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3.1 Desoxyribonukleinsäure

3.1.1 Produktionsmethoden einzelsträngiger DNA

Im Folgenden sollen einige biotechnologische Methoden zur Produktion von Einzelstrang-DNA beschrieben werden. Die Entwicklung hauptsächlich chemischer Methoden zur de novo DNA Synthese von beispielsweise Oligonukleotiden oder ganzen Genen wird hier nicht diskutiert (Kosuri und Church 2014).

PCR basierte Methoden

Die Verwendung der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) zur Synthese von einzelsträngiger DNA (ssDNA) wird in vielen verschiedenen Methoden angewandt. In diesem zellfreien Ansatz wird die doppelsträngige DNA (dsDNA) mit gereinigten Enzymen (Polymerasen) durch Zugabe von Primern und der vier Desoxynukleosidtriphosphate im geeigneten Puffer vervielfältigt. Dabei stellt die Trennung von doppelsträngiger und einzelsträngiger DNA bei den PCR-basierten Methoden die entscheidende Herausforderung dar (Schmidt et al. 2015).

Im Folgenden sollen ausgewählte Beispiele kurz vorgestellt werden.

Die asymmetrische Polymerase-Kettenreaktion ist eine weit verbreitete Methode zur Bildung von ssDNA (Gyllensten und Erlich 1988). Bei der Reaktion werden unterschiedliche Konzentrationen der beiden verwendeten Primer eingesetzt, um die Produktion von einzelsträngiger DNA zu ermöglichen. Dabei lässt sich die Reaktion in zwei Phasen unterteilen. In der ersten Phase wird zunächst doppelsträngige DNA produziert, bei der die DNA Amplifikation einem exponentiellen Verlauf folgt. Durch den Überschuss eines Primers kommt es in der zweiten Phase zur Produktion von einzelsträngiger DNA, wobei hier eine lineare Amplifikation auftritt (Engels und Lottspeich 2012). Ein wichtiger Aspekt für eine hohe Konzentration an Einzelstrang-DNA ist das Verhältnis der beiden Primer zueinander. Zur Produktion von ssDNA in einem 100 µL Ansatz verwendete Citartan et al.

(2012a) die asymmetrische PCR mit einem Primerverhältnis von 100 pmol:10 pmol, wodurch 0,4-0,5 µg ssDNA produziert werden konnten. Die Trennung von doppelsträngiger und einzelsträngiger DNA erfolgt bei dieser Methode durch Gelextraktion nach der

Auftrennung in der nativen Polyacrylamid Gelelektrophorese (Citartan et al. 2012a;

Harwood 1996).

Bei der Methode des Lambda-Exonuklease Verdaus ist einer der beiden verwendeten Primer am 5`-Ende phosphoryliert. Anschließend wird die aus dem Bakteriophagen I stammende λ-Exonuklease verwendet, die eine 20-fach höhere Affinität zu einem phosphorylierten als zu einem unphosphorylierten 5`-Ende hat. Durch die Exonuklease wird selektiv der mit einer Phosphatgruppe markierte Strang abgebaut. Das Enzym zeigt außerdem eine stark reduzierte Aktivität gegenüber ssDNA. Dadurch ist eine schnelle und effiziente Methode zur Produktion von ssDNA möglich, bei der beispielsweise 2,2 µg ssDNA aus 100 µL isoliert werden konnten (Avci-Adali et al. 2010). Ein Problem stellen hierbei Inhomogenitäten in der Länge durch den unvollständigen Verdau des phosphorylierten Stranges durch die Exonuklease dar (Citartan et al. 2011).

Die Bildung von einzelsträngiger DNA mit Hilfe der Separation über die starke, nichtkovalente Bindung zwischen Biotin und Streptavidin lässt sich in zwei große Prozessschritte unterteilen. Zunächst wird durch die PCR DNA amplifiziert, bei der ein Primer mit Biotin markiert ist. Anschließend wird die mit Biotin markierte DNA über die Wechselwirkung mit Streptavidin, das beispielsweise an magnetische Partikel immobilisiert ist, gebunden. Die restlichen Bestandteile im Reaktionsansatz (Polymerase und Desoxynukleosidtriphosphate) können dadurch abgetrennt werden. Durch basische Bedingungen können die Wasserstoffbrückenbindungen der doppelsträngigen DNA gelöst und die gewünschte einzelsträngige DNA von der Säule eluiert werden. Die Behandlung mit einer basischen Lösung kann neben der gewünschten Auftrennung der dsDNA auch zu einer Schwächung der Bindung zwischen Streptavidin und Biotin führen. Dadurch kann es zum Ablösen des mit Biotin markierten Einzelstranges kommen, sowie zur Reassemblierung und Verunreinigung der Elution mit dsDNA (Citartan et al. 2012b; Paul et al. 2009).

Bei der Verwendung von denaturierenden Urea-Polyacrylamidgelen wird die Amplifikation des DNA-Edukts ebenfalls mittels PCR durchgeführt. Dabei wird ein Primer so verändert, dass die entstehenden Stränge sich in der Größe bzw. Länge unterscheiden.

Dazu kann beispielsweise in einen Primer eine selektive Schnittstelle für Ribonukleasen eingebaut werden (Walder et al. 1993) oder ein Primer über Hexaethylenglykol um zusätzliche 20 Nukleotide verlängert werden (Williams und Bartel 1995). Durch denaturierende Bedingungen wird die dsDNA getrennt und die unterschiedlich langen

Einzelstränge im Polyacrylamidgel aufgetrennt und anschließend aus dem Gel extrahiert.

Die Extraktion von DNA aus Gelen ist jedoch grundsätzlich nur mit niedriger Ausbeute möglich und auf den Labormaßstab beschränkt (Chen et al. 2013).

Alle aufgezählten Beispiele benutzen die PCR zur Amplifikation der dsDNA, die in einem Thermocycler mit einem Arbeitsvolumen von 50-100 µL durchgeführt wird. Dieses niedrige Reaktionsvolumen und der Wechsel der Reaktionstemperatur im Bereich von 50-95 °C innerhalb von Sekunden verhindern eine Skalierung in den Milliliter oder Litermaßstab (Schmidt et al. 2015). Eine Alternative, diese Temperaturzyklen zu umgehen, stellt die Verwendung der rolling circle Amplifikation in vitro dar.

Rolling circle Amplifikation

Die rolling circle Amplifikation (RCA) ist ein isothermischer Prozess, bei dem kurze DNA oder RNA Primer in lange ssDNA oder RNA Moleküle verlängert werden. Dabei kommen spezielle DNA Polymerasen (Phi29, Bst und Vent) oder T7 RNA Polymerasen zum Einsatz, die anhand einer zirkulären ssDNA Vorlage den Primer um die komplementären Nukleotide verlängern. Im Gegensatz zur PCR werden kein Thermocycler oder thermostabile Polymerasen benötigt, die RCA kann bei konstanten Temperaturen (20-37 °C) in vitro oder in einer komplexen biologischer Umgebung durchgeführt werden (Ali et al.

2014). Dabei können durch die gezielte Konstruktion der DNA Vorlage funktionale Sequenzen wie DNA Aptamere (Zhao et al. 2012), DNAzyme (Ali und Li 2009; Dong et al.

2013b) und Restriktionsschnittstellen (Dahl et al. 2004) eingebaut werden. Ducani et al.

(2013) zeigten die Kombination aus RCA und den Einbau von Restriktionsschnittstellen für die Produktion von ssDNA Oligonukleotiden zur Anwendungen in der DNA Nanotechnologie. Durch die Zugabe eines ssDNA bindenden Enzyms konnte weiterhin der Abbruch und die Bildung von dsDNA während der RCA verhindert werden (Ducani et al.

2014).

Ein weiteres Beispiel für die Herstellung von kurzen ssDNA Oligonukleotiden ist die Kombination von RCA und selbstschneidender DNAzyme. Dabei wird über die RCA einzelsträngige DNA produziert und durch die Zugabe von Zink die Hydrolyse der ssDNA begünstigt (Gu et al. 2013; Gu und Breaker 2013).

Phagen basierende Einzelstrang-DNA Produktion

Für die Produktion von Einzelstrang-DNA können neben rein enzymatischen auch zellbasierte Ansätze verwendet werden. Ein vielversprechender Ansatz ist dabei die Verwendung des filamentösen Bakteriophagen M13, der E. coli Stämme infizieren kann, die über ein F-Plasmid verfügen. In den Bakteriophagen M13 liegt das genetische Material als einzelsträngige DNA vor. Über ein Oberflächenprotein der Proteinhülle lagert sich der Phage an den F-Pilus von E. coli an und infiziert die Zelle mit der ssDNA. In der Zelle wird die DNA in eine doppelsträngige, replikative Form prozessiert. Die Phagenproteine werden exprimiert und die ssDNA nach dem rolling circle Prinzip amplifiziert. Die neu synthetisierten Phagen werden aus der Zelle sekretiert, ohne die Zelle zu lysieren (Calendar 2006; Sambrook et al. 2001). Durch geeignete Separationsmethoden lassen sich die im Medium befindenden Phagen von den Wirtzellen trennen, wodurch es nach Aufreinigung der ssDNA zu keiner Verunreinigung mit dsDNA aus E. coli kommt. Mit diesem Ansatz können ssDNA Mengen von 1-14 mg aus einem Liter Reaktionsvolumen isoliert werden (Bellot et al. 2013; Sambrook et al. 2001).