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4 Nachhaltigkeit und Wissenschaft – Einführende Bemerkungen

Prof. Dr.-Ing. Matthias Kleiner ML

Nachhaltigkeit und Wissenschaft – Einführende Bemerkungen

Auf dem Leopoldina-Workshop „Nachhaltigkeit in der Wissenschaft“

im November 2012 stand die wissenschaftstheoretische Diskussion verschiedener Dimensionen von Nachhaltigkeit im Vordergrund. In der Zwischenzeit hat sich im Hinblick auf die internationalen und nationalen politischen Randbedingungen und die gesetzten Ziele der Weltgemein-schaft viel getan: Auf der Konferenz „Rio+20“ im Juni 2012 kamen die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen überein, einen Folgeprozess zu den der Millenniums-Entwicklungszielen – die Post-2015-Agenda – zu starten. Bis zur Unterzeichnung im September 2015 wurde intensiv über Ziele und Maßnahmen diskutiert, in denen auch dank des Wis-senschaftlichen Beirats des Generalsekretärs der Vereinten Nationen die grundlegende Bedeutung der Wissenschaft für eine nachhaltige Entwicklung sehr starke Berücksichtigung fand. 2015 war insgesamt ein besonderes Jahr. Erst fand im Juni der G7-Gipfel auf Schloss El-mau statt, der die Weichen für die Verabschiedung der 17 Sustainable Development Goals im Herbst auf dem Nachhaltigkeitsgipfel der Ver-einten Nationen stellte, dann wurden im Dezember 2015 in Paris die Klimaschutzziele und das Versprechen der Dekarbonisierung der Welt-wirtschaft auf der Weltklimakonferenz beschlossen. Beide Abkommen sind in vielerlei Hinsicht einschneidend und weitreichend. Erst kürzlich haben mit der Ratifizierung durch die USA, durch China, Indien und schließlich durch die EU erstmals überhaupt die größten Verursacher von klimaschädlichen Gasen den Weg freigemacht für eine zügige Um-setzung der gesteckten Ziele in den Mitgliedsstaaten.

Was aber bedeutet dies für die Wissenschaft? Dass die Wissen-schaft als Ideengeber ein wesentlicher Motor und die treibende Kraft für Innovationen und nachhaltige Entwicklung ist, ist selbstverständlich.

Doch Erkenntnisgewinn ist die eine Seite und führt nicht alleine zu einer besseren, zu einer sicheren und globalisierten Welt ohne Krisen. Mir scheint, dass es in Zukunft für die Wissenschaften noch wichtiger sein wird, ihre Erkenntnisgewinne und Einsichten zu vermitteln. Eine solche

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Vermittlungsleistung kann nicht alleine durch die Wissenschaftskom-munikation geleistet werden, weil diese Art von Wissen, Erläuterung, Kontextualisierung und manchmal auch gemeinsames transdiszipli-näres Denken erfordert. Darauf müssen und darauf werden sich Wis-senschaftlerinnen und Wissenschaftler einlassen, mit in den Dialog zu treten und im Sinne der Verzahnung der 17 Nachhaltigkeitsziele an ei-nem Strang zu ziehen.

Diese wichtige Aufgabe muss eng mit der Forschung verknüpft sein, statt zu ihren Lasten zu gehen. Eine Überlegung könnte sein, auf der Ebene von Fakultäten, Sektionen, Instituten, Abteilungen Schnittstel-len zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft einzurichten, die Wissenschaftler bei der Vermittlung unterstützen und Ergebnisse er-kenntnisorientierter Forschung außerhalb wissenschaftlicher Kontexte darstellen. Diese Funktion erfüllen bereits teilweise die bestehenden nationalen oder in den Regionen verankerte Plattformen und Koordina-tionsstellen, die dabei ganz wesentlich auf die Mitwirkung und Zuarbeit durch einzelne Institute in den jeweiligen Fachgebieten angewiesen sind. Einzelne Beispiele hierzu gibt es der Leibniz-Gemeinschaft. Selbst-verständlich kann eine solche wissenschaftsbasierte Beratung nur emp-fehlenden Charakter haben, die Entscheidung liegt weiterhin natürlich bei der Politik und dem gewählten Parlament.

Ich bin der festen Überzeugung, dass Wissenschaft, vor allem aber ihre Ergebnisse, durch eine solche Schnittstelle die Aufmerksamkeit bekommt, die ihr im Sinne der Gesellschaft und der Umwelt gebührt und damit ihre hohe Relevanz insgesamt deutlich wird – gerne auch mit positiven Auswirkungen auf die Forschungsförderung, die die wichtigen Forschungsarbeiten ja erst ermöglicht. Ebenfalls wären dadurch neue Impulse von außen für und in die Wissenschaft zu erwarten, die wie-derum ihrerseits Reflexionsprozesse befruchten. Die Wirkung der Wis-senschaft in und für die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik ist die eine Seite der Betrachtung. Der Wissenschaftsbetrieb selbst ist eine zweite Seite. Hierzu gibt es Erfreuliches zu berichten.

Anfang Oktober 2016 haben die Leibniz-Gemeinschaft, die Helm-holtz-Gemeinschaft und die Fraunhofer-Gesellschaft Bundesministerin Wanka im Rahmen eines durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) organisierten Symposiums zur Nachhaltigkeit in der Wissenschaft eine Handreichung zum Nachhaltigkeitsmanagement in Nachhaltigkeit und Wissenschaft – Einführende Bemerkungen

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außeruniversitären Forschungsorganisationen überreicht. Das ist das Produkt eines organisationsübergreifenden Forschungsverbundpro-jektes, das das BMBF über drei Jahre finanziert hat. In diese Handrei-chung, die unter www.lena-projekt.de abrufbar ist, werden eine Fülle von gebündelten Informationen zu Grundprinzipien und Management-prozessen gegeben sowie erstmals für Wissenschaftsorganisationen fünf Funktionsbereiche mit insgesamt 16 Handlungsfeldern im Kontext des Nachhaltigkeitsmanagements definiert. Diese reichen von ver-schiedenen Kriterien für einen gesellschaftlich verantwortungsvollen Forschungsprozess über ein serviceorientiertes Personalmanagement bis zu nachhaltigem Beschaffungs-, Liegenschafts- und Mobilitätsma-nagement. Diese Handreichung stellt eine sehr hilfreiche Grundlage für einen nachhaltigkeitsorientierten Wissenschaftsbetrieb dar.

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5 The 2030 Agenda for Sustainable Development: Origins and Prospects

Prof. Dr. Jakob Rhyner

The 2030 Agenda for Sustainable Development: Origins and Prospects

Sustainability was invented not far from Berlin, appearing as it did for the first time in the German phrase “nachhaltige Nutzung” (“sustain-able use”) in a publication by Hans Carl von Carlowitz in 1713. Since then, sustainability has been an issue in technical rather than environ-mental discussions. In 1992, however, this fundaenviron-mentally changed.

Based on the work of the Brundtland Commission, the United Nations Conference on Environment and Development in Rio de Janeiro actually paved the way for many important developments, including the Kyoto Protocol. Twenty years later, again in Rio de Janeiro, the United Nations Conference on Sustainable Development (Rio+20) concluded with the milestone report “The Future We Want”. This report laid the basis for the 2030 Agenda for Sustainble Development and the Sustainable De-velopment Goals (SDGs).