B. Z ENTRALE E INFLUSSFAKTOREN DER A BSORPTIONSKAPAZITÄT UND A BLEITUNG
4. Räumliche Nähe zwischen den Akteuren
Die Einschätzung der räumlichen Adhocracy
Technologische Unsicherheit SC
Technologische Unerfahrenheit U
Absorptions-kapazität
F 16 implizites
Wissen
Fach- u. Orga kompetenz PL
Bedeutung Nähe
F 42 Entfernung
F 44
Hinsichtlich dieser Art von Sprüngen bestehen evtl. Ähnlichkeiten zu dem Reiseverhalten von Personen, welche sich gut durch Lévy‐Flüge beschreiben lassen. Diese Präferenzen, so wird weiter angenommen, unterscheiden sich nicht nur zwischen Personen, sondern können sich auch bei einer Person je nach Häufigkeit der persönlichen Interaktion und Kommunikation somit der Art des Wissenstransfers ändern.
In der Literatur finden sich auch andere Überlegungen wie die
Kommunikationsfrequenz durch die Entfernung beeinflusst wird. So hat z.B.
ALLEN (1977) untersucht, wie die Häufigkeit der Kommunikation in FuE‐
Projekten durch die Entfernung zwischen den Projektmitgliedern in FuE‐
Einrichtungen beeinflusst wird. Seinen Ergebnissen nach nimmt die Häufigkeit der Kommunikation mit zunehmender Entfernung zum Quadrat der metrischen Distanz ab. Allerdings beziehen sich seine Ergebnisse auch nur auf die Kommunikationsfrequenz in FuE‐Einrichtungen.
Für die Erstellung des Modells soll vorsichtiger vorgegangen werden und nicht eine bestimmte Art des Zusammenhangs zwischen der Häufigkeit der Kommunikation und der Entfernung angenommen werden. Mögliche Arten des Zusammenhangs, wie etwa der von ALLEN unterstellte quadratische Zusammenhang, mögen sich zwar gut an die Daten anpassen, doch ist inhaltlich nicht ersichtlich, weshalb ein quadratischer und nicht ein anderer nicht‐linearer Zusammenhang gelten sollte. Dies gilt prinzipiell auch für die Lévy‐Flüge.
Aufgrund dieser Schwierigkeiten soll lediglich angenommen werden, dass es sich um nicht‐lineare Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit der
persönlichen Interaktion bzw. Kommunikation und somit der Art des Wissenstransfers und der Entfernung handelt. Ein Grund hierfür, so wird angenommen, ist, dass das Empfinden räumlicher Nähe ebenfalls nicht mit der Entfernung in einem linearen Zusammenhang steht, sondern durch Sprünge gekennzeichnet ist.
Es sollen nur wenige Annahmen über den konkreten Zusammenhang zwischen der räumlichen Entfernung und der Häufigkeit der Kommunikation getroffen werden. Maßgeblich für diese Annahmen soll eine Ursache für die schwierige Bestimmbarkeit des Zusammenhangs zwischen der Entfernung, nämlich der Auswahl und der Nutzung verschiedener Verkehrsmittel sein.
Es wird angenommen, dass die Veränderung der Art und der Häufigkeit persönlicher Kontakte mit der Wahl der Verkehrsmittel und die
Notwendigkeit von Übernachtungen in einem deutlich stärkeren Zusammenhang stehen als eine Zu‐ oder Abnahme der Entfernung bei demselben Verkehrsmittel. So wird angenommen, dass z.B. eine
Erreichbarkeit per Fuß oder die Notwendigkeit des Gebrauchs eines Verkehrsmittels oder die Notwendigkeit einer anderen Wahl eines Verkehrsmittels (Auto – Flugzeug) oder die Notwendigkeit einer
Übernachtung zu einer Veränderung der Art und Häufigkeit des Transfers von Wissen führen. Sollte aber ohnehin z.B. eine Übernachtung notwendig sein, so wird angenommen, dass die Entfernung zum FuE‐
Kooperationspartner einen vergleichsweise geringen Einfluss hat. Es wird also angenommen, dass es gewisse Schwellen gibt, innerhalb derer der Einfluss der Entfernung auf die Häufigkeit und Art des Treffens der FuE‐
Kooperationspartner sowie auf den Transfer von Wissen recht ähnlich ist.
Zwischen diesen Schwellen dürfte der Einfluss der Entfernung auf Art und Umfang des Wissenstransfers unähnlicher als innerhalb dieser Schwellen, also bei demselben Verkehrsmittel sein.
Maßgeblich für dieses Modell ist, ob die Entfernung sowie das darauf aufbauende Empfinden räumlicher Nähe zu einer Veränderung der Art und der Häufigkeit persönlicher Kontakte und dem damit verbundenen
Wissenstransfer führt. Erst dann dürfte der Anteil des impliziten Wissens am externen Wissen als auch auf die Absorptionskapazität beeinflusst werden.
Falls zwischen den Verkehrsmitteln besonders deutliche Unterschiede in der Art und dem Umfang des Wissenstransfers bestehen, also jene
beschriebenen Schwellen bestehen, so liegt es nah, diese Unterschiede in dem Modell deutlich werden zu lassen.
Die Entfernung zwischen den FuE‐Kooperationspartnern wird daher im Modell auch nicht einfach als eine stetige Variable dargestellt. Es würde nur ein linearer Zusammenhang dargestellt werden können, der Einfluss würde, falls dieser überhaupt signifikant werden würde, stark verzerrt sein. Um dies zu vermeiden, wird das Modell der Absorptionskapazität dreimal getestet und jeweils mit einem Vergleich von drei unterschiedlichen Entfernungen zwischen den FuE‐Kooperationspartnern dargestellt. Die jeweilige Schwelle wird im Modell durch eine dichotome Variable dargestellt, wobei der Wert 0 alle Entfernungen bis zu einer bestimmten Fahrtzeit und der Wert 1 alle Entfernungen, welche länger als diese Fahrtzeit sind, darstellen. Die drei Schwellen liegen bei einer halben Stunde, bei 1,5 Stunden sowie 4 Stunden Fahrtzeit. Wenn diese Schwellen als Regionsgrößen verstanden werden, dann beschreiben die Regressionskoeffizienten den Einfluss eines FuE‐
Kooperationspartners innerhalb einer Region im Vergleich zu einem FuE‐
Kooperationspartner außerhalb einer Region im Rahmen der drei Modelle.
Wenn die Entfernung sowie das darauf aufbauende Empfinden räumlicher Nähe zu einer Veränderung der Art und der Häufigkeit persönlicher Kontakte und dem damit verbundenen Wissenstransfer führen, sollen zwei mögliche Zusammenhänge in dem Modell getestet werden. Einerseits soll der
Zusammenhang mit dem Anteil impliziten Wissens am externen Wissen und andererseits soll der Zusammenhang mit der Absorptionskapazität getestet werden.
In Kapitel IV.C ist der Frage nachgegangen worden, ob implizites Wissen räumliche Nähe für dessen Übertragung braucht. Räumliche Nähe konnte weder als notwendige noch als hinreichende Bedingung für den Transfer von implizitem Wissen identifiziert werden. Die notwendigen face‐to‐face‐
Kontakte können durch eine geschickte Projektorganisation temporär hergestellt werden oder möglicher Weise können virtuelle Kontakte, z.B.
durch Videokonferenzen persönliche Kontakte bei dem Transfer von implizitem Wissen substituieren. Auch kann implizites Wissen externalisiert werden.
Allerdings ist es denkbar, dass der Aufwand, räumliche Nähe zu substituieren oder implizites Wissen zu externalisieren, so erheblich ist, dass je nach Zeit‐
und Kostenrahmen von FuE‐Kooperationen, ein Verlust von implizitem Wissen in Kauf genommen wird. Aufgrund des zusätzlichen Zeit‐ und
Kostenaufwands dürfte der Anteil des impliziten Wissens tendenziell sinken, wenn durch zunehmende Entfernung und ein geringeres Empfinden
räumlicher Nähe die Häufigkeit persönlicher Kontakte abnehmen. Weiterhin wird auch eine Externalisierung des impliziten Wissens ebenfalls den
impliziten Anteil des externen Wissens absenken. Ob nun weniger implizites Wissen transferiert wurde oder das implizite Wissen externalisiert wurde, kann im Nachhinein allerdings nur schwer festgestellt werden. Die siebte Hypothese lautet aus diesen Gründen:
H7: Bei FuE-Kooperationen mit Entfernungen zum Kooperationspartner oberhalb der angenommen Schwellen ist der Anteil des impliziten Wissens am externen Wissen geringer als bei FuE-Kooperationen mit Entfernungen zum Kooperationspartner unterhalb der angenommenen Schwellen.
Die angenommenen selteneren persönlichen Kontakte zwischen den FuE‐
Kooperationspartnern dürften sich auf die Absorptionskapazität des Unternehmens hinsichtlich des untersuchten FuE‐Vorhabens auswirken.
Durch häufigeren persönlichen Wissenstransfer dürfte stärker ungeplantes, auch nicht notwendiger Weise implizites Wissen übertragen werden,
welches allerdings hilft, das externe Wissen zu bewerten, zu assimilieren und anzuwenden, also die Absorptionskapazität des Unternehmens bei dem untersuchten FuE‐Vorhaben verbessert. Dieses ungeplante und trotzdem relevante Wissen kann sich z.B. in Anlehnung an DESROCHERS (2001, S. 32 ff.) auf die Kombination von vorher unverbundenem Wissen oder auf bestimmte nützliche Umstände von Zeit und Raum beziehen. Die achte Hypothese lautet daher:
H8: Bei FuE-Kooperationen mit Entfernungen zum Kooperationspartner oberhalb der angenommenen Schwellen ist die Absorptionskapazität des Unternehmens des externen Wissens des untersuchten Vorhabens geringer, als bei FuE-Kooperationen mit Entfernungen zum Kooperationspartner unterhalb der angenommenen Schwellen.
5. SCHLÜSSELPERSONEN, SCHNITTSTELLEN UND GATEKEEPER