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Schätzung der Überfüllungselastizitäten

5. Skaleneffekte im Konsum öffentlich angebotener Güter

5.3. Schätzung der Überfüllungselastizitäten

AUSGGi und Leistungsmenge Gij,t kann auch durch regionale Preiseffekte gestört werden. Die Kosten, die bei der Bereitstellung eines bestimmten Leistungsniveaus Gij,t anfallen, unterscheiden sich dann von Region zu Region.

Dies gilt insbesondere im Vergleich von städtischen und ländlichen Regionen.

Nach dem so in Abschnitt 3.2 beschriebenen Brechtschen Gesetz steigt der Aus-gabenbedarf pro Kopf in einer Gebietskörperschaft mit zunehmender Bevöl-kerungsdichte an. Eine wesentliche Ursache hierfür ist im örtlichen Preisniveau zu suchen. Faktorpreise wie Mieten, Grundstückspreise, oder Löhne sind in den wirtschaftlich aktiven Ballungsräumen oft höher als im ländlichen Raum. Hängt das örtliche Preisniveau, wie von Brecht (1932) angenommen, von der Ein-wohnerdichte einer Region ab, so kann im Rahmen von Schätzungen durch die Berücksichtigung einer entsprechenden Kontrollvariable dieser Effekt aufge-fangen werden.

5.3. Schätzung der Überfüllungselastizitäten

Im Weiteren soll eine Schätzgleichung abgeleitet werden, die den beschriebenen Problemen Rechnung trägt. Aus Gleichung (5-3) leitet sich durch einfache Logarithmierung der Zusammenhang

(5-7) lnAUSGGij,t =lnGij,t +lnbpij,t

ab. Die Gleichung zeigt, dass das Ausgabenniveau der Kantone und ihrer Gemeinden (Ausgabenkonzept 1) in eine Mengenkomponente und der Komponente der Bereitstellungskosten zerlegt werden kann. Das Ausgabenniveau hängt damit vom Niveau des Leistungsangebots Gij,t und den dazugehörigen durchschnittlichen Bereitstellungskosten bpij,t je Ausbringungs-einheit ab. Die durchschnittlichen Bereitstellungskosten bpij,t werden von verschiedenen Einflüssen bestimmt:

(5-8)

( )

ij,t j

t , i j

t ,

i G p

bp = τ .

Zu nennen sind hier die Produktionsbedingungen im öffentlichen Sektor sowie das regionale Preisniveau pij,t. Gelten konstante Skalenerträge in der Produktion öffentlicher Güter, so sind die durchschnittlichen Bereitstellungskosten konstant und unabhängig von der Ausbringungsmenge Gij,t. In diesem Fall gilt τ=0. Treten hingegen positiven Skaleneffekten in der Produktion auf, so sinken die durchschnittlichen Bereitstellungskosten mit der Ausbringungsmenge Gij,t ab. Es gilt τ<0. Insgesamt steigen die Ausgaben AUSGGij,t mit Gij,t für τ=0 linear, für

>0

τ überproportional und für τ<0 unterproportional. Auch das örtliche Preisniveau pij,t nimmt Einfluss auf die regionalen Bereitstellungskosten.

Unterscheiden sich die Faktorkosten im öffentlichen Sektor regional, so sind auch die Bereitstellungskosten von Region zu Region verschieden.

Aus den Gleichungen (5-7), (5-8) und (5-1) ergibt sich folgender Ausdruck für Pro-Kopf-Ausgaben im Ausgabenbereich j:

(5-9) lnAUSGij,t =(1+τ)lnvij,t

[

1+α(1+τ)

]

ln(EINWi,t)+lnpij,t

Aus ihm leitet sich die Schätzgleichung

(5-9) lnAUSGGij,t =dtj+(1+τ)lnvij,t

(

1+α(1+τ)

)

lnEINWi,t +θln(EINWi,t /Fi,t)+uij,t

ab. Die Konstante djt zeigt an, dass in der Schätzung Zeitdummys berücksichtigt werden. Das lokale Preisniveau pij,t ist durch die Variable der kantonalen Bevölkerungsdichte (EINWi,t /Fi,t) ersetzt. Fi,t bezeichnet die Kantonsfläche. θ

entspricht dem dazugehörigen Schätzkoeffizienten. Er ist nicht auf 1 restringiert, da er vom Zusammenhang zwischen dem regionalem Preisniveau und der Einwohnerdichte abhängt. Es wird deutlich, dass der Koeffizient der Einwohnervariablen

(

1+(1+τ)α

)

sowohl von den Skaleneffekten im Konsum als auch von Skaleneffekten in der Produktion öffentlicher Leistungen abhängt.

Das zentrale Problem im Rahmen der Schätzung von Gleichung (5-9) besteht darin, in den einzelnen Aufgabenfeldern adäquate Indikatoren für die Pro-Kopf-Versorgung vij,t zu finden. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Quantität als auch in Bezug auf die Qualität der Pro-Kopf-Versorgung (vgl. Brueckner, 1981, Reiter und Weichenrieder, 1997, Büttner et al., 2004, Traub, 2006.) Untersucht werden die vier Aufgabenbereiche Bildung, Gesundheit, Soziale Wohlfahrt und Verkehr. In den Schätzungen werden folgende Nutzungs- und Qualitäts-indikatoren verwendet:

• Im Ausgabenbereich Bildung gehen in die Schätzung die Anzahl der Primar- und Sekundarschüler je Einwohner als Nutzungsindikatoren ein.

Als Qualitätsindikator werden die durchschnittliche Schulklassengrösse in

der Primar- bzw. Sekundarschule sowie die Anzahl der Hochschul-studenten je Einwohner verwendet. Zwei der vier Nutzungsindikatoren sind signifikant und weisen das erwartete Vorzeichen auf. Mit steigender Studentenzahl steigen die Ausgaben für Bildung an. Mit zunehmendem Qualitätsindex, spezifiziert durch eine sinkende durchschnittliche Schulklassengrösse, steigen die Bildungsausgaben ebenfalls an.

• Im Bereich Gesundheit wird die Anzahl der Ärzte je Einwohner als Nutzungsindikator verwendet. Alternative Outputindikatoren, wie die Belegungstage in den Spitälern liegen regionalisiert für den gesamten Untersuchungszeitraum 1990-2002 nicht vor.

• Im Ausgabenbereich Soziale Wohlfahrt werden die Anzahl der IV-Rentner sowie die Arbeitslosenzahl – jeweils je Einwohner – als Nu-tzungsindikatoren in der Schätzung verwendet (vgl. Tabelle 5-1).

• Für den Bereich Verkehr gehen die Strassenkilometer Kantonsstrassen je Einwohner als Nutzungsindikator in die Schätzung ein, Angaben zum regionalen Bahn- und Bussverkehr liegen über den gesamten Unter-suchungszeitraum regionalisiert wiederum nicht vor.

Die Einwohnervariable ist nur in der Schätzung zum Ausgabenbereich Bildung nicht signifikant (vgl. Spezifizierung (2), in Tabelle 5-1). Der Ausdruck (1+τ)α ist damit nicht signifikant von -1 verschieden. Unter der Annahme konstanter Skalenerträge in der Produktion öffentlicher Leistungen τ=0 ergibt sich eine Überfüllungselastizität α=1. Die öffentlichen Leistungen in den Bereichen Bildung haben unter dieser Annahme also dieselben Rivalitätseigenschaften wie private Güter. Es liegen konstante Skalenerträge im Konsum öffentlicher Leistungen im Bereich Bildung vor.

Im Bereich Gesundheit ergibt sich hingegen ein signifikant negativer Koeffi-zient der Einwohnervariablen von -0,262. Es gilt damit (1+τ)α=0,74. Unter der Annahme τ=0 deutet dieses Resultat auf positive, jedoch nicht sehr hohe Skalenerträge im Konsum öffentlicher Gesundheitsleistungen hin. Ein ähnliches Ergebnis zeigt sich im Ausgabengebiet Verkehr. Der Einwohnerkoeffizient ist wiederum negativ signifikant und nimmt einen Wert von -0,385 an. Damit gilt im Ausgabenbereich Verkehr (1+τ)α=0,62. Für τ=0 beträgt die Überfüllungs-elastizität α=0,62. Es bestehen positive Skalenerträge in der Nutzung von Verkehrsleistungen. Im Ausgabenbereich soziale Wohlfahrt liegt der Koeffizient der Einwohnervariablen bei -0,06 und ist ebenfalls statistisch signifikant. Die Überfüllungselastizität von -0,94 weist auf geringe positive Skalenerträge in der Nutzung der Leistungen im Ausgabenbereich Soziale Wohlfahrt hin.

Tabelle 5-1

Schätzung von Überfüllungselastizitäten in verschiedenen Ausgabenbereichen FE-Modell, Zeitraum 1990-20021,2

Abhängige Variable: Pro-Kopf-Ausgaben der Kantone und Gemeinden nach Ausgabenbereichen, in Preisen von 2000

(1) (2) (3) (4) (5) (6) (8) (9)

Bildung Bildung Gesundheit Gesundheit Verkehr Verkehr Soz. Wohlf. Soz. Wohlf.

FEM FEM FEM FEM FEM FEM FEM FEM Schüler (Primar und Sekundar)/Einw. -0.030

(-0.4) Schulklassengrösse Primarschule -0.646***

(-5.4) Schulklassengrösse Sekundarschule 0.009

(0.1) Studenten Hochschule/Einw. 0.001***

(6.7)

Cross-section specific AR(1) AR(1) AR(1) AR(1) AR(1) AR(1) AR(1) AR(1)

Überfüllungselastizität -1 -0.74 -0.62 -0.94

DW-Test 2.1 2.0 2.1 2.1 1.9 2.0 2.1 2.0

Adj. R2 0.93 0.93 0.95 0.95 0.92 0.93 0.96 0.97

1 Vgl. die Anmerkungen zu Tabelle 4-1.

2 In den Schätzungen wird ein Vektor mit Kontrollvariablen (Volkseinkommen je Einwohner, Sprach-Dummy) berücksichtigt.

Die Dichtevariable ln(EINWi,t/Fi,t) scheint in den Bereichen Bildung, Verkehr und Soziale Wohlfahrt die Bereitstellungskosten zu beeinflussen. Der Koeffi-zient θ nimmt in Spezifikation (1), (5) und (8) positiv signifikante Werte zwischen 0,07 und 0,23 an. In allen drei Ausgabenbereichen sind die Bereit-stellungskosten im öffentlichen Sektor in dichter besiedelten Gebieten höher als im ländlichen Raum. Selbst bei gleichem Versorgungsniveau und konstanten Skalenerträgen in der Produktion würden die Bildungsausgaben je Einwohner in dichter besiedelten Kantonen also höher ausfallen als in weniger dicht be-siedelten Kantonen.

6. Wirtschaftlichkeit des öffentlichen Angebots in den Schweizer