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3.4 Impfstoffe

3.4.1 Präerythrozytäre Impfstoffe

Präerythrozytäre Impfstoffe (PEV) zielen auf Antigene der Plasmodien-Sporozoiten und Leberstadien. PEV sind so konzipiert, dass sie Antikörper gegen Oberflächenantigene induzieren. So können Sporozoiten im Blutkreislauf abgetötet oder ihr Eindringen in Hepatozyten blockiert werden. Des Weiteren können so auch infizierte Hepatozyten durch T-Zellen erkannt und angegriffen werden. Die schützende Wirkung von PEV wurde das erste Mal in den 1970er Jahren entdeckt. Damals wurden durch Strahlung attenuierte Sporozoiten durch verabreicht. Die geimpften Personen waren daraufhin vor einer anschließenden Infektion durch P. falciparum Sporozoiten geschützt. PEV zielen darauf ab, durch eine hohe Immunreaktion präerythrozytäre Parasiten vor der Freisetzung in den Blutkreislauf vollständig zu beseitigen. Somit wäre das Fortschreiten zur symptomatischen Blutphase blockiert und eine weitere Transmission der Infektion nicht möglich (109, 115, 116).

3.4.1.1 RTS,S/AS01

RTS,S/AS01 ist ein rekombinanter Protein-Impfstoff. Er zielt auf das CSP von P. falciparum ab, welches im prä-erythrozytären Stadium exprimiert wird. Der Impfstoff besteht aus zwei dominanten P. falciparum Epitopen. Dabei handelt es sich um die Epitope „R“ (Repeat Region des CSP) und „T“ (T-Zell-Epitop des CSP). Das „R“ Epitop bewirkt eine humorale Immunantwort und das „T“ Epitop eine zelluläre Immunität. Die Epitope werden mit einem Hepatitis-B-Virus surface antigen (HBs) „S“ fusioniert. Des Weiteren beinhaltet der Impfstoff ein weiteres freies HBs Antigen „S“. Aufgrund der HBs-Antigene bietet der Impfstoff ebenfalls einen leichten Schutz gegen Hepatitis B (117, 118).

RTS,S/AS01 wird als 0,5 ml Injektion intramuskulär injiziert. Kinder bekommen drei Injektionen mit jeweils einem Monat Abstand. Die vierte Dosis wird 18 Monate nach der dritten Impfung verabreicht. Die WHO empfiehlt Kinder ab einem Alter von 5 Monaten zu impfen. Nebenwirkungen der Impfungen können sich in Form von Fieberkrämpfen, Fieber, Irritationen der Injektionsstelle und lokalen Schmerzen und Schwellungen zeigen (119).

Die WHO empfiehlt den breiten Einsatz von RTS,S/AS01 bei Kindern in Afrika südlich der Sahara und in anderen Regionen mit mäßiger bis hoher P. falciparum Malariaübertragung.

Die Empfehlung stützt sich auf die Ergebnisse des laufenden Pilotprogramms in Ghana, Kenia und Malawi, das seit 2019 mehr als 800 000 Kinder erreicht hat (113).

Aufgrund vielversprechender Ergebnisse einer vorrausgegangenen Phase-2 Studie führte GSK die Studie „Efficacy of GSK Biologicals' Candidate Malaria Vaccine 257049 Against Malaria Disease in Infants and Children in Africa“ (NCT00866619) durch. Dabei handelt es sich um eine doppelblind, kontrollierte, randomisierte Phase-3-Studie. Die Studie lief von März 2009 bis Januar 2014. Bei den Teilnehmern*innen handelt es sich um 8922 Kinder (Alter 5-17 Monate) und 6537 Kinder im Säuglingsalter (Alter 6-12 Wochen). Die Studie wurde in sieben afrikanischen Ländern südlich der Sahara durchgeführt. Insgesamt erhielten die Teilnehmer*innen vier Impfstoffdosen. Die Teilnehmer*innen wurden im Verhältnis 1:1:1 randomisiert. Gruppe 1 erhielt dreimal den Impfstoff RTS,S/AS01, Gruppe 2 wurde ebenfalls dreimal mit RTS,S/AS01 geimpft und in der Kontrollgruppe Gruppe 3 erhielten die älteren Kinder einem Tollwutimpfstoff und die Kinder im Säuglingsalter ein Menjugat.

Die Impfungen wurden in den Studienmonaten 0, 1, und 2 verabreicht. Im Studienmonat 20 erhielt Gruppe 1 eine Booster Impfung mit RTS,S/AS01, Gruppe 2 erhielt einen Meningokokken-Impfstoff und Gruppe 3 erneut einem Tollwutimpfstoff bzw. ein Menjugat.

Insgesamt erhielten 8447 (95 %) Kinder und 6234 (95 %) Kinder im Säuglingsalter die ersten drei Dosen und 7384 (83 %) Kinder und 5488 (84 %) Kinder im Säuglingsalter erhielten 18 Monate nach der dritten Dosis eine vierte Impfstoffdosis. Der Impfstoff zeigte 48 Monate nach der ersten Impfung bei den älteren Proband*innen eine Effektivität von 36,6 % gegen eine klinische Malaria und 32 % gegen eine komplizierte Malaria. Die Effektivität in Bezug auf die jüngere Teilnehmer*innengruppe betrug 25,9 % gegen eine klinische Malaria und 17,3 % gegen einen komplizierten Verlauf. Der Impfstoff zeigte sich immunogen und sicher (120).

Eine durchgeführte Phase-3-Erweiterungsstudie lief von September 2014 bis Januar 2017 und wurde 2019 von Tinto, H. et al. publiziert. Im Rahmen der Studie wurden 1739 (592:

1345 (454: vier Dosen; 453: drei Dosen; 438: Kontrollgruppe) Kinder im Alter von 3-5 Jahren für bis zu sieben Jahre beobachtet. Die teilnehmenden Kinder waren bereits Proband*innen der vorausgegangenen Studie und erhielten mindestens eine Impfdosis. Das primäre Ziel war, die langfristige Inzidenz komplizierter Malariaverläufe über einen Zeitraum bis zu sieben Jahre nach der ersten Impfung zu verfolgen. Das Follow-up nach sieben Jahren zeigte bei den älteren Kindern, die vier Dosen erhalten hatten, eine Effektivität von 36,7 % und 10,1 % bei den Kindern die drei Dosen erhalten hatten. Bei der jüngere Proband*innengruppe zeigte sich nach sechs Jahren eine Effektivität von 31,0 % nach vier Impfungen und 34,2 % nach drei Dosen. Insgesamt zeigte sich eine geringere Inzidenz für komplizierte Malariaverläufe in allen Gruppen (121).

3.4.1.2 PfSPZ

PfSPZ ist ein präerythrozytärer Ganzzell-Malaria-Impfstoff, der aus durch Röntgenstrahlung attenuierten, aseptischen, gereinigten, kryokonservierten P. falciparum (Pf) NF54 Sporozoiten (SPZ) besteht. Diese Sporozoiten werden durch Röntgenstrahlung unschädlich gemacht. Sie sind in der Lage in die Leberzellen einzudringen, wo sie sich jedoch nicht weiterentwickeln und in Folge keine Erythrozyten infizieren können. PfSPZ verwendet den gesamten Erreger und somit alle vorhandenen Proteine. Die unschädlich gemachten Plasmodien lösen eine immunologische Reaktion aus ohne dass die Patient*innen erkranken (122).

Neben PfSPZ sind noch weitere Ganzzellimpfstoffe in der Entwicklung. Es gibt verschiedene Möglichkeiten Sporozoiten zu attenuieren. Dies kann chemisch, genetisch und durch Strahlung erreicht werden. Chemisch attenuierte Plasmodien können in dem DNA-bindenden Medikament Centanamycin inkubiert und somit unschädlich gemacht werden. Eine klinische Studie am Menschen steht noch aus. Bei der genetischen Manipulation wird versucht, Sporozoiten so zu verändern, dass sie in die Leber eindringen können, ohne in die erythrozytäre Phase überzutreten. Eine weitere Möglichkeit ist es, nichtbestrahlte Sporozoiten in Kombination mit einer Chemoprophylaxe wie Chloroquin zu verabreichen. Dadurch werden die Schizonten erst nach dem Austritt aus der Leber in den Erythrozyten abgetötet. PfSPZ Impfstoffe sind sehr stabil und können bis zu vier Jahre gelagert werden (109, 123).

PfSPZ wurde in einer Phase-2-Studie untersucht. Die Studie lief von Januar 2016 - August 2018. Es handelt sich um eine randomisierte, placebokontrollierte, doppelblind Phase-2-Studie. Die Studienergebnisse wurden 2021 vom Oneko, M. et al. publiziert. Bei den

Proband*innen handelt es sich um 336 Kinder im Alter zwischen 5 Monaten und 12 Jahren.

Das Ziel der Studie war es die Sicherheit, Tolerabilität, Immunogenität und Effektivität des PfSPZ-Impfstoffes zu untersuchen. Die Studie wurde in einem hoch Endemiegebiet in Kenia durchgeführt. Die Teilnehmer*innen erhielten insgesamt drei Dosen des Impfstoffes i.v. mit einem Abstand von 8 Wochen. Durch die intravenöse Gabe sollen zirkulierende spezifische Antikörper, sowie eine T-Zell Reaktion induziert werden. PfSPZ erwies sich als sicher und gut verträglich, konnte jedoch keinen signifikanten Effekt aufweisen. Die Effektivität drei Monate nach der letzten Impfung lag bei 45,8 %. Nach sechs Monaten zeigte sich nur noch eine Effektivität von maximal 12 %. Im Rahmen der Studie konnte keine T-Zell Antwort festgestellt werden. Da in Studien mit erwachsenen Proband*innen eine T-Zell Antwort erfolgte, wird angenommen, dass diese altersabhängig sein kann (124).

3.4.1.3 ChAd63 MVA ME-TRAP

Im ChAd63 MVA ME-TRAP Schema werden die beiden Impfstoffe ChAd63 ME-TRAP und MVA ME-TRAP kombiniert. Im Rahmen dieses Schemas wird zunächst ChAd63 ME-TRAP geimpft und acht Wochen später MVA ME-TRAP. Diese Vakzine beruhen auf dem T9/96 P. falciparum Stamm und zielen auf das Leberstadium der Parasiten ab. Die Impfstoffkandidaten ChAd63 ME-TRAP und MVA ME-TRAP bestehen aus nicht-replizierenden Adenoviren, die ME-TRAP exprimieren. Bei ChAd63 handelt es sich um ein Schimpansenadenovirus und bei MVA um das modifizierte Vacciniavirus Ankara (125, 126).

ME-TRAP Impfstoffe verwenden das Prime-Boost Konzept, um eine Immunisierung zu erreichen. Dabei wird durch die Gabe verschiedener Einzelkomponenten eine synergistische Wirkung auf das Immunsystem erzielt. Bei ME-TRAP handelt es sich um DNA-Impfstoffe, die eine Malaria DNA-Sequenz, die als ME (multiple epitope) -TRAP (thrombospondin-related protein) bekannt ist, beinhalten. TRAP ist wie CSP ein dominantes Sporozoiten-Oberflächenprotein. ME besteht aus mehrere B-Zell-, einem CD4+ - und 14 CD8+ -Epitope.

Des Weiteren sind zwei B-Zell Epitope von sechs Prä-erythrozytären P. falciparum Antigenen enthalten (127).

Die Impfstoffe wurden in einer doppelblind, randomisierte, kontrollierte Phase-2-Studie auf ihr Sicherheit, Immunogenität und Wirksamkeit untersucht. Die Studie lief von November 2012 bis August 2014 und wurde von Tiono, A. B. et al. im Dezember 2018 publiziert. Die Impfstoffe wurden an 700 gesunden Kindern im Alter zwischen 5 bis 17 Monaten in einem

Schutzwirkung sechs Monate nach der letzten Impfung zu bewerten. Die Studienteilnehmer*innen wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhielten entweder den Malaria-Impfstoffkandidaten (ChAd63 ME-TRAP und MVA ME-TRAP) oder eine Kontrollimpfung mit zwei Dosen eines Tollwutimpfstoffs (Imovax Sanofi Pasteur). Das Prime-Boost-Schema wurde im Abstand von acht Wochen verabreicht. Auf ChAd63 ME-TRAP folgte acht Wochen später MVA ME-ME-TRAP. Beide Impfungen erfolgten intramuskulär in einer Dosis von 5 x 1010vp bzw. 1 x 108 pfu, jeweils in den anterolateralen Oberschenkel. ChAd63 MVA ME-TRAP erwies sich als sicher und immunogen. Bis zu 46,5 % der Proband*innen zeigten Fieber als leichte Impfreaktion auf. Die Impfstoffe induzierten 63 Tage nach der Impfung eine mäßige T-Zell-Antwort (Median 326 SFU/106 PBMC), die um ein Vielfaches niedriger war als in früheren Studien. Nach der zweiten Impfung zeigten 98 % einen Medianen anti-TRAP Immunglobulin-G (IgG) Titer von 3467 EUs. Die Effektivität der Impfstoffe lag sechs Monate nach der zweiten Impfung bei 13,8 %.

Es wurde während der Nachbeobachtungszeit keine signifikante Wirksamkeit gegen schwere Malaria beobachtet. Diese Studie hat gezeigt, dass ChAd63 MVA ME-TRAP ein sicheres und immunogenes Impfschema bei Kindern und Säuglingen in einem hoch Endemiegebiet ist. Es konnte jedoch keine signifikante Schutzwirkung beobachtet werden (126).

3.4.1.4 R21/Matrix-M

R21/Matrix-M ist ein virusähnliches Partikel, das auf dem C-terminalen Teil des CSP aus dem P. falciparum-Stamm NF54 basiert. Es ist mit dem N-Terminus von Hepatitis-B-Oberflächenantigen (HBsAg) fusioniert. R21 wird mit dem von Adjuvans Matrix-M kombiniert. Der R21/Matrix-M Malaria-Impfstoff ist zur Vorbeugung von Plasmodium falciparum Malaria vorgesehen (128).

R21 ähnelt RTS,S in seinem Aufbau. Der wesentlichste Unterschied gegenüber RTS,S besteht darin, dass die R21-Partikel aus einem Fusionsprotein von CSP und einem Hepatitis-B-Oberflächenantigen (HBsAg) gebildet werden. Dadurch entsteht ein Impfstoff mit einem höheren CSP-Anteil als er bei RTS,S besteht. Matrix-M wurde aufgrund seiner hohen Immunogenität als Adjuvans ausgewählt. Es handelt sich um ein Adjuvans auf Saponinbasis (114, 129, 130).

Die Studie „Safety, Immunogenicity and Efficacy of R21 Matrix-M in 5-17 Month Old Children in Nanoro, Burkina Faso“ (NCT03896724), die von der „University of Oxford“

durchgeführt wird, untersucht die Schutzwirkung des Impfstoffes ab 14 Tagen nach der

dritten Impfung bis zu einem Jahr nach der letzten Impfung. Die Studie begann im Mai 2019 und soll im August 2023 abgeschlossen werden. Bei der Studie handelt es sich um eine doppelblind, randomisierte, kontrollierte Phase-2b-Studie. Im Rahmen der Studie wurde der Impfstoff R21 mit zwei verschiedenen Dosen des Adjuvans Matrix-M (MM) an Kinder im Alter von 5 bis 17 Monate in Nanoro, Burkina Faso verabreicht. An der Studie nahmen 450 Kinder teil. Es wurden drei Impfungen im Abstand von vier Wochen vor der Malariasaison verabreicht sowie eine vierte Dosis ein Jahr später. Alle Impfstoffe wurden intramuskulär in den Oberschenkel verabreicht. Die Kinder wurden in drei Gruppen mit jeweils 150 Teilnehmer*innen eingeteilt. Gruppe 1 erhielt 5 µg R2 und 25 µg MM, Gruppe 2 wurden 5 µg R21 und 50 µg MM verabreicht und Gruppe 3 diente als Kontrollgruppe und erhielt einen Tollwutimpfstoff. Über einen Zeitraum von einem Jahr wurde die Sicherheit, Immunogenität und die Wirksamkeit des Impfstoffes untersucht. Datoo, M. S. et al. publizierte im Mai 2021 die Ergebnisse der Studie in Bezug auf die erste Malaria Saison. R21/Matrix-M zeigte 6 Monate später eine Wirksamkeit von 74 % in Gruppe 1 und 76 % in Gruppe 2. Ein Jahr nach der dritten Impfung zeigte seine Wirksamkeit von 71 % in Gruppe 1 und 76 % in Gruppe 2.R21/Matrix-M scheint bei afrikanischen Kindern sicher und sehr immunogen zu sein und zeigt eine vielversprechende Wirksamkeit. Der Impfstoff wies ein günstiges Sicherheitsprofil auf und wurde gut vertragen. Die Mehrzahl der unerwünschten Ereignisse war leicht, wobei Fieber mit bis zu 28 % das häufigste Ereignis war (129).