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2.1 Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz

2.1.1 Regenerative Erzeugungstypen

Die ursprünglich zur Stromversorgung von Satelliten konzipierte moderne Solarzelle entwi-ckelte sich in Folge der Ölkrise Ende der 1970er Jahre und Störfällen in diversen Atomkraft-werken ab Anfang der 1990er Jahre zu einem zuverlässigen und erschwinglichen Massenpro-dukt. In Deutschland werden etwa 60 % bis 70 % der installierten gesamten Photovoltaikleis-tung durch sogenannte Dachanlagen bereitgestellt [BMWi14]. Dabei handelt es sich um auf Dächern von Wohnhäusern, landwirtschaftlich genutzten Gebäuden oder Industriebetrieben installierte Solarmodule, welche über einen oder mehrere Wechselrichter und Einspeisezähler an das öffentliche Netz angeschlossen sind. Im Rahmen des Anmeldeverfahrens beim zustän-digen Verteilnetzbetreiber muss durch den Betreiber eine Voll- oder Überschusseinspeisung der Anlage festgelegt werden.

Anlagen zur Volleinspeisung gemäß Abbildung 2.1 besitzen je einen separaten Einspeise- und Verbrauchszähler und speisen die erzeugte Energie WErz direkt in das öffentliche Netz ein.

Die Vergütung für diese Erzeugung erfolgt in der Regel jährlich durch den zuständigen Ver-teilnetzbetreiber und wird gemäß (2.1) über einen Zeitraum von 20 Jahren nach dem für das Installationsjahr der Anlage gültigen Vergütungssatz vPV für Photovoltaikanlagen nach dem EEG abgerechnet.

𝐸𝑉𝐸 = 𝑊𝐸𝑟𝑧∙ 𝑣𝑃𝑉 (2.1)

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Alternativ zu einer Vergütung durch den zuständigen Verteilnetzbetreiber kann die erzeugte Energie auch direkt vermarktet werden. Diese Form der Veräußerung kann nach dem EEG durch eine Marktprämie gefördert werden, welche die Differenz zwischen Börsenpreis und EEG-Vergütungssatz ausgleicht.

Abbildung 2.1: Aufbau einer Photovoltaik-Dachanlage zur Volleinspeisung [Mer15]

Anlagen zur Überschusseinspeisung sind im Gegensatz zur Volleinspeisung nicht direkt an das öffentliche Netz angeschlossen, sondern speisen gemäß Abbildung 2.2 in das betreiberei-gene Stromnetz ein. Um die Unterscheidung zwischen erzeugter, eigenverbrauchter, rückge-speister und bezogener Energie zu gewährleisten, ist bei diesem Konzept anstelle des reinen Verbrauchszählers ein Zweirichtungszähler zur separaten Messung der bezogenen und rück-gespeisten Energie WBez und WRück notwendig. Die Vergütung erfolgt hierbei äquivalent zur Volleinspeisung, wobei lediglich die rückgespeiste Energie einen vergütungsfähigen Anteil darstellt.

Abbildung 2.2: Aufbau einer Photovoltaik-Dachanlage zur Überschusseinspeisung [Mer15]

Zwei- richtungs-zähler

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5 Seit Inkrafttreten der EEG-Novelle aus dem Jahr 2014 muss der Anlagenbetreiber auch für die eigenverbrauchte Energie Weig einen Anteil fEEG der EEG-Umlage tragen, sofern die instal-lierte Leistung seiner Anlage mehr als 10 kW beträgt. Die Einnahmen aus der vergüteten Rückspeisung bei Überschusseinspeisung werden demnach um die zu zahlende EEG-Umlage reduziert und berechnen sich gemäß (2.2).

𝐸Ü𝐸 = 𝑊𝑅ü𝑐𝑘∙ 𝑣𝑃𝑉− 𝑓𝐸𝐸𝐺∙ 𝑊𝐸𝑖𝑔 (2.2) Die Menge der eigenverbrauchten Photovoltaikenergie wird hierbei aus der Differenz der er-zeugten und rückgespeisten Energie bestimmt und ermöglicht dem Verbraucher unter Berück-sichtigung des jeweiligen Strompreises pStrom zusätzlich Einsparungen der Strombezugskosten nach (2.3).

𝐸𝐸𝑖𝑔 = 𝑊𝐸𝑖𝑔∙ 𝑝𝑆𝑡𝑟𝑜𝑚 (2.3)

Die Höhe der erzeugten Photovoltaikenergie hängt neben dem Wirkungsgrad der Module und des Wechselrichters vor allem von der Jahres-Strahlungsenergie H ab, welche in Deutschland je nach Standort zwischen 900 und 1200 kWh/(m2∙a) beträgt (siehe Abbildung 2.3).

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Abbildung 2.3: Globalstrahlungswerte in Deutschland [DWD13]

Der mittlere Wirkungsgrad von Wechselrichtern ist abhängig von deren Dimensionierung, Bauart und Ausnutzungsgrad. Für die Dimensionierung ist der sogenannte Auslegungsfaktor SRAC relevant, welcher das Verhältnis der installierten Modulleistung zur Nennleistung des

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Wechselrichters darstellt. Basierend auf bestehenden Forschungsergebnissen des Fraunhofer ISE Instituts beträgt der ideale Wert für diesen Faktor 1,0 [Mer15]. Wird der Faktor zu hoch gewählt, kommt es bei hohen Erzeugungsleistungen der Photovoltaikmodule zu einer Begren-zung der Einspeiseleistung durch den Wechselrichter und somit zu einer Ertragsreduktion. Bei niedrigeren Werten von SRAC treten aufgrund der Überdimensionierung des Wechselrichters und des damit einhergehenden starken Teillastbetriebes hohe Wirkungsgradverluste auf (siehe Abbildung 2.4).

Abbildung 2.4: Jahreswirkungsgrade eines trafolosen Wechselrichters in Abhängigkeit von SRAC [Mer15]

Bei der Bauart von Wechselrichtern kann zwischen Systemen mit Netztransformator oder Hochfrequenztransformator und Systemen ohne Transformator unterschieden werden. Wech-selrichter mit 50 Hz Netztransformator sind heute aufgrund ihres schlechten Wirkungsgrades sowie Baugröße und Gewicht so gut wie nicht mehr am Markt verfügbar. Ist dennoch eine galvanische Trennung zwischen Solargenerator und Wechselspannungsnetz erforderlich oder besteht aufgrund sehr niedriger Gleichspannungen seitens der Solarmodule der Bedarf einer Spannungstransformation, kommen inzwischen hauptsächlich Hochfrequenztransformatoren zum Einsatz. Diese bieten aufgrund ihrer niedrigen Induktivität Vorteile bezüglich Wirkungs-grad, Baugröße und Gewicht. Im Normalfall wird heute jedoch gänzlich auf Transformatoren bei PV-Wechselrichtern verzichtet, da ausreichend hohe Gleichspannungen durch die Solar-module auch ohne galvanische Trennung unter Berücksichtigung des Personenschutzes be-reitgestellt werden können. Solche transformatorlosen Systeme zeichnen sich durch sehr hohe Wirkungsgrade und geringe Baugrößen aus.

Weiter ist für den mittleren Wirkungsgrad des Wechselrichters vor allem der Ausnutzungs-grad von Bedeutung. Dieser gibt an, mit welcher Häufigkeit über ein gesamtes Jahr verteilt bestimmte Teillastbereiche des Wechselrichters aktiv sind. Der gesamte anzusetzende Wir-kungsgrad ergibt sich dann aus den WirWir-kungsgraden ηx der jeweiligen Teillastbereiche, wel-che je nach Häufigkeit ihres Auftretens gewichtet werden. Für Standorte in Mitteleuropa wur-de hierfür in wur-der Norm DIN EN 50524 ein einheitlicher Europäischer Wirkungsgrad ηEU ge-mäß (2.4) definiert, welcher je nach System Werte zwischen 92 % und 99 % annehmen kann [Mer15].

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7 𝜂𝐸𝑈 = 0,03 ∙ 𝜂5%+ 0,06 ∙ 𝜂10%+ 0,13 ∙ 𝜂20%+ 0,1 ∙ 𝜂30%+ 0,48 ∙ 𝜂50%+ 0,2 ∙ 𝜂10% (2.4) Der Wirkungsgrad der Solarmodule ist maßgeblich abhängig von deren Schwachlicht- und Temperaturverhalten. Mit abnehmender Einstrahlung kommt es aufgrund der damit einherge-henden Absenkung von Leerlaufspannung und Leitfähigkeit der Photodiode zu einem gerin-geren Wirkungsgrad des Moduls und somit zu einer überproportionalen Reduktion der Leis-tungsabgabe (siehe Abbildung 2.5).

Abbildung 2.5: U-I-Kennlinie eines Solarmoduls bei verschiedenen Einstrahlungen und kon-stanter Temperatur [Mer15]

Auch die Modultemperatur, welche bis zu 60 °C betragen kann, beeinflusst wie in Abbildung 2.6 zu sehen die Leerlaufspannung durch ihre Auswirkung auf die thermische Bewegung der Elektronen und somit den Sättigungsstrom im Halbleiter. Der Modulwirkungsgrad sinkt also ebenfalls mit zunehmender Modultemperatur.

Abbildung 2.6: U-I-Kennlinie eines Solarmoduls bei verschiedenen Temperaturen und kon-stanter Einstrahlung [Mer15]

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Unter Voraussetzung der Standard-Testbedingungen (STC) mit einer Modultemperatur von 25 °C und einer Bestrahlungsstärke von 1000 W/m2 liegen die Wirkungsgrade ηModul moder-ner Silizium-Solarmodule im Bereich von 13 % bis 20 % [Mer15].

Der Jahresertrag WErz einer Photovoltaikanlage kann also unter Kenntnis der beschriebenen Kennwerte sowie der Modulfläche AModul gemäß (2.5) berechnet werden.

𝑊𝐸𝑟𝑧 = 𝜂𝑀𝑜𝑑𝑢𝑙∙ 𝜂𝐸𝑈 ∙ 𝐴𝑀𝑜𝑑𝑢𝑙∙ 𝐻 (2.5) Die entsprechende Nennleistung der Module kann durch die genormte maximale Bestrah-lungsstärke der Sonne ESTC = 1000 W/m2 bestimmt werden.

𝑃𝑁= 𝜂𝑀𝑜𝑑𝑢𝑙∙ 𝐴𝑀𝑜𝑑𝑢𝑙∙ 𝐸𝑆𝑇𝐶 (2.6)

Aufgrund der hohen EEG-Fördersätze für niedrige Nennleistungen bis 30 kWp und ihrer gu-ten Eignung zur Dachmontage haben sich Photovoltaikanlagen vor allem auf Niederspan-nungsebene durchgesetzt. Das dort vorherrschende Spannungsniveau von 400 V trägt zudem zu einem einfachen Netzanschluss der Solaranlagen bei, welche bei Ausgangsspannungen bis maximal 1000 V DC keine nennenswerte Transformation benötigen. Erst ab Nennleistungen von etwa 100 kWp erfolgt der Anschluss teilweise auf Mittelspannungsebene, wobei es sich dabei meist um Freiflächenanlagen handelt.

Biogas-Blockheizkraftwerke

Der Großteil der in Deutschland installierten Biogaskraftwerke ist auf Mittelspannungsebene angeschlossen und befindet sich in der Leistungsklasse zwischen 150 kW und 500 kW [BMWi15a] [DBFZ14]. Dabei handelt es sich um mit Biogaserzeugern verbundene Block-heizkraftwerke zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme (siehe Abbildung 2.7).

Abbildung 2.7: Aufbau eines Biogaskraftwerks (Quelle: HAASE Energietechnik GmbH)

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9 Das Biogas kann hierbei aus verschiedensten Quellen wie Gülle, Mais, Getreide, Grünschnitt, Bioabfällen und ähnlichem gewonnen werden. Diese Biomasse wird zunächst in einer Vor-grube gelagert und durch Zerkleinerungsanlagen wie Schredder oder Mühlen aufbereitet, be-vor es im Fermenter teilweise in Gas umgewandelt wird. Bei dem Fermenter handelt es sich um eine beheizte und mit Rührwerken ausgestattete gas-, wasser- und lichtundurchlässige Anlage, in welcher Mikroorganismen aus dem Substrat Biogas mit einem Methananteil zwi-schen 50 % und 60 % bilden [VDI08]. Dieses Gas wird anschließend entweder direkt zum Antrieb der Motoren in Blockheizkraftwerken verwendet oder in Gasspeichern zwischengela-gert. Über 90 % der Biogaskraftwerke in Deutschland werden mit dem Verfahren der Nass-fermentation betrieben, bei welchem vor allem Schweine- oder Rindergülle zum Einsatz kommt [DBFZ14]. Grund dafür ist zum einen die höhere Wirtschaftlichkeit für Anlagengrö-ßen bis 500 kWel aufgrund der unkomplizierteren Handhabung von flüssigem Substrat. Zum anderen stellt flüssiges Substrat für Landwirte als vorrangige Betreiber von Biogasanlagen eine stetig verfügbare und kostengünstige Quelle für Biomasse dar.

Bei der Gasverwertung in Blockheizkraftwerken kommen vor allem Verbrennungsmotoren wie der Gas-Otto-Motor oder der auf dem Dieselprinzip basierte Zündstrahlmotor zum Ein-satz. Letzterer wird dabei aufgrund von höheren Wirkungsgradverlusten und Wartungskosten vorrangig in kleineren Anlagen angewendet. Die Abwärme des an einen Generator zur Strom-erzeugung angeschlossenen Motors wird dabei über Wärmetauscher zur Erhitzung von Was-ser verwendet. In der Regel werden bei diesem Vorgang Wirkungsgrade von 38 % elektrisch und 45 % thermisch erreicht. Für den Betrieb der Biogasanlage ist in der Regel eine Strom-menge WBetrieb in Höhe von 4 – 10 % der gesamten produzierten Strommenge erforderlich [DBFZ14].

Wie bei Photovoltaikanlagen kann auch hier zwischen Anlagen zur Voll- und Überschussein-speisung unterschieden werden. Im Fall von Biogasanlagen handelt es sich bei Über-schusseinspeisung aber meist um Anlagen, welche lediglich ihren Eigenstrombedarf aus dem selbst erzeugten Strom decken, nicht aber zusätzlich den eines Verbrauchers. Die Vergütung erfolgt ebenfalls durch den zuständigen Verteilnetzbetreiber und wird über einen Zeitraum von 20 Jahren gemäß dem für das Installationsjahr der Anlage gültigen Vergütungssatz vBM

für Biomasse-Anlagen geleistet. Der Kraftwerkseigenbedarf ist dabei gemäß § 61 EEG voll-ständig von der EEG-Umlage befreit, allerdings handelt es sich dabei ausschließlich um den Strombedarf des Blockheizkraftwerks und nicht der gesamten Biogasanlage. Die in [SEV06]

erläuterten Untersuchungsergebnisse zeigen, dass 50 % des gesamten Eigenstrombedarfes allein auf das BHKW zurückzuführen sind. Unter Berücksichtigung des jeweiligen Strom-preises pStrom berechnen sich demnach die jährlichen Einnahmen aus einer Biogasanlage zur Überschusseinspeisung gemäß (2.7).

𝐸Ü𝐸 = 𝑊𝑅ü𝑐𝑘∙ 𝑣𝐵𝑀− 𝑓𝐸𝐸𝐺∙ 0,5 𝑊𝐵𝑒𝑡𝑟𝑖𝑒𝑏− 𝑝𝑆𝑡𝑟𝑜𝑚∙ 0,5 𝑊𝐵𝑒𝑡𝑟𝑖𝑒𝑏 (2.7) Bei dem Großteil der Biogasanlagen handelt es sich nach [DBFZ14] um Anlagen zur Vollein-speisung. Der Eigenstrombedarf der gesamten Anlage wird hierbei aus dem öffentlichen Netz

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bezogen und reduziert gemäß (2.8) die jährlichen Einnahmen aus der Vergütung der gesamten erzeugten Energie.

𝐸𝑉𝐸 = 𝑊𝑒𝑟𝑧∙ 𝑣𝐵𝑀− 𝑝𝑆𝑡𝑟𝑜𝑚∙ 𝑊𝐵𝑒𝑡𝑟𝑖𝑒𝑏 (2.8) Aufgrund der mittleren Anlagenleistung von etwa 400 kW [DBFZ14] und der damit einher-gehenden Notwendigkeit einer hohen Stromtragfähigkeit des Netzes ist etwa 65 % der in Deutschland installierten Erzeugungsleistung aus Biomasse auf Mittelspannungsebene ange-schlossen [BMWi15a]. Unter anderem bedingt durch die oftmals großen Entfernungen zwi-schen Landwirtschaften als Standorten von Biomasse-Kraftwerken und Transformatorstatio-nen sowie Netzanschlusspunkten auf Mittelspannungsebene ist etwa 12 % der gesamten An-lagenleistung aus Biomasse am Niederspannungsnetz angeschlossen, wobei es sich in diesen Fällen ähnlich wie bei Photovoltaikanlagen um kleineren Anlagenleistungen von durch-schnittlich etwa 50 kW handelt [NET14].