• Keine Ergebnisse gefunden

3.2.1 Umsetzung von Phenylessigsäureanilid mit NaH in DMF bei 100 °C unter Argon

Da sich aus den zuvor beschriebenen Umsetzungen von Phenylessigsäureamid (30) keine Produkte isolieren ließen, die für das Mitwirken von SET-Prozessen sprechen, wurde im folgenden der Einfluß von ein- oder zweifach substituierten Säureamidgruppen auf die Ein-Elektronendonorfähigkeit der entsprechenden deprotonierten Phenylessigsäureamid-Derivate untersucht. Dabei stand zuerst das Reaktionsverhalten von Phenylessigsäureanilid (118) gegenüber NaH in DMF im Blickpunkt unseres Interesses. Der Stickstoff-gebundene Phenylrest sollte in erster Linie die Bildung cyclischer Produkte wie 62-65 sowie 99 und 100 verhindern und somit indirekt die Entstehung von SET-gestützten Produkten fördern.

3.2.1.1 Reaktionsführung und Produktcharakterisierung

Wir lösten 118 in DMF und rührten den Ansatz nach Zugabe von NaH drei Stunden bei 100 °C.

Die anfangs weißgraue Suspension verwandelte sich dabei in eine rotbraune Reaktionsmischung, deren Dünnschichtchromatogramm u .a. zwei intensive Produktflecken aufwies. Der im Verlauf der Hydrolyse erhaltene fleischfarbene Niederschlag wurde in Methylenchlorid aufgenommen und einer säulenchromatographischen Trennung unterworfen.

Aus der ersten verwertbaren Produktfraktion kristallisierten weiße, watteartig verfilzte Nädelchen, deren 1H-NMR-Spektrum im Vergleich zum Eduktspektrum nur wenige Abweichungen aufzeigt. Der signifikante Unterschied besteht im Vorhandensein zweier Singulett-Signale im olefinischen Bereich bei δ = 5.94 (1H) und δ = 5.73 (1H), während die im Spektrum von 118 durch die Methylenbrücke verursachte Resonanz bei δ = 3.64 im Produkt-spektrum verschwunden ist. Da die 13C-NMR-Daten neben einem quartären C-Atom bei δ = 145.3 aber dennoch die Existenz einer – jetzt olefinischen –

Methylengruppe anzeigen (δ = 117.6), kann es sich bei der gesuchten Verbindung nur um 2-Phenylacrylsäureanilid (119) handeln (Ausbeute: 28 %), was auch das hochaufgelöste Massenspektrum bestätigt (Molekülpeak bei m/z = 223, Summenformel: C15H13NO).

N O H H

H 119

Die Tatsache, daß zwischen den nicht isochronen Kernen der olefinischen Protonen keine geminale Kopplung zu erkennen ist, deckt sich mit den Daten eines Vergleichsspektrums aus der Literatur(63).

Aus der zweiten Säulenfraktion konnte nicht umgesetztes Edukt 118 (Ausbeute: 14 %) zurückgewonnen werden.

3.2.1.2 Reaktionsverlauf und mechanistische Betrachtungen

In Anlehnung an die Anfangssequenz der Reaktionsfolge in Abb. 32 (S. 43) kann die Bildung von 2-Phenylacrylsäureanilid (119) wie folgt dargestellt werden (Abb. 48).

O H

H O H

H

N H

- NaN(CH3)2

N O - H2

H

- NaOH 1. NaH 2. DMF

N

NaH, Red.

N

118 120 119

Abb. 48

Das Anilid 118 reagiert zunächst mit NaH und DMF unter Abspaltung von H2 und NaOH zum Enamin-Amid 120, das daraufhin mittels NaH unter Eliminierung von NaN(CH3)2 zu 119 reduziert wird.

Dieses Ergebnis erhärtet die in Kap. 3.1.4.2 (S. 62) aufgestellte These, daß die Bildung des analogen 2-Phenylacrylsäureamids (72) bei der entsprechenden Umsetzung von Phenylessigsäure-amid (30) unter Druckluft tatsächlich ohne Sauerstoff-Beteiligung stattfindet.

(63) R. R. Kostikov, J. Org. Chem. USSR (Engl. Trans.), 1977, 13, 1721.

3.2.2 Umsetzung von Phenylessigsäureanilid mit NaH in DMF bei 110 °C in Gegenwart von Luftsauerstoff

Zwar konnte durch den Ersatz des unsubstituierten Amids 30 durch das Anilid 118 die Erzeugung von Methyleninkorporierungsprodukten verhindert werden, doch ließen sich auch hier keine Substanzen isolieren, die auf SET-Prozesse zurückzuführen sind. Da Sauerstoff gegenüber DMF die besseren Ein-Elektronenakzeptoreigenschaften besitzt, wiederholten wir die Umsetzung von 118 in Gegenwart von getrockneter Luft. Möglicherweise verhindert nämlich der Stickstoff-gebundene Phenylsubstituent den während der Reaktion von 30 unter ähnlichen Bedingungen stattfindenden oxidativen Abbau des Amids und unterstützt dadurch mittelbar die Entstehung SET-induzierter Kopplungsprodukte.

3.2.2.1 Reaktionsführung und Produktcharakterisierung

Nach sechsstündigem Rühren einer Mischung aus 118 und NaH in DMF bei 110 °C erhielten wir eine ockerfarbene Suspension, deren DC-Kontrolle die Bildung mehrerer Produkte anzeigte.

Die Hydrolyse der Reaktionsmischung ergab im Gegensatz zum zuvor beschriebenen Ansatz eine ockerfarbene wäßrige Lösung, deren Methylenchlorid-Extrakt säulenchromatographsch getrennt wurde.

Der Feststoff der ersten Säulenfraktion fiel in Form eines weißen, kristallinen Pulvers an und entpuppte sich gemäß 1H-NMR-Spektrum als Gemisch von 2-Phenylacrylsäureanilid (119) (Ausbeute: 8 %) und nicht umgesetztem Edukt 118 (Ausbeute: 26 %).

Aus der zweiten Säulenfraktion kristallierten weiße, verfilzte Nädelchen, deren 1 H-NMR-Spektrum im aromatischen Bereich ein Multiplett bei δ = 7.44-7.25 und ein Triplett bei δ = 7.09 mit einer Gesamtintensität von 11 H-Atomen aufweist. Diese Resonanzen werden von einem Phenyl- und einem Anilid-Substituenten verursacht, wobei das hochfeldverschobene Triplett-Signal durch Vergleich mit dem Eduktspektrum eindeutig dem para-ständigen H-Atom der Stickstoff-gebundenen Phenylgruppe zuzuordnen ist. Das amidische Proton bleibt unter dem Multiplett-Signal verborgen. Im aliphatischen Bereich kann bei δ = 4.21 (1H) ein schlecht aufgelöstes Dublett von Dubletts beobachtet werden, in Nachbarschaft dazu befindet sich ein Multiplett-Signal bei δ = 3.90-3.75 (2H). Ein austauschbares Proton

erzeugt schließlich eine letzte Resonanz bei δ = 3.21. Das 13C- bzw.

DEPT-Spektrum weist u. a. eindeutig auf die Existenz einer Methin- und Methylengruppe hin (δ = 55.2 bzw. δ = 64.7), wobei die Signallage des sekundären C-Atoms auf eine Verknüpfung mit einem Sauerstoffatom hindeutet.

N O

O H H

H

H H 121

3-Hydroxy-2,N-diphenylpropionsäureamid (121) (Ausbeute: 0.5 %) vereint alle vorstehend abgeleiteten Strukturmerkmale. Ein Molekülpeak bei m/z = 241 untermauert die postulierte Summenformel C15H15NO2.

3.2.2.2 Reaktionsverlauf und mechanistische Betrachtungen

Zum Bildungsverlauf von 121 lassen sich prinzipiell zwei verschiedene Reaktionsfolgen diskutieren. Setzt man die in Kap. 3.2.1.2 (S. 68) erläuterte primäre Bildung von 2-Phenylacryl-säureanilid (119) voraus, entsteht daraus 121 formal durch die Addition von Wasser. Eingeleitet wird diese Reaktion durch den nucleophilen Angriff eines Hydroxid-Ions an der endständigen Methylengruppe der vinyloge Carbonylverbindung 119 (Abb. 49).

O

Nicht gänzlich auszuschließen ist jedoch auch eine Aldolreaktion des deprotonierten Anilids 118−−−− mit in situ generiertem Formaldehyd, wodurch unmittelbar das anionisierte Produkte 121−−−−

gebildet würde (Abb. 50).

H O

Bereits in Kap. 3.1.1.2 (S. 47) wurde eine vergleichbare Reaktionssequenz im Zusammenhang mit der Bildung der cyclischen Imide 63a und 63b aus 30 vorgestellt. Bisher konnten allerdings keine eindeutigen Beweise für die Präferenz einer der beiden denkbaren Reaktionsfolgen gefunden werden.

Trotz Sauerstoff-Anwesenheit bei der Umsetzung von 118 mit NaH in DMF ließen sich im Gegensatz zur Reaktion von 30 unter vergleichbaren Reaktionsbedingungen keine Produkte isolieren, die auf oxidative Prozesse zurückzuführen sind.