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Gesundheit, Behaglichkeit und

Im Dokument Leitfaden Nachhaltiges Bauen (Seite 38-41)

5. Nachhaltigkeitsbewertung von

3.3 Soziokulturelle und funktionale Qualität

3.3.1 Gesundheit, Behaglichkeit und

Nutzerbezogene Qualitätsziele, die der Optimierung der Aufenthaltsqualität und Leistungsfähigkeit der Nutzer dienen und gesundheits­ und komfortrelevante Belange berücksichtigen, stellen eine besondere Herausforderung dar, da das Ergebnis oftmals nicht gänzlich kalkuliert und zudem im Einzelfall unterschied­

lich wahrgenommen werden kann. Während beim Neubau diese Belange nach einschlägigen technischen Baubestimmungen, arbeitsschutzrechtlichen Anforde­

rungen und der Bedarfsplanung geplant und umgesetzt werden, stehen zur Bewertung der tatsächlichen Situa­

tion im bestehenden Gebäude Nutzerzufriedenheits­

befragungen zur Verfügung. Die gesundheitliche und komfortbezogene Vorsorge in der Planung ist somit Voraussetzung, wenn auch kein Garant für das Wohl­

befinden der späteren Nutzer.

Dies erfolgt beispielsweise durch die Optimierung von Maßnahmen zur Sicherstellung gesundheits­ und be­

haglichkeitsfördernder Aspekte, die zu einer Erhöhung von Lebensqualität und Leistungsfähigkeit der Nutzer des Gebäudes führen können.

Gesundheit

Primäres Kriterium zur Vermeidung gesundheitlicher Beeinträchtigungen der Raumnutzer ist die Sicherstel­

lung einer hygienisch unbedenklichen Innenraumluft­

qualität (BNB 3.1.3), für die vor allem gebäudebedingte und nutzerbedingte Einflüsse maßgeblich sind. Dazu zählen Schadstoffemissionen aus Baustoffen und Bauprodukten, mikrobielle Verunreinigungen durch Feuchteeinwirkung und hohe Kohlendioxidkonzentra­

tionen in der Raumluft. Da Gerüche subjektiv wahrge­

nommen werden und kein verlässlicher Indikator für höhere Raumluftbelastungen sind, können diese nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnissen noch kein Aufschluss über einhergehende gesundheitliche Risiken geben.

Eine gezielte Auswahl emissionsarmer Bauprodukte verfolgt das Ziel, eine hohe Raumluftqualität ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen zu ermöglichen.

Durch stichprobenartige Messungen im Anschluss an Baumaßnahmen lässt sich der Erfolg der vorbeugen­

den Planung überprüfen. Messbar sind flüchtige organische Verbindungen in Summe und als Einzel­

konzentrationen sowie Formaldehyd als leicht flüchtige 3�3 Soziokulturelle und funktionale Qualität

In der soziokulturellen und funktionalen Qualität wer­

den sämtliche Faktoren betrachtet, die Einfluss auf die soziale und kulturelle Identität des Menschen und sein Wertempfinden haben. Soziokulturelle und funktiona­

le Aspekte haben eine hohe Bedeutung bei der Beurtei­

lung des Gebäudes durch die Nutzer und die Gesell­

schaft. Somit wirkt sich eine hohe Nutzerzufriedenheit im Sinne der Nachhaltigkeit positiv auf das Gebäude aus und führt zu einer besonderen Wertschätzung und Wertbeständigkeit des Gebäudes. Daher sind alle sozio­

kulturellen Aspekte am Menschen zu orientieren und stets an der Schaffung eines hohen Nutzwertes auszu­

richten.

Die soziokulturellen Schutzziele im nachhaltigen Bauen adressieren folgende Bereiche:

Bewahrung von Gesundheit, Sicherheit und Behaglichkeit

Gewährleistung von Funktionalität

Sicherung der gestalterischen und städtebaulichen Qualität

Demnach sind sowohl die Gesundheit, Behaglichkeit und Zufriedenheit der Nutzer als auch die zweckmäßi­

ge Nutzbarkeit des Gebäudes und ein hohes Maß an räumlichem und funktionalem Komfort von Bedeu­

tung. Da alle einzelnen Faktoren im Zusammenwirken wesentlichen Einfluss auf Gebäudeentwurf, Material­

auswahl, Baukonstruktion und Anlagentechnik haben, sind bereits in der frühen Planungsphase entsprechen­

de Ziele festzulegen und Konzepte auszuarbeiten. Da die soziokulturelle Identität des Menschen auch durch das Erscheinungsbild des Gebäudes und seiner unmit­

telbaren Umgebung beeinflusst wird, spielt auch die städtebauliche Integration und das gestalterische Er­

scheinungsbild eine wichtige Rolle. Für die Sicherstel­

lung der architektonischen und städtebaulichen Quali­

täten ist ein bewertender Vergleich durch Fachexperten erforderlich. Die wesentlichen Inhalte der Kriterien sind in den folgenden Kapiteln 3.3.1 bis 3.3.3 erläutert.

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der Raumluft bestehen. Eine visuelle und sensorische Inspektion während und nach Gebäudefertigstellung dient dazu, einen mikrobiellen Befall durch längerfris­

tige bau­ oder schadensbedingte Feuchteeinwirkungen vorzubeugen.

Weiterführende Hinweise und Angaben zu Kohlen­

dioxid in der Innenraumluft, Lüftungsverhalten und Schimmelpilzvermeidung können verschiedenen Leit­

fäden25 des Umweltbundesamtes entnommen werden.

Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit Für behagliche Nutzungsbedingungen und einen qualitativ hochwertigen und sicheren Aufenthalt ist ein gleichermaßen thermisch, akustisch und visuell angenehmes Raumklima zu gewährleisten. Wissen­

schaftliche Studien26 haben gezeigt, dass die Zufrieden­

heit und Leistungsfähigkeit der Gebäudenutzer in direktem Zusammenhang mit der räumlichen Situation stehen und darüber hinaus auch eine gesundheitliche Relevanz haben können.

25 www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/pdfs/

kohlendioxid_2008.pdf

www.umweltbundesamt.de/publikationen/leitfaden-fuer- innenraumhygiene-in-schulgebaeuden

www.umweltbundesamt.de/publikationen/anforderungen- an-lueftungskonzeptionen-in-gebaeuden

Verschiedene Fachbroschüren zur Vorbeugung und Sanierung von Schimmelpilz unter dem Stichwort „Schimmel“ unter:

www.umweltbundesamt.de/publikationen

26 Siehe Bosti-Studie (1985), EU-Arbeitsschutzstrategie 2007-2012 organische Verbindung. Maßgeblich für die hygieni­

sche Bewertung sind die Leitwerte des Ausschusses für Innenraumrichtwerte23, die angeben, welche Konzen­

trationen als hygienisch unbedenklich eingestuft wer­

den. Diese Werte sind aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht für Arbeitsstätten verbindlich einzuhalten und aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten möglichst zu unter­

schreiten. „In umschlossenen Arbeitsräumen muss unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren, der körperli­

chen Beanspruchung und der Anzahl der Beschäftigten sowie der sonstigen anwesenden Personen ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft vorhanden sein.“24 Die Anforderung nach Arbeitsstättenverordnung be­

trifft ebenso Maßgaben bezüglich Verunreinigungen der Innenraumluft durch Kohlendioxid, die durch die Atemluft der Raumnutzer entstehen. Diese werden in der seit 2012 existierenden „Technischen Regel für Arbeitsstätten – Lüftung“ (ASR A3.6) festgeschrieben.

Zur Sicherstellung einer möglichst niedrigen CO2­Kon­

zentration ist bei der Planung auf einen ausreichenden Luftwechsel durch Frischluftzufuhr – sowohl bei natür­

licher wie auch bei mechanischer Belüftung – zu achten.

Da der CO2­Gehalt beziehungsweise der erforderliche Luftvolumenstrom von der Raumgröße und der Anzahl der anwesenden Personen abhängig ist, muss die Art der Lüftung (Fensterlüftung und / oder mechanische Lüftung) sorgsam geplant werden und sollte nicht rein nach Kosten­ / Nutzenabwägung entschieden werden.

Grundsätzlich kann in jedem – auch neugebauten Gebäude – aufgrund nicht beseitigter oder erkannter Feuchteschäden ein verstecktes oder sichtbares Schim­

melwachstum vorherrschen und dadurch die Gefahr des Vorhandenseins mikrobieller Verunreinigungen

23 Der „Ausschuss für Innenraumrichtwerte“ legt im Auftrag der Gesundheitsministerkonferenz bundeseinheitliche Richtwerte für die Innenraumluft fest. Sie besteht aus Fachleuten der Innenraumlufthygienekommission (IRK) und Fachleuten der Arbeitsgruppe Innenraumluft des Umwelthygieneausschusses der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbe-hörden (AOLG). Die Richtwerte sind nach hygienisch-toxikolo-gischen Kriterien abgeleitet und veröffentlicht durch das Umweltbundesamt unter: www.umweltbundesamt.de/

themen/gesundheit/kommissionen-arbeitsgruppen/

ad-hoc-arbeitsgruppe-innenraumrichtwerte-0 24 Vgl. Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV 2004)

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Beispielhafte Darstellung einer Temperaturasymmetrie im Bereich beheizter Decke und Außenwand

stärker bemerkbar. Eine natürliche Belichtung ist der künstlichen Beleuchtung vorzuziehen, da sie qualitativ das bessere Licht darstellt und als angenehmer emp­

funden wird.

Zur Sicherstellung einwandfreier Belichtung sollten Tageslichtöffnungen (Fenster und Oberlichter) ein angenehmes Helligkeitsniveau erzeugen und eine hinreichende Sichtverbindung zwischen Innen­ und Außenraum auch bei aktiviertem Sonnenschutz er­

möglichen. Durch eine frühzeitige und integrale Tages­

licht­ und Kunstlichtplanung kann eine hohe Beleuch­

tungsqualität bei möglichst niedrigem Energiebedarf geschaffen werden. Richtwerte für Mindestbeleuch­

tungsstärken für unterschiedliche Nutzungsbereiche und Maßgaben für die Tageslichtversorgung sind den

„Technischen Regeln für Arbeitsstätten – Beleuchtung“

(ASR A3.4) zu entnehmen.

Entscheidend für die Wahrnehmung der Behaglichkeit ist neben den technischen und baulichen Vorausset­

zungen die individuelle Einflussnahme der Nutzer (BNB 3.1.6) auf die Bereiche Lüftung, Sonnenschutz, Blendschutz und Temperatur während und außerhalb der Heizperiode sowie auf die Steuerung von Tages­

und Kunstlicht. Dies erhöht einerseits die Akzeptanz, Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit der Nutzer.

Andererseits beeinflusst die individuelle Anpassbarkeit an den tatsächlichen Bedarf den Energieverbrauch.

Aufenthaltsbereiche im Gebäude sowie im unmittelba­

ren Außenraum (BNB 3.1.7) des Gebäudes dienen dem Allgemeinwohl der Nutzer. Kommunikationsfördernde Bereiche im Gebäudeinneren sowie ansprechende, wettergeschützte Außenräume fördern den kommuni­

kativen Austausch zwischen den Mitarbeitenden, die­

nen dem Allgemeinwohl der Nutzer und begünstigen die Akzeptanz für das Bauwerk. Das Ziel dabei ist, mög­

lichst vielen Nutzern eine Vielfalt an Aufenthaltsmög­

lichkeiten mit hoher Ausstattungsqualität anzubieten und damit die Raumqualitäten zu befördern. Generelle Anforderungen an den Außenraum sind in der Broschü­

re „Nachhaltig geplante Außenanlagen auf Bundeslie­

genschaften“ 27 und in der BNB­Systemvariante Außen­

anlagen beschrieben.

27 Vgl. BBSR (2018 a) Der thermische Komfort im Winter und im Sommer

(BNB 3.1.1) bildet eine wichtige Grundlage für effizien­

tes Arbeiten und Lernen und steht in engem Zusam­

menhang mit der Nutzerzufriedenheit. Wichtige Parameter sind Raumtemperatur, Raumluftfeuchte, Luftgeschwindigkeit mit dem einhergehenden Zugluft­

risiko, Strahlungstemperaturasymmetrie und Fußbo­

dentemperatur. Wesentlich für die Planung ist es, zwischen maschinell beheizten und unbeheizten bezie­

hungsweise gekühlten und ungekühlten Räumen und Bauteilen zu unterscheiden, da es hierfür unterschied­

liche Komfortmodelle gibt. Auch hier ist eine sorgsame Abwägung und zielgerichtete Kombination verschiede­

ner technischer Maßnahmen unter Berücksichtigung des Nutzerverhaltens erforderlich, da das Maß des ther­

mischen Komforts auch wesentlichen Einfluss auf den Energieverbrauch hat.

Bezüglich des akustischen Komforts (BNB 3.1.4) ist es das Ziel, die Hörsamkeit entsprechend der jeweiligen Raumnutzung zu optimieren. Die akustische Qualität eines Raumes hat großen Einfluss auf das Verstehen von Sprache, auf die Kommunikationsbedingungen und somit auf das Wohlbefinden sowie auf die Konzen­

trations­ und die Leistungsfähigkeit der Gebäudenut­

zer. Eine ungenügende Raumakustik kann belastend wirken und zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, da dadurch in der Regel auch der Lärmpegel innerhalb des Raumes verstärkt wird, der wiederum die sprachliche Kommunikation beeinflusst. Allen Nut­

zungen gemein ist die Erfordernis einer akustischen Dämpfung der Räume durch ein nutzungsabhängiges Mindestmaß an schallabsorbierenden Raumbegren­

zungsflächen.

Visueller Komfort (BNB 3.1.5) wird durch einen mög­

lichst hohen Anteil an Tageslicht, ergänzt durch eine ausgewogene künstliche Beleuchtung ohne nennens­

werte Störungen wie Direkt­ und / oder Reflexblendung erreicht. Dabei ist sowohl auf ein ausreichendes als auch auf ein an die jeweiligen Bedürfnisse anpassbares Beleuchtungsniveau zu achten. Die Lichtqualität beein­

flusst nicht nur die momentane Sehfähigkeit, sondern hat auch Einfluss auf die Konzentrations­ und Leis­

tungsfähigkeit. Zudem machen sich durch eine unzu­

reichende Belichtung bestehende Sehfehler wesentlich A 3

Barrierefrei sind Gebäude und Anlagen dann, „wenn sie für alle Menschen, mit oder ohne Behinderung, in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne Hilfe zugänglich und nutzbar sind“ 29. Dies ist für die öffentlich genutzten Bereiche zu gewährleisten und sollte gleichfalls für die als Arbeits­

stätten ausgewiesenen Nutzungsbereiche sichergestellt werden.

BUNDESBAU Im Bereich von Bundesbaumaßnahmen ist die Umsetzung der Barrierefreiheit verbindlich gere­

gelt (siehe auch Leitfaden Barrierefreies Bauen30).

Darüber hinaus wird die Akzeptanz und Integration von Gebäuden innerhalb des Stadtquartiers, einer Stadt beziehungsweise der Region durch eine öffentliche Zu­

gänglichkeit (BNB 3.2.4) des Bauwerks gefördert. Dabei sorgt ein vielfältiges Nutzungsangebot, wie zum Bei­

spiel eine Cafeteria, Ausstellungsflächen und zugängli­

che Grünanlagen für die Belebung des öffentlichen Raumes auf Gebäude­ und Quartiersebene. Somit trägt die Teilhabe und Wertschätzung durch die Öffentlich­

keit zur Wertbeständigkeit des Gebäudes bei. Gleichzei­

tig kommen externe Nutzungen der ökonomischen Nachhaltigkeit im Gebäudebetrieb zu Gute.

Angebote, welche die Nutzung von Fahrrädern oder Elektromobilität und Carsharing­Angeboten befördern, unterstützen die Nutzer darin, verstärkt einen umwelt­

gerechten Anfahrtsweg zur Arbeitsstätte zu wählen und reduzieren somit den klassisch motorisierten Individu­

alverkehr. Zu den wesentlichen Aspekten der Mobili­

tätsinfrastruktur (BNB 3.2.5) zählen das Vorhandensein von entsprechenden Stellplätzen und auch qualitative Ausstattungsmerkmale, die den Nutzerkomfort erhöhen.

29 Vgl. DIN 18040-1: 2010-10 30 BMI (2019 a)

Das subjektive Empfinden von Sicherheit trägt grund­

legend zur Behaglichkeit von Menschen bei. Ein weite­

res Ziel ist daher die Erhöhung des subjektiven Sicher­

heitsgefühls durch den unmittelbaren Schutz von Mensch und Eigentum sowie durch die Vermeidung von Gefahren und Unfällen (BNB 3.1.8). Maßnahmen, die das subjektive Sicherheitsgefühl erhöhen, sind in der Regel auch dazu geeignet, die Gefahr von Übergrif­

fen durch andere Personen zu verringern. Objektive Sicherheit ist gegeben, wenn potenzielle Gefahrensitu­

ationen bestmöglich vermieden werden beziehungs­

weise die Auswirkung eines Schadensereignisses wie zum Beispiel das Risiko durch Brandgase weitestge­

hend reduziert wird. Für ein möglichst positives Sicher­

heitsempfinden sind entsprechende Präventionsmaß­

nahmen bei der Planung der Erschließungswege inner­ und außerhalb des Gebäudes bis hin zu Sicher­

heitseinrichtungen, die ein schnelles Eingreifen durch Dritte ermöglichen, zu berücksichtigen. Dies erfolgt in Abhängigkeit des Sicherheitsbedarfs je nach Nutzungs­

und Standortgegebenheiten.

Im Dokument Leitfaden Nachhaltiges Bauen (Seite 38-41)