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Teil 1: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen

B. Presserechtliche Informationsansprüche

I. Rechtsgrundlagen

Spezifisch presserechtliche Informationsansprüche haben die Länder in ihren Landespressegesetzen niedergelegt. Auf Bundesebene fehlt hin-gegen ein entsprechender Anspruch. In Rheinland-Pfalz findet sich ein Auskunftsanspruch in § 6 Abs. 1 LMG RhPf123, der inhaltsgleich den Aus-kunftsansprüchen in den Pressegesetzen anderer Länder (z. B. § 4 Abs. 1 LPressG NW124) entspricht. Die Behörden sind hiernach verpflichtet, den Medien die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Der Anspruch besteht auch gegenüber juristischen Personen des Privatrechts, wenn diese mehrheitlich von der öffentlichen Hand gehalten werden,125 hier also gegenüber dem von der Universität gehalte-nen IMB. Der Anspruch nach den Landespressegesetzen soll nämlich „der Presse die Wahrnehmung ihrer Aufgabe im Rahmen der demokratischen Meinungs- und Willensbildung dadurch ermöglichen, dass sie umfassend und wahrheitsgetreu Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse erhält und dadurch in die Lage versetzt wird, die Öffentlichkeit entsprechend zu unterrichten; in diesem Zusammenhang kann es nicht darauf ankommen, ob der Staat öffentliche Aufgaben durch Behörden im organisatorisch-verwaltungstechnischen Sinne wahrnimmt oder sich pri-vatrechtlicher Handlungsformen bedient“.126

127 BVerfGE 7, 198 (208); 62, 230 (247); 76, 196 (208 f.); 93, 266 (292 f.); 128, 226 (266);

Hillgruber, JZ 2016, 495 ff.

128 BVerfGE 20, 162 (175); OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.8.2015  – 8  A 2410/13, RiA 2016, 33 ff.

129 BVerwGE 154, 222 Rn. 13; BVerwG, Urt. v. 25.10.2018 – BVerwG 7 C 6.17, Rn. 11.

130 BVerwGE 146, 56 (64); BVerwG, Beschl. v. 20.7.2015 – 6 VR 1.15, NVwZ 2015, 1383; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 19.9.2014 – 5 B 226/14, NJW 2014, 3387 (3388). Gegen grundrechtsunmittelbare Ansprüche aber noch BVerwG, Beschl. v.

9.10.1985 – 7 B 188/85, NJW 1986, 1277 (1278); kritisch jedenfalls bei wesentlichen Güterkonflikten von Coelln, in: FS Friedhelm Hufen, 2015, S. 423 (430). Eingehend zur Begründung Raabe, Informations- und Auskunftspflichten der öffentlichen Hand gegenüber der Presse, 2010, S. 28 ff., 38 ff.

131 Analytisch Winkler, VerwArch 107 (2016), 536 ff.

132 BVerwG, Beschl. v. 26.10.2017 – 6 VR 1/17, NVwZ 2018, 414 Rn. 18.

133 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.8.2015 – 8 A 2410/13, RiA 2016, 33.

1. Verfassungsrechtliche Unterfütterung

Wird ein Vertreter der Presse in journalistischer Funktion tätig, ist dem Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) entsprechend sei-ner herausgehobenen Bedeutung für ein freies demokratisches Gemein-wesen127 Rechnung zu tragen. Überall dort, wo der Anwendungsbereich einer Norm die praktische Wahrnehmung der Pressefreiheit berührt, ist über den abwehrgrundrechtlichen Gehalt hinaus der positive staatliche Schutz- und Förderauftrag hinreichend zu berücksichtigen.128 Fehlt es an einer spezifischen Rechtsgrundlage, ist Zugang zu Presseinformationen unmittelbar auf der Grundlage des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gewähren.129 Dieser grundrechtsunmittelbare Anspruch ist auf einen zur effektiven Grundrechtsausübung unverzichtbaren Mindeststandard beschränkt,130 der freilich im Einzelnen durchaus weitreichend sein kann.131 Der verfas-sungsunmittelbare Auskunftsanspruch fordere – im Einklang mit Art. 10 EMRK  – eine fallbezogene Abwägung des journalistischen Informati-onsinteresses mit den gegenläufigen schutzwürdigen Interessen; hierbei sei grundsätzlich nicht das Informationsinteresse der Presse zu bewer-ten.132 Entscheidend sei vielmehr, ob dem Informationsinteresse der Presse schutzwürdige Interessen von solchem Gewicht entgegenstehen, die den presserechtlichen Auskunftsanspruch ausschließen. Eines grundrechts-unmittelbaren Anspruches zur Durchsetzung der Pressefreiheit bedarf es indes grundsätzlich nur dort, wo den wertprägenden Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht ohnehin im Rahmen der Anwendung und Ausle-gung bereits bestehender Ansprüche auf Informationszugang Rechnung getragen werden kann.133 Das BVerwG hat vertreten, dass die Pressefrei-heit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) selbst eine hinreichende Ermächtigungs-grundlage darstellt, in Grundrechte der durch die Auskunftserteilung

134 BVerwG, Urt. v. 25.3.2015 – 6 C 12/14, GewArch 2016, 26 (29). Vom BVerfG wurde dies nicht abschließend entschieden, aber im Ergebnis gebilligt. S. BVerfG-K, Beschl. v. 27.7.2015 – 1 BvR 1452/13, EuGRZ 2015, 629 f. Eingehend Schnabel, NJW 2016, 1692 ff.

135 BVerwG, Urt. v. 27.11.2013 – 6 A 5/13, NJW 2014, 1126; BaWüVGH, Beschl. v.

1.7.2015 – 1 S 802/15, DVBl 2015, 1257; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 7.3.2014 – OVG 6 S 48.13, NVwZ 2014, 1177; VG Cottbus, Beschl. v. 19.9.2013 – 1 L 219/13, LKV 2013, 524 (526); VG Mainz, Urt. v. 14.9.2016 – 3 K 1021/15.MZ, Rn. 29 (juris); VG München, Urt. v. 22.10.2013 – M 22 E 13.3871, Rn. 36 (juris).

136 VG Mainz, Urt. v. 14.9.2016 – 3 K 1021/15.MZ, Rn. 30 (juris); Löffler/Ricker/

Weberling, Handbuch des Presserechts, 6. Aufl. (2013), 19. Kap. Rn. 2.

137 Etwa BVerwG, Beschl. v. 3.5.2016 – 7 C 7/15, AfP 2016, 564; Beschl. v. 23.3.2018 – 7 C 1/17, Rn. 13, 18.

138 Hierzu Albers, ZJS 2009, 614 (615 f.); Gröschner, VVDStRL 63 (2004), 344 (347 f.);

Masing, VVDStRL 63 (2004), 377 (382 ff.); Wegener, Der geheime Staat, 2006, S. 390 ff.

139 S. zum Problem Püschel, AfP 2006, 401 ff.

Betroffenen einzugreifen, weshalb eine einfach-gesetzliche Ermächtigung entbehrlich sei.134

2. Reichweite

Grundsätzlich soll auch ein verfassungsunmittelbarer presserechtlicher Auskunftsanspruch nur auf Auskunft in pressegeeigneter Form gerichtet sein.135 Nur ausnahmsweise kann sich nach bisheriger Ansicht – abhängig von den Umständen und dem Erkenntnisziel – das behördliche Auswah-lermessen im Einzelfall reduzieren und zu einem Anspruch auf Akten-vorlage bzw. Offenlegung eines Dokuments verdichten.136 Aus diesem Grund behandelt die Rechtsprechung auch presserechtliche Auskunfts- und Informationsfreiheitsansprüche als zwei verschiedene Streitgegen-stände.137 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Landespressegesetze sehr viel älter sind als das moderne Informationsfreiheitsrecht. Das Presse-recht entstand in einer Phase, in der das behördliche Aktengeheimnis noch ungebrochen war und Arkantraditionen erst noch punktuell aufgebrochen werden mussten.138 Diese Ausgangskonstellation ist mit der weitgehend flächendeckenden Etablierung der Informationsfreiheit überholt.139 Es wäre wenig überzeugend, wenn die Rechtsfolgen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs, die sich immerhin auf das für eine Demokratie zur Herstellung von Öffentlichkeit besonders hochrangige Gut der Presse-freiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) stützen lassen, hinter dem allgemeinen Informationsfreiheitsrecht zurückblieben, dessen Regelungsstrukturen jedenfalls nicht unmittelbar verfassungsrechtlich vorgegeben und grund-rechtlich damit deutlich schwächer unterfüttert sind. Jedenfalls ist es auch Journalistinnen und Journalisten möglich, sich im Rahmen ihrer

Presse-140 S. BVerwGE 159, 194 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.8.2015 – 8 A 2410/13, RiA 2016, 33 ff.; Fechner/Wössner, Journalistenrecht, 2. Aufl. (2012), S. 57.

141 Unzutreffend daher VG Mainz, Urt. v. 11.5.2016  – 3  K 636/15.MZ; Urt. v.

14.9.2016 – 3 K 1021/15.MZ.

142 BVerwGE 146, 56 (63).

143 BVerwGE 146, 56 (63); 151, 348 (355).

freiheit auf allgemeine Informationsfreiheitsrechte zu berufen, wenn diese in ihrer Rechtsfolge weitergehend sein sollten.140

Vor diesem Hintergrund hätte namentlich die Universität Mainz im Rahmen eines Pressetermins zu den fraglichen Kooperationsverträgen jedenfalls auf gezielte Nachfrage auch eine Kopie des Vertragstextes zur Verfügung stellen müssen, weil sich filigrane Regelungswerke, in denen es entscheidend auf semantische Details ankommen kann, die möglicherweise kritische Deutungsvarianten eröffnen, nicht einfach mündlich beschreiben lassen. Eine journalistischen Sorgfaltspflichten genügende Bewertung setzt insoweit eine Offenlegung der Schriftfassung voraus.141