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Neben der lange bekannten Funktion von RNA als Informationsträger in Form von mRNA und in der Proteinbiosynthese in Form von tRNA und rRNA, kann RNA auch regulatorische Aufgaben wie z. B. bei der Expressionskontrolle von metabolischen Stoffwechselwegen [68], bei Stressantworten [69] oder Entwicklungsprozessen [70] übernehmen.

Regulatorische RNAs können in Bezug auf ihren Wirkungsort in zwei Kategorien aufgeteilt werden. Bei der einen Gruppe handelt es sich um co-transkribierte RNA (in cis) in Bezug auf ihren regulatorischen Wirkungsort (mRNA). Bei der zweiten Gruppe handelt es sich um unabhängig zu ihrem Wirkungsort transkribierte RNA (in trans) [71].

In cis transkribierte regulatorisch wirkende RNA-Elemente (cis-regulatorische RNA-Elemente) sind Bestandteil desselben RNA-Moleküls auf das sie regulatorisch einwirken. Dabei sind diese in der 5' -untranslatierten Region (5'UTR) eines mRNA-Transkripts lokalisiert [68]. Diese regulatorischen Einheiten können Strukturen annehmen, die auf Faktoren wie Temperatur,

unbeladene tRNAs, Proteine oder Assoziation mit einem Ribosom mit Änderung der Struktur reagieren und die Expression dahinter liegender Gene regulieren [72].

Eine prominente Gruppe der cis-regulatorischen Elemente sind Riboswitches [72].

Diese bestehen aus Aptameren und Expressionsplattform [73]. Aptamere der Riboswitches sind Strukturen zur Erkennung des Interaktionspartners und haben in etwa eine Größe von 70 bis 170 Nukleotiden (nt) [74]. Die Expressionsplattform reguliert die Genexpression und beherbergt oft einen intrinsischen Terminator, der bei entsprechender Konformation die Transkription der mRNA unterbindet [75]. Dabei ist der Riboswitch auf die Interaktion mit einfachen Molekülen ausgerichtet und benötigt kein Protein als Interaktionspartner [68].

In trans transkribierte regulatorisch wirkende RNA-Elemente (trans-regulatorische RNA-Elemente) können in Bezug auf ihren (trans-regulatorischen Wirkungsort sowohl in cis als auch in trans lokalisiert sein. Jedoch handelt es sich immer um eine separat transkribierte RNA, die mit keiner mRNA verbunden ist [71]. Trans-regulatorische RNA-Elemente haben in etwa eine Größe von 35 bis 200 nt und sind damit verhältnismäßig klein (small RNA = sRNA) [71, 76]. In Bezug auf ihre Interaktionspartner können sie aufgeteilt werden in Protein-interagierende und mRNA-Protein-interagierende sRNAs [73]. Durch die Interaktion von sRNAs mit Proteinen entziehen sie diese ihrer eigentlichen Aufgabe und entfalten dadurch ihre regulatorische Funktion [77–79]. Die Gruppe der sRNAs die mit mRNA interagiert kann weiter aufgeteilt werden in cis und trans lokalisierte sRNAs [73]. Cis lokalisierte sRNAs kodieren auf dem Gegenstrang ihrer Ziel-mRNA und haben dadurch einen hohen Anteil an komplementärer Fläche zu ihrem Interaktionspartner [73]. Am Beispiel von txpA und yonT, einem Toxin/Antitoxin System Typ I aus B. subtilis 168, konnte gezeigt werden, dass die Aktivität von cis lokalisierten sRNAs zum Abbau der sRNA-mRNA-Komplexe führt und damit die Expression von txpA und yonT reduziert wird [80]. Trans lokalisierte sRNAs sind weder mit ihrer Ziel-mRNA direkt verbunden noch sind diese auf dem Gegenstrang von dieser kodiert. Sie interagieren mit ihrer Ziel-mRNA mittels Basenpaarung [73]. In der Literatur erwähnte Beispiele von trans lokalisierten sRNAs haben oft eine kürzere Interaktionssequenz mit eingeschränkter Homologie zu ihrer Ziel-mRNA. In E. coli ist gezeigt worden, dass das Hfq Protein, ein RNA-Chaperon, eine entscheidende Rolle in der

Regulation durch diese RNA-Klasse spielt [73, 81]. Das Beispiel der Qrr1-5 sRNAs aus Vibrio harveyi zeigt, dass trans lokalisierte sRNAs mehrere Interaktionspartner haben können und dadurch fähig sind global zu regulieren [82].

Viele regulatorische RNAs blieben lange unentdeckt, da bei ihnen keine allgemeingültigen Kriterien, vergleichbar mit Start- und Stopcodon bei Protein-kodierenden Genen, vorliegen [83]. Nach der primären Beobachtung der intergenen Lokalisation von sRNAs in E. coli, wurde in diesen Bereichen systematisch mittels Bioinformatik nach Promotoren, Terminatoren und konservierten Strukturen gesucht, um Kandidaten für potentiell neue sRNA zu identifizieren [84]. Die gekoppelte Aufreinigung von sRNAs mit dem Hfq-Protein ermöglichte die experimentelle Erfassung von sRNAs [85, 86]. Jedoch blieb die letztgenannte Herangehensweise auf Organismen beschränkt, die ein Hfq Protein besitzen [81].

Bei den cis-regulatorischen Elementen wurden RNA-Switches früh beschrieben.

Diese erfüllten die frühen Konzepte eines proteinogenen Effektors, der eine bestimmte Schaltstruktur der RNA in der 5'UTR stabilisiert und damit reguliert.

Der PyrR-RNA- Switch ist ein Beispiel für diese Art von Regulator [87].

Die ersten Riboswitches sind im Rahmen von Genuntersuchungen als verlängerte 5'UTRs aufgefallen, die potentiell die Fähigkeit besitzen eine Sekundärstruktur auszubilden. Diese Sekundärstrukturen waren früh im Verdacht regulatorisch zu wirken, jedoch konnten keine Proteinregulatoren identifizieren werden [88].

Später stellte sich heraus, dass diese RNA-Sekundärstrukturen durch Interaktion oder nicht-Interaktion mit einem einfachen Metaboliten zwischen Transkription und Transkriptionstermination schalten können und damit ohne Beitrag eines Proteins regulatorisch wirken. Exemplarisch sei hier der Thiamin-Riboswitch und der Flavinmononukleotid (FMN) Riboswitch genannt [89, 90].

Mit den Mitteln der Bioinformatik wurden weiter cis-regulatorische RNAs erschlossen [91]. Hierbei wurden Sequenzabschnitte vor Protein-kodierenden Bereichen automatisiert auf potentielle Strukturen überprüft. Ist eine potentielle Struktur beobachtet worden, so wurde unter Zuhilfenahme orthologer Instanzen ein Alignement erstellt, das als Grundlage für die Erstellung eines Kovarianzmodells diente, mit dem wiederum effektiver nach weiteren Instanzen

eines cis-regulatorischen Elements im gleichen Genom, oder in anderer Arten, gesucht werden konnte [91–93].

Die Erstellung eines Transkriptoms mittels Sequenzierung und seine Auswertung eröffnen neue Möglichkeiten bei der Identifizierung regulatorischer RNAs. Der Vorteil gegenüber den vorrangehenden bioinformatischen Ansätzen ist die Tatsache, dass es sich um real in den Zellen vorliegende RNA handelt und nicht um deren Vorhersage. Durch das basengenaue Zuordnen der RNA-Sequenzen zu ihrem Ursprung im Genom kann die Lokalisation, Größe und der genomische Kontext ermittelt werden. Mit diesem Ansatz konnten viele nicht-kodierende RNAs erfolgreich in B. subtilis 168 identifiziert werden [71]. Im Rahmen des Projekts, in das auch diese Promotionsarbeit eingebettet ist, wurden Transkriptomsequenzdaten von B. licheniformis DSM13 erstellt und dadurch eine große Anzahl nicht-kodierender RNA-Elemente offen legte [94]. Die tiefergehende Auswertung dieser Daten und die experimentelle Analyse ausgewählter Kandidaten ist ein Bestandteil dieser Arbeit.