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Interne Kommunikationsstrukturen und Verteilung der

B.   Z ENTRALE  E INFLUSSFAKTOREN DER  A BSORPTIONSKAPAZITÄT UND  A BLEITUNG

6.   Interne Kommunikationsstrukturen und Verteilung der

SACHKENNTNIS 

COHEN und LEVINTHAL (1990)  Unsicherheit SC

Technologische Unerfahrenheit U

Absorptions-kapazität

F 16 implizites

Wissen

Fach- u. Orga kompetenz PL

Bedeutung Nähe

F 42 Entfernung

F 44

Die Einflussfaktoren sind sehr vielgestaltig. Gut beobachtbar sind die 

Organisationsform und die Prozessgestaltung im Unternehmen. Wesentliche  Einflussfaktoren sind allerdings weniger gut beobachtbar. So hängt z.B. die  Bereitschaft das eigene Wissen mit Kollegen zu teilen sehr von dem  Vertrauen und der Erfahrung ab, welches die Mitarbeiter bisher im  Unternehmen gewonnen haben. Gerade diese subtileren Einflussfaktoren  sollten daher nicht unberücksichtigt bleiben. 

Ein recht umfassendes Konstrukt, welches geeignet scheint, so 

unterschiedliche Einflussfaktoren wie Vertrauen oder die Prozessgestaltung  zu umspannen, ist die Unternehmenskultur. SCHEIN (1985) unterscheidet  drei Kulturschichten Artefakte, Werte und Grundannahmen. Diese drei  Schichten stehen miteinander in Verbindung. Artefakte sind durch  menschliches oder technisches Einwirken entstandene Objekte oder  Verhaltensweisen, wie z.B. Managementsysteme, Organisationsformen,  Begrüßungsformeln, Architektur oder Statussymbole sein. Die Werte einer  Organisation können z.B. Ziele, Strategien oder die 

Unternehmensphilosophie sein. Auch wenn der Einfluss der Werte einer  Organisation auf das Verhalten der Mitglieder geringer ist als internalisierte  Wertvorstellungen, steuern diese das Verhalten der Mitgliedern mit. 

Grundannahmen befinden sich im Unterbewusstsein einer Organisation und  diese halten die Mitglieder für selbstverständlich und richtig.  

Es gibt, wie die folgende Diskussion zeigt, nicht eine bessere oder eine  schlechtere Unternehmenskultur für die Absorptionskapazität, sondern es  kommt auf das Zusammenspiel von Unternehmenskultur und Wissensumfeld  an. Im Folgenden sollen zunächst die Auswirkungen der Organisationsformen  und der Prozessgestaltung auf die Absorptionskapazität angesprochen  werden, bevor dann auf das beide beinhaltende Konstrukt der 

Unternehmenskultur eingegangen wird.  

COHEN und LEVINTHALs (1990) Überlegungen zu den Vor‐ und Nachteile  zentraler bzw. dezentraler Organisationsformen (vgl. Kapitel VI.A.2) haben  BOSCH et al (1999) weiterentwickelt. Am Beispiel des Eintritts 

niederländischer Verlage in den Bereich der neuen Medien zeigt Bosch et al  (1999), wie sich die Absorptionskapazität der Verlage nicht nur durch die  Vermehrung vorherigen verwandten Wissens erhöhte, sondern auch durch  die bewusste Veränderung ihrer Organisationsform und ihrer 

Kombinationsfähigkeiten. Die Organisationsformen von Unternehmen  beeinflussen die Kombinationsfähigkeit von externem und schon im  Unternehmen vorhandenem Wissen. Wissensumfelder von Unternehmen  verändern sich gemeinsam mit den Organisationsformen und den 

Kombinationsfähigkeiten von Unternehmen (Co‐Evolution). Anhand von drei  Grundtypen der Organisationsform werden die Effektivität, der Umfang, die 

Flexibilität und die Effizienz der Absorptionskapazität bewertet, wie dies in  der folgenden Abbildung dargestellt ist: 

ABBILDUNG 21:   THREE BASIC ORGANIZATION FORMS, DIMENSIONS OF KNOWLEDGE ABSORPTION AND ABSORPTIVE 

CAPACITY 

 

Quelle: BOSCH et al (1999, S. 553)

Funktionale Organisationsformen sind gekennzeichnet durch funktionelle  Gruppierungen ähnlicher Aktivitäten im Unternehmen, viele hierarchische  Ebenen, eine Spezialisierung des Wissens im Unternehmen nach 

Funktionsgebieten. Der Hauptvorteil nach Meinung der Autoren ist eine  hohe Effizienz bei der Absorption des Wissens durch die Economies of Scale,  den Overhead und die Fähigkeiten der Mitarbeiter. Die Breite / Vielfalt  (Scope) und die Flexibilität der Absorption sind dagegen begrenzt. In stabilen  und homogenen Wissensumfeldern mit relativ wenig neuen Produkt‐

Marktkombinationen und langen Produktlebenszyklen kann diese  Organisationsform geeignet sein. In turbulenten Umfeldern sind die  Reaktionsmöglichkeiten des Unternehmens zu gering und daher die  Auswirkung auf die Absorptionskapazität insgesamt negativ. 

Divisionale Organisationsformen sind gekennzeichnet durch eine 

Gruppierung zu Organisationseinheiten nach Produkt‐ Marktkombinationen,  begrenzter Hierarchie und einem vergleichsweise hohen Autonomiegrad der  Organisationseinheiten. Die Flexibilität der Absorptionskapazität ist nach  Ansicht von BOSCH et al (1999) aufgrund der direkten Kontakte zu dem  Wissensumfeld höher, die Breite / Vielfalt (Scope) der Absorptionskapazität  ist auf die einzelne Organisationseinheit begrenzt. Die Effizienz der 

Absorptionskapazität des gesamten Unternehmens ist aufgrund der hohen  Autonomie jeder einzelnen Organisationseinheit begrenzt. In dynamischen  Umfeldern, mit einer Vielfalt von Produkt‐, Marktumfeldern mit einer  geringen Gemeinsamkeit des Wissens und relativ langen 

Produktlebenszyklen ist eine solche Organisationsform angemessen.  

Die Matrixform ist eine Kombination von nach Funktionen organisierten,  spezialisierten Abteilungen und ‚quer’ zu der Organisation eines 

Unternehmens in projektbezogenen, temporären Einheiten. Die Matrixform  ist weniger effizient bei der Absorption von Wissen, da die Ressourcen nicht 

ausgenutzt werden. Die Economies of Scale sind eher gering, weil die  Ressourcen (Experten, Ausstattung, etc.) nur zum Teil ausgenutzt werden  können, da sie in unterschiedlichen Projekten gleichzeitig benötigt werden.  

Neben der Organisationsform wirkt sich auch die Prozessgestaltung im  Unternehmen, in einer Organisation, darauf aus, wie gut externes Wissen  absorbiert werden kann. BURNS und STALKER (1961) führen unterschiedliche  Organisationsstrukturen auf Unterschiede in der Situation bzw. Umwelt  zurück, in welcher sich das Unternehmen befindet. Je nach dem Umfeld, in  welchem sich das Unternehmen gerade befindet, sind die 

Organisationsstrukturen unterschiedlich effizient.  

BURNS und STALKER (1961) unterscheiden zwischen mechanischen und  organischen Prozessen. In einem mechanischen System sind die Ziele klar  definiert, es gibt hierarchische Entscheidungen und vertikal verlaufende  Kommunikationsbeziehungen. Bürokratische Organisationen sind  mechanische Systeme. Organische Systeme passen sich dagegen schnell  einer veränderten Umwelt an. Es gibt keine festgelegten Ziele, keine klaren  Aufgabenbeschreibungen, weniger ein Denken in Pflichten als in 

Problemlösungen. Die Kommunikationsstrukturen verlaufen eher  netzwerkförmig. 

Auch wenn es auf den ersten Blick so erscheinen mag, dass mechanische  Systeme Lernprozesse, Wissenstransfer und die Aufnahme externen Wissens  behindere und organische Systeme diese fördern, ist kein System per se  besser als das andere. Es kommt auf das Zusammenspiel von System und  Umwelt an. So kann in einer stabilen Lernumwelt auch ein mechanisches  System effizient sein. Je stärker sich die Umwelt verändert, desto effizienter  wird das organische System (HAUSCHILDT, 1997).  

Neben der Form der Organisation und der Unterscheidung in mechanische  und organische Systeme gibt es weitere Einflussfaktoren, welche auf einer  organisationalen Ebene die internen Kommunikationsstrukturen und die  Verteilung der Sachkenntnis mitbestimmen. Neben dem schon 

angesprochenen Vertrauen, kann auch das schon in Kapitel VI.A.2 erwähnte  not‐invented‐here‐Syndrom“ (NIH) deutlich machen wie stark interne  Überzeugungen auf die Absorption externen Wissens wirken können. Die  Handlungen der Mitglieder von Organisationen werden durch ihre  Organisationen beeinflusst. Das Konstrukt der Unternehmenskultur bzw. 

Organisationskultur versucht dies zu fassen. Eine oft zitierte Definition einer  Organisationskultur ist die Definition von SCHEIN (1985).  

SCHEIN (1985) versteht unter der organisationalen Kultur einer Gruppe ein  Muster von Grundannahmen und Wertvorstellungen, das hinter den direkt 

beobachtbaren Handlungen der Mitglieder liegt. Dieses Muster wurde in  einem stetig fortschreitenden Prozess von der Gruppe bei der Bewältigung  ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt. Da es  sich in der kollektiven Erfahrung in unterschiedlichen Zusammenhängen  bewährt hat, gilt es als bindend und wird an neue Mitglieder als rational und  emotional korrekter Ansatz für den Umgang mit organisationsrelevanten  Situationen weitergegeben (SCHEIN, 1985, S. 25). 

CAMERON und FREEMAN (1991) haben eine überzeugende 

Unternehmenskulturtypologie entwickelt. So hat sich ihre Typologie auch in  anderen Studien bewährt (ERNST, 2003; VOLLMER, KOHLERT, 2005). Auch  haben CAMERON und FREEMAN (1991) ein bereits erprobtes 

Messinstrument entwickelt, bei welchem ERNST (2003) mit Hilfe eines  MTMM‐Verfahrens (MultiTrait‐MultiMethod) – einer 

Mehrpersonenbefragung ‐ die Konstruktvalidität überprüft hat.  

Die Typologie CAMERON und FREEMAN (1991) besteht aus zwei  Dimensionen und vier Unternehmenskulturtypen. In der folgenden  Abbildung sind die Dimensionen als diagonale Achsen dargestellt. Auf der  einen diagonalen Achse werden Integration und der Ausgleich an 

Spannungen mit der Betonung von Wettbewerb und Differenzierung  substituiert, auf der anderen werden mechanische Prozesse der Kontrolle,  Stabilität und Ordnung durch organische Prozesse der Flexibilität, 

Spontaneität und Individualität substituiert. Bei dieser Dimension greifen sie  auf die Arbeit von BURNS und STALKER (1961) zurück. Die 

Unternehmenskulturtypen (Hierarchie, Familie, Adhocracy und Markt) sind  an den Endpunkten der horizontalen und der vertikalen Achse in der  Abbildung dargestellt. Das Zusammenspiel zwischen der Art des Umfeldes  und der Unternehmenskultur bestimmt, wie effizient diese Kulturtypen für  Lernprozesse im Unternehmen sind. 

ABBILDUNG 22:  UNTERNEHMENSKULTURTYPOLOGIE VON CAMERON UND FREEMAN (1991) 

Organische Prozesse (Flexibilität, Spontaneität)

Mechanische Prozesse (Kontrolle, Ordnung, Stabilität)

Externe Positionierung (Wettbewerb, Differenzierung) Interne Aufrechterhaltung

(Spannungen ausgleichen, Integration)

Familie

Adhocracy (Risikooffenheit /

Spontaneität)

Markt Hierarchie

 

Quelle: eigene Darstellung nach CAMERON und FREEMAN (1991)

Dieses schon erprobte und bewährte Instrument soll auch in der eigenen  Erhebung berücksichtigt werden. Allerdings begrenzt die Fallzahl der eigenen  Erhebung und die vielen weiteren Einflussfaktoren die Anzahl der 

Kulturtypen, welche berücksichtigt werden können. Statt aller vier  Kulturtypen soll nur der Kulturtyp der Adhocracy (Risikofreudigkeit,  Spontaneität) berücksichtigt werden, welcher in einem dynamischen  Wissensumfeld besonders effizient sein dürfte. Dieser Kulturtyp ist das  Pendant zum bürokratischen Kulturtyp der Hierarchie. Wesentliche  Eigenschaften dieses risikooffenen Kulturtyps sind Unternehmertum,  Kreativität, Risikofreunde, Anpassungsfähigkeit und das Bekenntnis zur  Innovation. Die Geschäftsführung sieht sich als Unternehmer und als  Innovator, der sich flexibel auf unterschiedliche Situationen einstellt. Risiko  und Veränderung werden eher als Chance denn als Gefährdung betrachtet. 

In der strategischen Ausrichtung möchte das Unternehmen durch 

Innovationen und neue Ressourcen stark wachsen, neue Märkte erschließen  und Marktanteile erhöhen. Unternehmergeist und Kreativität sind wichtige  Wert im Unternehmen. 

Es ist anzunehmen, dass innerhalb dieses dynamischen Kulturtyps die  Kommunikationsstrukturen ebenfalls recht dynamisch und flexibel sein  dürften. Diese Annahme wird durch die Studie von LIN et al (2002,  Seite 306ff.) bestärkt. Hiernach ist eine innovative und wissensbasierte  Organisationskultur ein Haupteinflussfaktor, um ein förderliches Umfeld für  intra‐ und interorganisationale Interaktionen zu schaffen. Diese dynamische  Kommunikation in dem Kulturtyp der Adhocracy dürfte sich auch positiv auf 

die Verteilung der Sachkenntnis auswirken, welche für das Verständnis 

H10: Je ähnlicher die Unternehmenskultur dem Kulturtyp der Adhocracy ist, desto höher ist die Absorptionskapazität des Unternehmens hinsichtlich des externen Wissens bei dem untersuchten FuE-Vorhaben.

 

7. WECHSELWIRKUNGEN ZWISCHEN DEN UNABHÄNGIGEN VARIABLEN