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Kontinuierliche Kultivierung im Litermaßstab und Erhöhung der Substrat-

Damit die kontinuierliche Kultivierung mit Bakteriophagen eine Alternative zum entwickelten Zulaufverfahren darstellen kann, wurden die Ergebnisse aus den miniaturisierten Rührkesselreaktoren im Millilitermaßstab in den Litermaßstab übertragen.

Als Übertragungskriterium diente dabei die maximale Sauerstoffeintragsrate. Die kontinuierliche Kultivierung im Litermaßstab wurde bei einer Durchflussrate von 0,3 h-1 unter sonst gleichbleibenden Bedingungen durchgeführt. Der Vergleich der erzielten Konzentrationen für die Biotrockenmasse, Glucose und ssDNA im Fließgleichgewicht mit den im Millilitermaßstab identifizierten, simulierten Zustandsgrößen ist in Abbildung 7.7 dargestellt.

Abbildung 7.7 Kontinuierliche Kultivierung von E. coli JM 109 mit dem Bakteriophagen M13 im Litermaßstab. Dargestellt sind die Biotrockenmassekonzentration (●), die Glucosekonzentration (♦) und die ssDNA Konzentration (□) im Fließgleichgewicht der kontinuierlichen Kultivierung im Rührkesselreakton im Litermaßstab bei einer Durchflussrate von 0,3 h-1. Im Vergleich dazu sind die simulierten Zustandsgrößen aus dem Millilitermaßstab eingezeichnet.

Die Biotrockenmasse-, Glucose- und ssDNA Konzentration konnte unter Berücksichtigung der Beobachtungsgenauigkeit in den Litermaßstab übertragen werden.

Dabei wurde eine Raum-Zeit-Ausbeute von 1,8 ± 0,4 mg L-1 h-1 bei einer spezifischen ssDNA Bildungsrate von 0,22 ± 0,05 mg g-1 h-1 erreicht. Aufgrund der Unabhängigkeit der Raum-Zeit-Ausbeute und der spezifischen ssDNA Bildungsrate von der Durchflussrate,

Durchflussrate, h-1

wurde nur ein Fließgleichgewichtszustand übertragen. Im Folgenden sollte die Substratkonzentration im Zulauf um den Faktor 3,5 auf 70 g L-1 erhöht werden, um somit die Biotrockenmassekonzentration und Raum-Zeit-Ausbeute zu erhöhen. Dabei wird ein Massenstrom von 21 g L-1 h-1 Glucose bei einer Durchflussrate von 0,3 h-1 erreicht, wodurch der Sauerstoffbedarf der Zellen die maximale Sauerstoffeintragsrate des Reaktors unter den gewählten Prozessbedingungen erreicht. Nach einer Satzphase mit einer vorgelegten Glucosekonzentration von 25 g L-1 wurde ein exponentielles Zulaufprofil mit einer vorgegebenen Wachstumsrate von 0,3 h-1 gestartet, bis bei einem Massenstrom von 21 g L-1 h-1 Glucose die kontinuierliche Prozessführung mit einer Durchflussrate von 0,3 h-1 gestartet wurde. Die erhaltenen Ergebnisse sind in Abbildung 7.8 dargestellt.

Mit dem Verbrauch der vorgelegten Glucose in der Satzphase und dem damit einhergehenden Anstieg der Gelöstsauerstoffkonzentration im Medium wird automatisiert das exponentielle Zulaufprofil gestartet und die Infektion mit dem Bakteriophagen M13 bei einer Biotrockenmassekonzentration von 25,2 ± 0,3 g L-1 in der Zulaufphase durchgeführt.

Zum Start der kontinuierlichen Prozessführung wurde am Ende der exponentiellen Zulaufphase eine Biotrockenmassekonzentration von 41,3 ± 0,2 g L-1 und eine ssDNA Konzentration von 20,2 ± 1,0 mg L-1 erzielt, dargestellt in Abbildung 7.8. Anschließend war eine deutliche Reduktion in der Biotrockenmassekonzentration auf 9,6 g L-1 zu beobachten, bei gleichzeitigem Anstieg der Glucosekonzentration auf 36,7 g L-1 innerhalb von 2,3 hydraulischen Verweilzeiten. Im Gegensatz dazu stieg die ssDNA Konzentration auf 85,3 mg L-1 nach Start der kontinuierlichen Prozessführung an, bevor ebenso eine deutliche Reduktion zu verzeichnen war. Die biomassespezifische ssDNA Bildungsrate kP erreicht ein Maximum von 1,1 mg g-1 h-1 nach 1,1 Verweilzeiten.

Zwischen 6 - 9 Verweilzeiten war ein Anstieg der Biotrockenmassekonzentration und entsprechend eine Reduktion der Glucosekonzentration zu beobachten. Nach 13,2 Verweilzeiten wurde eine Biotrockenmassekonzentration von 25,5 ± 0,9 g L-1 mit einem relativen Fehler von 3,5 % im Fließgleichgewicht bestimmt, dargestellt in Tabelle 7.2.

Aus den simulierten Modellparametern in Tabelle 7.1 lässt sich eine Biotrockenmassekonzentration von 27,6 g L-1 berechnen, dargestellt in Abbildung 7.8.

Daraus ergibt sich eine Abweichung der experimentell bestimmten und mit den simulierten Modellparametern berechneten Konzentrationen im Fließgleichgewichtszustand von 7,6 %.

Abbildung 7.8 Kontinuierliche Kultivierung im Litermaßstab mit erhöhter Glucosekonzentration im Zulauf. Die kontinuierliche Kultivierung mit E. coli JM 109 im Rührkesselreaktor wurde in definiertem Medium nach Riesenberg et al. (1991) mit einer Glucosekonzentration von 70 g L-1 im Zulauf durchgeführt. Weiterhin sind die zum Erreichen eines Fließgleichgewichtszustandes nötige Satzphase (I), Zulaufphase mit vorgegebener spezifischer Wachstumsrate von 0,3 h-1 (II) und die kontinuierliche Phase im Chemostaten bei einer Durchflussrate von 0,3 h-1 dargestellt. Der Start der kontinuierlichen Prozessführung wurde als t τ-1 = 0 definiert. Auftragung des Konzentrations-verlaufes der Biotrockenmasse (●, oben), der Glucose (♦, oben), der ssDNA (■, unten) und der biomassespezifischen ssDNA Bildungsrate kP (■, unten) über die auf die Verweilzeit normierte Prozesszeit (t τ-1). Die mit den Modellparametern in Tabelle 7.1 bestimmten Zustandsgrößen und Parameter im Fließgleichgewichtszustand sind als Linien ab einer hydraulischen Verweilzeit von 10 eingezeichnet.

Im Fließgleichgewicht wird eine ssDNA Konzentration von 19,1 ± 1,4 mg L-1 mit einem relativen Fehler von 7,3 % bestimmt. Die aus den simulierten Modellparametern berechnete ssDNA Konzentration im Fließgleichgewichtszustand ist mit 15,6 mg L-1 um 18,3 % niedriger. Dementsprechend ergibt sich bei der Betrachtung der experimentell bestimmten

t τ−1,

und modellbasiert berechneten spezifischen ssDNA Bildungsraten eine Abweichung von 22,7 %.

Die erhaltenen Zustandsgrößen und berechneten Parameter im Fließgleichgewichtzustand für die unterschiedlichen Glucosekonzentrationen im Zulaufmedium sind in Tabelle 7.2 nochmals vergleichend aufgetragen. Ebenso werden zum Vergleich die Ergebnisse aus dem Millilitermaßstab bei einer Durchflussrate von 0,3 h-1 aufgelistet.

Tabelle 7.2 Vergleich der Fließgleichgewichtszustände der kontinuierlichen Kultivierung im Milliliter- und Litermaßstab bei unterschiedlicher Glucosekonzentration im Zulaufmedium.

Zustandsgröße/

Parameter Millilitermaßstab Litermaßstab

cSF, g L-1 20 20 70

BTM, g L-1 8,4 ± 0,5 8,1 ± 0,3 25,5 ± 0,9

ssDNA, mg L-1 5,7 ± 0,8 6,0 ± 1,5 19,4 ± 1,4

kP, mg g-1 h-1 0,17 ± 0,007 0,22 ± 0,04 0,22 ± 0,02

RZA, mg L-1 h-1 1,6 ± 0,1 1,8 ± 0,4 5,7 ± 0,4

Die Erhöhung der Glucosekonzentration im Zulaufmedium bewirkte die Steigerung der Biotrockenmasse- und ssDNA Konzentration um den Faktor 3,2. Dementsprechend blieb die biomassespezifische ssDNA Bildungsrate innerhalb der Standardabweichung konstant.

Die Raum-Zeit-Ausbeute konnte auf 5,7 ± 0,4 mg L-1 h-1 gesteigert werden.

Diskussion

Durch die kontinuierliche Kultivierung in miniaturisierten Rührkesselreaktoren sind zum einen die parallele Untersuchung von bis zu 8 Zuständen möglich, sowie die rasche Identifikation formalkinetischer Modellparameter und die Bestimmung optimaler Betriebsbedingungen. Eine entscheidende Voraussetzung hierbei ist die Übertragbarkeit in den Litermaßstab. Dies konnte mittels der maximalen Sauerstofftransferrate als Übertragungskriterium anhand eines Fließgleichgewichtszustands gezeigt werden. Obwohl im Millilitermaßstab ein gasinduzierter Rührer und im Litermaßstab zwei 6-Blatt Scheibenrührer verwendet wurden, konnte der Bioprozess erfolgreich übertragen werden.

Die Übertragbarkeit von Satz-, Zulauf- und kontinuierlichen Prozessen konnte bereits in verschiedenen Veröffentlichungen bestätigt werden (Hoefel et al. 2010; Hortsch et al. 2011;

Knorr et al. 2007; Schmideder et al. 2015). Aus diesem Grund lag der Fokus in der Erhöhung der Raum-Zeit-Ausbeute, die nur durch die Erhöhung der Glucosekonzentration weiter gesteigert werden konnte. Dabei konnte ein Fließgleichgewichtszustand bei einer Glucosekonzentration von 70 g L-1 im Zulaufmedium erreicht werden. Die experimentell bestimmten Zustandsgrößen wichen dabei um die doppelte Standardabweichungen von der mit den Modellparametern berechneten Konzentration im Fließgleichgewicht ab. Diese Diskrepanz ist bei der Verwendung eines biologischen Systems akzeptabel und zeigt die Anwendbarkeit der Modellparameter, um die Zustandsgrößen Biotrockenmasse-, Glucose-, und ssDNA Konzentration im Fließgleichgewicht vorherzusagen. Durch die Erhöhung der Glucosekonzentration im Zulaufmedium konnte eine Raum-Zeit-Ausbeute von 5,7 ± 0,4 mg L-1 h-1 erreicht werden, dies entsprach einer Erhöhung um den Faktor 3,2.

Bei einer Zulaufkultivierung mit infizierten E. coli JM 109 konnten reproduzierbar 296,5 mg L-1 ssDNA in einer Prozesszeit von 39,7 Stunden isoliert werden. Werden zusätzlich noch weitere 12 Stunden für die Vor- und Nachbereitung des Rührkesselreaktors berücksichtigt, ergibt sich ebenso eine Raum-Zeit-Ausbeute von 5,7 ± 0,3 mg L-1 h-1. Damit ist die kontinuierliche Prozessführung bezüglich der Produktivität identisch zum Zulaufprozess. Eine weitere Steigerung der Produktivität durch die Erhöhung der Glucosekonzentration bei gleichbleibenden Durchflussrate im kontinuierlichen Betrieb ist mit dem hier verwendeten Reaktionssystem technisch nicht realisierbar, da die Zuluft nicht durch reinen Sauerstoff angereichert werden kann, um eine Sauerstoffeintragslimitierung zu vermeiden. Neben der reinen Produktivität sollte für den Vergleich zwischen Zulauf- und kontinuierlichem Prozess zusätzlich die folgende Isolierung der ssDNA aus dem Reaktionsmedium berücksichtigt werden. Dabei ist zu beachten, dass die ssDNA Konzentration im Zulaufprozess um den Faktor 15 größer ist als im kontinuierlichen Prozess.

Durch die deutlich höhere Produktkonzentration bei gleicher Produktivität werden die Kosten und das zu reinigende Reaktionsvolumen bei der Verwendung des Zulaufprozesses deutlich geringer sein.

8 Produktion von artifizieller Einzelstrang DNA für DNA Origami

Für die scaffolded DNA Origami Technologie wird häufig die genomische Einzelstrang DNA (ssDNA) des Bakteriophagen M13 verwendet. Dabei wurden durch Insertionen in die multiple Klonierungsstelle verschiedene Längenvarianten erstellt, um für das Strukturdesign mehr Freiheitsgrade zu generieren. Dennoch ist das Strukturdesign bisher auf den genomischen Gerüststrang des Bakteriophagen M13 angewiesen. Um diese Einschränkung zu umgehen, wurde am Lehrstuhl für Biomolekulare Nanotechnologie der Technischen Universität München die Kombination aus Phagemid und Helferphagen erarbeitet, dass die Produktion von artifizieller ssDNA ermöglicht. Die beiden Komponenten der scaffolded DNA Origami Technologie, der Gerüststrang und die kurzen Oligonukleotide, die als Klammern dienen, stellen dabei das Phagemid dar. Dabei enthält der später als Gerüststrang verwendete Bereich den Replikationsursprung der M13 Phagen, die Verpackungssequenz und als Selektionsmarker die resistenzvermittelnden Gene gegen Carbenicillin. Die Bereiche, die später als Klammern verwendet werden sollen, sind dabei durch zinkabhängige, selbstschneidende ssDNA Strukturen verbunden (Gu et al. 2013; Gu und Breaker 2013). In der Gesamtheit stellt dieses Phagemidsystem eine hohe Flexibilität in der Basensequenz dar, in der sowohl die Klammern als auch der Gerüststrang größtenteils individuell erstellt werden können. Weiterhin wird in einem Produktionsschritt artifizielle ssDNA gebildet, die anschließend zu Gerüststrang und Klammern hydrolysiert wird. Die artifizielle ssDNA soll mit dem im Schüttelkolben etablierten System der Infektion mit dem Helferphagen M13K07 produziert und in den Rührkesselreaktor übertragen werden. Dafür soll der modifizierte E. coli Stamm JM 109_pBSG, der das Phagemid trägt, im

Rührkesselreaktor im Zulaufverfahren kultiviert und mit dem Helferphagen M13K07 infiziert werden. Die Ergebnisse sind im folgenden Kapitel dargestellt.

8.1 Einfluss der Multiplizität der Infektion bei der Zulaufkultivierung