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2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN UND EMPIRISCHE VORARBEITEN

4.2 S TICHPROBENBESCHREIBUNG UND U NTERSUCHUNGSDESIGN

An der Erhebung nahmen 105 Personen (61 drogenabhängige Patienten und 44 Kontrollprobanden) im Alter von 18 bis 48 Jahren teil. Die Untersuchung der Suchtgruppe erfolgte in Kooperation mit der Station 19 des Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Berlin/Kladow.

Diese ist 1972 als Drogentherapiestation aus der ersten Berliner Drogentherapiekette hervorgegangen. Im Rahmen eines sog. „Motivierenden Drogenentzuges“ bietet die Station ihren Klienten einen niedrigschwelligen und qualifizierten Drogenentzug mit dem Ziel, nicht nur körperlich zu entgiften, sondern den Betroffenen auch Raum zu geben, nach Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Drogenleben zu suchen (Adlung et al. 1998).

Patienten werden überregional, in der Regel über Drogenberatungsstellen aufgenommen und nach Behandlungsabschluß in Therapie- und Nachsorge-einrichtungen in ganz Deutschland vermittelt.

Während die Betroffenen bei Aufnahme zwischen einem „kalten“ (nicht-medikamentösen) oder methadongestützten Entzug wählen können, wurden in die vorliegende Arbeit nur Individuen miteinbezogen, die sich für letztere Entgiftungs-alternative entschieden hatten.

Der Erhebungszeitraum der Studie erstreckte sich von Juli 2000 bis Juni 2002.

Nach umfassender Aufklärung wurden die konsekutiv aufgenommenen Patienten zunächst um ihre Einwilligung zur Studienteilnahme gebeten. Anschließend erhob die Stationsärztin eine eingehende Anamnese zu derzeitigen Beschwerden, bisherigem Drogenkonsum und Vorerkrankungen. Darauf folgte die körperliche Aufnahme-untersuchung sowie ein zwanzig-minütiger Aufmerksamkeitstest (CPT) mit gekoppelter Bewegungsmessung (Radaraktometer). Es wurde großer Wert darauf gelegt, diesen möglichst zu Behandlungsbeginn durchzuführen, wenn die Patienten noch keine akuten Entzugsymptome zeigten. Dadurch sollte das Auftreten konfundierender Symptome, wie z.B. motorische Unruhe aufgrund des Entzugs, während der Untersuchung minimiert werden. Zudem trug die klinisch erfahrene Versuchsleitung vor Ort dafür Sorge, dass sich die Probanden während des Tests nicht in entzugsbedingt agitiertem Zustand befanden.

Anschließend wurden die Interviewdaten zu Demographie, Substanzgebrauch und Psychopathologie erhoben. Darüber hinaus erfolgte ein regelmäßiges Drogenscreening mittels Urinproben, um zu kontrollieren, ob neben dem verabreichten Methadon noch weitere Suchtstoffe konsumiert wurden.

Als Einschlußkriterien für die Experimentalgruppe galten neben der deutschen Staatsangehörigkeit eine normale Intelligenz (IQ > 80; nach klinischer Einschätzung), die Volljährigkeit des Teilnehmers und eine Substanzabhängigkeit definiert nach

klinischer Diagnose. Weiterhin wurde gefordert, dass keine schweren internistischen oder neurologischen Erkrankungen vorliegen, die Symptome eines ADHS imitieren können (z.B. Schilddrüsenleiden, degenerative neuronale oder muskuläre Erkrankungen).

Aus der Gruppe der 61 untersuchten Drogenabhängigen schieden 4 Probanden aufgrund nicht ausgefüllter Fragebögen und 5 Probanden aufgrund frühzeitiger Entlassungen aus (3 disziplinarische Entlassungen wegen Drogenbesitz und 2 Entlassungen auf eigenen Wunsch wegen „Suchtdruck“). Zwei Teilnehmer empfanden den Aufmerksamkeitstest als zu anstrengend und bei einer Teilnehmerin lag eine Schildddrüsenerkrankung (M. Basedow) vor. Somit gehen in die Berechnungen der Experimentalgruppe 49 Personen ein.

Das Kontrollkollektiv wurde aus Klinikmitarbeitern der Charité, Studenten der Humboldt-Universität, „Call-Center“-Angestellten und sonstigen Interessenten rekrutiert. Die Untersuchung fand in den Räumen der kinder- und jugendpsychiatrischen Klinik, CVK der HU Berlin statt und den Teilnehmern wurde als Aufwandsentschädigung ein Entgelt von 25 Euro angeboten.

Nach Aufklärung und Studieneinwilligung erfolgte die Testdurchführung analog zur Experimentalgruppe mit CPT & Aktometermessung, Interviews und Urinanalyse. Die Gesamtuntersuchungsdauer betrug ca. zwei Stunden.

Neben oben genannten Einschlußkriterien wurde für die Kontrollgruppe im Gegensatz zur Suchtgruppe gefordert, dass weder eine Substanzabhängigkeit noch ein Missbrauch von Alkohol oder illegalen Drogen vorlag. Dies wurde mittels strukturiertem diagnostischen Interview erfragt und zudem durch ein objektives Drogenscreening (Urinanalyse) überprüft.

Von den 44 untersuchten Kontrollprobanden schieden insgesamt 3 Probanden aufgrund eines Drogenmissbrauchs (Kokain- und Alkoholmissbrauch sowie Cannabisabhängigkeit) aus sowie eine Probandin aufgrund einer Hashimoto-Thyreoiditis und Legasthenie. Damit standen 40 Vergleichsprobanden für die nachfolgenden Analysen zur Verfügung.

Eine Nikotinabhängigkeit galt in diesem Kontext nicht als Ausschlusskriterium, da unabhängig vom Tabakgenuss vor allem der Zusammenhang von ADHS und illegalem Drogenkonsum untersucht werden sollte.

Die Parallelisierung der Experimental- und Kontrollgruppe wurde unter Berücksichtigung der Merkmale Alter, Geschlecht und sozio-ökonomischer Status durchgeführt.

Bezüglich der genannten Eigenschaften konnten keine signifikanten Intergruppen-unterschiede festgestellt werden (Alter: F = 3.99, p = .30; Geschlecht: χ2 = 0.80, df = 1, p = .37; sozio-ökonomischer Status: χ2 = 3.53, df = 2, p = .17).

4.2.1 Altersverteilung

Die 49 drogenabhängigen Patienten waren zum Erhebungszeitpunkt im Durchschnitt 30 Jahre und 7 Monate alt (Standardabweichung 7 Jahre und 11 Monate). Um den Einsatz von verteilungsgebundenen Analyseverfahren zu legitimieren, wurde analog zur Vorstudie zunächst die Normalverteilungsvoraussetzung mittels Kolmogoroff-Smirnov-Anpassungstest (KSA-Test; Bortz & Lienert 1998) geprüft. Dieser ergab für die Kriteriumsgruppe Werte oberhalb der 5%-Irrtumswahrscheinlichkeit (KSZ = 0.5; p = .95). Demzufoge weicht die empirische Verteilung nicht signifikant von einer Normalverteilung ab und parametrische Tests können damit eingesetzt werden.

Die 40 Teilnehmer der Kontrollgruppe waren zum Untersuchungszeitpunkt genau 29 Jahre alt (SD = 6 Jahre und 2 Monate) und das KSA-Test Resultat bestätigte, dass die Normalverteilungsannahme auch für die Kontrollgruppe erfüllt ist (KSZ = 0.9; p = .30).

Somit werden die Voraussetzungen zur Durchführung eines Mittelwertvergleichs der beiden Stichproben in bezug auf das Alter als erfüllt angesehen.

Die Drogenabhängigen waren im Durchschnitt 1 Jahr und 7 Monate älter als die Teilnehmer der Kontrollgruppe. Dieser Altersunterschied ist jedoch laut t-Test nicht signifikant (F = 3.99; p = .30).

4.2.2 Geschlechterverteilung

Tabelle 9 zeigt die Geschlechterverteilung der beiden Vergleichsgruppen. Dabei sind in jeder Zelle oben die Anzahl der Studienteilnehmer und darunter die nach Chi-Quadrat Test (χ2) erwartete Häufigkeit, sowie die Gesamtprozentanteile dargestellt.

Tabelle 9: Kreuztabelle zur Geschlechterverteilung in der Hauptstudie

Geschlecht Sucht Kontrolle Gesamt %

männlich / Anzahl

Mit einem Signifikanzniveau deutlich über 5% bei der χ2-Berechnung (χ2 = 0.80; df = 1;

p = .37) wird bestätigt, dass sich Sucht- und Kontrollgruppe nicht signifikant voneinander unterscheiden. Hierbei waren nach Altman (1999) und Bortz u. Lienert (1998) die Kriterien für die Durchführung des χ2-Verfahrens gegeben (ngesamt > 60; 80%

der Zellen mit einer erwarteten Häufigkeit von > 5; keine Zellbesetzung mit erwarteter Häufigkeit < 1). Damit sind die Stichproben bezüglich des Geschlechts als hinreichend parallelisiert anzusehen.

4.2.3 Sozio-ökonomischer Status

Wie in der Vorstudie wurde der sozio-ökonomische Status in der Hauptstudie gemäß Kleining u. Moore’s 1968 veröffentlichten Fragebogen zur sozialen Selbsteinstufung bestimmt. Die Ergebnisse sind in der folgenden Kreuztabelle dargestellt:

Tabelle 10: Kreuztabelle zum sozio-ökonomischen Status in der Hauptstudie Sozio-ökonomischer Status Sucht Kontrolle Gesamt % Hausfrau/mann, ungelernte / Anzahl

Arbeiter, kleinste Selbständige / Erwartete Anzahl

13

Facharbeiter, einfache / Anzahl

Beamte/Angestelle/Selbst. / Erwartete Anzahl

22

Beamte/Angestellte/Selbst. / Erwartete Anzahl

11

Das nach Pearson ermittelte Chi-Quadrat von 3.53 mit einer Signifikanz von p = .17 lässt auf eine angemessene Parallelisierung der beiden Gruppen hinsichtlich des sozio-ökonomischen Status schließen. Wiederum waren die statistischen Voraussetzungen für die Anwendung eines χ2-Tests erfüllt.

2 Da drei Suchtpatienten keine Angaben zum sozio-ökonomischen Status ihrer Eltern machen konnte, ist die Anzahl in dieser Analyse 46 anstatt 49.