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Kreiszylinderschalen unter konstantem Axialdruck

2.1 Stand der Forschung

2.1.2 Ringversteifte Schalen unter Axialdruck

Sadowski und Wadee [Fajuyitan et al., 2017] Ergebnisse einer numerischen Studie an kurzen, biegebelasteten Kreiszylinderschalen mit einer Schweißimperfektion.

Peters und seine Co-Autoren [Peters et al., 2017] stellten beim Eurosteel 2017-Kongress eine Studie vor, die sich mit der Kalibrierung des Eurocode-Designmodells für biege-beanspruchte, dünnwandige Zylinder beschäftigte. Motiviert durch die vielfältigen und abweichenden Regelungen in aktuellen Normen, wurde eine neue Dimensionierungsvor-schrift auf Grundlage des Bemessungskonzepts mit Referenzwiderständen („Reference Resistance Design“) entwickelt. Das vorgestellte Modell ist bereits in der überarbeiten Norm [DIN EN 1993-1-6, 2017] enthalten.

Die Aufzählung nur weniger, ausgesuchter Beiträge Rotters zur Entwicklung der aktu-ellen Norm wird seinem Einfluss auf das aktuelle Regelwerk nicht gerecht. Zusammen mit seinen Co-Autoren ebnete er den Weg für ein modernes, zukunftsorientiertes Regel-werk, [DIN EN 1993-1-6, 2017], das die Brücke von den empirisch gewonnenen Abmin-derungskurven und deren numerische Erweiterung bis hin zu rein numerisch ermittelten Abminderungsfunktionen schlägt. Dabei ermöglicht die Norm vereinfachte Nachweise für eine schnelle und sichere Bemessung. Sie erlaubt darüber hinaus aber auch die Anwendung numerischer Methoden und gibt explizite Handlungsempfehlungen für die numerische Analyse. Neben seinem Engagement in der Normenentwicklung ist er Autor und Editor von

„Buckling of Thin Metal Shells“ [Rotter und Teng, 2004]. Zusammen mit den Mitgliedern der ArbeitsgruppeTWG 8.4 – Shells, leistete er wertvolle Beiträge für die Kommentierung von EN 1993-1-6 in den ECCS Recommendations [Schmidt und Rotter, 2015a].

2.1 Stand der Forschung 15

(a) Lokales Versagen bei großem Steifenabstand

(b) Globales Versagen bei engliegenden Steifen

Bild 2.9: Versagensformen ringversteifter Kreiszylinder aus [Singer, 2004]

publiziert, die sich mit Experimenten rund um das Thema der ringversteiften Kreiszylinder-schalen unter Axialdruck befassten. So beschäftigten sich Grove und Didriksen mit dem Beulverhalten ringversteifter Kreiszylinder unter Axialdruck und einer Querlast am oberen Schalenende [Grove und Didriksen, 1971]. Weitere Publikationen stammen zudem von Odland [Odland, 1981], der die Unterschiede geschweißter Probekörper gegenüber sorg-fältig maschinell gefertigter Proben herausstellte und Kawamoto [Kawamoto und Yuhura, 1986], der bei seinen Tests ausschließlich maschinell gefertigte Zylinder verwendete.

Für das Beulverhalten maßgebende Parameter, wie z.B. geometrische Abweichungen von der idealen Kreiszylinderform und Eigenspannungen, sind in den Dokumentationen der Experimente häufig nur ungenügend aufgeführt worden. Eine der wenigen Publikationen, die ausführlich dokumentierte Vermessungsergebnisse verfügbar machte, ist die Arbeit von Baker, Bennet und Babcook [Baker et al., 1982]. Sie untersuchten außermittig belastete Kreiszylinderschalen mit variablen Ringsteifenabständen auf deren Tragfähigkeit hin.

Ein Jahr später publizierten Baker und Bennet [Baker und Bennett, 1983] Versuche an ringversteiften Kreiszylindern mit versteiften Öffnungen.

Die rasante Weiterentwicklung der Bauweise im Luft- und Raumfahrtbereich, aber auch in der Offshore- bzw. Schifffahrtsindustrie, sorgte dafür, dass unversteifte Schalen von ring-, längs- oder kombiniert versteiften Bauweisen verdrängt wurden. Aufgrund der hohen Beanspruchungen durch Axialdruck, Biegung und Umfangsdruck kamen häufig engliegende Ringsteifen in Verbindung mit dicken Blechen zum Einsatz. Dies führte dazu, dass entweder nicht die Steife oder das Blech zuerst, isoliert betrachtet, versagte, sondern auch die Interaktion aus beiden Komponenten berücksichtigt werden musste. Es stellten sich regelmäßig entweder lokales Mantelbeulen (Bild 2.9a), globale Instabilität (Bild 2.9b) oder ein achsensymmetrischer, plastischer Kollaps als Versagensursache bei den Experimenten ein [Singer, 2004].

Schon 1967 beschrieb Singer in seinem Versuchsbericht [Singer, 1967b], dass sich, abhängig von der Geometrie, achsensymmetrische oder Schachbrettbeulmuster als Ver-sagensfigur zeigen können. Auch bei lokalem Versagen haben die Ringsteifen einen erkennbar versteifenden Effekt und kräftige Ringsteifen zwingen die Schale zum

achsen-symmetrischen Ausbeulen. Globales und lokales Versagen können interagieren und die erreichbare Traglast absenken.

Während Versuche an mittellangen Kreiszylinderschalen eine hohe Streuung der Re-sultate zeigen, lässt sich dies nicht auf Versuchsergbnisse von kurzen Zylinderschalen übertragen. Ein Grund dafür ist die typischerweise achsensymmetrische Versagensform, die, aufgrund des stabilen Nachbeulverhaltens, von Singer als nicht imperfektionssensitiv eingestuft wurde. Als zweiten Grund gab Singer den größeren Einfluss durch die Verdreh-behinderung an den Schalenrändern an. Ein beidseitig am Horizontalrand eingespannter Plattenstreifen, würde etwa die vierfache Verzweigungslast eines mittellangen, gelenkig gelagerten Kreiszylinders erreichen.

Nach Singer ließ sich, das bei unversteiften Schalen typische, Schachbrettbeulmuster im Nachbeulbereich bei weit versteiften Kreiszylindern mit torsionsweichen Ringsteifen ebenfalls beobachten (Bild 2.9a). Wenn die Steifen eine hohe Torsionssteifigkeit haben, ist es hingegen wahrscheinlich, dass eine lokale, achsensymmetrische Versagensfigur eintritt.

Globales Versagen ist typisch für dünnwandige, engringversteifte Zylinder mit weichen Ringsteifen. Kräftigere Blechdicken führen bei eng-, wie auch beliebig ringversteiften Kreiszylindern in der Regel zu einem achsensymetrischen Ausbeulen (Ringbeule). Innen-liegende Steifen begünstigen die Ausbildung von Schachbrettbeulen, wobei die positive Exzentrizität die Beullast gegenüber zentrisch versteiften Zylindern verringert. Bei außen-liegenden Steifen ist die Exzentrizität nahezu ohne Auswirkung, da die Kreiszylinderschale tendenziell mit einem achsensymmetrischen Beulmuster versagt. Die zugehörige Beullast lässt sich mittels Gl. 2.11 ermitteln.

Pcr= 2πt2E

p3 (1−ν2) 1 + rAst

astt

!

=Pcl

p1 +kst (2.11)

kst= Ast

astt (2.12)

ωrst = ast 1,73√

rt (2.13)

Exemplarisch werden die Testergebnisse aus Singers Bericht [Singer, 1967b] dargestellt.

Die Versuchsschalen wurden mit „MZ1“ bis „MZ18“ bezeichnet und sind in Tab. 2.2 zusammengestellt. Die Dünnwandigkeiten lagen bei etwa600≤r/t≤750, Ringverstei-fungsgradeksterreichten Werte zwischen 0,12 und 0,55 bei bezogenen Steifenabständen ωrst(Gl. 2.13) zwischen etwa 0,6 bis 1,2. Alle Versuchskörper versagten mit einem Schach-brettbeulmuster, exemplarisch gezeigt anhand von MZ-2 und MZ-3 (Bild 2.10). Während MZ-1 bis MZ-14 beim Versuch bis in ein tiefes plastisches Regime getestet wurden, wurde dies bei MZ-15 bis MZ-18 über ein Distanzstück verhindert. Bei der Entlastung der letzt-genannten Zylinder verschwanden die Beulen vollständig. Die anschließende, mehrfache Wiederholung der Belastung resultierte in konsequent weiter abnehmenden Traglasten.

Obwohl kein achsensymmetrisches Beulen erkennbar war, vermutete Singer, dass vor dem Einfallen der Schachbrettbeulen sich Ringbeulen ausbildeten, die aber aufgrund des plötzlichen Ausbeulens optisch nicht erkennbar gewesen wären. Seine Vermutung wurde von dem Verlauf der gemessenen Dehnung entlang einer Umfangslinie gestützt, die alle-samt auf eine achsensymmetrische Verformung hinwiesen. Er erkannte weiterhin, dass tendenziell die Traglast mit steigendem Steifenabstand abnimmt (Bild 2.11).

2.1 Stand der Forschung 17

(a) Modell MZ2 (b) Modell MZ3

Bild 2.10: Nachbeulverformung aus [Singer, 1967b]

Bild 2.11: Ringversteifte Zylinder mit weiten Steifenabständen aus [Singer, 1967b]

Das Tragverhalten ringversteifter Kreiszylinderschalen lässt sich nach Singer [Singer, 1967b] über das Verhältnis aus Ringsteifenflächche zum Steifenabstand und der Scha-lenwanddicke zutreffend beschreiben (Gl. 2.12). Dieses Verhältnis wird im Folgenden Ringparameterbzw.Ringversteifungsgrad bezeichnet. In seinen Veröffentlichungen ver-wendete Singer den ParameterA2/ahals Ausdruck für den Ringparameter undρfür das Verhältnis aus experimentell erreichtem WiderstandFexp zur „klassischen“ Verzweigungs-lastFcl(ρwird im aktuelleren Schrifttum als Knockdown-Faktorαbezeichnet).

Mit steigendem Ringparameter nimmt der Widerstand versteifter Schalen deutlich zu, wie sich im Bild 2.12 erkennen lässt. Schon geringe Ringversteifungsgrade reichen aus, um, gegenüber unversteiften Kreiszylinderschalen, deutliche Verbesserungen des Tragwi-derstands zu erzielen. Wenn die Ringsteifen den selben Querschnitt, wie der zugehörige

Tabelle 2.2: Ringversteifte Kreiszylinder unter Axialdruck, Versuche aus [Singer, 1967b]

Modell r t l bst tst ast kst E fy σexp

[mm] [mm] [mm] [mm] [mm] [mm] [MPa] [MPa] [MPa]

MZ-1 175.6 0.283 200.0 1.007 1.504 10.000 0.535 200000 500 162 MZ-2 175.6 0.280 200.0 1.019 1.500 10.000 0.546 200000 500 203 MZ-3 175.6 0.285 200.0 1.032 1.495 15.000 0.361 200000 500 188 MZ-4 175.6 0.284 200.0 1.032 1.496 15.000 0.362 200000 500 190 MZ-5 175.6 0.274 200.0 0.581 1.231 7.000 0.373 200000 500 201 MZ-6 175.6 0.253 200.0 0.597 1.201 7.000 0.405 200000 500 162 MZ-7 175.6 0.268 200.0 0.836 1.196 10.000 0.373 200000 500 158 MZ-8 175.6 0.258 200.0 0.795 1.201 10.000 0.370 200000 500 155 MZ-9 175.6 0.281 200.0 0.444 1.201 7.000 0.271 200000 500 186 MZ-10 175.6 0.281 200.0 0.444 1.201 7.000 0.271 200000 500 202 MZ-11 175.6 0.271 200.0 0.455 1.203 10.000 0.202 200000 500 172 MZ-12 175.6 0.270 200.0 0.448 1.193 10.000 0.198 200000 500 148 MZ-13 175.6 0.246 200.0 0.625 1.199 7.000 0.435 200000 500 198 MZ-14 175.6 0.236 200.0 0.293 1.190 7.000 0.211 200000 500 121 MZ-15 175.6 0.249 200.0 0.254 1.294 8.000 0.165 200000 500 140 MZ-16 175.6 0.295 200.0 0.224 1.296 8.000 0.123 200000 500 183 MZ-17 175.6 0.255 200.0 0.449 1.199 8.000 0.264 200000 500 165 MZ-18 175.6 0.245 200.0 0.534 1.204 8.000 0.328 200000 500 134

Bild 2.12: Knockdown-Faktor abhängig vom Ringparameter nach [Singer, 2004]

Bereich des versteiften Mantelbleches haben, kann der Kreiszylinder mindestens etwa achtzig Prozent der Verzweigungslast aufnehmen, ehe ein Versagen eintritt.

Singer [Singer, 2004] erkannte, dass die Imperfektionsempfindlichkeit versteifter Scha-len noch immer deutlich erkennbar, wohl aber sehr viel geringer als die von unversteiften Schalen ist. Die verringerte Sensitivität erklärte er mit der fehlenden Clusterung der Eigen-werte. Während bei unversteiften Kreiszylindern viele verschiedene mögliche Beulmuster

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Bild 2.13: Nachbeulverformung von Silo I aus [Wirth, 2008]

bei der nahezu identischen Last ein Versagen initiieren können, begrenzen Längs- und Ringsteifen die möglichen Versagensmodi.

Mit seinen Buchkapiteln in [Singer et al., 2002] und [Singer, 2004] gab er wertvolle Hin-tergrundinformationen zur Experimentvorbereitung und -durchführung mit ringversteiften Schalen und stellte den aktuellen Stand des Wissens umfassend zusammen.

Eine Zusammenstellung vieler Versuchsergebnisse ist in [Barlag, 2003] zu finden.

Barlag beschäftigte sich mit der Nachweisführung versteifter Kreiszylinderschalen anhand verschiedener Regelwerke. In dem kurzen Kapitel zur axialdruckbelasteten, ringversteiften Schale beschrieb sie, dass sich sowohl mit den DNV-Rules [DNV-OS-C101, 1982], als auch mit dem API-Bulletin [API Bull 2U, 1987] das verbesserte Tragverhalten berücksichtigen lässt. Hingegen lassen weder [DASt-Ri 013, 1980], [DASt-Ri 017, 1992], [DIN 18800-4, 1990] noch die ECCS-Reccomendations [ECCS Rec. 4th Ed., 1988] eine spezifische Aussage hinsichtlich axialdruckbelasteter, ringversteifter Kreiszylinderschalen zu. Sie stellte die Beul-Abminderungskurven von [DIN 18800-4, 1990] den Versuchsergebnissen gegenüber und zeigte die ausgeprägte Konservativität des Regelwerks hinsichtlich ring-versteifter Kreiszylinderschalen.

Eher am Rande beschäftigte sich Wirth [Wirth, 2008] mit ringversteiften Schalen, als er Versuche an kleinmaßstäblichen, spiralgefalzten Lipp-Silos unter Axialdruck nachvollzog und die Eignung von [DIN EN 1993-1-6, 2007] für die Bemessung von Kreiszylinder-schalen unter Axialdruck überprüfte. Aufgrund der Geometrie (großer Steifenabstand von etwa 390 mm bei 1,5 mm (Silo I) bzw. 2,5 mm (Silo II) Blechdicke und einer Stei-fenquerschnittsfläche von etwa 180 mm² für Silo I bzw. 300 mm² beim Silo II) war ein geringer Einfluss der Ringsteifen zu erwarten. Wirth unterstellte für seine Berechnungen, dass die Falze ausreichend steif sind, um als Beulsteife zu wirken. Die ausschließlich ringversteiften Silos I und II versagten durch lokales Beulen unmittelbar unterhalb des Doppelfalzes (Bilder 2.13 und 2.14).

Bild 2.14: Nachbeulverformung von Silo II aus [Wirth, 2008]