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Die flüchtigen Fettsäuren sind meist Endprodukte des Kohlenhydratabbaus. Während der Abbauprozesse entstehen ATP und Reduktionsmittel z.B. H2 und NADH, welche für die Synthesen im mikrobiellen Protein- und Fettstoffwechsel sowie bei der Methanbildung benötigt werden (CZERKAWSKI 1986; VAN SOEST 1994)

2.4.1.4.1 Pyruvatstoffwechsel

Pyruvat ist ein zentrales Zwischenprodukt der Pansenfermentation und wird im EMP-Weg gebildet (BERGNER 1991; RUSSELL u. WALLACE 1997). Die Umwandlung von Glucose in Pyruvat und dessen weiterer Abbau zu flüchtigen Fettsäuren ist mit der Freisetzung von Reduktionsenergie in Form von Co-Faktoren verbunden. Die Nutzung dieser Reduktions-energie hängt vom gesamten Pansenstoffwechsel ab. Die wichtigsten Einflüsse sind thermodynamische Faktoren, Zusammensetzung der Bakterienpopulation und Futter-zusammensetzung sowie Art der produzierten flüchtigen Fettsäuren.

Lactatbildung ist ein Beispiel für die NADH-Reoxidation. Viele ruminale Bakterien können in Reinkulturen Lactat produzieren, jedoch ist die Lactatkonzentration im Pansen mit < 1 mmol (COUNOTTE et al. 1983; MACKIE et al. 1984) sehr niedrig. Veillonella alcalescens, M. elsdenii und S. ruminantium können Lactat weiter zur sekundären Fermentation nutzen.

Der Umsatz des Lactats im Pansen ist normalerweise gering (MACKIE et al. 1984). Weitere Informationen über die Lactat-Verwertung im Pansen sind der Dissertation von JANSON (2001) zu entnehmen. Die ruminalen Bakterien fügen sich in die Fermentationsvorgänge ein, wo die Oxidation von NADH ermöglicht wird und dabei die Hauptprodukte flüchtige Fettsäuren, Kohlendioxid und Methan entstehen. WOLIN (1979) gab folgende Stöchiometrie für die Hexosefermentation bekannt (alle Angaben in mol):

57,5 C6H12O6 65 Acetat + 20 Propionat + 15 Butyrat + 35 CH4+ 60 CO2+ 25 H2O Allerdings ändern sich die Produktverhältnisse mit dem aufgenommenen Futter. Der Propionatanteil ist größer, wenn Konzentrat-Diäten (Kraftfutter, Getreide) gefüttert werden.

Pyruvat wird von NAD-verketteter Pyruvatdehydrogenase zu Acetyl-CoA in aerober Umgebung umgewandelt. Wenn E. coli in anaerober Umgebung wachsen, wird Pyruvat von Pyruvat-Format-Lyase oxidiert (RUSSELL u. WALLACE 1997). Acetyl-CoA aus der Oxidation des Pyruvat wird zu Acetat durch eine reversible Phosphotransacetylase-Reaktion verändert (s. Kap. 2.4.1.4.2). Diese konserviert die freie Energie in Form von Acetylphosphat.

Acetylphosphat wird von Acetatkinase (s. Tab. 2.4) metabolisiert und weiteres ATP durch Substratkettenphosphorylierung gewonnen (s. Kap. 2.3.2 und Übers. 2.1).

Tab. 2.4: ATP-Umsatz (mol) beim Abbau von 1 mol Hexose via EMP-Weg (modifiziert nach RUSSELL u. WALLACE 1997)

Finalprodukte Enzyme

Lactat Acetat Propionat Butyrat Ethanol Valeriat

Glukokinase -1 -1 -1 -1 -1 -1

Phosphofructokinase -1 -1 -1 -1 -1 -1

Glyceratkinase 2 2 2 2 2 2

Pyruvatkinase 2 2 2 2 2 2

Acetatkinase - 2 - - -

-Fumaratreduktase - - 2 - -

-Butyratkinase - - - 1 -

-Totaler ATP-Gewinn 2 4 4 3 2 2

2.4.1.4.2 Acetatbildung

Acetat wird aus Pyruvat nach 2 Reaktionsschemata gebildet, wobei der 2.Weg auch im Säugetierorganismus vorkommt. Der mikrobielle Stoffwechsel bevorzugt den Pyruvat-Formiatlyase-Weg (s. Übers. 2.5). Hier werden Formiat und Acetyl-CoA freigesetzt. Das Formiat wird in einer weiteren Stufe zu Methan abgebaut (HUNGATE 1966). Der 2. Weg ist der Pyruvat-Ferridoxin-Oxireduktase-Weg. Hier wird Pyruvat zu Acetyl-CoA, CO2 und Ferridoxin reduziert. Letzeres wird dann unter Freisetzung von H2umgewandelt.

Übers. 2.5: Acetatbildung (s. ZIPORI 1989)

Nach GIESECKE (1973) verfügen die meisten Pansenbakterien über das phosphoroklastische System des Coli –Typs, das Pyruvat zu Acetylphosphat und Formiat führt.

Acetylphosphat Acetat

ADP ATP

Übers. 2.6: ATP-Gewinn der Acetatbildung (BERGNER 1996) P PYRUVAT

Formiat CO2+ H2

Acetyl-CoA Acetyl-CoA

Acetylphosphat

ACETAT ADP

ATP

+ +

Diese Wege des ATP-Gewinns bei der Acetatbildung aus Pyruvat bzw. Acetyl-CoA ist für die ATP-Bereitstellung zu Zwecken der Propionat- und Butyratbildung sowie der mikrobiellen Proteinsynthese von außerordentlich großer Bedeutung.

Aus der Acetatbildung aus 1 mol Hexose resultiert insgesamt ein Gewinn von 4 mol ATP (2 mol ATP aus der Glycolyse und 2 mol ATP aus der Reaktion von Pyruvat zu Acetat;

BERGNER 1996).

2.4.1.4.3 Propionatbildung

Der Gewinn bei der Propionatbildung entspricht nur 5 % der maximal möglichen ATP-Ausbeute aus Hexose beim Abbau in Gegenwart von Sauerstoff (BERGNER 1991). Die Propionatbildung stellt aus energetischer Sicht einen wichtigen Sparmechanismus des Pansen-stoffwechsels dar, in dem Pyruvat nach folgender allgemeiner Reaktion als Wasserstoff-akzeptor dient (Übers. 2.7).

2H2 H2O

Pyruvat Propionat

Übers. 2.7: Umwandlung des Pyruvats zu Propionat (BERGNER 1996)

Die Propionatbildung erfolgt auf zwei verschiedenen „Wegen“. BALDWIN (1965) konnte die Unterschiede zwischen beiden durch 14C –Markierungsstudien feststellen. Wenn Pyruvat über den Random-Weg (auch Succinat-Weg genannt, BERGNER 1996) metabolisiert wird, erfolgt die Markierung in der 2. und 3. Position des Propionats. Im Gegensatz dazu ist die Markierung nur in der 2. Position des Propionat zu finden, wenn Pyruvat durch den direkten Reduktiv-Acryl-CoA-Weg (auch Acrylweg genannt, BERGNER 1996) metabolisiert wird (Übers. 2.8).

Übers. 2.8: Propionatbildung nach BERGNER (1996)

Propionatbildung via Succinat-Weg verläuft entweder durch (1) Carboxilation des Pyruvat bzw. Phosphoenolpyruvat zu Oxalacetat oder durch (2) Reduktivcarboxilation des Pyruvat direkt zu Malat (RUSSELL u. WALLACE 1997). Die Energetik des Succinat-Wegs war am Anfang nicht bekannt, da keine ATP-Bildung in der Umwandlung von Pyruvat bzw.

Phosphoenolpyruvat zu Propionat festgestellt wurde. Sogar die Carboxilation und Succinyl-CoA-Bildung verursachen möglicherweise einen ATP-Verlust (RUSSELL u. WALLACE 1997). Die Oxalacetat-Synthese kann durch Biotin-abhängige Transcarboxilation-Reaktionen beschleunigt werden, wobei die Energie der Succinyl-CoA-Decarboxilation gespeichert wird.

Lactyl-CoA

Die Hydrierung der Propionyl-CoA-Ester führt nicht zur ATP-Bildung durch Kinase, sondern die freie Energie wird bei der CoA-Transferase (Succinyl-CoA-Synthese) gespeichert (RUSSELL u. WALLACE 1997). Die Entdeckung von (1) Cytochrom in P. ruminicola (WHITE et al. 1962), (2) des Hemin-Bedarfs der Bacteriodes spp. für die Cytochrom-Synthese (CALDWELL et al. 1965) sowie (3) des Hemin-Einflusses auf das Wachstum und die Succinatbildung haben den Zusammenhang mit der ATP-Bildung bewiesen (MACY et al.

1975). KROGER und WINKLER (1981) zeigten, daß Fumarat-Reduktase von Wolinella succinogenes ATP und ähnliche Energiesubstanzen erzeugen kann.

Im Acrylweg wird Pyruvat (bzw. Lactat) zu CoA-Ester, was danach durch Flavoproteine reduziert wird, umgewandelt (BALDWIN 1965; BROCKMAN u. WOOD 1975). S.

ruminantium benutzt den Succinat-Weg (PAYNTER u. ELSDEN 1970) und M. elsdenii den Acrylatweg (LADD u. WALKER 1965), um Propionat zu produzieren. Bei Fütterung von Rauhfutterrationen ist der Acrylatweg unbedeutend, dagegen steigt er bei konzentratreichen Rationen deutlich an (bis maximal 30 % der Propionatsynthese, BERGNER 1996). Im Gegensatz zur Acetat- und Butyratbildung kann bei Propionatbildung eine zusätzliche ATP-Bildung aus der umgesetzten Hexose nicht erwartet werden, da die freie Energie des CoA-Ester bevorzugt für die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung (C-C) als Phosphatester und zur ATP-Bildung benutzt wird (RUSSELL u. WALLACE 1997).

2.4.1.4.4 Butyratbildung

Butyrat mit ca. 10 % Anteil an allen flüchtigen Fettsäuren ist die dritte bedeutsame Fettsäure (CZERKAWSKI 1986). Butyrivibrio fibrisolvens ist der wichtigste ruminale Butyratbildner (RUSSEL u. WALLACE 1997). Die Butyratbildung verläuft im Pansen energetisch günstiger als die Acetatbildung, da H2ebenfalls nach folgender Gleichung verbraucht wird.

Butyrat Acetat

2H2 H2O

Übers. 2.9: Butyratbildung aus Acetat

Übers. 2.10: Butyratbildung

Acetylphosphat und Acetyl-CoA stehen in der Pansenflüssigkeit in einem Gleichgewicht.

Weiterhin kann freies Acetat innerhalb eines Kreislaufs mit Hilfe des HS-CoA aus der Butyratbildung in Acetyl-CoA überführt werden. Wenn 2 mol Acetylphosphat zur Butyratbildung verfügbar sind, kann 1 mol Acetylphosphat in der Gleichgewichtsreaktion in Acetyl-CoA übergehen. Das zweite mol Acetylphosphat dient dem ATP-Gewinn.

Jedes mol Butyrat (von Pyruvat zu Butyrat) erzeugt einen Gewinn von 1 mol ATP. Durch Umwandlung von Butyrat in Acetat kann ATP für den Energiehaushalt der Mikroorganismen gewonnen werden (BERGNER 1996).

Acetylphosphat

Acetyl-CoA

Acetacetyl-CoA

-Hydroxybutyryl-CoA

Crotonyl-CoA

Butyryl-CoA

Butyrat

Acetyl-CoA

Acetylphosphat

Acetat

NADH NAD+

H2O

H2O

HS-CoA

ATP

NADH NAD+