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NH 4 Cl MgSO 4 CaCl 2 CaSO 4

5.5 Auswirkung auf den Thiaminstoffwechsel

Im Pansen vorkommendes Thiamin ist die Summe aus oraler Aufnahme und intraruminaler Produktion (SANKE 1980; s. PLITT 1995). Die mikrobielle Thiaminsynthese wird vom Thiamingehalt im Futter reguliert. Sie ist umso größer, je niedriger die Thiamingehalte im Futter sind. Umgekehrt wird sie von höheren Futtergehalten gehemmt (KON u. PORTER 1953; NEWELL u. TUCKER 1966). Auf der anderen Seite bricht bei extrem niedrigen Thiamingehalten in der Ration (< 58 Tg Thiamin/kg TS /Tag) die intraruminale Thiaminsynthese zusammen (STEINBERG u. KAUFMANN 1977).

Somit war von Interesse, in wie weit die DCAB-Zulage sich auf die Thiamingehalte in einzelnen Pansensaftfraktionen auswirkt.

DCAB-Zugabe

Unter Ammoniumchlorid- und Magnesiumsulfat-Zugabe konnte lediglich in der höchsten Konzentration (- 300 meq/kg TS) ein Rückgang der Gesamtthiamin-Konzentrationen (- 7 %) beobachtet werden. Bei niedrigeren Zulagen (NF1 u. NF2) blieben die Gesamtthiamin-Konzentrationen weitgehend unverändert (s. Übers. 9.1). Die Auswirkung von Calciumchlorid, Calciumsulfat und Magnesiumsulfat fiel mit einer Abnahme der Gesamtthiaminkonzentrationen (- 13 %) in der höheren Konzentration (- 300 meq/kg TS) stärker aus.

In Übers. 5.1 und 5.2 sind diese Veränderungen in einem Flußdiagramm dargestellt. Auch wurde versucht, die Anteile der Thiaminderivate an diesen Verschiebungen aufzuzeigen. Es stellt sich heraus, daß die entscheidenden Veränderungen offenbar in der Fraktion der

„Kleinen Pflanzenteile und Protozoen“ (PPB1) ablaufen. Das gilt sowohl für die vornehmlich NH4+- als auch Ca2+- Mg2+-Ionen enthaltenden DCAB-Salze.

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Übers. 5.1: Auswirkungen MgSO4- und NH4Cl-haltiger Zulage (- 300 meq) auf den Thiaminstoffwechsel im Pansensaft

Legende:

PPB1 = Pflanzen- und Protozoenfraktion BB1 = Bakterienfraktion

BfB1 = bakterienfreie Fraktion TDP = Thiamindiphosphat TMP = Thiaminmonophosphat

B1 = Thiamin

SummeB1 = Gesamtthiamin

= Zunahme

= ohne Veränderung

= Abnahme Zulage

(- 300 meq)

NH4Cl + MgSO4

PPB1

TDP TMP B1

SummeB1

BB1

TDP TMP B1

SummeB1

Gesamt Fraktion

TDP TMP B1

SummeB1

BfB1

TDP TMP B1

SummeB1

Übers. 5.2: Auswirkungen CaSO4-, MgSO4- und CaCl2-haltiger Zulage (- 300 meq) auf den Thiaminstoffwechsel im Pansensaft

Legende s. Übers. 5.1 Zulage (- 300 meq)

CaCl2

+ CaSO4

+ MgSO4

PPB1

TDP TMP B1

SummeB1

BB1

TDP TMP B1

SummeB1

Gesamt Fraktion

TDP TMP B1

SummeB1

BfB1

TDP TMP B1

SummeB1

Ammoniumchlorid und Magnesiumsulfat-Zugabe:

Bei Zulage von NH4+-Salzen konnte in NF3 (- 300 meq/kg TS) eine Reduktion (- 3,2 %; - 14 Tg/l) des Gesamtthiamins (PPB1) festgestellt werden (Derivate: TDP - 46 %; TMP - 21 %, B1

- 18,4 %).

Bei - 200 meq/kg TS -Zulage wurde lediglich Thiamin beeinflußt (- 15,3 %, s. Kap. 4.2.2, Übers. 9.1).

Als mögliche Ursache der Veränderungen können lediglich NH4+ und SO42- in Frage kommen. Die Veränderung durch die NH4+-haltigen Salze werden gemeinsam mit der Änderung bei Ca2+-haltigen Salzen diskutiert.

Calciumchlorid, Calciumsulfat und Magnesiumsulfat-Zugabe:

Die Zugabe von Ca2+-haltigen Salzen bewirkte Rückgänge von Gesamtthiamin (PPB1) bei jeder DCAB-Konzentration (CF1 - 10,9 %, CF2 - 16,1 %, CF3 - 25,2 %, s. Übers. 9.1 u. Kap.

4.2.2). Die TDP- und TMP-Konzentrationen waren in allen Versuchsgruppen unter dem Einfluß der Zulagen abgefallen, während die Thiamin-Konzentration nur in der höheren Zulagekonzentration (CF3) zurückging (CF1: TDP - 12,5 %, TMP - 8,2 %, Thiamin ±0; CF2:

TDP - 15,7 %, TMP - 18,9 %, Thiamin ±0; CF3: TDP - 24,7 %, TMP - 26,6 %, Thiamin - 18 %).

Da der einzige Unterschied in der Versuchsanstellung die Menge der Calciumionen war, liegt die Vermutung nahe, daß Calcium für diese dosisabhängige Veränderung verantwortlich ist.

Steigende Calciumkonzentrationen verursachten höhere negative Effekte.

Für die Verringerung des Thiamingehalts kann es grundsätzlich folgende Ursachen geben:

1. verringerte orale Aufnahme / erhöhte Resorption

2. vermehrte intraruminale Zerstörung (Thiaminase-Aktivität)

3. verminderte intraruminale Produktion (Auswirkungen der SO42--, Ca2+-, Mg2+-Ionen) - orale Thiaminaufnahme

Eine verringerte Thiaminaufnahme aus dem Futter und damit eine negative Beeinflussung der Thiamingehalte kann ausgeschlossen werden, da Futter und Fütterungstechnik in allen Versuchen konstant blieb. Eine erhöhte Resorption des Thiamins scheidet ebenfalls aus, da zum einen Thiamin ohnehin nicht aus dem Pansen resorbiert wird (HÖLLER et al. 1977;

STEINBERG et al. 1977) und zum anderen eine Resorption im RUSITEC nicht stattfindet.

- Thiaminasen

Auf Grund des kontrollierten Futters und der ebenfalls kontrollierten Fütterungstechnik kann man eine vermehrte intraruminale Zerstörung durch Thiaminasen pflanzlichen Ursprungs (z.

B. Farne, Hahnenkamm [EVAN 1975]) ausschließen.

Eine gesteigerte mikrobielle Thiaminase-Aktivität ist auch unwahrscheinlich, da Thiaminasen von Pansenbakterien wie M. elsdenii, S. bovis produziert werden müssen (HARMEYER u.

KOLLENKIRCHEN 1989; s. PLITT 1995). Das wiederum hätte erhöhte Thiaminase-Aktivitäten und damit reduzierte Thiamingehalte in den Bakterienfraktionen zur Folge haben müssen. Letzteres war jedoch nicht nachzuweisen (s. Übers. 9.1). Auch eine protozoale Thiaminase-Wirkung scheidet aus, da Protozoen selbst keine Thiaminase-Aktivitäten besitzen (ROWE et al. 1980).

So bleiben nur noch Effekte der zugegebenen Salze (Mg2+, SO42-, Ca2+) als Erklärung für die Veränderungen übrig.

- Sulfat

Sulfathaltige Salze haben negative Einflüsse auf die ruminale Thiaminkonzentration und werden sogar mit der Entstehung einer Polioenzephalomalazie (PEM) in Verbindung gebracht (OLKOWSKI et al. 1992; JEFFREY et al. 1994). Sie erhöhen den Thiaminabbau im Pansensaft (OLKOWSKI et al. 1993, Zulage von 2,5 bis 8 mg Na2SO4/ ml Panseninhalt). Bei im RUSITEC durchgeführten Untersuchungen von JASPER (2000, Zulage von 400 mg Natriumsulfat) und MITTROWANN (1999, Zulage von 100 mg Natriumsulfit) wurde bereits bei geringeren Zulagen ein Rückgang von Gesamtthiamin in der PPB1-Fraktion beobachtet.

Die Wirkung setzte sofort nach Sulfitzugabe (MITTROWANN 1999) ein, während die Sulfatzugabe (JASPER 2000) sich erst nach 2 Tagen bemerkbar machte. Im Vergleich zu diesen Autoren hatte in der vorliegenden Untersuchung jede DCAB-Salzmischungen einen Sulfatanteil in der Magnesium-Lösung, jedoch waren nur bei den hohen Konzentrationen von SO42- und NH3Auswirkungen auf die Thiamingehalte zu beobachten (s. Übers. 9.1, Kap. 4.2).

Damit ist der zunehmende Sulfat-Gehalt als eine Ursache für den Thiaminrückgang zu vermuten.

Die Zugabe von zusätzlichen Ca2+-Ionen verstärkt offenbar die SO42--Wirkung. So ging unter diesen Bedingungen bereits bei den niedrigsten Sulfatanteilen der Thiamingehalt zurück (s.

Tab. 5.2).

Tab. 5.2: Ionen-Anteile im gegebenen Futter und in den Zulagesalzen (g / kg TS)

Ionen NF1 NF2 NF3 CF1 CF2 CF3

S2- 3,72 3,99 4,26 3,67 3,92 4,17

Mg2+ 3,30 3,51 3,71 2,94 3,04 3,15

Ca2+ 7,73 7,73 7,73 13,9 15,6 17,3

Auch die Protozoen könnten an den reduzierten Thiamingehalten Anteil haben. Ca2+-Ionen regeln auch bei ihnen die Membraneigenschaften (SILVER 1977) und damit den Protonenaustausch. Ein übermäßiges Ca2+-Angebot könnte zu einer Hemmung des Protonentransports aus der Zelle führen, was gravierende Konsequenzen für den protozoalen Energiestoffwechsel und für die Protozoen assoziierten Mikroorganismen (z. B.

Methanbildner) hätte.

Ionenkonkurrenz zwischen Ca2+ und Mg2+

Als weitere Erklärung für den Thiaminrückgang ist eine Ionenkonkurrenz zwischen Ca2+- und Mg2+-Ionen denkbar, die der PPB1-Fraktion vermutlich über die DCAB zur Verfügung standen. Mg2+ ist ein wichtiges Mineral für die Pansenfermentation. Mg2+-Ionen fördern den Glucoseabbau, die Synthese von flüchtigen Fettsäuren und die Methanproduktion (s.

SCHOLZ 1980; DIRKSEN 1990; KRAKOW 1992). Außerdem spielen Mg2+-Ionen eine wichtige Rolle als Katalysator in der Thiaminsynthese (s. PLITT 1995; WITTE 1998;

WENDELKEN 2000). In vorliegender Untersuchung wurde aber kein fördernder Effekt von Mg2+-Ionen auf Thiaminproduktion, sondern eher ein negativer Einfluß auf die Thiamingehalte gefunden. Offenbar überwog der die Thiaminsynthese hemmende Effekt der Ca2+-Ionen den allgemeinen positiven Stoffwechseleffekt des Magnesiums.

Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus der Betrachtung der Protozoenfraktion. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß zwischen den bakteriellen und protozoalen Ansprüchen Unterschiede bestehen, und in beiden fermentierenden Pansen-Kompartimenten unterschiedliche Reaktionen durch veränderte Ionen-Angebote möglich sind.

So sind z. B. die Protozoen über die Phagozytoseeinrichtungen in der Lage, auch große Moleküle (z.B. CaSO4) aufzunehmen, während Bakterien so etwas nicht können. Aus diesen unterschiedlichen Ca2+-Transport-Bedingungen kann sich für die Protozoen auch eine

Konkurrenz zum Mg2+-Transport ergeben, die eine reduzierte Mg2+-Bereitstellung für die Thiaminsynthese bewirkt.

Die verminderte Thiaminverfügbarkeit kann zu Störungen des Kohlenhydratstoffwechsel führen, da Thiamin in Form von TDP als Coenzym und aktives Zentrum von -Ketosäure-Dekarboxylasen, Transketolasen und Phosphoketolasen im Kohlenhydratstoffwechsel beteiligt ist (ZINTZEN 1973; s. PLITT 1995; WITTE 1998). Eventuell ist die bei Ca2+ -Zulagen zu beobachtende verringerte Methanproduktion (MÜLLER-ÖZKAN 2002) Folge dieses Zusammenhangs. Hierbei fehlen den auf den Protozoen sitzenden Methanogenen die Abbauprodukte des Kohlenhydratstoffwechsel wie CO2 und H2 für die Methanproduktion (DANIEL et al. 1984, s. TIADEN 2000). Auf diese Weise kann möglicherweise die Verringerung des Thiamins in der PPB1-Fraktion eine Ursache für den bedeutenden Rückgang der Methanproduktion sein.

Die Thiamingehalte der Protozoenfraktion waren betroffen, jedoch konnte keine Veränderung der Protozoenzahl beobachtet werden (s. Übers. 9.1, Tab. 9.86 - 9.93). Es ist zu vermuten, daß die Thiaminproduktion der Einzeller für diese keine essentielle Funktion hat.