• Keine Ergebnisse gefunden

Circa 23,7 % der Weltbevölkerung raucht (Méndez et al., 2013). In Europa sind es laut Eurobarometer (2017) durchschnittlich 24 % der Menschen - Österreich liegt mit 28 % leicht über dem Durchschnitt. Rauchen stellt damit weiterhin eine Gefahr für die Gesundheit dar und verursacht hohe Kosten für die Gesellschaft (Pokhrel et al., 2014).

Männer zeigen häufiger als Frauen impulsive oder risikoreiche Verhaltensweisen, auch in Bezug auf das Gesundheitsverhalten (Cross et al., 2011; Harris, Jenkins, & Glaser, 2006).

Männer konsumieren durchschnittlich häufiger Drogen als Frauen, sodass ähnlich zu anderen Drogen das Geschlechterverhältnis beim Rauchen in vielen Länder bei 1:10 liegt (Frauen zu

Männern) (Becker & Hu, 2008; Mackay & Amos, 2003; Ng et al., 2014). Allerdings steigt die Anzahl rauchender Frauen, wohingegen die der Männer langsam abnimmt (Mackay & Amos, 2003). In Europa sind Unterschiede zwischen den Anteilen rauchender Männer bzw. Frauen deutlich geringer ausgeprägt.

Unterschiede zwischen Männern und Frauen lassen sich in Entstehung, Verlauf und Behandlung von Nikotinabhängigkeit feststellen (Polak, Haug, Drachenberg, & Svikis, 2015).

Tiermodelle schlagen vor, dass weibliche Tiere vulnerabler für die verstärkende Wirkung Nikotins sind, da sie eine größere Motivation aufweisen, Nikotin zu konsumieren, als männliche Tiere (Donny et al., 2000; Lynch & Sofuoglu, 2010). Diesen Schluss ziehen gleichermaßen O'Dell und Torres (2014) in einem Review, in welchem sie herausarbeiten, dass weibliche Tiere und Personen stärker als männliche auf die positiven Effekte Nikotins reagieren, sodass die Entwicklung einer Abhängigkeit begünstig wird. Für Männer spielen die direkten pharmakologischen Wirkungen Nikotins bei der Aufrechterhaltung des Rauchens eine größere Rolle als für Frauen, wohingegen auf Frauen stärker indirekte Faktoren des Rauchens (z. B. Geschmack) wirken als auf Männer (Perkins et al., 2001; Perkins et al., 2006). Darüber hinaus weisen Frauen eine heftigere Entzugssymptomatik auf als Männer, wodurch das Rückfallrisiko erhöht wird (O'Dell & Torres, 2014). Tatsächlich weisen Frauen insgesamt ein höheres Risiko auf, nikotinabhängig zu werden, als Männer (Lopez-Quintero et al., 2011). Zudem sind Raucherinnen, insbesondere junge Frauen, eher abhängig von Nikotin als männliche Raucher bei gleich großem Zigarettenkonsum (Kandel & Chen, 2000). Dabei konsumieren Frauen durchschnittlich weniger Zigaretten als Männer (Kandel & Chen, 2000).

Eine Abhängigkeit erhöht die Wahrscheinlichkeit das Rauchen fortzusetzen und die Dosis sukzessiv zu erhöhen, um die Effekte aufrechtzuerhalten (Kandel & Chen, 2000).

Möglichweise hängt diese höhere Vulnerabilität mit der schnelleren Verstoffwechselung Nikotins bei Frauen im Gegensatz zu Männern zusammen (Benowitz, Lessov-Schlaggar, Swan, & Jacob, 2006). Denn wie schnell Nikotin metabolisiert wird, bestimmt mit, wie viel

Nikotin konsumiert wird: Eine schnellere Verstoffwechselung Nikotins erhöht die Menge gerauchter Zigaretten (Benowitz & Jacob, 1985). Rauchen wird von Frauen stärker als von Männern zur Regulation von Emotionen genutzt (Nakajima & al'Absi, 2012; Perkins, Giedgowd, Karelitz, Conklin, & Lerman, 2012). Frauen weisen zudem ein höheres

Rückfallrisiko in Entwöhnungstherapien mit Nikotinersatztherapie oder Bupropion auf als Männer (Cepeda-Benito, Reynoso, & Erath, 2004; Perkins, Donny, & Caggiula, 1999; Scharf

& Shiffman, 2004). Während für Frauen negativer Affekt und wahrgenommener Stress Prädiktoren für Rückfälle in der Entwöhnung sind, ist für Männer die Reduktion von Craving ausschlaggebend (Nakajima & al'Absi, 2012). Affektive Erkrankungen insgesamt betreffen häufiger Frauen als Männer (van Wingen, Ossewaarde, Bäckström, Hermans, & Fernández, 2011). Zusammenfassend besteht für Frauen ein höheres Risiko nikotinabhängig zu werden und es fällt ihnen insgesamt schwerer als Männern, mit dem Rauchen aufzuhören oder den Konsum zu reduzieren (Greenfield, Back, Lawson, & Brady, 2010; Lopez-Quintero et al., 2011).

Neben diesen psychologischen Unterschieden mehren sich Belege, die zeigen, dass Rauchen geschlechtsspezifische Gesundheitsrisiken mit sich bringt (Mackay & Amos, 2003).

So weisen rauchende Frauen im Vergleich zu Männern ein erhöhtes Risiko auf, an

verschiedenen Herzkreislauf- und Krebserkrankungen zu leiden, wie etwa Myokardinfarkte und Gebärmutterhalskrebs (Mackay & Amos, 2003; Zhang et al., 2011). Rauchen kann zudem zu Abnormitäten bezüglich Menstruation und Schwangerschaft führen, beispielsweise zu einer verstärkten Blutung oder einem erhöhten Risiko für Fehlgeburten (Greenfield et al., 2010).

Es ist bekannt, dass es sowohl strukturelle, funktionelle als auch neurochemische Unterschiede zwischen den Gehirnen von Männern und Frauen gibt (Cosgrove, Mazure, &

Staley, 2007; Ruigrok et al., 2014). Sogar in tiefliegenden Strukturen wie dem ventralen

Tegmentum können Geschlechtsunterschiede gefunden werden, welche beobachtete Unterschiede in Denken und Verhalten miterklären könnten (Gillies, Virdee, McArthur, &

Dalley, 2014). Des Weiteren wird gerade daran geforscht, welche Metabolitenkonzentrationen sich wo im Gehirn unterscheiden (Endres et al., 2016). Männer weisen sowohl höhere

Glutamat-, Glx-Werte (Glutamat plus Glutamin) als auch höhere GABA-Werte im

dorsolateralen präfrontalen Kortex auf als Frauen (O'Gorman, Michels, Edden, Murdoch, &

Martin, 2011). Es gibt Hinweise darauf, dass Frauen Fluktuationen der

Metabolitenkonzentrationen in Abhängigkeit ihres Menstruationszyklus aufweisen und

darüber hinaus weibliche Geschlechtshormone die Wirkung von Drogen beeinflussen (Carroll et al., 2004; Chrzan, Tomaszuk, & Urbanik, 2013). Studienergebnisse deuten darauf hin, dass bei Frauen mit einem natürlichen Zyklus GABA um die Zeit der Ovulation ansteigt,

wohingegen keine Zyklusschwankungen berichtet werden, wenn Frauen die Pille nehmen (De Bondt, De Belder, Vanhevel, Jacquemyn, & Parizel, 2015). Neurosteroide wie Progesteron und Östrogen beeinflussen unter anderem die Ausbildung und Effektivität von GABA-Rezeptoren und damit letztendlich neuronale Erregbarkeit (Brickley & Mody, 2012; Maguire

& Mody, 2007). Es konnte gezeigt werden, dass Nichtraucherinnen einen Abfall des GABA-Niveaus in manchen Hirnregionen in der Lutealphase erleben (Harada, Kubo, Nose, Nishitani,

& Matsuda, 2011). Progesteron hat eine modulierende Wirkung auf GABA-Rezeptoren (Lovick, 2008). Daher wird das Absinken des Progesteronlevels während der Luetalphase mitverantwortlich für die negative Verstimmung von Frauen in dieser Menstruationsphase gemacht (Andréen et al., 2009). Benowitz et al. (2006) konnten nachweisen, dass weibliche Geschlechtshormone auf die Enzyme wirken, die Nikotin verstoffwechseln. Frauen

verstoffwechseln Nikotin schneller als Männer und Frauen, die orale Verhütungsmittel

nehmen, verstoffwechseln Nikotin schneller als solche, die keine nehmen. Die Autoren ziehen den Schluss, dass Östrogen möglicherweise dem beschleunigten Metabolismus zugrunde liegt (Benowitz et al., 2006). Östrogen könnte demnach für die erhöhte Vulnerabilität von Frauen

1European Union, 2017,

http://filterlos.at/fileadmin/user_upload/Eurobarometer_458_en.compressed.pdf.

gegenüber Nikotin verantwortlich sein, wohingegen Progesteron eine protektive Wirkung zu haben scheint (Lynch & Sofuoglu, 2010). Diese Annahme ergibt sich aus der stimulierenden Wirkung Progesterons auf die GABA-Transmission, dessen Erhöhung mit einer Dämpfung von Belohnung und Verstärkung durch Nikotin in Verbindung gebracht wird (Lynch

& Sofuoglu, 2010).

Da sich in Bezug auf Nikotinabhängigkeit Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf vielen Ebenen nachweisen lassen, könnte auch die GABA-Konzentration im PFC durch Rauchen unterschiedlich beeinflusst werden.