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Der größte Anteil des Futterproteins (bis zu 70 %, WALLACE 1996) wird durch die Aktivität der mikrobiellen Proteasen im Pansen gespalten (näheres s. HÖLTERSHINKEN 1990) und weiter über Peptide und Aminosäuren zu Ammoniak metabolisiert. Die Aminosäuren im Pansen können auch direkt in die mikrobielle Proteinsynthese eingeschleust werden (WALLACE et. al. 1997).

2.4.1.6.1 Energetik des Proteinumsatzes im Pansen

Infolge der hohen Proteolyserate von leichtlöslichen Proteinen im Pansen und der mikrobiellen Neusynthese entstehen beträchtliche energetische Verluste (BERGNER 1996).

Nach BARKER (1981) ist jedoch ein Aminosäurenabbau bei anaerob lebenden Bakterien-arten eine notwendige Voraussetzung, um letztendlich zusätzliche Energie gewinnen zu können. Der Abbau einer Aminosäure ist im allgemeinen an den Abbau einer 2. Aminosäure gekoppelt, wobei die eine oxidativ und die zweite reduktiv verstoffwechselt wird (BERGNER 1996).

2.4.1.6.2 Aminosäurenabbau

Die Fermentation von Aminosäuren zu Ammoniak, CO2 und kurzkettigen Fettsäuren ist ein wichtiger Schritt bei der Metabolisierung von Protein in anaeroben Standorten, z. B. in maritimen und Süßwasser-Sedimenten oder im Darm (BUCKEL 1991). Es ist nur mit etwa einem Prozent freier Aminosäuren (0,08 – 1,6 mg / 100 ml) von allen ruminalen Aminosäuren zu rechnen (HARMEYER 1971). Entweder werden sie zu Ammoniak abgebaut oder durch die Pansenwand absorbiert und an Mikroorganismen oder Futterpartikel gebunden bzw. in die Mikroorganismen inkorporiert (näheres s. BRÖCKER 1996). Beim Abbau der Aminosäuren entstehen nach der Desaminierung C-Gerüste, die über die in Tab 2.6 angegebenen Stufen in die Pyruvatbildung und dann in die flüchtige Fettsäuren-Synthese einmünden. Die Amino-säuren führen überwiegend bei ihrem Abbau über Pyruvat zu flüchtigen FettAmino-säuren und einige zu verzweigtkettigen Fettsäuren (s. Tab. 2.6).

Tab. 2.6: Aminosäurenabbau und deren Produkte im Pansen (BERGNER 1996) Glycin zu Pyruvat und weiter zu Acetat

Alanin zu Pyruvat weiter zu Acetat

Serin nach Desaminierung zu Pyruvat weiter zu Acetat

Cystein über L-Cystein zu Pyruvat weiter zu Acetat und Butyrat Prolin über D-Prolin zu Valeriansäure

Glutaminsäure über -Ketoglutarat in Pyruvat, weiter zu Acetat und Butyrat Asparaginsäure über Oxalacetat zu Pyruvat, weiter zu Succinat dann zu Propionat

Threonin über Aminoacetoacetat zu Lactat und dann zu Propionat oder Glycin zu Pyruvat und weiter zu Acetat

Valin zu Isobuttersäure Leucin zu Isovaleriansäure Isoleucin zu 2-Methylbutyrat

Lysin über Glutaminsäure weiter zu Acetat und Butyrat

Arginin über Ornithin in Gegenwart von Prolin zu Acetat und Alanin, Alanin weiter über Pyruvat zu Acetat

Histidin über Glutaminsäure zu Pyruvat weiter zu Acetat Methionin zu Methylsulfid

Phenylalanin zu Phenylessigsäure und Phenylpropionsäure

Tyrosin zu Tyramin, p-Hydroxyphenylessigsäure und p-Hydroxyphenylpropionsäure Tryptophan zu Indol, Skatol, Indolessigsäure, Indolpropionsäure

2.4.1.6.3 Energiegewinnung im Aminosäurenabbau

Ein Energiegewinn im Aminosäurenabbau ist durch Umwandlung zu flüchtigen Fettsäuren möglich. HARWOOD u. CANALE-PAROLA (1981) berichteten über ein marines Spirochetum, das ATP in der Fermentation von verzweigtkettigen Aminosäuren erzeugen kann (Übers. 2.11). Dieser Abbauweg kann den Aminosäurenabbau in ruminalen Bakterien (z. B. M. elsdenii undP. ruminicola) erklären (HARWOOD u. CANALE-PAROLA 1981).

Übers. 2.11: Entstehung von ATP in der Fermentation verzweigtkettiger Aminosäuren in Spirocheten (HARWOOD u. CANALE-PAROLA 1981)

Zusätzlich werden zu dieser ATP-Ausbeute (Übers. 2.11) die differierenden ATP-Mengen aus Acetat und Butyratbildung hinzugerechnet (BERGNER 1996). Neben der Desaminierung bestehen weitere Fermentationswege, die in der Regel Redoxreaktionen sind, wobei die Aminosäuren sowohl als Elektronenakzeptoren als auch als Elektronendonatoren dienen. Die zusätzliche ATP-Ausbeute gelingt durch folgende Abbauwege der Aminosäuren (BUCKEL 1991):

1. Reduktive Spaltung der -C-N-Bindung (Glycin und Prolin)

2. Eliminierung von Ammoniak zur -, -ungesättigten Säuren (Aspartat und Histidin)

3. Coenzym B12 –abhängige Kohlenstoff-Umlagerung zur -Aminosäure (Glutamat) 4. Verschiebung der Aminogruppe von der - in die -Stellung (Lysin)

5. Austausch der Aminogruppe durch eine Hydroxylgruppe mit anschließender Dehydratisierung (Abbauweg der meisten Aminosäuren).

2.4.1.6.4 Berechnung der Energieausbeute bei Abbau und Synthese der Aminosäuren Eine Berechnung der Energieausbeute beim Abbau der Aminosäuren bis zu den entsprechenden Fettsäuren ist im Pansenstoffwechsel nicht möglich, weil die C-Gerüste nicht nur katabolisiert sondern auch wieder zur Aminosäurensynthese verwendet werden können (BERGNER 1996). Wenn eine aerobe Energiegewinnung und eine ATP-Bereitstellung für die Synthese nicht möglich sind, kann man andererseits davon ausgehen, daß die obligatorisch anfallende ATP-Menge aus dem Substratabbau zu den Prozessen der mikrobiellen Proteinsynthese genutzt werden. Die Ausbeute von 2 mol ATP pro mol Hexose wird bis zur

L-Leucin L-Isoleucin L-Valin

Isovaleryl-P 2-Methylbutyryl-P 2-Isobutyryl-P

Isovaleriansäure 2-Methylbutyrinsäure Isobuttersäure ADP

ATP

ADP ATP ADP

ATP

Stufe des Pyruvats erbracht (s. Kap. 2.4.1.1). Berechnet man den weiteren ATP-Gewinn aus der Acetatbildung (2 mol ATP / mol Hexose) und aus der Butyratbildung (1 mol ATP/ mol Hexose), so resultieren 20 bis 22 mol ATP / kg Hexose (17,5 MJ), wobei 56 – 63 % der Glycolyse (bis zur Stufe des Pyruvats) entstammen. Nur diese sichere ATP-Ausbeute soll nachfolgend (2 mol ATP / mol Hexose) für die nutzbare Eiweißproduktion berücksichtigt werden (BERGNER 1991, 1996). Tab. 2.7 zeigt die Gesamtberechnung der mikrobiellen Eiweißsynthese aus dem ATP-Anfall der Glycolyse.

Tab. 2.7: Theoretische Möglichkeit der mikrobiellen Eiweißsynthese aus dem ATP-Anfall der Glycolyse (BERGNER 1996)

A 8 mol ATP / mol Aminosäureeinbau

B 1000 g Mikrobenprotein enthalten 9,2 mol Peptidbindungen

C 1000 g Mikrobenprotein benötigen 74 mol ATP für den Einbau von 9,2 mol Aminosäuren in 1 kg Protein

D Pro mol ATP können 13,5 g Eiweiß synthetisiert werden

E Pro mol Hexose (= 162 g) resultieren 2 mol ATP für die mikrobielle Eiweißsynthese F 1000 g Mikrobenprotein benötigen 37 mol Hexosen (= 6 kg Kohlenhydrat)

(6,2 mol Hexosen sind 1 kg Kohlenhydrate)

G 100 g fermentierbare Kohlenhydrate (100 g Hexosen) ermöglichen 17 g Eiweißsynthese (= 30 g bakterielle Zellsubstanz)

H 17 g Eiweißsynthese benötigen nach C 1,258 mol ATP I 100 g Hexosen liefern nach E 1,24 mol ATP

J Exakt können nach H und I aus 100 g Hexosen 16,7 g Eiweiß gebildet werden K 100 g bakterielle Zellsubstanz-TS benötigen nach G und I = 12,3 mol ATP

L Pro mol ATP können 13,5 g Eiweiß bzw. 23,8 g Zellsubstanz (Trockensubtanz) gebildet werden

2.4.1.7 Methanogenese

2.4.1.7.1 Bedeutung der Methanogenese

Aus der Fermentation von Glucose im Pansen resultiert die exzessive, reduzierende Kraft (z.B. H+, NADH+). Deren größter Teil wird von methanogenen Bakterien genutzt, um aus Kohlendioxid Methan zu produzieren (CZERKAWSKI 1986).

2.4.1.7.2 Methanbildung

Die Mikroorganismen im Pansen können Wasserstoff nutzen und damit Energie für das Wachstum erzeugen. Die Umsetzung von Substraten zu Methan erfolgt durch das komplexe symbiotische System von drei Mikroorganismengruppen (Übers. 2.12).

Übers. 2.12: Methanproduktion aus VAN SOEST 1994

Die primäre Fermentation bildet aus Kohlenhydraten flüchtige Fettsäuren und die sekundäre Fermentation verändert Propionat, Butyrat, und langkettige Fettsäuren zu Acetat und CO2. Methanbildner konvertierten flüchtige Fettsäuren zu CO2 und Wasser. CO2 kann von aller methanogenen Organismen zu Methan reduziert werden, jedoch nicht alle Bakterien können Methan zu Acetat degradieren (VAN SOEST 1994).

Methanogene Bakterien Fermentative Bakterien

Protein / Kohlenhydrat

Fettsäuren Propionat Butyrat

andere Produkte

Acetat CO2, H2

(Formiat)

CH4

CO2

Acetogene Bakterien

Fermentative Bakterien

2.4.1.7.3 Energiegewinnung aus Methanbildung

Ein Großteil des Wasserstoffs wird bei normaler Pansenfermentation in der Methanbildung umgesetzt. Die freie Energie der gesamten Reaktion zur Methanbildung unter thermodynamischem Aspekt ist negativ (- 32,4 kcal oder - 132 kJ). Eine exergonische Reaktion besorgt die notwendige Energie für die ATP-Entstehung (DANIELS et. al. 1984);

ATP kann auch durch einen chemiosmotischen Mechanismus produziert werden (RUSSEL u.

WALLACE 1997). Der letzte Schritt der Umwandlung von CO2 zu Methan wird unter Coenzym-M (2-Mercapthoethanesulfinatsäure) als Methylgruppen-Akzeptor geführt. Die Reduktion von Methyl-Conenzym-M ist meist ein exergonischer Schritt der Umwandlung des CO2zu Methan. In diesem Schritt kann eine protonenmotorische Kraft (freie Energie während des Protonentransports) erzeugt werden, wodurch die ATP-Synthese angetrieben wird (BLAUT et. al. 1990). Die freie Energie ( F) von - 134 kJ (- 133 kJ; DANIELS 1984) pro mol Methan bedeutet ein Energieäquivalent von 3 mol ATP/mol Methan (CZERKAWSKI 1986). Aus Methanbildung und Änderung der freien Energie aus CO2(Übers. 2.13) wird klar, daß hauptsächlich in den letzten zwei Schritten der Energiegewinn (- 46 bzw. - 109 kJ) in der Methanbildung entsteht.

Übers. 2.13: Änderung der freien Energie während der Methanbildung (CZERKAWSKI 1986)

Die Hydrogenase ist prädestiniert, als eine Protonenpumpe zu arbeiten, an der die chemi-osmotische Energiegewinnung in Form von ATP-Entstehung ablaufen kann (DANIELS et al.

1984; näheres s. TIADEN 2000).

CO2 HCOOH HCOH CH3OH CH4

H2 H2 H20 H2 H2 H2O

+29 -8 -46 -109

Übers. 2.14: Schema der Methanbildung

2.4.1.7.4 Methanogenese als Quelle von Energieverlusten

In anaerober Umgebung wird die Energie für das mikrobielle Wachstum u.a. aus der Substrat-Oxidation (Substratkettenphosphorylierung) gewonnen (s. Kap. 2.3.2 u. Übers. 2.1). Dies beinhaltet einen Elektronen- und Protonentransfer auf Akzeptoren, die häufig aus dem Substrat stammen (z.B. Pyruvat, CO2). So entstehen Fettsäuren und Methan. Ein Großteil des H2 aus Nährstoffabbau-Reaktionen wird im normalen Stoffwechsel in der Methanbildung umgesetzt.

Der erhebliche Restenergiegehalt im Methan kann nur durch Oxidation gewonnen werden.

Dies geschieht bei der chemischen Verbrennung und im Stoffwechsel einiger Bakterien, aber nicht im Pansen oder im tierischen Gewebe. Deshalb wurde der Methanogenese als Quelle erheblicher Energieverluste für Wiederkäuer viel Aufmerksamkeit gewidmet (DEMEYER u.

VAN NEVEL 1975). Der Verlust wird auf 3 bis 10 % verdauter Nährstoffe geschätzt (BEEVER 1993).

CO2 Acetat Methanol

Methyl-CoM

Methan

2.4.1.8 Acetogenese

Acetogene (acetatbildende Mikroorganismen) konkurrieren eventuell mit Methanogenen (methanbildende Mikroorganismen) um CO2 und H2, die weiter zu Acetat umgebaut werden können (WOOD 1991). Acetat entsteht im Pansen als eines der häufigsten Produkte. Es befindet sich an vielen verschiedenen Stellen des Stoffwechsels. Die Bildung des Acetat aus H2 und CO2 ist eine alternative Wasserstoffsammlung, welche im Verdauungstrakt vieler Wirbeltiere und Invertebraten vorkommt. Während der Methanbildung wird CO2 zu Acetat reduziert, allerdings ist die H2/ CO2-Acetogenese im Pansen nur von geringfügiger Bedeutung (PRINS u. LANKHORST 1977), weil die Schwelle des H2/ CO2-Acetogens 100 fach höher ist als die von Methanogenen (BREZNAK u. KANE 1990). RUSSEL u. WALLACE (1997) beschrieben die Acetogenese als eine mögliche Alternative zur Methanogenese, wobei der Energieverlust durch die Methanproduktion vermindert wird.