• Keine Ergebnisse gefunden

5.4 Zusätzliche Bereitstellung von Sekundärregelleistung

5.4.4 Möglicher Steuerungsalgorithmus

Da die Ansteuerung zur Erbringung von Sekundärregelleistung in der Regel durch den Pool-betreiber vorgenommen wird, ist für diese Zusatzanwendung generell kein separater Steue-rungsalgorithmus notwendig. Die Erbringung negativer Sekundärregelleistung hat jedoch eine Erhöhung des Ladezustandes und somit eine Verringerung der nutzbaren Speicherkapazität für Netzdienstleistungen und regionale Direktvermarktung zur Folge. Aus diesem Grund muss bei Erbringung negativer Sekundärregelleistung im Niedertarif eine Neuzuweisung der nutzbaren Speicherkapazität gemäß Abbildung 5.22 durchgeführt werden, sobald um 8 Uhr des aktuellen Tages der Niedertarif ausläuft und die Höhe der nutzbaren Speicherkapazität endgültig bekannt ist. Da zu diesem Zeitpunkt bereits jegliche Spotmarkt- und Intraday-Auktionen durchgeführt wurden, muss die aufgrund der verringerten nutzbaren Speicherkapa-zität nicht mehr durchführbare Einspeicherung von Photovoltaiküberschuss durch eine ent-sprechende Abregelung der Erzeugungsanlagen kompensiert werden (siehe Abbildung 5.46).

Zudem muss der Wegfall der Stromsteuerbefreiung bei Versorgung der Letztverbraucher mit aus Bereitstellung negativer Sekundärregelleistung gewonnenem Strom berücksichtigt wer-den, da es sich dabei nicht um regional erzeugten Strom handelt. Auch wenn es sich hierbei um kostenneutralen Strom handelt, muss eine Entschädigung in Höhe des erzielbaren Börsen-preises an die vom Einspeisemanagement betroffenen Anlagenbesitzer geleistet werden und es können keine zusätzlichen Einnahmen erzielt werden.

5.4 Zusätzliche Bereitstellung von Sekundärregelleistung

151 Abbildung 5.46: Ablauf des Handels an der EPEX Spot bei regionaler Direktvermarktung mit

Kapazitätsmanagement als Netzdienstleistung und Bereitstellung von SRL Eine entsprechende Reduktion des Ladezustandes durch kurzfristigen Intraday-Handel am Spotmarkt wäre die wirtschaftlich günstigere Alternative zum Einspeisemanagement, aller-dings kann aufgrund des dort praktizierten Pay-as-bid-Verfahrens das Zustandekommen eines Handels und somit die Anpassung des Ladezustandes nicht garantiert werden. Ein entspre-chendes Einspeisemanagement muss deshalb in jedem Fall zur Verfügung stehen.

Abbildung 5.47: Steuerung des Ortsnetzspeichers und der PV-Anlagen bei reg. Direktverm.

mit Kapazitätsman. des Ortsnetztrafos und Bereitstellung negativer SRL

Tag0 Tag+1

Day-Ahead-Auktion Bis 12:00 Uhr des Vortags

Intraday-Auktion Bis 15:00 Uhr des Vortags

Veräußerung Restüber-schuss in Stundenkontrak-ten mit Grenzpreis pmin.

Zuweisung der verbleibenden Speicherkapazität.

Veräußerung Überschuss in Viertelstundenkontrakten mit Grenzpreis 0.

Zuweisung der notwendigen Speicherkapazität zu den entsprechenden Überschuss-Erzeugungsstunden im Rahmen des Kapazitätsmanagements.

8:00 Uhr Neuzuweisung der nach SRL-Bereitstellung verbleibenden Speicherkapazität.

Zuweisung von Einspeisemanagement für durch SRL-Bereitstellung verlorene Speicherkapazität.

5.4 Zusätzliche Bereitstellung von Sekundärregelleistung

152

Bedingt durch den hohen Arbeitspreis erfolgt allerdings im Durchschnitt nur an etwa 250 Mi-nuten des Jahres ein tatsächlicher Leistungsabruf, weshalb nur ein geringer Einfluss auf die regionale Direktvermarktung zu erwarten ist.Die Dauer eines Leistungsabrufes liegt aufgrund dieser Tatsache nur bei wenigen Minuten, was in Abbildung 5.47 an einem beispielhaften Tag dargestellt ist.

5.4.5 Wirtschaftlichkeit

Zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit werden analog zu Kapitel 5.3.5 Jahressimulationen für die verschiedenen PV-Durchdringungsgrade in beiden Netzkategorien durchgeführt. Hierbei wird zudem jeweils der in Kapitel 5.4.3 ermittelte Sekundärregelleistungsabruf durch den Ortsnetzspeicher bereitgestellt und ein Einspeisemanagement der Erzeugungsanlagen (vgl.

Abbildung 5.46) bzw. der teilweise Wegfall der Stromsteuerbefreiung für den aus der SRL-Bereitstellung gewonnen Strom berücksichtigt. Im Vergleich zu Kapitel 5.3 ist somit eine leichte Reduktion der Einnahmen aus der regionalen Direktvermarktung zu erwarten, während die vermiedenen Netzausbaukosten unverändert bleiben. Die entsprechenden Simulationser-gebnisse zeigen Abbildung 5.48 und Abbildung 5.49.

Aufgrund der geringen SRL-Bereitstellung durch die hohen Arbeitspreise ist kein nennens-werter Einfluss auf die Einnahmen aus der regionalen Direktvermarktung erkennbar. In Dorf-netzen dominieren die Einnahmen aus der Bereitstellung von SRL ab einem PV-Durchdringungsgrad von etwa 40 %, während die größten Einnahmen in den Landnetzen nach wie vor durch vermiedene Netzausbaukosten erzielt werden können. Die in den Dorfnet-zen theoretisch möglichen jährlichen Einnahmen von bis zu 60 € je kWh eingesetzter Spei-cherkapazität für niedrige PV-Durchdringungsgarde sind aufgrund der damit verbundenen kleinen Speicherkapazitäten bis etwa 20 kWh weniger realistisch. In Dorfnetzen können also mit Ortsnetzspeichern jährliche Einnahmen von 10 bis 30 €/kWh erreicht werden, in Landnet-zen etwa 30 bis 50 €/kWh.

Abbildung 5.48: Durchschnittliche Einnahmen je kWh Speicherkapazität bei reg. Direktverm.

sowie Bereitstellung von Netzdienstl. und SRL in Dorfnetzen

5.4 Zusätzliche Bereitstellung von Sekundärregelleistung

153 Abbildung 5.49: Durchschnittliche Einnahmen je kWh Speicherkapazität bei reg. Direktverm.

sowie Bereitstellung von Netzdienstl. und SRL in Landnetzen

In Abbildung 5.50 und Abbildung 5.51 wird der aus den simulierten Einnahmen berechnete primäre ROI bei Speicherkosten von 930 €/kWh für die Ortsnetzspeicher dargestellt. Dieser liegt auch bei einer zusätzlichen Bereitstellung von Sekundärregelleistung noch deutlich oberhalb der Lebensdauer von stationären Batteriespeichersystemen in Höhe von etwa 15 Jahren.

Abbildung 5.50: Durchschnittlicher primärer ROI bei reg. Direktverm. und Bereitstellung von Netzdienstl. sowie SRL in Netzen der Kategorie „Dorf“

5.4 Zusätzliche Bereitstellung von Sekundärregelleistung

154

Abbildung 5.51: Durchschnittlicher primärer ROI bei reg. Direktverm. und Bereitstellung von Netzdienstl. sowie SRL in Netzen der Kategorie „Land“

5.4.6 Netzrückwirkungen

Da durch die Erbringung von negativer Sekundärregelleistung im Niedertarif keine zusätzli-che Belastung der Betriebsmittel auftreten sollte, sind keine Auswirkungen auf den notwendi-gen Netzausbau zu erwarten.

Bezüglich der Leistungsgradienten werden analog zu den vorangegangenen Kapiteln die Re-siduallastgänge am Verknüpfungspunkt zwischen Hoch- und Mittelspannungsebene ausge-wertet. Der in Abbildung 5.52 dargestellte Leistungsverlauf einer beispielhaften Woche zeigt neben den durch Preissignale bedingten Einbrüchen der Rückspeiseleistung und dem Kapazi-tätsmanagement auch einen SRL-Abruf. Da dieser simultan von allen Ortsnetzspeichern im Mittelspannungsnetz bereitgestellt wird, ergibt sich eine sehr hohe Bezugsspitze aus der Hochspannungsebene. Hierbei muss sichergestellt werden, dass die SRL-Bereitstellung auf Mittelspannungsebene keine Überlastungen von Betriebsmitteln zur Folge hat.

Abbildung 5.52: Simulierte Austauschleistung zwischen Hoch- und Mittelspannung an 7 Bei-spieltagen im Frühling bei reg. Direktverm. mit Kapazitätsman. und SRL

5.4 Zusätzliche Bereitstellung von Sekundärregelleistung

155 Die Quantile der Leistungsgradienten am Übergabepunkt zwischen Hoch- und Mittelspan-nung verändern sich durch die Bereitstellung von negativer Sekundärregelleistung im Nie-dertarif nicht (siehe Tabelle 5.10 und Tabelle 5.11). Die aus der SRL-Bereitstellung resultie-renden sehr hohen Leistungsgradienten von bis zu etwa 2000 kW/s spiegeln sich aufgrund ihrer Seltenheit nicht im 99 %-Quantil wider.

Tabelle 5.10: Quantile der Leistungsgradienten zwischen 8 und 10 Uhr in kW/min bei regio-naler Direktvermarktung mit Kapazitätsmanagement und SRL

Szenario Median 95 %-Quantil 99 %-Quantil

ohne OS 4,9 10,4 11,6

mit OS 4,1 10,3 11,5

Tabelle 5.11: Quantile der Leistungsgradienten zwischen 0 und 24 Uhr in kW/min bei regio-naler Direktvermarktung mit Kapazitätsmanagement und SRL

Szenario Median 95 %-Quantil 99 %-Quantil

ohne OS 5,3 20,3 31,6

mit OS 3,1 20,0 40,5

5.4.7 Zusammenfassung

Auch bei einer zusätzlichen Bereitstellung von negativer Sekundärregelleistung im Niederta-rif liegt der primäre ROI von Ortsnetzspeichern auf Niederspannungsebene mit mindestens 20 Jahren noch deutlich oberhalb der Lebensdauer von stationären Batteriespeichersystemen. Bei weiterhin fallenden Speicherkosten in Verbindung mit höheren Zyklenfestigkeiten könnte jedoch vor allem in ländlichen Netzen mit kleinen Ortsnetzspeichern ein wirtschaftlicher Be-trieb möglich sein. Weitere Voraussetzungen hierfür sind die Befreiung von jeglichen Umla-gen für die Zwischenspeicherung von Strom sowie die Existenz eines Sekundärregelleis-tungspools mit den entsprechenden Parametern aus Kapitel 5.4.3.

Unter Voraussetzung stagnierender Preise für Sekundärregelleistung wäre allerdings auch bei sinkenden Speicherpreisen und steigenden Zyklenfestigkeiten der Betrieb eines solchen Mul-ti-Tasking-Speichersystems im Vergleich zur ausschließlichen Bereitstellung von Sekundär-regelleistung wirtschaftlich wenig sinnvoll, da allein durch negative SekundärSekundär-regelleistung im Niedertarif spezifische Einnahmen von knapp 45 €/kWh je Jahr möglich sind. Sofern also keine deutlichen finanziellen Anreize für eine regionale Direktvermarktung geschaffen wer-den und somit der Mehrfachnutzen von Speichern gefördert wird, kann das in diesem Kapitel dargestellte Betriebskonzept auch in Zukunft nicht wirtschaftlich umgesetzt werden.

Eine Übersicht über die möglichen Einnahmen mit Ortsnetzspeichern zur Unterstützung regi-onaler Direktvermarktung und Bereitstellung von Netzdienstleistungen und negativer Sekun-därregelleistung im Niedertarif zeigt Tabelle 5.12.

5.4 Zusätzliche Bereitstellung von Sekundärregelleistung

156

Tabelle 5.12: Zusammenfassung der Simulationsergebnisse zur Wirtschaftlichkeit bei regio-naler Direktvermarktung und Bereitstellung von Netzdienstleistungen

Interessensgruppe Jährliche Einnahmen Primärer

ROI Rendite Zielpreis

PV-Anlagenbesitzer 26 €/kWPV - - -

Energieversorger 10 - 23 €/kWPV + 30 - 50 €/kWhSp 19 – 30 a 3,2 – 5,4 % 300 – 500 €/kWh