die durch eine Kombination aus genetischer Disposition und Umweltfaktoren verursacht wird und bei der verschiedene Faktoren wie das Erkrankungsalter, die Ausprägung und den Verlauf beeinflussen18,22–24.

1.2.1 Genetik

Es konnten bislang mehr als 60 mit der AA assoziierte Gene mittels genomweiten Asso- ziationsstudien identifiziert werden, was eine polygene Vererbung nahelegt24–28. Häufig sind Gene involviert, die spezifisch für HLA-I- und HLA-II-Regionen5,23,28,29 sowie für Zytokine und deren Rezeptoren kodieren27,30–32. HLA-Klasse-I-Moleküle finden sich auf nahezu allen kerntragenden Zellen und präsentieren Antigene an CD8+ T-Zellen3, HLA- Klasse-II-Moleküle präsentieren Antigene an CD4+ T-Zellen3. Vielen dieser Gene ist ge- mein, dass sie an der natürlichen und adaptiven Immunität beteiligt sind und dadurch einen Einfluss auf die Entstehung und die Aufrechterhaltung des Immunprivilegs des Haarfollikels (s.u.) haben33,34. Dabei konnten unterschiedliche genetische Marker gefun- den werden, die mit einer erhöhten Suszeptibilität, einem vermehrten Auftreten einer aus- geprägteren Variante oder einer längeren Erkrankungsdauer einhergehen6,22,25,33,35. 1.2.2 Immunologie

Der Haarfollikel genießt ähnlich wie einige andere Organe und Gewebe des Körpers (z.B.

Gehirn, Cornea, Vorderkammer des Auges, Testes und Leber34,36) durch ein nahezu kom- plettes Fehlen von MHC-Klasse-I- und MHC-Klasse-II-Molekülen und die dadurch aus- bleibende Präsentation von Autoantigenen an potentiell autoreaktive CD4+ und CD8+ T- Zellen ein Immunprivileg15,22,34,36–39. Weiterhin findet sich physiologischerweise nur eine kleine Anzahl an Langerhanszellen und antigenpräsentierenden Zellen im und um den Haarfollikel34. Außerdem werden immunsuppressive Zytokine vom Follikelepithel expri- miert, um das Privileg aufrecht zu erhalten36.

Der Verlust dieses Immunprivilegs und die daraus resultierende Präsentation von Auto- antigenen scheint ein kritischer Faktor bei der Entstehung der AA zu sein33,34,38–45. Dies erlaubt eine spezifische Interaktion von zytotoxischen T-Lymphozyten mit dem Epithel der Haarmatrix6,34,38. Der normale Haarzyklus wird gestört3, verschiedene Mechanismen

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3

führen zur Ausbildung eines mangelhaften Haarschaftes, der an der Hautoberfläche ab- bricht46. Dies zeigt sich klinisch als lokale Alopezie.

Der genaue Ablauf der Reaktion des Haarfollikels auf die Entzündungsreaktion wird noch diskutiert, prinzipiell sind mehrere Szenarien möglich: Der anagene Follikel kann trotz Inflammation ein dystrophisches Anagen aufrechterhalten und mangelhafte Haarsubstanz bzw. zumindest keratinisiertes Material produzieren. Er kann weiterhin in einen abge- kürzten Haarzyklus gezwungen werden, bei dem er aufgrund einer vermehrten Entzün- dung in der Anagenphase zurück ins Telogen wechselt. Bei lang andauernder Entzün- dungsreaktion wechseln weniger Follikel zurück ins Anagen, was wiederum in einer ver- längerten Telogenphase resultiert, in der kein Haarwachstum stattfindet6,29,47. Die Ge- samtzahl der Haarfollikel bleibt unverändert47.

Immunhistologisch zeigt sich im akuten Stadium ein gemischtes Infiltrat, bestehend aus überwiegend CD4+ und CD8+ Lymphozyten sowie Histiozyten, Langerhanszellen, Mak- rophagen, Mastzellen und einigen eosinophilen Granulozyten38,41,42,46,48,49. Dieses ist zu- meist bienenschwarmartig um den Bulbus des anagenen Haarfollikels lokalisiert, kann aber auch höhere Anteile des Haarfollikels betreffen46,48,50,51.

Aufgrund der Präsentation eines oder mehrerer bisher unbekannter Antigene40 infiltrieren CD8+ zytotoxische T-Zellen den Haarbulbus. Weiterhin kommt es zu einer vermehrten Interaktion zwischen entzündungspropagierenden Zellen. Die so ausgelöste Entzün- dungsreaktion resultiert in einer Matrixzellapoptose und Pigmentinkontinenz. Letztere legt die Vermutung nahe, dass das Ziel der Autoimmunreaktion ein melanozytenassozi- iertes Antigen sein könnte2,13,44,45, was auch das häufige Wiederwachstum zunächst un- pigmentierter Haare bei Remission erklären könnte. Zirkulierende Autoantikörper schei- nen allenfalls eine untergeordnete Rolle zu spielen11,22,45,48.

Die Stammzellen des Haarfollikels bleiben von diesem Angriff verschont, der Follikel wird nicht zerstört. Dadurch bleibt der Haarverlust zu jedem Zeitpunkt, auch nach langer Erkrankung, potentiell reversibel2,11,12.

In der subakuten Phase ist ein vermehrter Anteil katagener und telogener Haare erkenn- bar3,46,52. Im chronischen Stadium zeigt sich eine Haarfollikelminiaturisierung3,46,52. Die

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4

Entzündungsreaktion ist in geringerer Intensität in allen Erkrankungsstadien nachweis- bar, kann bei lange bestehender Alopezie aber auch ausnahmsweise fehlen3,48,53.

1.3 Pathogenese

Als mögliche Auslöser der AA, die bei Vorhandensein einer genetischen Suszeptibilität das Auftreten der Erkrankung bedingen können, werden unter anderem diverse Umwelt- faktoren wie virale Infektionen und Stress angesehen2,18,21,23. Aufgrund anekdotischer Be- schreibungen standen das Zytomegalievirus und das Epstein-Barr-Virus im Verdacht, die Erkrankung auszulösen2,21,54, dies konnte allerdings nicht bestätigt werden5,21,55–57. Gele- gentlich wird die Entstehung einer AA durch TNF-α-Blocker wie Infliximab oder Ada- limumab begünstigt44,58.

Kontrovers diskutiert werden Stress und psychosomatische Faktoren als mögliche Aus- löser der AA2,59,60. Auch hier liegen zumeist nur Fallberichte vor61, der überwiegende Anteil von Studien hierzu kann keinen signifikanten Unterschied zwischen Patienten und gesunden Individuen hinsichtlich Stress, Depression, innerer Unruhe oder kritischen Le- bensereignissen belegen5,60,62,63, allerdings finden sich immer wieder Veröffentlichungen, die ebendies nahelegen64,65. Gegebenenfalls ist durch das Bedürfnis der Patienten nach einer Ursache der Erkrankung ein nicht objektivierbares, vermehrtes Auftreten von Stress und „Life Events“ vor der Erkrankungsmanifestation erklärbar. Die Stresshypothese dient so eventuell der Entstehung und Aufrechterhaltung einer subjektiven Krankheitstheorie der Patienten11,64,66. Im murinen Modell konnte allerdings eine abnorme Aktivität der Hy- pothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse, welche auch als Stressachse be- zeichnet wird, mit der Entwicklung einer AA korreliert werden40,66.

1.4 Klinisches Bild

Die AA präsentiert sich zumeist in Form einzelner oder mehrerer münzgroßer, rundova- ler, scharf begrenzter, nicht vernarbter, haarloser Stellen an der Kopfhaut mit Neigung zur Konfluenz. Klinische Zeichen einer Entzündung fehlen normalerweise2–4,29,67, selten zeigen die Herde eine leichte Rötung3,4,68. Wimpern, Augenbrauen, Barthaare und die Körperbehaarung sind zum Teil mit- oder auch isoliert betroffen4,15,29,67. Das Ausmaß der Erkrankung kann stark variieren15. Der Haarverlust betrifft zumeist pigmentierte Haare22.

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5

Am Rand der Alopezieherde finden sich häufig Ausrufungszeichenhaare und Kadaver- haare4,11,15. Ausrufungszeichenhaare sind dystrophische Haare, die 2-3 mm lang sind, auf- gesplitterte oder abgebrochene freie Enden aufweisen und sich zur Kopfhautoberfläche hin verjüngen. Ihre Form erinnert an ein Ausrufungszeichen, wobei die telogene Haar- wurzel den Punkt darstellt29,69,70. Bei Kadaverhaaren handelt es sich um schwärzliche, komedoartig erscheinende Haarreste im Infundibulum71.

Ein positiver Zupftest am Herdrand weist auf Krankheitsaktivität hin2,29. Hierbei zieht der Arzt langsam an ca. 50-60 Haaren. Ein positiver Zupftest liegt dann vor, wenn sich ca.

10% der Haare lösen72. Eine histologische Sicherung ist bei typischem klinischen Bild nicht notwendig2.

Ein Wiederwachstum zeigt sich oft zunächst in Form von unpigmentiert nachwachsenden Haaren bzw. Haarbüscheln. Gelegentlich kann ein Herd am Rand Krankheitsaktivität und zentral bereits Anzeichen einer Remission aufweisen29,73.

1.4.1 Typen

Die AA wird anhand ihrer klinischen Präsentation in verschiedene Typen unterteilt68. Die häufigste Form stellt die herdförmige Variante dar (AA partialis, AAP), von welcher sich die Krankheitsbezeichnung ableitet. Hierbei kann abhängig von der Anzahl der Herde eine unifokale und eine multifokale Form unterschieden werden2,6,12. Abbildung 1 zeigt einen typischen Herdbefund bei AAP. Bei Progredienz können die Herde konfluieren und zum Verlust der gesamten Kopfbehaarung führen, dies wird als AA totalis bezeichnet (AAT)2,6,74. Ist außerdem auch das gesamte Körperhaar betroffen, handelt es sich um eine AA universalis (AAU)1,2,6. AAT und AAU sind mit einer schlechten Prognose assozi- iert14.

Eine Sonderform stellt der Ophiasis-Typ dar (AAO), bei welchem ein bandförmiger Haarverlust im temporookzipitalen Bereich auftritt. Diese Variante geht ebenfalls mit ei- ner schlechten Prognose einher3,75. Weiterhin kommt es sehr selten zu einer inversen Form des Ophiasis-Typs. Hier zeigt sich der Haarausfall im frontoparietalen Bereich.

Dies wird als Ophiasis inversus oder Sisaipho-Typ (Palindrom von „Ophiasis“) bezeich- net3,74.

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Eine weitere Sonderform ist der diffuse Typ der AA, bei dem es zu einem diffusen Verlust von Kopfhaaren ohne Ausbildung typischer Herde kommt (AA diffusa, AAD). Diese Va- riante kann schwierig zu diagnostizieren sein3. Auch als „plötzliches Ergrauen“ durch Verlust eines Großteils der pigmentierten Kopfhaare kann die diffuse Form der AA im- ponieren73.

Die akute diffuse und totale Alopezie der Kopfhaut bei Frauen („acute diffuse and total alopecia of the female scalp“, ADTAFS) stellt eine neu etablierte Form der AA dar und betrifft Frauen, bei denen es zu einem raschen, nahezu vollständigen Kopfhaarverlust kommt. Histologisch findet sich bei diesem Subtyp zusätzlich eine eosinophile Infiltra- tion3,75,76. Die Prognose ist bei dieser Form im Gegensatz zur klassischen AAT gut75,76.

Abbildung 1: Herdförmige Alopecia areata. Quelle: Klinik und Poliklinik für Dermato- logie, Venerologie und Allergologie des Universitätsklinikums Würzburg

1.4.2 Nagelveränderungen

Bei 7-66% aller Patienten mit AA finden sich Veränderungen zumeist mehrerer oder aller Nägel. Diese treten vermehrt bei ausgeprägter Erkrankung und bei Kindern in Erschei- nung53,67,77. Sie können vor oder gleichzeitig mit dem Haarverlust auftreten oder sich auch

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7

erst im Krankheitsverlauf entwickeln4,13,77. Am häufigsten kommen feine Grübchen der Nagelplatte („Tüpfelnägel“) oder Querrillen vor. Teilweise kann die Nageloberfläche auch sandpapierartig aufgeraut sein (Trachyonychie). Oft findet sich eine punktförmige Rötung der Lunulae. Nur selten zeigt sich eine Onychomadesis2,4,11,29,68,78. Nagelverän- derungen sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert2,3,6,77.

1.4.3 SALT-Score

Olsen et al. führten zur Objektivierung und Vereinheitlichung der Dokumentation der von der AA befallenen Kopfhaut den SALT-Score (Severity of Alopecia Tool Score) ein79. Hierbei wird die Kopfhaut in vier Regionen unterteilt, denen jeweils anteilige Prozent- werte zugeordnet sind (40% Vertex, je 18% rechte und linke Kopfseite, 24% Hinterkopf).

Diese Flächen werden weiter in Unterbereiche unterteilt. Durch Einzeichnen der betroffe- nen Areale auf einem Erhebungsbogen wie in Abbildung 2 dargestellt und Addition der einzelnen Prozentwerte zu einem Gesamtwert ist es möglich, die Ausdehnung der Erkran- kung an der Kopfhaut einzuschätzen und Patienten miteinander zu vergleichen79–83. Dies ist naturgemäß bei der diffusen Form schwierig oder gar nicht möglich. Eine Schätzung ist hier sehr untersucherabhängig.

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Abbildung 2: Visuelle Darstellung der SALT-Score, basierend auf Olsen et al.83

Anhand der berechneten Summe werden die Patienten wie in Tabelle 1 beschrieben in Gruppen unterteilt.

Tabelle 1: Zuordnung zu SALT-Gruppen in Abhängigkeit vom prozentualen Kopfhaar- verlust entsprechend den Empfehlungen von Olsen et al.83

Kopfhaarverlust in Prozent SALT-Gruppe

0 S0

1-24 S1

25-49 S2

50-74 S3

75-99

75-95 96-99

S4

S4a S4b

100 S5

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Veränderungen der Pigmentierung der Haare, Befall der Körperbehaarung und Nagelbe- teiligung fließen nicht in den SALT-Score ein, sondern werden davon unabhängig doku- mentiert. Der Verlust der Körperbehaarung wird als Zusatzvariable B festgehalten und - wie aus Tabelle 2 ersichtlich - eingeteilt, ebenso die Nagelbeteiligung mit der Variablen N (Tabelle 3)53.

Tabelle 2: Einteilung des Verlustes der Körperbehaarung entsprechend den Empfehlun- gen von Olsen et al.83

Verlust der Körperbehaarung Zusatzvariable B

Kein Verlust B0

Teilweiser Verlust B1

Vollkommener Verlust B2

Tabelle 3: Einteilung der Nagelbeteiligung entsprechend den Empfehlungen von Olsen et al.83

Nagelbeteiligung Zusatzvariable N

Keine Nagelbeteiligung N0

Teilweise Nagelbeteiligung N1

Dystrophie/Trachyonychie aller 20 Nägel N1a

1.5 Differentialdiagnosen

Obwohl die AA normalerweise eine Blickdiagnose ist3, kann es in unklaren Fällen not- wendig sein, eine Kopfhautbiopsie und weitere Untersuchungen durchzuführen, um ähn- lich imponierende Erkrankungen auszuschließen5.

Differentialdiagnosen zur herdförmigen AA stellen Trichotillomanie, Traktionsalopezie, Tinea capitis, androgenetische Alopezie, kongenitale trianguläre Alopezie sowie Alope- cia syphilitica dar3,4,15,53,74. Die diffuse Variante der AA kann als telogenes Effluvium oder bei Kindern als loses Anagenhaar fehldiagnostiziert werden3,4. Der frühmanifeste, totale Subtyp kann einer Atrichie ähneln3.

1.5.1 Dermatoskopie

Die Dermatoskopie kann bei der Unterscheidung der AA von Differentialdiagnosen hel- fen. Bei aktiven Herden zeigen sich meist „black dots“ („Kadaverhaare“, komedoartige Haarreste), kurze, sich nach proximal verdünnende, konische Haare („Ausrufungszei- chenhaare“) oder andere abgebrochene Haare in den Herden und insbesondere am aktiven

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Rand2,70,84. Bei länger bestehender Erkrankung sind oft „yellow dots“ (hyperkeratotische Pfröpfe in den Infundibula) und gehäuft Vellushaare erkennbar2,6,29,70,84.

1.6 Prognose

Bei etwa der Hälfte der Fälle von herdförmiger AA kommt es binnen eines Jahres zu einer spontanen kompletten Wiederbehaarung2,4. Vor allem Patienten mit einer kurzen Erkran- kungsdauer und weniger als 25% Kopfhaarverlust haben sehr gute Aussichten auf eine Spontanremission11,85. Rezidive treten allerdings bei bis zu 86% der Patienten auf2,3,14,86. In etwa 7-10% der Fälle kommt es zu einem chronischen, schweren Haarverlust4,10,14. Bei AAT und AAU belaufen sich die Chancen auf eine vollständige Remission auf unter 10%3,14,35.

Folgende Faktoren sind mit einer schlechten Prognose assoziiert2,6,16,75,87 und werden al- lesamt auch im Rahmen dieser Untersuchung betrachtet:

• ausgeprägte Erkrankung,

• früher Erkrankungsbeginn,

• lange Erkrankungsdauer,

• atopische Diathese,

• die Subtypen AAO, AAT und AAU,

• Nagelveränderungen.

Der genaue Verlauf der Erkrankung lässt sich allerdings individuell nicht vorhersehen14. 1.7 Assoziierte Erkrankungen

1.7.1 Assoziierte organische Erkrankungen

Die AA trifft oft ansonsten gesunde Menschen aller Altersklassen35. Einige Erkrankun- gen, insbesondere diverse Autoimmunerkrankungen, sind aber mit AA assoziiert1,3,16,88,89. Bei Vorliegen einer atopischen Diathese ist das Erkrankungsalter häufig früher und die Prognose schlechter, ebenso wird das Vorhandensein einer oder mehrerer Begleiterkran- kungen von einigen Autoren als ungünstig angesehen2,11,12,19,68.

Erkrankungen des atopischen Formenkreises (atopische Dermatitis16,19,67,89, allergische Rhinokonjunktivitis10,16,19, allergisches Asthma bronchiale10,16,19) treten bei Patienten mit AA bis zu doppelt so häufig auf wie in der gesunden Allgemeinbevölkerung16,16,19,90.

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Auch eine Hypothyreose (zumeist ausgelöst durch eine Hashimoto-Thyreoiditis) tritt ver- mehrt bei Patienten mit AA auf 3,13,16,51,91. Bei Erkrankungsbeginn sollte daher zumindest eine TSH-Screening-Untersuchung durchgeführt werden, ergänzt durch eine Bestim- mung der Schilddrüsen-Autoantikörper92.

Weiterhin assoziiert zeigen sich Vitiligo19,88,90,93 und Trisomie 2119,23,25, weniger häufig chronisch entzündliche Darmerkrankungen44, asymptomatische ophthalmologische Ver- änderungen3,94,95, Lupus erythematodes19, autoimmune hämolytische Anämie51, autoim- mune polyendokrine Erkrankungen51, Diabetes mellitus Typ 119 und multiple Sklerose19. 1.7.2 Assoziierte psychiatrische Erkrankungen

Gerade durch sichtbare kahle Stellen oder das komplette Fehlen des Kopfhaares kommt es bei vielen Erkrankten zu einer starken psychischen Belastung, Stress und Reduktion der Lebensqualität63,82,96–98. Die Inzidenz von psychiatrischen Erkrankungen bei Patien- ten mit AA ist hoch, darunter insbesondere depressive Erkrankungen, Zwangsstörungen und Angststörungen3,20,60,99.

1.8 Behandlungsmöglichkeiten

Da die AA eine kosmetische Beeinträchtigung mit sich bringt, aber prinzipiell gutartig ist, müssen Nebenwirkungsprofil, Risiken und Invasivität einer Therapie mit dem zu er- wartenden Nutzen gut abgewogen werden2. Die AA ist nicht definitiv heilbar oder ver- hinderbar29,81, das Ziel einer langfristigen Therapie besteht in der Unterdrückung der Krankheitsaktivität mit Wiederwachstum und Erhalt der Behaarung29,81. Viele Therapien zeigen nur einen geringen oder keinen Nutzen81,85. Auch bei den wirksamen Therapien treten oft Rezidive auf, insbesondere nach Therapieabbruch oder -beendigung85. Viele Patienten brechen ihre jeweiligen Therapien aufgrund von Nebenwirkungen oder Erfolg- losigkeit ab87.

1.8.1 Therapieverzicht

Häufig kommt es bei der AA zu spontanen Remissionen. Da außer der psychischen Be- lastung für den Patienten keine ernsthaften Auswirkungen der Erkrankung auftreten, ist gerade bei geringem Befall und bei Kindern eine abwartende Haltung ohne spezifische Therapie eine valide Option2,11,12,85. Der Veränderung des körperlichen Erscheinungsbil-

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des lässt sich durch Perückenversorgung, Haarteile, Kopfbedeckungen, medizinische Tat- toos und das Tragen einer Brille entgegenwirken15,53,100. Dies kann die psychosoziale Le- bensqualität positiv beeinflussen100.

1.8.2 Immunsuppressive Therapie 1.8.2.1 Kortikosteroidtherapie

1.8.2.1.1 Systemische Kortikosteroidtherapie

Bei ausgedehntem Befall (mehr als 25% der Kopfhaut) und kurzer Erkrankungsdauer kommt eine systemische Kortikosteroidtherapie in Betracht. Diese kann sowohl oral als auch intravenös verabreicht werden2,11. Die Therapie wird normalerweise gut vertragen und zeigt sich vor allem bei ausgeprägter multifokaler Alopezie oft erfolgreich. Beim Ophiasis-, Totalis- und Universalistyp wirkt sie zumeist wenig oder gar nicht101,102. In Form einer Stoßtherapie ist die Verabreichung von Kortikosteroiden normalerweise nicht mit ausgeprägten Nebenwirkungen behaftet101–103, bei einer langfristigen oralen Therapie können aber u. a. adrenale Insuffizienz, Myalgien, psychische Veränderungen, Hyperglykämien, Elektrolytabweichungen, erhöhte Infektanfälligkeit, Osteoporose, Ka- tarakt und Cushing-Syndrom auftreten, weswegen sie keine vertretbare Therapieoption darstellt2,29,81.

1.8.2.1.2 Intraläsionale Kortikosteroidtherapie

Falls ein großer oder mehrere einzelne Herde vorliegen, kann eine Therapie mit einem intraläsional applizierten Kortikosteroid (Triamcinolon-Kristallsuspension) durchgeführt werden2,11,15,52. Hierbei wird der Wirkstoff möglichst in die untere Dermis injiziert52,81. Bei Therapieerfolg lässt sich bereits innerhalb weniger Monate eine Besserung erken- nen29,104. Aufgrund der Schmerzhaftigkeit der Injektionen, welche in Intervallen von 4-6 Wochen appliziert werden4,52,81, ist die Therapie für Kinder ungeeignet11,12. Weiterhin kann es zu einer transienten Atrophie und Dellenbildung der Kopfhaut kommen52,81. 1.8.2.1.3 Topische Kortikosteroidtherapie

Eine normalerweise unproblematische, aber auch nur gering wirksame Therapieoption stellt die topische Applikation von Kortikosteroiden mittels Cremes, Lösungen oder Schaumpräparationen dar12,52,105,106. Diese Therapie eignet sich für milde und moderate Formen der AA29,81,105. Potente oder hochpotente Kortikosteroide sollten nur befristet an-

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gewendet werden. Da auch bei nur geringem Befall häufig ein dringender Behandlungs- wunsch besteht, ist die Therapie mit einem topischen Kortikosteroid die Therapie der Wahl, wenn therapieloses Abwarten für den Patienten nicht in Frage kommt11,18.

Schwerwiegende Nebenwirkungen sind nicht zu erwarten, selten kommt es zu Follikuli- tiden, Hautatrophie, Teleangieektasien oder Akneeffloreszenzen. Das Auftreten dieser Nebenwirkungen ist von der Potenz der applizierten Kortikosteroide und der Anwen- dungsdauer abhängig12,52,105,106.

1.8.2.2 Methotrexat

Methotrexat, anfänglich oft kombiniert mit einem oral oder intravenös verabreichten Kor- tikosteroid, stellt eine bedingt wirksame Therapieoption dar und kann bei therapierefrak- tärer, ausgeprägter Alopezie angewandt werden. Aufgrund von potenziellen langfristigen Nebenwirkungen wie Knochenmarksdepression, Transaminasenanstieg und Nierenfunk- tionsstörungen stellt Methotrexat jedoch keine Standardtherapie dar. Weiterhin treten nach Beendigung der Therapie häufig Rezidive auf2,81,107.

1.8.2.3 Ciclosporin

Eine Therapie mit Ciclosporin ist ähnlich wie die Behandlung mit Methotrexat nur ein- geschränkt effektiv. Auch hier wird aufgrund der Nebenwirkungen wie Nephrotoxizität, Immunsuppression und Hypertension eine Therapie allenfalls in Ausnahmefällen emp- fohlen. Nach Therapieende zeigt sich oft ein Rebound-Phänomen2,81,85.

1.8.2.4 Calcineurininhibitoren

Die topische Anwendung von Calcineurininhibitoren wie Tacrolimus und Pimecrolimus zeigt keinen therapeutischen Nutzen11,81,108,109. Dies liegt vermutlich an der zu geringen Penetration ins Gewebe81,108.

1.8.3 Topische Immuntherapie

Therapie der Wahl bei ausgedehnter, fortgeschrittener Erkrankung ist immer noch die topische Behandlung mit obligaten Kontaktallergenen wie Diphenylcyclopropenon (DCP) oder Quadratsäuredibutylester (squaric acid dibutylester, SADBE)15,51,52,74. Der genaue Wirkmechanismus ist nicht bekannt, es wird von einer Antigenkompetition aus- gegangen: Durch das Aufbringen des Kontaktallergens entsteht ein allergisches Kon- taktekzem. Die hierdurch entstehenden Infiltrate enthalten unter anderem Suppressor-T-

(19)

14

Zellen und Suppressor-Makrophagen, welche über eine unspezifische lokale Immunsup- pression auch auf die ursprüngliche Autoimmunreaktion gegen das vermutlich in den Haarbulbi lokalisierte Autoantigen hemmend und modulierend einwirken51. Darüber hin- aus werden unter anderem eine perifollikuläre Lymphozytenapoptose, Veränderungen in der peribulbären CD4+/CD8+ Lymphozytenratio und der Interleukin-Sekretion beobach- tet38,43,51,110–112.

1.8.3.1 Diphenylcyclopropenon

Die Behandlung mit der topischen Immuntherapie mit dem obligaten Kontaktallergen DCP stellt eine der effektivsten Therapieoptionen dar und wird bevorzugt bei moderater bis ausgeprägter AA angeboten113,114. Sie ist nicht zugelassen11, wird aber als individuel- ler Heilversuch bei refraktärer und fortgeschrittener AA bei Erwachsenen und teilweise auch bei älteren Kindern und Jugendlichen angewendet12,81,115.

In der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des Univer- sitätsklinikums Würzburg wird die Therapie mit DCP derjenigen mit SADBE vorgezo- gen, da DCP besser untersucht, in Aceton stabil und in der Produktion billiger ist81,116. Die erzielten Therapieergebnisse sind aufgrund des identischen Wirkmechanismus ver- gleichbar117.

Abbildung 3: Chemische Struktur von Diphenylcyclopropenon

1.8.3.1.1 Prognose

Die Erfolgsraten der DCP-Therapie variieren in der Literatur stark, ein Therapieerfolg wird bei 5% bis 85% der Patienten erzielt11,29,86. Laut Chochrane Review fehlen kontrol- lierte Studien, die eine Überlegenheit gegenüber Placebo demonstrieren85. Durch einen Halbseitenversuch (siehe 2.1.) wird bei jedem Patienten allerdings eine Art persönliche

(20)

15

Fall-Kontroll-Studie durchgeführt, um einen Therapieerfolg von einer Spontanremission unterscheiden zu können81.

Als Prädiktoren für ein schlechtes Ansprechen, deren Einfluss auch im Rahmen dieser Untersuchung geprüft werden, wurden eine bereits lang andauernde Erkrankung, ein stark ausgeprägter Haarverlust (>50%), das Vorhandensein von Nagelveränderungen und eine Assoziation mit atopischem Ekzem identifiziert116,118,119.

1.8.3.1.2 Nebenwirkungen

Bei einem nicht unerheblichen Teil der Patienten kommt es zu Nebenwirkungen. Das durch die Anwendung des topischen Kontaktallergens hervorgerufene Erythem mit be- gleitendem Juckreiz ist für den Therapieerfolg notwendig, wird aber von vielen Patienten als störend und unangenehm empfunden52,80,113,115,120.

Bei zu hoch gewählter Konzentration kann es zu einem unerwünscht starken Ekzem kom- men, teilweise mit vesikulärer oder bullöser Reaktion52,80,113,115,116,118. In diesem Fall soll- ten die Reste der Lösung abgewaschen und ein topisches Kortikosteroid aufgetragen wer- den52,81.

Häufig kommt es therapiebegleitend zu einer zervikalen und okzipitalen Lymphadenopa- thie, welche in Einzelfällen schmerzhaft sein kann52,80,113,115.

Pigmentstörungen wie Hypo- und Hyperpigmentierungen, Dyschromia in confetti und Vitiligo können durch die Behandlung ausgelöst oder verschlimmert wer- den80,113,115,120,121. Bei Patienten mit Vitiligo sollte DCP nicht angewendet werden, da das Risiko eines Köbner-Phänomens hoch ist und eine Ausbreitung der Vitiligo droht18,80. Weiterhin können Schuppung, Gesichts- und Kopfhautödeme, Kontakturtikaria, Erythema-multiforme-artige Hautveränderungen, Kopfschmerzen und Schlafprobleme auftreten52,80,115,122–125.

Langfristige Nebenwirkungen sind nicht bekannt11. DCP wird als nicht teratogen einge- stuft, sollte aber dennoch bei Schwangeren und Stillenden sowie bei Frauen mit Kinder- wunsch aufgrund der unzureichenden Datenlage nicht angewendet werden81.

(21)

16

Wegen des hohen Leidensdruckes und des großen Therapiewunsches sind Patienten oft gewillt, trotz der Nebenwirkungen die Behandlung fortzuführen115,116,125. Eine nicht un- erhebliche Anzahl von Patienten bricht aber auch aufgrund der Nebenwirkungen und der Auswirkungen auf den Alltag die Therapie ab80,116. Dieser Sachverhalt wird in der vor- liegenden Untersuchung genauer analysiert und bewertet.

1.8.3.2 Sonstige topische obligate Kontaktallergene

Historisch war Dinitrochlorbenzol (DNCB) das erste genutzte Kontaktallergen, wird aber aufgrund des mutagenen Potentials im Ames-Test nicht mehr verwendet52,81. Neben DCP steht eine Therapie mit SADBE zur Verfügung, welche ähnliche Ergebnisse vor- weist15,74,85.

1.8.4 Andere Therapiemöglichkeiten

Aufgrund des Fehlens einer zuverlässig wirksamen Therapieoption, des hohen Leidens- druckes der Patienten und des daraus resultierenden ausgeprägten Therapiewunsches gibt es eine Vielzahl von weiteren Therapien, die individuell versucht werden können, aber größtenteils nur niedrige Erfolgsraten zeigen.

Durch Dithranol wird ein irritatives Ekzem ausgelöst, dies ist in der Behandlung von AA allerdings deutlich weniger wirksam als die topische Immuntherapie2,11,12,15.

Eine Phototherapie mit dem 308nm-Excimerlaser konnte gegenüber dem Spontanverlauf keine Besserung bewirken11,52,81,126. Eine Photochemotherapie mit Psoralen plus UV-A (PUVA) kann zwar offenbar eine kurzzeitige Besserung bewirken, bei gutem Wieder- wachstum ist diese Therapie aber nicht fortsetzbar. Weiterhin steht gerade bei Kindern das Risiko der Photokarzinogenese in keinem Verhältnis zur Benignität der Erkran- kung11,52,81,85.

Bei Anwendung von Prostaglandinanaloga wie Latanoprost kann im Rahmen der Glau- komtherapie eine Hypertrichose der Wimpern auftreten127,128. In der Therapie des kreis- runden Haarausfalls zeigt sich aber kein nennenswerter Effekt127–130.

Orale Zinksalze werden gerade bei Kindern aufgrund des günstigen Nebenwirkungspro- fils gelegentlich eingesetzt, haben aber keinen nachgewiesenen Effekt2,11.

Topisches Minoxidil wird, teilweise in Verbindung mit Glukokortikoiden, mit mäßigem Erfolg angewandt, der Wirkmechanismus ist unbekannt52,131–133.

(22)

17

Diverse Biologika wie Etanercept, Efalizumab, Adalimumab und Infliximab haben kei- nen prognoseverbessernden Effekt gezeigt81.

Die neuartige Therapie mit oralen Januskinaseinhibitoren wie Tofacitinib, Ruxolitinib oder Baricitinib zeigte in mehreren kleineren Studien vielversprechende Erfolge, welche in etwa mit denen einer Therapie mit oralen Kortikosteroiden vergleichbar sind. Der The- rapieeffekt beruht vermutlich auf der Hemmung der intrazellulären Transkription mehre- rer proinflammatorischer Zytokine und Chemokine. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden bislang nicht beschrieben, allerdings sollte die Therapie nur bei ansonsten gesun- den Patienten angewendet werden. Die systemische Anwendung scheint einer topischen Applikation überlegen. Da die meisten der bislang publizierten Studien zu JAK-Inhibito- ren allerdings ein einarmiges und retrospektives Design mit einer geringen Zahl an Pati- enten besaßen, ist zur abschließenden Beurteilung der Effektivität und Sicherheit dieser Therapie die Durchführung größer angelegter, Placebo-kontrollierter Studien notwendig.

Diese Substanzen sind aktuell noch sehr teuer und eine Anwendung eine Off-Label- Therapie, was eine Verwendung außerhalb von klinischen Studien nahezu ausschließt134–

137.

1.9 Fragestellung dieser Untersuchung

Obwohl es eine Vielzahl von möglichen Behandlungsstrategien gibt, werden im klini- schen Alltag normalerweise nur die Kortikosteroidtherapie und die topische Immunthe- rapie regelhaft mit Erfolg genutzt. Im Zuge dieser Untersuchung sollte die Wirksamkeit der Behandlung mit DCP anhand der Daten von Patienten, die in der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des Universitätsklinikums Würzburg be- handelt wurden, bewertet werden. Die für diese Therapie spezifischen Nebenwirkungen sollten dargestellt und die Auswirkungen auf das alltägliche Leben der Patienten näher beleuchtet werden. Hinsichtlich prognosebeeinflussender Faktoren wurden folgende Pa- rameter untersucht:

• Alopezie-Subtyp

• AA in der Eigen- oder Familienanamnese

• Alter bei Erkrankungsbeginn

• Alter bei Therapiebeginn

• Dauer bis Therapiebeginn

(23)

18

• Nagelbeteiligung

• Körperhaarbeteiligung

• Vorliegen einer Atopische Diathese

• Erkrankung an allergischem Asthma bronchiale oder allergischer Rhinokonjunk- tivitis

• Erkrankung an einer Hypo- oder Hyperthyreose

Da nicht bei allen Patienten entweder eine vollkommen erfolgreiche Therapie oder ein komplettes Therapieversagen zur Behandlungsbeendigung führen, sollten Abbruch- gründe näher beleuchtet werden. Auch das Auftreten von Rezidiven nach Therapieende und deren Ausprägung stellte einen Teil der Untersuchung dar, ebenso eine Analyse der therapiebezogenen Patientenzufriedenheit und persönlichen Einschätzung des Nebenwir- kungsprofils.

(24)

19

2 Material und Methoden

Die topische Immuntherapie mit DCP wird in der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des Universitätsklinikums Würzburg in einer speziellen Sprechstunde („AA-Sprechstunde“) durchgeführt. Die DCP-Lösung wird von der Klini- kums-Apotheke hergestellt und durch die behandelnden Ärzte entweder direkt appliziert oder nach Abschluss der Konzentrationsfindung und nach ausführlicher Anleitung den Patienten unter engmaschiger Kontrolle zur ambulanten Eigenbehandlung mitgegeben.

Das Konzept der vorliegenden retrospektiven Untersuchung wurde der Ethik-Kommis- sion der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg vorgelegt, welche in der Sit- zung vom 15.05.2012 keine Bedenken gegen die Durchführung äußerte (Zeichen 99/12).

Die Akten aller Patientinnen und Patienten (im Folgenden Patienten genannt), welche im Zeitraum von Januar 1997 bis Dezember 2016 in der AA-Sprechstunde behandelt worden waren, wurden hierzu ausgewertet. Einschlusskriterien waren:

• eine topische Immuntherapie mit DCP in diesem Zeitraum

• bei auslösbarem Ekzem eine mindestens sechs Monate lang durchgeführte Thera- pie oder kein auslösbares Ekzem trotz Dosissteigerung bis 2%.

Patienten, die diese Kriterien erfüllten, wurden in zwei Wellen (Juli 2013 und Januar 2018) mittels Anschreiben und einem beigefügten Fragebogen kontaktiert (siehe An- hang), auf einen standardisierten Fragebogen wie z.B. SF-36 wurde aufgrund des retro- spektiven Charakters der Untersuchung verzichtet. Verlaufsparameter wurden anhand der Aktenlage und Fotodokumentation (bis 2004 analog in Form von Diapositiven, ab 2004 digital) erhoben. Der Behandlungserfolg am jeweiligen Versanddatum des Fragebogens (01.07.2013 und 01.01.2018) wurde als Bewertungsgrundlage für den Therapieerfolg festgelegt, da sich hierauf die im Fragebogen festgehaltene Bewertung des Ist-Zustandes durch die Patienten begründet. Patienten, die in der ersten Welle den Fragebogen beant- wortet hatten, wurden im zweiten Durchlauf nicht mehr ausgewertet oder kontaktiert.

Im untersuchten Zeitraum wurden 120 Patienten mit DCP behandelt. Von ihnen schickten 66 (55,0%) den Bogen beantwortet zurück und wurden in diese retrospektive Untersu- chung aufgenommen. Bei Unklarheiten oder unvollständigen Daten in der Aktendoku- mentation wurde – falls die Patienten hierfür durch Angabe ihrer Telefonnummer am

(25)

20

Ende des Fragebogens ihr Einverständnis gegeben hatten – telefonisch zur Klärung bzw.

Ergänzung mit ihnen Kontakt aufgenommen.

Um das Therapieergebnis der 54 Patienten, die den Fragebogen nicht retournierten, ein- schätzen zu können, wurden - soweit vorhanden - zumindest grundlegende Parameter (Geschlecht, Alter, Remissionsstatus, betroffene Kopfhaut in Prozent zu Beginn und am Ende der dokumentierten Behandlung, Remissionsstatus, Alopeziesubtyp) anhand der Aktenlage ausgewertet. Diese Patienten wurden nicht in die eigentliche Untersuchung aufgenommen, eine orientierende Auswertung ist aber unter 3.3. dargestellt.

2.1 Datenschutz

Um eine durchgehende Anonymisierung zum Schutz der Patientendaten zu gewährleis- ten, wurden vor der jeweiligen postalischen Kontaktierung den Patienten mittels zufälli- ger Verteilung (Zug zufälliger Nummern aus einem blickdichten Gefäß) ein „Patienten- code“ zugeordnet. Der so entstandene Anonymisierungsschlüssel wurde handschriftlich erstellt und in der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des Universitätsklinikums Würzburg gelagert. Eine Dokumentation des Behandlungser- folges sowie eine Zuordnung des Fragebogens hierzu wurde ausschließlich unter Nutzung des Patientencodes durchgeführt, sodass zu keinem Zeitpunkt der Auswertung Klarnamen oder Informationen zur Person mit medizinischen Daten gleichzeitig dokumentiert waren.

Die Akten wurden analog ausschließlich in den Räumlichkeiten des Universitätsklini- kums ausgewertet, eine Digitalisierung der anonymisierten Daten erfolgte nachträglich.

Nach Abschluss der Auswertung wurde der Zuordnungsschlüssel durch die Aktenver- nichtung der Poliklinik entsorgt.

2.2 Praktische Durchführung der DCP-Therapie

Zu Beginn der Therapie wird der Patient sensibilisiert, indem ein etwa vier Quadratzen- timeter großes Areal am Hinterkopf mit zweiprozentiger DCP-Lösung bestrichen wird, welche nach 48 Stunden wieder abgewaschen werden darf 80,113,116. Nach einer Pause von zwei Wochen, in der die Sensibilisierung stattfindet, beginnt die Phase der Dosisfindung:

Die Kopfhaut wird an mehreren Stellen mit DCP-Lösung unterschiedlich niedriger Kon- zentration bepinselt. Sollte an keiner der Stellen ein Kontaktekzem mit einer etwa zwei Tage anhaltenden Rötung und Juckreiz auftreten, wird das Prozedere jeweils in der da- rauffolgenden Woche mit höheren Konzentrationen wiederholt, bis sich ein Ekzem an der

(26)

21

Anwendungsstelle einstellt. Die niedrigste Konzentration, welche ein etwa 48 Stunden anhaltendes Erythem und Pruritus auslöst, stellt die Anfangskonzentration der Therapie dar80,113,115,118. Sollte im Rahmen der Dosisfindung auch bei zweiprozentiger Lösung kein Erythem erzeugbar sein, muss die Therapie erfolglos abgebrochen werden, gegebenen- falls kann eine Therapie mit SADBE angeschlossen werden52.

Sobald eine passende Konzentration von DCP gefunden wurde, wird zunächst im Zuge des sogenannten Halbseitentests nur eine Kopfhauthälfte einmal wöchentlich behandelt.

Die DCP-Lösung wird mit Hilfe eines Wattestabes aufgestrichen. Dies kann später nach entsprechender Anleitung durch den Patienten selbst erfolgen, regelmäßige Vorstellun- gen zur frühzeitigen Erkennung von Problemen sowie zur Beurteilung des Behandlungs- erfolges bleiben aber weiterhin notwendig. Die Behandlung zunächst nur einer Kopfhaut- seite dient der Abgrenzung eines Therapieeffektes von einer möglichen Spontanremis- sion. Sobald die behandelte Seite im Vergleich zur Gegenseite eindeutig ein vermehrtes Wachstum an Terminalhaaren zeigt, wird der Halbseitenversuch als erfolgreich gewertet und die Behandlung auf die gesamte Kopfhaut ausgedehnt. Abbildung 4 zeigt einen po- sitiven Halbseitenversuch sowie einen günstigen Verlauf der Therapie. Oft muss im The- rapieverlauf die Konzentration gesteigert oder die DCP-Lösung nach einigen Minuten erneut aufgetragen werden, um weiterhin eine ausreichend lang anhaltende Ekzemreak- tion zu erzielen4,52,81,113,116,118. Falls nach sieben bis acht Monaten keine Besserung ein- getreten ist, wird die Behandlung beendet52.

DCP ist hitzeempfindlich und lichtsensibel29 und sollte daher in lichtundurchlässigen Fla- schen an einem kühlen Ort gelagert werden52,81. Nach dem Auftragen von DCP muss die Kopfhaut deswegen und zum Schutz der Langerhanszellen auch vor direkter Sonnenein- strahlung geschützt werden29. Die Lösung kann nach zwei Tagen abgewaschen wer- den52,81.

(27)

22

Abbildung 4: Positiver Halbseitenversuch und günstiger Verlauf unter DCP-Therapie.

Bei Therapiebeginn (a, Woche 0) liegt ein nahezu vollständiger Verlust des Kopfhaares vor, lediglich am Vertex findet sich ein leichter Restflaum. Bei einseitiger Flaumbildung (b, Woche 16) der im Zuge des Halbseitenversuches behandelten linken Kopfhälfte er- folgte eine Ausweitung der Behandlung auf die gesamte Kopfhaut, daraufhin (c, Woche 28) zeigte sich auch auf der rechten Seite Terminalbehaarung. Im Verlauf (d, Woche 62) konnte eine nahezu vollständige Remission erreicht werden. Quelle: Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des Universitätsklinikums Würzburg

(28)

23 2.3 Deskriptive Methoden

Die Patienten wurden anhand des Kopfhaarbefalls unter Verwendung des SALT-Scores in Gruppen (S0 – S5) aufgeteilt (siehe 1.4.3.)79,83.

Bei vorhandenem, aber unvollständigem Wiederwachstum durch die Therapie wurde die- ses in kosmetisch akzeptabel und kosmetisch nicht akzeptabel unterteilt. Ersteres lag vor, wenn zu Therapieende bzw. am Stichtag entweder weniger als 10% Kopfhaarverlust vor- lag oder ausdrücklich dokumentiert war, dass der Patient selbst das Ergebnis als kosme- tisch akzeptabel empfand und ihm ein Verdecken sämtlicher Kahlstellen durch eigenes Kopfhaar möglich war.

Einige Fragen hatten zur besseren Abstufung einer Zustimmung oder Ablehnung zur ge- troffenen Aussage sechs Antwortmöglichkeiten. Um einen Durchschnittswert berechnen zu können, wurden den Antworten nachträglich Schulnoten zugeordnet (von „stimme vollkommen zu“ = 1 bis „stimme überhaupt nicht zu“ = 6). Hieraus wurden der Durch- schnitt und der Median bestimmt.

2.4 Statistische Methoden

Zur statistischen Auswertung wurde IBM SPSS Statistics Version 25 genutzt. Bei der Berechnung von Durchschnitten und Standardabweichungen (SD) wurde auf eine Dezi- malstelle gerundet, bei der Berechnung von Prozentzahlen ebenfalls auf eine Nachkommastelle.

Das Signifikanzniveau p wurde mit 0,05 festgelegt, ein hochsignifikantes Ergebnis lag bei unter 0,01 vor. Von einem Trend wurde bei Werten bis 0,1 ausgegangen. Bei der Berechnung von p-Werten wurde auf drei Dezimalstellen nach dem Komma gerundet.

2.4.1 Statistische Tests

Mit χ2-Unabhängigkeitstests wurde die Unabhängigkeit einer zweidimensionalen Stich- probe hinsichtlich einer Variablen überprüft.

Zur Prüfung auf Normalverteilung wurde der Shapiro-Wilk-Test gewählt.

(29)

24

Da außer dem Alter zu Beginn der aktuellen Episode bei den erhobenen metrischen Va- riablen keine Normalverteilung angenommen werden konnte, wurde statt einem paramet- rischen t-Test (welcher eine Normalverteilung voraussetzt) der nichtparametrische Mann- Whitney-U-Test benutzt, um mögliche Zusammenhänge aufzuzeigen.

2.5 Literaturrecherche

Zur Literraturrecherche und -organisation wurde Citavi 5.6.0.2 benutzt. Um eine mög- lichst vollständige Übersicht der bislang durchgeführten Studien zur Wirksamkeit der to- pischen Immuntherapie bei AA in Tabelle 14 darzustellen, wurden die in der Metaanalyse

„Hair regrowth outcomes of contact immunotherapy for patients with alopecia areata“

von Lee et al.119 inkludierten Studien ausgewertet und eine PubMed-Suche138 mit folgen- den Parametern durchgeführt:

• „alopecia areata“[All Fields] AND „topical immunotherapy“[All Fields] AND Clinical Trial[ptyp]

• „alopecia areata“[All Fields] AND „dcp“ [All Fields] AND Clinical Trial[ptyp]

• „alopecia areata“[All Fields] AND „diphenylcyclopropenone“[All Fields] AND Clinical Trial[ptyp]

• „alopecia areata“[All Fields] AND „sadbe“[All Fields] AND Clinical Trial[ptyp]

• „alopecia areata“[All Fields] AND „squaric acid dibutylester“[All Fields] AND Clinical Trial[ptyp]

• „alopecia areata“[All Fields] AND „dncb“[All Fields] AND Clinical Trial[ptyp]

„alopecia areata“[All Fields] AND „dinitrochlorobenzene“[All Fields] AND Clinical Trial[ptyp]

Die so recherchierten Publikationen wurden zunächst anhand ihrer Abstracts beurteilt und – falls thematisch passend – in die Gesamtdarstellung mit aufgenommen. Es wurden le- diglich Artikel in deutscher oder englischer Sprache berücksichtigt.

2.6 Sonstige Software

Die in 1.8.3.1. dargestellte chemische Strukturformel von DCP wurde anhand der Daten von PubChem139 in ACD/ChemSketch Version 2019.1.3 erstellt.

Zur Bildbearbeitung wurde GIMP 2.10.6 genutzt.

(30)

25

3 Ergebnisse

3.1 Patientenbezogene Daten

Elf der 66 in diese Untersuchung eingeschlossenen Patienten (16,7%) waren männlich, 55 (83,3%) weiblich. Zum Zeitpunkt der Datenerhebung waren die Studienteilnehmer zwischen 17 und 78 Jahre alt, der Durchschnitt betrug 45,2 Jahre, die Standardabwei- chung (im Folgenden mit SD abgekürzt) 14,7 Jahre.

3.1.1 Alter bei Symptombeginn

Das Alter der Studienteilnehmer bei Symptombeginn der aktuellen Episode betrug zwi- schen drei und 75 Jahre, im Mittel 36,6 (SD 15,9) Jahre und ist in Abbildung 5 dargestellt.

Im Shapiro-Wilk-Test zeigte sich ein p-Wert von 0,715, sodass hier von einer Normal- verteilung auszugehen ist.

Abbildung 5: Alter der Patienten bei Manifestation der aktuellen AA-Episode bei n=66 Patienten, die eine topische Immuntherapie mit DCP erhielten

3.1.2 Alter bei Behandlungsbeginn

Bei Behandlungsbeginn waren die Patienten zwischen 13 und 75 Jahren alt (Durchschnitt 44,8 Jahre, SD 14,1). Die Altersverteilung ist in Abbildung 6 gezeigt. Auch hier legte ein p-Wert von 0,324 im Shapiro-Wilk-Test eine Normalverteilung der Daten nahe.

1

2 2

3 9

7 9

5 7

5

6 6

1 1 1 1

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Anzahl der Patienten (n=66)

Alter bei Symptombeginn der aktuellen AA-Episode

(31)

26

Abbildung 6: Alter der Patienten bei Therapiebeginn der aktuellen AA-Episode bei n=66 Patienten, die eine topische Immuntherapie mit DCP erhielten

3.1.3 Alter bei Erstmanifestation

Bei den Untersuchungsteilnehmern manifestierte sich die AA erstmals zwischen drei und 75 Jahren, im Mittel mit 30,6 (SD 18,6) Jahren. Bei einem Patienten mit mehreren vo- rausgegangen Episoden war das Alter bei Erstmanifestation nicht bekannt, deshalb wurde er bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt.

Der Shapiro-Wilk-Test lieferte einen p-Wert von 0,012, daher kann hier keine Normal- verteilung der Daten angenommen werden. Abbildung 7 zeigt die Altersverteilung beim erstmaligen Auftreten der AA.

0 0

2 3

9

5 9

8

6 7

6 6

2

1 1 1

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Anzahl der Patienten (n=66)

Alter bei Behandlungsbeginn der aktuellen AA-Episode

(32)

27

Abbildung 7: Alter der Patienten bei Erstmanifestation der AA bei n=65 Patienten, die eine topische Immuntherapie mit DCP erhielten

3.1.4 Alopezie bei Behandlungsbeginn

Die Alopezie der Kopfhaut betrug bei den Studienteilnehmern bei Behandlungsbeginn minimal 10% und maximal 100% der Kopfbehaarung, die Verteilung ist in Abbildung 8 dargestellt. Durchschnittlich waren 55,1 ± 33,0% des Haupthaares betroffen. Bei Patien- ten mit AAD wurde anhand der Dokumentation eine bestmögliche Schätzung durchge- führt.

3 6

8

5 5

9

4

3 3

6 6

4

0

1 1 1

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Anzahl der Patienten (n=65)

Alter bei Erstmanifestation der AA

(33)

28

Abbildung 8: Ausmaß der Alopezie des Kapillitiums bei Behandlungsbeginn in Prozent bei n=66 Patienten, die eine topische Immuntherapie mit DCP erhalten haben

Zu Behandlungsbeginn betrug der SALT-Score bei zehn Patienten (15,2%) S1, bei 25 Patienten (37,9%) S2, bei sieben Patienten (10,6%) S3, bei weiteren 7 Patienten (10,6%) S4a und bei 17 Patienten (25,8%) S5.

3.1.5 Alopeziemuster

Bei Behandlungsbeginn waren 25 Studienteilnehmer (37,9%) an der herdförmigen Vari- ante der AA (AAP) und 17 Patienten (25,8%) am Ophiasistyp erkrankt (AAO). Sieben weitere Patienten (10,6%) wiesen die diffuse Form auf (AAD). Bei 17 Patienten (25,8%) bestand bei Behandlungsbeginn bereits ein vollständiger Verlust der Kopfbehaarung (AAT/AAU).

3.1.6 Vorhergehende Episoden

Bei 41 Patienten (62,1%) handelte es sich bei der aktuellen Episode um die Erstmanifes- tation der Erkrankung; bei 25 Patienten (37,9%) waren bereits in der Vergangenheit eine oder mehrere Episoden aufgetreten. Von diesen hatten 14 Patienten (21,2%) zuvor bereits eine Episode, 3 Patienten (4,5%) zwei Episoden, ein Patient (1,5%) drei Episoden, zwei Patienten (3,0%) vier Episoden und vier Patienten (6,1%) fünf oder mehr Episoden durch- lebt. Bei neun der zuvor erkrankten Patienten (36,0% der vorerkrankten bzw. 13,6% aller

3

6

18

5

7

2 1 2

5

17

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

Anzahl der Patienten (n=66)

Ausmaß der Alopezie des Kapillitiums zu Behandlungsbeginn

(34)

29

Patienten) war zumindest einmal eine AAT oder AAU vor der behandelten Episode auf- getreten.

3.1.7 Subjektive Trigger

Ein Großteil der Patienten (n=43, 65,2%) hatte vor Erkrankungsbeginn keinen subjekti- ven Trigger bemerkt. Vier Patienten nannten Infekte als mögliche Auslöser, drei eine Schwangerschaft oder Entbindung. Sechs Patienten beschrieben vermehrt Stress vor Er- krankungsbeginn. Zwei Patienten sahen die Interferon-α-Therapie aufgrund einer chroni- schen Hepatitis C oder einer Multiplen Sklerose als mögliche Ursache an, ein Patient vermutete einen Methadonentzug als Grund.

3.1.8 Vorbehandlungen

Ein Großteil der Patienten (62 von 66; 93,9%) hatte vor der Therapie mit DCP bereits eine oder mehrere anderweitige Therapieoptionen wahrgenommen: 46 (69,7%) waren mit lokalen, 21 (31,8%) mit systemischen und vier (6,1%) mit intraläsionalen Kortikosteroi- den behandelt worden. Fünf Patienten (7,6%) hatten bereits bei einer früheren Episode eine Behandlung mit DCP erhalten. Bei 18 Patienten wurden folgende alternative Thera- pien versucht: Vitamintabletten oder Vitamininfusionen (drei Patienten), Zink (drei Pati- enten), Dapson (zwei Patienten), Photochemotherapie (zwei Patienten), Selen (zwei Pa- tienten), Homöopathie (zwei Patienten), Alfatradiol (ein Patient), Dithranol (ein Patient), Eisen (ein Patient), Eigenbluttherapie (ein Patient), Akupunktur (1 Patient), Kryotherapie (ein Patient) und Schüssler-Salze (ein Patient).

3.1.9 Körperbehaarung und Nagelbeteiligung

Bei 28 Patienten (42,4%) zeigte sich bei Therapiebeginn kein Befall der Körperbehaa- rung, bei 29 Patienten (43,9%) lag eine partielle Beteiligung vor. Neun Patienten (13,6%) litten unter einem vollständigen Verlust der Körperbehaarung (AAU).

Von den Patienten wiesen 42 (63,6%) keine Auffälligkeiten der Nägel auf, bei 23 (34,8%) waren Veränderungen vorhanden (insbesondere feine Grübchen, „Tüpfelnägel“). Über einen Patienten (1,5%) konnte hinsichtlich des Nagelstatus aufgrund fehlender Dokumen- tation keine Aussage getroffen werden.

(35)

30 3.1.10 Assoziierte Erkrankungen

Hinsichtlich des Vorkommens mit AA assoziierter Erkrankungen in Eigen- und Famili- enanamnese fand sich im untersuchten Kollektiv die in Tabelle 4 gezeigte Verteilung.

Erkrankungen des atopischen Formenkreises (atorisches Ekzem, Rhinoconjunctivitis al- lergica, Asthma bronchiale) fanden sich bei 25 Patienten (37,9%), bei acht Patienten (32%

davon; 12,1% aller Patienten) fand sich mehr als eine atopische Erkrankung. Die anam- nestisch erhobene Schilddrüsenerkrankung in der Eigenanamnese (22 Patienten, 33,3%) war jeweils die Hashimoto-Thyroiditis, auch bei der Familienanamnese lag zumeist (7 Patienten, 10,6%) eine Autoimmunthyreoiditis Hashimoto vor, einmal (1,5%) wurde ein Morbus Basedow angegeben.

Tabelle 4: Assoziierte Erkrankungen in Eigen- und Familienanamnese bei n=66 Patien- ten, die eine topische Immuntherapie mit DCP erhalten haben

Eigenanamnese positiv Familienanamnese Positiv Keine Angabe

Atopisches Ekzem 18 (27,3%) 7 (10,6%) 5 (7,6%)

Rhinoconjunctivitis allergica 14 (21,2%) 8 (12,1%) 5 (7,6%)

Asthma bronchiale 4 (6,1%) 7 (10,6%) 5 (7,6%)

Schilddrüsenerkrankung (Hypo- oder Hyperthyreose)

22 (33,3%) 8 (12,1%) 5 (7,6%) Autoimmunerkrankungen 6 (9,1%), darunter:

2 Multiple Sklerose (3%) 1 Morbus Werlhof (1,5%)

1 Psoriasis (1,5%) 1 Vitiligo (1,5%)

2 (3%) 64 (97,0%)

3.1.11 Familiäre Belastung

Bei zwölf Patienten (18,2%) lag bei mindestens einem Familienangehörigen ebenfalls eine AA vor. Einmal waren drei Brüder, einmal ein Bruder, einmal der Vater, einmal Vater und Sohn und sechsmal die Mutter betroffen. Weiterhin zeigte sich einmal bei einer Tante und einmal bei einer Großmutter ebenfalls eine AA.

3.2 Therapie

3.2.1 Dauer zwischen Symptombeginn und Behandlungsbeginn

Zwischen Symptombeginn der aktuellen AA-Episode und Therapiebeginn lagen zwi- schen drei und 384 Monaten (= 32 Jahren) (Mittelwert 36,3 Monate, SD 62,8 Monate).

Bei 34 Patienten (51.5%) wurde innerhalb von drei bis zwölf Monaten mit der Therapie begonnen, bei zwölf Patienten (18,2%) innerhalb von 13 bis 24 Monaten, bei elf (16,7%)

(36)

31

innerhalb von zwei bis fünf Jahren und bei neun Patienten (13,6%) erst nach mindestens fünf Jahren.

3.2.2 Remission

Bei 20 Patienten (30,3%) konnte ein vollständiges Wiederwachstum erzielt werden, bei weiteren neun (13,6%) ein kosmetisch akzeptables Ergebnis. Acht Patienten (12,1%) hat- ten trotz erfolgreich ausgelöster Ekzemreaktion nur ein kosmetisch nicht befriedigendes Ergebnis, bei weiteren 25 Patienten (37,9%) konnte trotz Ekzem kein nennenswertes Haarwachstum bewirkt werden. Bei vier Patienten (6,10%) konnte mit DCP keine ekze- matöse Reaktion ausgelöst werden, die Therapie wurde daher nach dem Erreichen der maximalen Konzentration von 2% abgebrochen. Bei einem dieser vier Patienten kam es innerhalb weniger Wochen zu einer spontanen Vollremission.

3.2.3 Halbseiteneffekt

Zur Beurteilung eines Ansprechens der Patienten auf die Therapie wurde zunächst nur eine Kopfseite behandelt. Bei 40 Patienten (64,5% von 62 Patienten mit auslösbarem Ek- zem) konnte ein vermehrtes Haarwachstum auf der behandelten Kopfhälfte im Sinne ei- nes positiven Halbseiteneffekts festgestellt werden, bei 14 (22,6%) nicht. Der Halbsei- tenversuch erfolgte bei sieben Patienten (11,3%) auf ausdrücklichen Patientenwunsch nicht. Bei einem Patienten (1,6%) war bei einer vorausgegangenen Behandlung mit DCP bereits ein Halbseiteneffekt demonstriert worden, weshalb auf eine erneute Durchführung verzichtet wurde.

Bis zum Auftreten eines erkennbaren Halbseiteneffektes musste zwischen einem und 16 Monaten behandelt werden, im Mittel 5,45 Monate (SD 2,47 Monate). Wie aus Abbil- dung 9 ersichtlich, trat der Halbseiteneffekt zumeist nach vier bis fünf Monaten auf.

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