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Ein stochastisches Frontier Modell zur Messung der

6. Wirtschaftlichkeit des öffentlichen Angebots in den

6.3. Benchmarking der öffentlichen Ausgaben

6.3.2. Ein stochastisches Frontier Modell zur Messung der

Indem Gleichung (6-3) in Gleichung (6-2) eingesetzt wird, ergeben sich die Pro-Kopf-Ausgaben als

u +β repräsentiert den Anteil der öffentlichen Pro-Kopf-Ausgaben im Kanton, der nicht durch das regionale Preisniveau bzw. durch strukturelle Bedingungen in Bezug auf den Bedarf oder die Präferenzen der Bürger erklärt wird. Die beiden Störterme repräsentieren zumindest zum Teil die Ineffizienz des öffentlichen Angebots, wobei

( )

u1i,,tj bzw.

( )

u2i,,tj im Zusammenhang zur inputorientierten Kostenineffizienz bzw. allokativen Ineffizienz des öffentlichen Angebots stehen. Das angewendete Verfahren zur Bewertung des Ausgabenverhaltens der Kantone kann auf der Basis der Allokationstheorie damit als Untersuchung auf Gesamteffizienz des öffentlichen Angebots interpretiert werden. Gesamteffizienz setzt voraus, dass die allokativ effiziente Leistungsmenge an öffentlichen Gütern und Dienstleistungen ln(Yij,*t)

kosteneffizient angeboten wird.

Der Term

(

1,j 1 2i,,tj

)

t ,

i u

u +β wird in Anlehnung an die stochastischen Frontier Modelle wiederum in eine stochastische Komponente u3i,,tj und eine Ineffizienzkomponente zerlegt. Im Rahmen von ökonometrischen Panelanalysen lässt sich die Zerlegung des Terms in diese beiden Komponenten auf unterschiedliche Weise durchführen.

• Pitt und Lee (1981) interpretieren einen individualspezifischen Random Effekt (RE) als Ineffizienzkomponente. Schmidt und Sickles (1984) er-weitern ein stochastisches Frontier Modell um einen individual-spezifischen fixen Effekt (FE) und interpretieren diesen als Mass der Ineffizienz (vgl. Kumbhakar und Lovell, 2000, S. 95ff.).

• Die Erweiterung von (6-4) um einen raumfixen Effekt verursacht im Rahmen der vorliegenden Untersuchung jedoch Probleme. In der räumlichen Ökonometrie wird argumentiert, dass durch die Berück-sichtigung von raumfixen Effekten der Zeitreihencharakter der Paneldaten betont wird. Die simultane Verwendung von zeit- und raumspezifischen Effekten im Schätzansatz führt dazu, dass Kurzfristzusammenhänge geschätzt werden (vgl. Baltagi, 2005 und Anhang A-3). Tatsächlich

rea-gieren die Schätzkoeffizienten β3 und δ in Gleichung (6-4) sehr sensitiv auf die Berücksichtigung eines zusätzlichen raumfixen Effekts29.

• Um den Querschnittscharakter des Modells und damit auch den Langfristcharakter der Koeffizienten zu bewahren, wäre es möglich, den Störterm

(

1,j 1 2i,,tj

)

t ,

i u

u +β separat unter Berücksichtigung eines raumfixen Effekts zu schätzen

(

2,j

)

i 3i,,tj

könnte dann ein Indikator der regionalen Unwirtschaftlichkeit abgeleitet werden. Das Problem dieser Modellvariante besteht jedoch darin, dass der gesamte Individualeffekt als Ineffizienz gewertet wird. Vernachlässigt bleibt, dass dieser Individualeffekt gi zu einem gewissen Anteil die im Modell (6-4) nicht erklärte Heterogenität zwischen den Regionen darstellt. Gleichzeitig könnte der Störterm u3i,,tj einen gewissen Rest an In-effizienz enthalten. Greene (2005) schlägt deshalb verschiedene Weiter-entwicklungen der Modelle mit raumspezifischem Effekt vor, die diesem Umstand Rechnung tragen30.

In der vorliegenden Untersuchung soll jedoch ein alternativer Ansatz verfolgt werden. Die Zerlegung des Störterms

(

1,j 1 i2,,tj

)

t ,

i u

u +β in eine stochastische Kom-ponente und eine IneffizienzkomKom-ponente erfolgt dabei durch die Aufnahme von bisher vernachlässigten politökonomischen Variablen, die einen Erklärungs-gehalt in Bezug auf die kantonale Ineffizienz aufweisen. Diese Variablen sind in Gleichung (6-5) durch den Vektor Zi,t repräsentiert (vgl. Tabelle 6-3). Sie erfassen

• die Einflüsse der Finanzierungsseite des Budgets (Fiskalillusion: Staats-versagen und Entgelte, vgl. Abschnitt 4.7.5),

• die Einflüsse der Fragmentierung des Kantons (vgl. Abschnitt 4.7.4) so-wie

• den Einfluss des politischen Wettbewerbs im Kanton (vgl. Trechsel und Serdült, 1999, Feld und Matsusaka, 2003, Feld und Savioz, 1997).

Vor dem Hintergrund der politischen Ökonomie kann sowohl allokative Ineffizienz als auch inputorientierte Kostenineffizienz auf Staatsversagen zu-rückgeführt werden (vgl. Brennan und Buchanan, 1980). Niskanen (1971) betont, dass das Eigenleben der Bürokratie, die das Ziel der Budgetmaximierung verfolgt, zu einem Überangebot an öffentlichen Leistungen führt. Nach Migué und Bélanger (1974) nutzen Bürokraten diskretionäre Spielräume, in dem sie öffentliche Leistungen zu überhöhten Kosten bereitstellen. Leibenstein (1978) spricht in Bezug auf die Verletzung der Kosteneffizienz im öffentlichen Sektor

29 Werden die Querschnittsinformationen zwischen den Regionen ausgewertet (zeit-spezifisches FEM), so wird vom Between-Estimator gesprochen. Werden die Zeitreihen-informationen ausgewertet (raumspezifisches FEM) so ergibt sich der Within-Estimator.

30 Greene (2005) bezeichnet diese als True FEM und True REM (vgl. Farsi et al., 2006).

von X-Ineffizienzen. θ stellt den Vektor der zu Zi,t gehörenden Schätzkoeffi-zienten dar.

Tabelle 6-3

Variablen im Vektor Z

Der Term

(

1,j 1 i2,,tj

)

t ,

i u

u +β wird damit in die stochastische Komponente u4i,,tj und eine Unwirtschaftlichkeitskomponente θZi,t zerlegt. Durch Einsetzen von

(

2,j

)

i,t 4i,,tj t

, i 1 j , 1

t ,

i u Z u

u +β =θ + in Gleichung (6-4) ergibt sich

(6-5) ij,t

(

t

)

3 i,t V~i,t 2ln(DICHTEi,t) Zi,t u4i,,tj )

EINW ln(

d c ) AUSG

ln( = + +β +δ +β +θ + .

j , 4

t ,

ui wird im Sinne eines üblichen Störterms interpretiert. Der beschriebene Ansatz stellt eine Weiterentwicklung des zweistufigen Verfahrens dar, wie es u.a. De Borger und Kerstens (1996) anwenden und knüpft damit methodisch an Grossman et al. (1999) an. Coelli et al. (2000, S. 207) geben einen Überblick über verschiedene Untersuchungen, in deren Rahmen die Zerlegung des Störterms durch die Aufnahme weiterer erklärender Variablen in der Schätzung vorgenommen wird. Tabelle 6-4 weist die Ergebnisse der Schätzung aus.

Tabelle 6-4

Schätzung der Best Practice Frontier Zeitraum 1990-2002

Abhängige Variable: Pro-Kopf-Ausgaben insgesamt der Kantone und Gemeinden, in Preisen von 2000

(1) (2) (3) (4) (5) Vektor Z: Polit-ökonomische Einflüsse

GEM 0.070**

Cross-section specific term AR(1) AR(1) AR(1) AR(1)

Einwohnerelastizität 0.038 0.09 0.22 0.14 0.14

Gleichung (6-5) wird im Weiteren als Best Practice Frontier (BPF) inter-pretiert. Die BPF stellt einen Benchmark dar, der sich in jedem Zeitpunkt am besten Kanton orientiert und an dem alle anderen Kantone gemessen werden.

Die Interpretation von Gleichung (6-5) als Best Practice Frontier (BPF) setzt voraus, dass die Ineffizienzkomponente einseitig positiv definiert ist (vgl. Coelli et al., 2000, S. 185). Damit sich eine einseitig positive Ineffizienzkomponente ergibt, wird die Methode der „Corrected OLS“ (COLS) angewendet (vgl.

Winston, 1957 und Anhang A-4). Der kleinste Wert, den θZi,t in jedem

Zeit-punkt annimmt wird mit θZMINi,t bezeichnet und dem Wert θZi,t für alle Kantone hinzuaddiert. Damit gilt Z~ 0

Z

θ . Dieser Kanton ist per Definition im Zeitpunkt t zu 100 Prozent effizient in seinem Ausgabenverhalten. In ihm weicht ln(AUSGij,t) nur um die

In Abbildung 6-1 sind die tatsächlich getätigten kantonalen Pro-Kopf-Ausgaben und die ermittelte Best Practice Frontier (BPF) für das Jahr 2000 dargestellt.

Abbildung 6-1

Tatsächliche Pro-Kopf-Ausgaben und Best Practice Frontier (BPF) der Kantone und Gemeinden

Im Jahr 2002, in CHF

6.3.3. Der kantonale Abweichungsgrad