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5. Malaria

5.1. Die Parasiten

Malaria wird durch den Biss eines infizierten, weiblichen Moskitos der Gattung Anopheles übertragen. Von insgesamt 400 bekannten Spezies, sind 60 unter natürli-chen Umweltbedingungen Vektoren (= Überträger). Bei den Malaria-Parasiten handelt es sich um einzellige Eukaryoten (Protozoen) der Gattung Plas-modium. Von den über 100 verschiedenen Plasmodien-Arten sind nur die vier fol-genden Malariaparasiten des Menschen: Plasmodium falciparum, Plasmodium vivax, Plasmodium ovale und Plasmodium malariae. Diese vier Spezies unterscheiden sich

sowohl morphologisch, immunologisch, in ihrer geographischen Verteilung und in der Häufigkeit der Krankheitsrückfällen sowie in der Art ihrer therapeutischen Behand-lung.[142, 146]

Aufgrund der Unterschiede in der klinischen Symptomatik unterscheidet man drei verschiedene Malariaformen (Tab. 38).

Tab. 38 Die drei verschiedenen Arten der humanen Malaria und ihre Erreger.

Malariaform Erreger

Malaria quartana Plasmodium malariae Malaria tertiana Plasmodium ovale und vivax

Malaria tropica Plasmodium falciparum

Plasmodium falciparum (P. falciparum) ist der gefährlichste der vier Parasiten und die vorherrschende Spezies im subsaharischen Afrika, aber auch in vielen Regionen Südostasiens und Lateinamerikas.[147] Er bringt einen problematischen Krankheits-verlauf mit sich, der nicht selten, besonders bei Kleinkindern und Schwangeren, zum Tode führt. Zu den die Infektion begleitenden Komplikationen zählen beispielsweise schwere Anämie, zerebrale Malaria sowie respiratorische Komplikationen und Nierenversagen.[143]

Zu den weltweit verbreiteten Erregern zählen Plasmodium malariae (P. malariae), mit einer verhältnismäßig niedrigen Anzahl an Infektionsfällen, und Plasmodium vivax (P.

vivax), der besonders häufig in Indien, Südostasien und Südamerika auftritt.[145] Bei Infektion mit den Erregern sprach man in beiden Fällen von einer „gutartigen“ Form der Malaria, da ihre Verlaufsformen meist als komplikationslos angesehen wurde. In letzter Zeit musste diese Haltung aber für Infektionen mit P. vivax revidiert werden.

Neuere Studien zeigten, dass in Indien tödliche Verläufe bei Malaria tropica und P. vivax-Malaria mit gleicher Häufigkeit auftreten.

Plasmodium ovale (P. ovale) unterscheidet sich von den anderen drei Erregern züglich seiner Verbreitung dadurch, dass er sich hauptsächlich auf Westafrika be-schränkt. Allerdings wird auch von Infektionen aus dem Mittleren Osten, dem indi-schen Subkontinent und Südostasien berichtet.

Die Besonderheit bei P. ovale und vivax ist, dass sie sogenannte Hypnozoiten bilden, die für mehrere Wochen, Monate oder sogar bis zu fünf Jahren in der Leber verblei-ben können, bevor sie durch einen unbekannten Stimulus die unterbrochene

Ent-wicklung zu Schizonten wieder aufnehmen. Sie stellen die Grundlage für die nach der Initialinfektion immer wieder auftretenden charakteristischen Rückfälle dar. Die Bildung von Hypnozoiten ist bei P. vivax ausgeprägter als bei P. ovale.[143]

5.1.1. Der Lebenszyklus der Malaria-Parasiten

Der Lebenszyklus der Protozoen ist sehr komplex und der Parasit benötigt dabei speziell für ihn exprimierte Proteine, um in seinem Wirt überleben zu können. Diese Proteine spielen sowohl beim intra- wie extrazellulären Überleben, bei der Invasion der Wirtszellen wie auch zur Unterdrückung der Immunantwort des Wirtes eine Rolle.

Während ihres Entwicklungszyklus durchlaufen die Plasmodien verschiedene Pha-sen. Man unterscheidet die geschlechtliche Vermehrung (Gamogonie) [rot darges-tellt] im Endwirt, der Anopheles-Mücke, von den zwei Stadien der ungeschlechtlichen Phase (Schizogonie) im menschlichen Zwischenwirt [blau dargestellt] (Abb. 164).[143]

Abb. 164 Der Lebenszyklus der Plasmodien im Menschen und der Anopheles-Mücke.[139]

5.1.2. Vermehrung im Menschen (asexuelle Phase / Schizogonie) 5.1.2.1. Exo-erythrozytäre SchizogonieAA

Nachdem der Mensch von einer infizierten Anopheles-Mücke gestochen wurde, son-dert sie mit Speichel und Gerinnungshemmer ca. 10-15 Sporozoiten ab.[139] Noch vor wenigen Jahren wurde angenommen, dass die so übertragenen Sporozoiten sich relativ schnell von der Einstichstelle entfernen. Neuere Studien mit Plasmodium yoelii, einer Parasitenspezies von Nagern, als Modellsystem zeigen jedoch, dass der Großteil der Sporozoiten in der Nähe des Übertragungsortes bleibt und erst langsam in die Blutbahn übergeht.[148]

Sobald die Parasiten in den Blutkreislauf eingedrungen sind, gelangen sie kurz darauf zur Leber. Dort dringen sie in die Hepatozyten ein, in denen sie entweder als Hypnozoiten (bei P. vivax und P. ovale) in einem Ruhezustand verbleiben oder die erste ungeschlechtliche Vermehrung (exo-erythrozytäre Schizogonie) durchlaufen.

Dabei verwandelt sich der Parasit zuerst in eine Gewebsform (Trophozoit), beginnt mit multiplen Kernteilungen und vergrößert sich innerhalb von 9-16 Tagen zur näch-sten Zwischenstufe, den sogenannten Leberschizonten (40-60 µm). Jeder Schizont enthält nach diesem Reifungsprozess ca. 10.000-30.000 Merozoiten, die bei der Ly-se der Teilungsformen aus der Leber direkt in die Blutbahn freigeLy-setzt werden und dort die Erythrozyten befallen.[143, 149, 150]

Um zu garantieren, dass die Merozoiten auf ihrem Weg in und durch den Blutkreis-lauf nicht vom Immunsystem des Wirtes abgetötet werden, „manipulieren“ die Parasi-ten die Wirtszellen in der Leber. Diese „Manipulation“ zeigt sich darin, dass die Leberzellen Merosome produzieren, die als Transportmittel für die Merozoiten dienen und so die Immunantwort umgehen sowie die Parasiten direkt in die Blutbahn ein-schleusen.[150]

Die Zeit, die für die Entwicklung in der Leber benötigt wird, ist von der infektiösen Spezies abhängig. Bei P. falciparum dauert die Phase 8-25 Tage, bei P. vivax 9-27 Tage, 9-17 Tage bei P. ovale und 15-30 Tage bei Malaria quartana. Dieser Zeitraum wird auch als Präpatenz bezeichnet.[143]

5.1.2.2. Erythrozytäre SchizogonieBB

Die in die Blutbahn entlassenen Merozoiten befallen die Erythrozyten, ernähren sich von deren Hämoglobin und entwickeln sich über das Zwischenstadium der Tropho-zoiten zu Blutschizonten.

Der junge Trophozoit wird aufgrund seiner charakteristischen Morphologie auch häufig als Ringform bezeichnet. Seine Prozessierung wird von einer großen metabo-lischen Aktivität begleitet, bei der große Mengen an Glukose abgebaut, Zytoplasma des Wirtes aufgenommen und das Hämoglobin der Erythrozyten in der Nahrungs-vakuole des Parasiten zu kleinen Peptiden und möglicherweise Aminosäuren proteolysiert werden. Das Ende dieses Abschnittes des Vermehrungszyklus wird durch die Bildung von Blutschizonten gekennzeichnet, die aus den Trophozoiten durch mehrmalige Kernteilung ohne Zytokinese hervorgehen.[151]

Bei Malaria tropica tritt bezüglich dieses Entwicklungsabschnitts die charakteristische Besonderheit auf, dass im peripheren Blut, im Gegensatz zu den anderen Malaria-Arten, nur Erythrozyten mit Ringformen zu finden sind. Alle Wirtzellen mit weiter entwickelten Stadien sind wegen der Bindung an die Endothelzellen der Blutkapilla-ren „versteckt“ und entgehen damit der Zerstörung in der Milz.[152]

Jeder (Blut-)Schizont kann im Durchschnitt acht bis zwölf Merozoiten freisetzen; bei P. falciparum sogar bis zu 32. Nach Lyse der parasitierten roten Blutkörperchen (hämolytische Anämie) befallen die freigewordenen Merozoiten[139] weitere Erythro-zyten und ein neuer asexueller Vermehrungszyklus beginnt. Dieser sich wiederho-lende intra-erythrozytäre Zyklus dauert je nach vorhandenem Parasiten unterschied-lich lange. Bei Infektion mit P. falciparum, vivax oder ovale dauert er 48 h, während bei P. malariae bis zu 72 h vergehen. Eine geringe Zahl von Merozoiten differenziert zu Geschlechtsformen, den Gametozyten, wobei die männlichen Mikrogametozyten und die weiblichen Makrogametozyten genannt werden. Ihre Aufgabe ist die Über-tragung der Infektion auf einen neuen Zwischenwirt mittels der Anopheles-Mücke.

Normalerweise werden erst mehrere Zyklen der asexuellen, exo-erythrozytären Schi-zogonie durchlaufen, bevor die Gametozyten gebildet werden. Bei Malaria tropica z. B. dauert die Gametozytogenese 10-12 Tage, während sie bei P. vivax und ovale bereits nach dem fünften Tag einsetzt und sehr große Mengen an Gametozyten

her-vorbringt. Bei Infektion mit P. malariae ist der Beginn der Gametozytogenese auf 5-23 Tage nach Erstinfektion ausgedehnt.[143]

5.1.3. Vermehrung in der MückeCC 5.1.3.1. Sexuelle Phase/Sporogonie

Beim erneuten Stich einer Mücke werden die sexuell differenzierten Gametozyten mit dem Blutmahl aufgenommen und entwickeln sich in ihrem Darm anschließend in die sogenannten Gameten. Nach der Befruchtung des Makro- durch die Mikrogamete entsteht die Zygote. Diese verändert sich, nimmt eine längliche Form an und wird motil (= beweglich); diese Zelle heißt nun Ookinet (Grösse: 18 x 3 µm). Der Ookinet lagert sich zwischen den Gewebeschichten des Mückenmitteldarms an und differen-ziert sich dort zur Oozyste. In ihr beginnt die Sporogonie mit Reduktionsteilungen, wodurch bis zu 10.000 Sporozoiten innerhalb der Oozyste gebildet werden. Bei Rup-tur der Oozyste gelangen die Sporozoiten in die Hämolymphe der Mücke und wan-dern anschließend in deren Speicheldrüse. Ab diesem Zeitpunkt und noch 1-2 Mona-te danach ist die Mücke für den Menschen infektiös geworden. Der Zyklus in der Anopheles-Moskito dauert abhängig von der Außentemperatur zwischen 8-16 Tagen.

Dabei ist eine Mindesttemperatur von 15 °C erforderlich, unter der kein Zyklus mehr zustande kommt.[139, 143]