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1.6. Tyrosinase-Inhibitoren

1.6.1. Reversible Inhibitoren

Diese „echten Inhibitoren“ lassen sich wiederum nach der Art des Hemm-Mechanismus unterscheiden: a.) kompetitiv b.) unkompetitiv c.) nicht-kompetitiv und d.) Mischtyp (kompetitiv/unkompetitiv) (Abb. 12).

Abb. 12 Reaktionsmechanismen der „echten“, reversibel bindenden Inhibitoren der Tyrosinase [modifiziert nach Chang].[78]

E = Tyrosinase, S = Substrat, P = Produkt der Katalyse, Inh. = Inhibitor, ES = Enzym-Substrat-Komplex, ESI = Enzym-Substrat-Inhibitor-Komplex, EI = Enzym-Inhibitor-Komplex.

Beim unkompetitiven Mechanismus kann der Inhibitor nur an den Enzym-Substrat-Komplex (ES) binden, während bei kompetitiver Hemmung nur die Bindung an das freie Enzym möglich ist. Der Inhibitor und das Substrat konkurrieren bei kompetitiver Hemmung um dieselbe Bindungsstelle. Als kompetitive Inhibitoren kommen Kupfer-chelatoren oder nicht metabolisierbare Derivate des Substrates in Frage. Beim Mischtyp ist der Inhibitor in der Lage sowohl an das freie Enzym als auch an den En-zym-Substrat-Komplex zu binden. Die Geschwindigkeitskonstanten für die Bindung an das freie Enzym bzw. den Enzym-Substrat-Komplex sind jedoch unterschiedlich.

Bei der nicht-kompetitiven Hemmung handelt es sich um einen Spezialfall des Misch-typs, da die Bindung des Inhibitors dort mit derselben Geschwindigkeitskonstante (k2

= k4) erfolgt.

Bei den meisten der bekannten, reversiblen Tyrosinase-Inhibitoren handelt es sich um Phenol- oder Catecholderivate, die als Substratanaloga an das Enzym binden, aber von diesem nachfolgend nicht umgesetzt werden können. Diese Hemmstoffe sollen im folgenden anhand ihrer funktionellen Gruppen eingeteilt werden.[79]

Zu den bekanntesten und wirksamsten Tyrosinase-Inhibitoren gehören die Kojisäure (12), das Tropolon (13)[95] und die Aminosäure (L)-Mimosin (15).[96] Alle drei Verbin-dungen haben als gemeinsames Strukturmerkmal eine α-Hydroxy-Ketogruppe, die sich, entsprechend der Struktur von (L)-DOPA (2), an einem Ringsystem befindet und für die Bindung an das Di-Kupferzentrum verantwortlich ist (Abb. 13).

O O HO

OH

O OH

N O HO

OH O

Kojisäure (12) Tropolon (13) L-Mimosin (15)

O OH

-Thujaplicin (14)

NH2

Abb. 13 Reversible Tyrosinase-Inhibitoren mit α-Hydroxy-Ketogruppe [rot markiert].

Von der Kojisäure (12) ist bekannt, dass sie in ihrer Funktion als Kupferchelator die Diphenolase-Aktivität der Tyrosinase inhibiert.[97] Darüberhinaus wirkt sie auch als Antioxidant und reduziert DOPAchinon (3) zurück zu (L)-DOPA (2).[98]

Eine kosmetische Behandlung mit Kojisäure (12) führt außerdem bei den Melano-zyten zum Verlust ihrer dendritischen Fortsätze sowie zu einer Verringerung ihres Melaningehaltes.[99] Trotz dieser Multifunktionalität als Depigmentierungsreagenz eignet sich Kojisäure nicht für eine tägliche Anwendung als „Skin-Whitner“, da als Nebenwirkungen Hautreizungen und Kontaktekzeme auftreten können.[100]

Ähnliche strukturelle Eigenschaften wie Kojisäure (12) oder Tropolon (13) besitzen auch Hydrochinon (16) und Resorcinol (17) bzw. deren jeweilige Derivate, die nicht benachbarte Hydroxylgruppen am aromatischen Ring tragen. Beispiele für Derivate der Resorcinol (17), die als Inhibitoren der Tyrosinase fungieren, sind Butyl- (18) bzw. Hexylresorcinol (19) (Abb. 14).[89]

HO OH

Hydrochinon (16)

HO

OH

Resorcinol (17)

OH HO

Butylresorcinol (18)

OH HO

Hexylresorcinol (19) Abb. 14 Struktur von Hydrochinon (16) und Resorcinol (17) sowie zweier Derivate 18 und

19, die als Tyrosinase-Inhibitoren wirken.

Die für die Bindung an das katalytische Zentrum der Tyrosinase verantwortliche funktionelle Gruppe ist rot markiert.

Hydrochinon (16) war lange eine, in fast allen kosmetischen Produkten zur Hautauf-hellung vertretene Substanz, da sie als einer der potentesten Inhibitoren der Melano-genese (in vitro und in vivo) galt. Hydrochinon verringerte die Aktivität der Tyrosinase um fast 90%[101] und reduziert sowohl die DNA- als auch die RNA-Synthese des En-zyms.[102, 103]

Der Nachteil von Hydrochinon liegt in seinem hohen zytotoxischen Potential, das sich zwar hauptsächlich auf die Melanozyten beschränkt, in hohen Dosen jedoch auch Zellen absterben lässt, die nicht an der Melanogenese beteiligt sind.[104] Darüber-hinaus kommt es bei häufiger, hochdosierter Anwendung zu Hautirritationen, Kon-takt-Dermatitis und schwer zu behandelnder exogener Ochronose.[105, 106] Obwohl diese Hautprobleme bei „normaler“ Anwendung äußerst selten auftreten, würden in Ländern, in denen helle Haut als Schönheitsideal angestrebt wird, bei langfristiger, hochdosierter Behandlung diese ernsten Nebenwirkungen auftreten.[105]

Da Hydrochinon aufgrund seiner Nebenwirkungen an Marktwert verloren hat, ist Rucinol (18) das derzeit effektivste Depigmentierungsreagenz im Handel. Es wird seit 2005 von der Firma Merck unter dem Namen IKLEN vertrieben.

Obwohl Kojisäure (12), Tropolon (13) und (L)-Mimosin (15) aufgrund ihrer Nebenwir-kungen nicht universell als Kosmetika zur Hautaufhellung eingesetzt werden können, dienen sie in der Literatur häufig als Positivkontrolle zum Vergleich der Inhibitorstärke von neuen Substanzen.

Zur größten Gruppe der aus Pflanzen extrahierten Stoffe zur Hautaufhellung gehören die Polyphenole, die, wie die in Abb. 14 dargestellten Inhibitoren, zwei Sauerstoff-atome nebeneinander tragen und als Substratanaloga an das Enzym binden. Durch Bildung tautomerer Strukturen können sie mit beiden Substraten der Tyrosinase kompetitiv um die Bindung an das aktive Zentrum konkurrieren.

Zu diesen Polyphenolen gehören neben Chalconen und Catechinen unter anderem die Flavonoide, welche sich wiederum in fünf Untergruppen einteilen lassen: 1. Fla-vone 2. Flavonole 3. Flavanone 4. Flavanole 5. Isoflavonoide. Außer diesen Verbin-dungen gehören auch andere polyphenolische Substanzen zu den potentiellen Inhi-bitoren der humanen Tyrosinase. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Derivate von Stilben und Coumarin.[79]

Weitere aus Pflanzen isolierte Tyrosinase-Inhibitoren beinhalten Benzoesäure und verschiedene ihrer Derivate oder Benzaldehyd-Derivate, Anissäure, Anisaldehyd so-wie Zimtsäure und ihre entsprechenden Derivate. Es ist bekannt, dass die Aldehyd-Gruppe in der Lage ist mit biologisch wichtigen Aldehyd-Gruppen wie Sulfhydrylen, Aminen oder Hydroxyl-Gruppen zu interagieren, indem sie z. B. mit ihnen eine Schiffsche-Base bildet.[107, 108]

Die ebenfalls in diesem Zusammenhang zu nennenden Ester der Benzoesäure che-latisieren die Kupferatome des aktiven Zentrums. Diese Benzoate werden auch als typische HA-Typ-Säure-Inhibitoren bezeichnet, da die Interaktion zwischen dem akti-ven Zentrum bzw. dessen Kupferatomen nur mit der nicht ionischen Form des Inhibi-tors stattfinden kann. Keiner der bis dato gewonnenen pflanzlichen Tyrosinase-Inhibitoren weist jedoch stärke Inhibitor-Aktivität auf als die des Standards Kojisäure.

Neben den Pflanzenextrakten gibt es eine Reihe kleinerer Moleküle, die synthetisch zugänglich sind und ebenfalls als depigmentierende Reagenzien dienen sollen bzw.

könnten.

Zu den schwefelhaltigen Komponenten zählt der gut bekannte Inhibitor N-Phenyl-thioharnstoff (20) (Abb. 15),[109, 110] der die Diphenolase-Aktivität bei Kupfer-Binde-proteinen vom Typ III hemmt.

NH S H2N

20

Abb. 15 N-Phenylthioharnstoff (PTU) (20).

Die mit dem aktiven Zentrum der humanen Tyrosinase wechselwirkende Gruppe ist rot markiert.

Eine Analyse des Dikupferzentrums der Tyrosinase mit gebundenem N-Phenyl-thioharnstoff (20) zeigte, dass das Schwefelatom den in der oxy-Tyrosinase als Pe-roxid gebundenen Sauerstoff aus dem aktiven Zentrum verdrängt. Darüberhinaus binden die amidischen Stickstoffatome schwach, in einer Distanz von ca. 2.6 Å an Cu-B.[111] Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass PTU 20 auch für einen vermehrten proteasomen-unabhängigen Abbau der Tyrosinase sorgt.[112] Die Arbeits-gruppen um Criton und Le Mellay-Hamon synthetisierten eine Reihe von Derivaten des Phenylthioharnstoffes und untersuchten diese auf ihre Hemmung bezüglich der Diphenolase-Aktivität bei der Pilztyrosinase. Sie fanden heraus, dass durch Aus-tausch der Aminofunktion gegen eine Hydroxylamin-Gruppe eine Verbindung 21 (Abb. 16) entsteht, die einen deutlich effektiveren Inhibitor als Phenylthioharnstoff (20) darstellt.[113]

HN S HN

OH

21

Abb. 16 Struktur des in der Arbeitsgruppe um Criton und Le Mellay-Hamon entwickelten

Tyrosinase-Inhibitors 21.

Für eine andere Studie synthetisierten die gleichen Arbeitsgruppen durch Umsetzung von Zimtsäure mit Phenylalkylaminen N-(Phenylalkyl)zimtsäureamide (Abb. 17), von

denen zwei Substanzen, 22 und 23, eine höhere Inhibitoraktivität als Kojisäure (12) oder Hydrochinon (16) zeigten.[114]

NH O

HO

NH O

HO

HO OH

O O HO

OH

Tyrosinase Inhibition IC50 [mM]

0.03

0.028

0.037

0.075

Kojisäure (12) Hydrochinon (16)

22

23

Abb. 17 Ausgewählte Beispiele zweier N-(Phenylalkyl)zimtsäureamide 22 und 23.

Für die aufgeführten Derivate 22 und 23 der Zimtsäure wurden im Pilztyrosinase-Assay niedrigere IC50-Werte gemessen als für die Standards (12) und (16).

In ähnlicher Weise stellten Kang et al. eine Komponentenserie her, die die Strukturen zweier möglicher Tyrosinase-Inhibitoren, der Kojisäure (12) und der Kaffeesäure, vereinigt. Die neu gewonnen Inhibitoren zeigten Antidiphenolase-Aktivität, die mit derjenigen der Kojisäure (12) zwar vergleichbar war, jedoch zeigten sie auch höhere Depigmentierungs-Aktivität in den Melanosomen.[115]

Darüberhinaus synthetisierte die Gruppe um Shino et al. N-substituierte N-Nitroso-hydroxylamine als Strukturanaloga von Cupferon (28) (Abb. 18), deren Inhibitoraktivi-tät jedoch nur an der Pilztyrosinase gemessen wurde.[116]

N N O

O N N

O

O N N

O

O N N

O O

IC50 [mM] 0.6 1.1 1.2 1.3

N N O O

1.1

24 25 26 27 28

Abb. 18 Ausgewählte Beispiele 24-27 der durch Shino et al.synthetisierten Derivate von Cupferon (28).[116]

Die IC50-Werte wurden in einem Pilztyrosinase-Assay bestimmt und mit Cupferon (28) als Standard verglichen.

Cuperferon (28) zählt aufgrund seiner beiden benachbarten NO-Gruppen zu den Me-tall-Chelatisierungsreagenzien und hemmt kompetitiv sowohl die Mono- als auch die Diphenolase-Aktivität der humanen Tyrosinase. Seine Derivate Neocupferon (29), Dopastin (30) und die N-substituierten Nitrosohydroxylamine 24-27 (s. Abb. 18) inhi-bieren das Enzym ebenfalls durch Interaktion mit den Kupferionen des aktiven Zent-rums (Abb. 19).[117]

N N O

O N N

O O

N N O O

NH O

Cupferon (28) Neocupferon (29) Dopastin (30)

Abb. 19 Struktur der Cupferonderivates Neocupferon (29) und von Dopastin (30).[116]

Cupferon (28) zählt zu den bekanntesten Inhibitoren der humanen Tyrosinase. Für seine Derivate (29) und (30) zeigte die Gruppe um Shino, dass sie die Aktivität der Pilztyrosinase entscheidend hemmen können. Daten zu Testungen an der humanen Tyrosinase liegen noch nicht vor. Die für die Bindung an die Kupferionen im aktiven Zentrum verantwortliche funktionelle Gruppe ist rot markiert.

Weiterführende Untersuchungen von Shino et al. ergaben in diesem Zusammen-hang, dass beide funktionelle Gruppen (die Nitroso- und die Hydroxylaminofunktion)

für die Chelatisierung essentiell sind. Wird einer der beiden Gruppen entfernt, verrin-gert sich die Inhibitoraktivität deutlich.[118, 119]

Beim Vergleich aller hier aufgeführten reversiblen Tyrosinase-Inhibitoren ist festzu-stellen, dass sie ähnliche Strukturmerkmale aufweisen: eine kupferkoordinierende Kopfgruppe, die sich an einem aromatischen Ringsystem befindet. Bei allen Verbin-dungen beruht die Wirkung auf der Interaktion mit den Kupferionen des aktiven Zentrums. Dagegen sind wenige funktionelle Gruppen für Wechselwirkungen mit den Aminosäureresten in der Substratbindetasche vorhanden.