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5 Prüfstand

In diesem Kapitel wird der Aufbau des Prüfstands, die verwendeten Sensoren und Ak-toren sowie die notwendigen Hard- und Softwarekomponenten beschrieben. Desweiteren wird auf den für die Reglerimplementierung notwendigen Systemabgleich eingegangen.

5.1 Prüfstandskonstruktion 66

Abbildung 5.1: Antriebseinheit des Prüfstands

5.1.2 Rotor

DerRotor besteht aus einer langen, dünnen Welle, auf der jeweils im gleichen Abstand zueinander insgesamt drei Scheiben mithilfe von Spannsätzen des Typs BAR der Firma Mädler angebracht sind. Die Welle hat eine Länge von 1088mmbei einem Nenndurch-messer von 25mm. Nachfolgende Abbildung zeigt den Rotor mit der Antriebseinheit (Mitte bzw. links im Bild) und dem Streben-Gehäuse (im Bild rechts)

Abbildung 5.2: Gesamtansicht Prüfstand

Die beiden äußeren Scheiben besitzen einen Außendurchmesser von 158mm, die mittlere Scheibe hat einen Außendurchmesser von 115mm. Alle Scheiben sind 30mm breit. Antriebsseitig ist der Rotor durch ein Pendelkugellager der Baureihe 2205-K-2RS-TVH-C3 der Firma INA/FAG in einem relativ starren Lagerbock gelagert.

Abtriebsseitig ist der Rotor in einem weiteren Pendelkugellager des selben Typs in einer

5.1 Prüfstandskonstruktion 67 vergleichsweise nachgiebigen, aber dennoch steifen Gehäusestruktur gelagert, welche eine Idealisierung einer Triebwerksstützstruktur darstellen soll. Die Lageranordnung erfolgt fest-los. Die einseitige Beeinflussung der Gehäuseschwingungen stellt ebenfalls eine Idealisierung dar, da in den hier durchgeführten Untersuchungen zunächst eine generelle Aussage über die Wirksamkeit der aktiven Schwingungsbeeinflussung getroffen werden soll.

Für die Untersuchungen mit der Regelung ist es notwendig, dass eine „definier-te“, also bekannte Unwucht am Rotor vorhanden ist, da für diese Unwucht der Regler synthetisiert wird. Der Rotor besitzt jedoch über seiner Länge eine nicht näher bekannte Ur-Unwucht- und Schlagverteilung und muss deshalb zunächst ausgewuchtet werden. Als Auswuchtverfahren kommt aufgrund seines nachgiebigen Verhaltens die N-Theorie zum Einsatz. Die Ausgleichssetzungen werden wegen der symmetri-schen Anordnungen der Scheiben auf dem Rotor an der ersten und dritten Scheibe vorgesehen. Dort sind bei einem Radius von 65mm jeweils 30 zueinander versetzt Bohrungen mit einem Durchmesser von5mmfür die Anbringung der Ausgleichsmassen vorhanden. Für das Auswuchtverfahren wurde ein Kontrastsensor zur Bestimmung der Phase sowie ein Wirbelstromsensor IN-081 der Firma Brüel & Kjaer Vibro für die Messung der Wegamplituden verwendet. Die Aufnahme und Digitalisierung der zur Bestimmung der Auswuchtsetzungen erforderlichen Messwerte erfolgte mit der Messkarte NI9215; das Einlesen und Speichern der Messwerte wurde mit LabVIEW realisiert. In der 1. Eigenfrequenz konnten die Schwingungen aufgrund der ermittelten Ausgleichssetzungen um rund 90% reduziert werden.

Die Befestigung der definierten Unwuchtmassen erfolgt an den selben Bohrun-gen der Rotorscheiben, welche auch für die Setzung der Ausgleichsmassen vorgesehen sind. Die definierte Unwucht von 409,5gmm wurde an der mittleren Scheibe an-gebracht. Bei Betrieb in der ersten Eigenfrequenz von ca. 21Hz greift somit eine Unwuchtkraft von 7,1N am Rotor an, welche sich jeweils zur Hälfte auf beide Lager aufteilt.

5.1.3 Gehäuse

Das Gehäuse besteht aus einer ringförmigen Struktur, durch welche die Lagerkräf-te und Schwingungen mitLagerkräf-tels drei um 120 versetzt angeschraubten Streben in einen Außenring geleitet werden. Dieser Außenring wird durch zwei an den Seiten ange-schraubte massive Stahlblöcke („Gehäuseaufhängung“, siehe Abb. 5.3 rechts) mit dem Maschinentisch („Fundament“) verschraubt. Die Streben können durch eine relative einfache Montage und Demontage über Schraubverbindungen ausgetauscht werden.

Somit ist es möglich, unterschiedliche Strebendicken in einem Bereich von 1...2mm zu montieren und damit einher gehende Auswirkungen der Steifigkeitseigenschaften des Gehäuses auf die Schwingungen in der Aufhängung zu untersuchen. Auch durch ei-ne Änderung des Materials der Streben kann die Steifigkeit des Gehäuses beeinflusst werden. Für in nachfolgenden Forschungsprojekten vorgesehene Untersuchungen mit anderen Gehäuseformen, welche frontseitig an die Ringstruktur angeschraubt werden, sind entsprechende Bohrungen in der Struktur des Innen- und Außenrings vorgesehen.

5.1 Prüfstandskonstruktion 68 So können z.B. auch dünnwandige, konusförmige Gehäusestrukturen montiert werden, welche jedoch in der hier vorliegenden Arbeit nicht weiter verfolgt wurden, da hier le-diglich anhand einer beispielhaft ausgewählten Gehäuseform die generelle Machbarkeit der aktiven Schwingungsreduktion mit Piezoaktoren untersucht werden sollte. Da die Bohrungen auch einen Einfluss auf die Gehäusesteifigkeit haben, wurden sie auch im Simulationsmodell berücksichtigt.

Abbildung 5.3: Strebengehäuse

Auf die Streben wird beidseitig jeweils ein Piezoplättchen des Typs PIC255 der Firma PI Ceramics GmbH mit den Abmessungen 50x25x1mm aufgeklebt. Als Klebstoff wird dafür UHU PLUS ENDFEST 300 verwendet, welcher auch schon in anderen Forschungsarbeiten angewendet wurde [17].

In der untersuchten Anordnung wurden die Piezos auf einem Abstand von 48,75mm, gemessen von der Außenkante des Außenrings zum Mittelpunkt des Plättchens auf den Streben, angebracht. Durch die Austauschbarkeit der Streben können an dem Prüf-stand auch Experimente zur optimalen Klebeposition der Piezoaktoren durchgeführt werden. Untersuchungen mit DMS zeigten, dass der Biegeanteil der Piezoplättchen am Prüfstandsgehäuse im Betrieb relativ gering ist [10], während der Zug-Druck-Anteil dominiert. Aufgrunddessen ist die Position, auf welcher die beiden Piezoplättchen auf der Strebe angebracht werden prinzipiell nicht eingeschränkt. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die beiden Piezoplättchen an einer Strebe jeweils gegenüber liegend angeklebt werden, um keine ungewollten Scherbeanspruchungen der Strebe zu verursachen. Außerdem sollten die Piezoaktoren möglichst nahe an den Sensoren zur Messung der Schwingung in der Aufhängung angebracht werden - also möglichst dicht

5.1 Prüfstandskonstruktion 69 am Außenring. Somit wird zumindest annähernd Kollokation erreicht und die Gefahr eines Spillovers reduziert. Bei den Untersuchungen werden jeweils die beiden Piezos an einer Strebe mit der elektrischen Spannung eines Leistungsverstärkers versorgt. Es ist grundsätzlich aber auch möglich, jeden Piezo einzeln über einen Leistungsverstärker anzusteuern.

Bei der Auslegung der Piezos wurde zum einen darauf geachtet, dass die werk-stofftechnischen Randbedingungen wie Curie-Temperatur und maximal zulässige elektrische Feldstärke nicht überschritten werden, indem der Rotor und somit die Piezos nicht dauerhaft betrieben und die Ausgangsspannung des Leistungsverstärkers begrenzt wurde. Zum anderen erfolgte eine mechanische Auslegung der Piezoplättchen.

So wurde zunächst die Auswahl der Piezoplättchen von der Firma PI Ceramic durch die geometrischen Abmessungen der Gehäusestreben eingeschränkt: die Breite der Piezos sollte der Breite der Strebe - also 25mm - nicht überschreiten. Die Länge der Piezos sollte nicht mehr als die halbe Strebenlänge betragen, da es sonst aufgrund von dennoch vorhandenen Biegebeanspruchungen oder Eigenbewegungen zu Ablöseprozes-sen bei der Klebung kommen könnte. Also sollte die Länge der Piezoplättchen nicht mehr als 57,5mm betragen. Aufgrund dieser geometrischen Einschränkungen wurden Piezoplättchen der Länge lP = 50mm und Breite von tP = 25mm ausgewählt. Die Dicke der Piezoplättchen sollte, wie beschrieben, im Bereich von 1mm...2mm liegen.

Es wurde nun die von einem Piezoplättchen erzeugte Kraft berechnet mithilfe der Formel [2]

FP iezo=tP ·EP ·d31·E3·bP. (5.1) Auf Empfehlung des Piezo-Herstellers PI Ceramic wird für die maximale elektrische Feldstärke E3 = −0,3kV /mm als konservativer Erfahrungswert für den Wechselbe-trieb angenommen. Dies entspricht also einer zulässigen Zugdehnung von10−20%der maximalen Druckdehnung. Wegen

U3 =E3·bP (5.2)

ergibt sich für den angegebenen Bereich der Dicke der Piezoplättchen bP eine mögliche Stellspannung von ±300V...±600V für die Dicke von 1mm bis 2mm. Für die Unter-suchungen werden Piezos von 1mm Dicke verwendet. Somit ist auch gewährleistet, dass die Piezos noch im Großsignalbereich von bis zu 500V /mmbetrieben werden, wo sie sich linear verhalten.

In Gleichung (5.1) ist lediglich die Materialkonstante d31 noch offen. In den durchgeführten Untersuchungen wurde das Material PIC255 verwendet - somit ist diese Materialkonstante ebenfalls festgelegt (siehe nachfolgende Tabelle).