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Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den Pflegestufen richten sich nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 14 und 15 SGB XI und den

- 34 - hierzu von den Spitzenverbänden der Pflegekassen beschlossenen

- Pflegebedürftigkeits-Richtlinien vom 7. November 1994, geändert durch Be-schlüsse vom 21. Dezember 1995, vom 22. August 2001 und vom 11. Mai 2006

- Begutachtungs-Richtlinien vom 21. März 1997, geändert durch Beschlüsse vom 22. August 2001 und vom 11. Mai 2006

- Härtefall-Richtlinien vom 10. Juli 1995, geändert durch Beschlüsse vom 19. Oktober 1995, vom 3. Juli 1996 und vom 28. Oktober 2005 (befristet bis zum 31. März 2009) sowie

- Verfahren zur Feststellung von Personen mit erheblich eingeschränkter All-tagskompetenz vom 22. März 2002 geändert durch Beschluss vom 11. Mai 2006.

1.2. Verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen - Änderun-gen durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26. März 2007

Das Bundessozialgericht hat in seinem viel beachteten Urteil vom 17. März 2005, Az.: B 3 KR 9/04 R, die Neuregelung des § 37 Abs. 2 S.1 Fünftes Buch Sozialge-setzbuch (SGB V) durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003 unter dem Aspekt des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes für bedenklich erklärt, es sei kein rechtfertigender Grund ersichtlich, den Fall des Tragens von Kompressionsstrümpfen gegenüber weit schwerer wiegenden Fällen der Behand-lungspflege zur Aufrechterhaltung von Grund- und Vitalfunktionen (Atmung, Kreis-lauf, Stoffwechsel) bevorzugt zu regeln. Gleichzeitig hat das Bundessozialgericht entschieden, dass Pflegebedürftige, die einen Anspruch auf häusliche Kranken-pflege gegenüber der Krankenkasse und auf Leistungen gegenüber der Sozialen Pflegeversicherung haben, bei verrichtungsbezogenen Maßnahmen der Behand-lungspflege ein Wahlrecht haben, ob sie eine Zuordnung der BehandBehand-lungspflege zur Grundpflege wünschen oder nicht.

Durch das GKV-WSG wurde die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen verwaltungs- und versichertenfreundlich umgesetzt: Der Bedarf an verrichtungsbezogenen

- 35 - krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen findet sowohl in der Krankenversiche-rung im Rahmen der häuslichen Krankenpflege als auch in der Pflegeversiche-rung bei der Pflegebegutachtung Berücksichtigung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vergleiche Urteil vom 30. Oktober 2001, Az.: B 3 KR 2/01 R) zählen krankheitsspezifische Pflegemaß-nahmen dann zum Grundpflegebedarf nach § 14 Abs. 4 SGB XI, wenn es sich um eine Maßnahme handelt, die untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung aus dem Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI ist oder wenn sie mit einer solchen Verrichtung objektiv notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammen-hang durchzuführen ist (verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaß-nahmen). Mit dem GKV-WSG wurde diese Definition in § 15 Abs. 3 SGB XI auf-genommen und klargestellt, dass der Zeitaufwand für verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen bei der Feststellung des Zeitaufwandes für die Grundpflege zu berücksichtigen ist; dies gilt auch dann, wenn der Hilfebe-darf zu Leistungen nach dem SGB V führt. Zu den verrichtungsbezogenen krank-heitsspezifischen Pflegemaßnahmen zählen insbesondere:

- das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab Klasse 2, - eine oro/tracheale Sekretabsaugung,

- das Einreiben mit Dermatika,

- die Verabreichung eines Klistiers, eines Einlaufs, - die Einmalkatheterisierung,

- das Wechseln einer Sprechkanüle gegen eine Dauerkanüle bei einem Tra-cheostomapatienten zur Ermöglichung des Schluckens,

- Maßnahmen zur Sekretelimination bei Mukoviszidose oder Erkrankungen mit vergleichbarem Hilfebedarf.

Gleichzeitig wurde § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V, der bis dahin nur den Fall des An- und Ausziehens von Kompressionsstrümpfen regelte, erweitert: Eine Berücksich-tigung von verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen beim Grundpflegebedarf nach §§ 14, 15 SGB XI steht dem Leistungsanspruch gegen die Gesetzliche Krankenversicherung nach § 37 SGB V nicht entgegen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 SGB V das Nä-here über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pfle-gemaßnahmen fest.

Die vom Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17. März 2005 (Az.: B 3 KR 9/04 R) kritisierte parallele Zuständigkeit sowohl der Gesetzlichen

Kranken-- 36 Kranken-- versicherung als auch der Pflegeversicherung - also die Zuständigkeit zweier So-zialversicherungsträger - ist ausnahmsweise zur befriedigenden und vermittelba-ren Beseitigung von Schnittstellenproblemen geboten. Sie ist in den Auswirkun-gen weAuswirkun-gen des nur kleinen Kreises Begünstigter nicht so gravierend, dass die Doppelzuständigkeit als unvereinbar mit dem Wesen der Sozialversicherung an-zusehen ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 37 Abs. 3 SGB V uneingeschränkt weiter gilt und somit eine Leistungspflicht der GKV in vielen Fäl-len ohnehin nicht gegeben ist. Die das Fünfte und das Elfte Buch Sozialgesetz-buch übergreifende Regelung ist verwaltungs- und versichertenfreundlicher als ein Wahlrecht, wie es das Bundessozialgericht in der sogenannten „Wahlrechts-entscheidung“ vorgeschlagen hat. Sie vermeidet erheblich größeren Verwal-tungsaufwand bei der Beratung des Pflegebedürftigen und seiner Angehörigen durch die Kassen bzw. den MDK, ob und unter welchen Voraussetzungen es sich

„lohnt“, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen. Die Regelung vermeidet auf Seiten des Pflegebedürftigen, sich mit einer komplexen bzw. sehr abstrakten Sach- und Rechtslage des Fünften und Elften Buches Sozialgesetzbuch bei Pflegeleistun-gen von Familien- bzw. HaushaltsangehöriPflegeleistun-gen vertraut zu machen sowie deren Auswirkungen auf das Leistungsgeschehen der gesetzlichen Krankenversiche-rung und der PflegeversicheKrankenversiche-rung bezogen auf den konkreten Fall nachzuvollzie-hen.

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts („Wahl-rechtsentscheidung“) sehen die überarbeiteten Begutachtungs-Richtlinien von 2006 vor, dass der MDK den Zeitbedarf für die krankheitsspezifischen Pflege-maßnahmen im Gutachten gesondert ausweist, nach der Rechtsänderung durch das GKV-WSG ist dies allerdings nicht mehr zwingend erforderlich. Die in der al-ten Fassung der Richtlinien enthalal-tene abschließende Auflistung der berücksich-tigungsfähigen Pflegemaßnahmen wurde gestrichen. Nunmehr werden alle ver-richtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen, die die Kriterien der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfüllen, von den Begutachtungs-Richtlinien erfasst.