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2. Das Genossenschaftswesen in der Bundesrepublik Deutschland

4.1 Die Novellierung des Genossenschaftsgesetzes 2006

4.1.2 Potenzielle Auswirkungen

Die Novelle des Genossenschaftsgesetzes hat – wie oben erläutert – weitreichende Veränderungen mit sich gebracht. Im Vorfeld der Novelle wurde als ein wesentliches Problem der genossenschaftlichen Rechtsform deren mangelnde Attraktivität für Gründer – vor allem für Gründer kleiner Genossenschaften – angesehen. Die Spezifika und Konditionen der genossenschaftlichen Rechtsform wurden als wichtige

dem durch eine Vielzahl von Maßnahmen entgegenzuwirken. Unbestritten ermöglichen die Veränderun-gen des Genossenschaftsgesetzes eine deutlich schlankere Ausgestaltung der inneren Organisation der eingetragenen Genossenschaft und tragen insofern zur Attraktivität der genossenschaftlichen Rechtsform für kleine Genossenschaften bei. Ob die beschriebenen Veränderungen des Genossenschaftsgesetzes damit das genossenschaftliche Neugründungsgeschehen tatsächlich belebt haben, ist allerdings nicht si-cher.

Eine vollständige Evaluierung seitens des Gesetzgebers hat noch nicht stattgefunden, wenn auch spezifi-sche Bereiche, wie etwa Prüfungserleichterungen, vom Bundesministerium der Justiz und für Verbrau-cherschutz (BMJV) untersucht wurden (BMJV 2009; Höhfeld 2009). Die Auswirkungen der Novellierung auf das Neugründungsgeschehen sind nicht umfassend untersucht worden. Belastbare empirische Er-gebnisse liegen bis heute nicht vor. Eine oberflächliche Betrachtung der Gründungszahlen von Genos-senschaften mag auf den ersten Blick die Vermutung nahelegen, dass die Novellierung die intendierten Gründungsimpulse geliefert habe und insofern ein auslösender Faktor für die gestiegenen Gründungszah-len gewesen sei. Schließlich sind die GründungszahGründungszah-len in den Jahren seit 2006 deutlich angestiegen.

Während diese Ansicht in den ersten Jahren nach der Novelle auch häufiger geäußert wurde (Bösche 2009; Eisen 2009; Flieger 2009; Ott 2009), sind die Einschätzungen mittlerweile deutlich zurückhaltender (Blome-Drees und Degens 2013; Wieg und Stappel 2013). Bisweilen wird der Novelle sogar jeglicher Ein-fluss auf das genossenschaftliche Neugründungsgeschehen abgesprochen (RWGV 2013a). Ohne eine detaillierte Analyse der genossenschaftlichen Neugründungen seit 2006 kann keine tragfähige Aussage dazu gemacht werden, ob und in welchem Umfang die Novellierung das genossenschaftliche dungsgeschehen tatsächlich positiv beeinflusst hat. Die Tatsache, dass sich der sogenannte Neugrün-dungsboom auf wenige Branchen beschränkt, wirft die Frage nach der Kausalität auf. So kann beispiels-weise der prominenteste neue Bereich genossenschaftlichen Wirtschaftens, der Energiesektor, nicht los-gelöst von der Förderung im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes betrachtet werden. Hier zeigt sich besonders deutlich, dass neben dem Genossenschaftsgesetz weitere rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen das Gründungsgeschehen fundamental beeinflussen. Somit ist grundsätzlich zu klä-ren, inwiefern die steigenden Neugründungszahlen lediglich auf ein Wachstum des jeweiligen Sektors selbst zurückzuführen sind, ob und weshalb die genossenschaftliche Rechtsform sich hier funktional be-sonders eignet und schließlich, welchen Anteil die Novelle an diesen Veränderungen gehabt hat.

Die Novelle des Genossenschaftsgesetzes sollte – wie oben erläutert – substantielle Erleichterungen für kleine Genossenschaften mit sich bringen. Insgesamt mangelt es auch hier an belastbaren Daten darüber, ob und wieweit kleine Genossenschaften die Änderungen nutzen und in welchem Umfang sie konkrete Er-leichterungen mit sich brachten. Im Bereich der genossenschaftlichen Pflichtprüfung werden die Einspa-rungen an Prüfungskosten durch die Verfasser des Referentenentwurfs zur Einführung der Kooperations-gesellschaft auf 20 Prozent geschätzt (BMJV 2009). Dieses Ergebnis beruht auf einer vom Bundesminis-terium der Justiz im Jahre 2008 vorgenommenen Befragung von acht genossenschaftlichen Verbänden und Organisationen, was verbandsseitig als völlig unzureichende Bestandsaufnahme qualifiziert wird und insofern aus ihrer Sicht auch keine Evaluierung darstellt (vgl. etwa GdW 2013a). Unabhängig hiervon wird das ermittelte Einsparvolumen durchaus unterschiedlich beurteilt. Die Verfasser des Referentenentwurfs (2013), der Bundesverein zur Förderung des Genossenschaftsgedankens e. V. (2013) und der Zentral-verband deutscher Konsumgenossenschaften e. V. (2013a und 2013b) hatten sich entweder eine stärkere Kostenentlastung versprochen und halten die Einsparungen insofern für zu gering oder aber halten die Einsparungen zwar für beachtlich, letztlich aber vor dem Hintergrund, dass bei anderen Rechtsformen gar keine Prüfungskosten anfallen, für nicht ausreichend.

Die Bundesregierung stuft in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE die Einsparungen als durchaus relevante Verringerung ein (Deutscher Bundestag 2012). Sie weist zudem auf Initiativen der genossenschaftlichen Prüfungsverbände hin, die kleinen Genossenschaften bei den Prüfungsgebühren zu entlasten. Zwar hält sie die gesetzgeberischen Möglichkeiten, die genossen-schaftliche Rechtsform attraktiver zu machen, für weitgehend ausgeschöpft, gleichwohl gelte es zu prüfen, ob es weitere bürokratische Belastungen gebe, die zugunsten der Genossenschaften abgebaut werden könnten, wozu auch die potentielle Einführung einer Kooperationsgesellschaft (haftungsbeschränkt) gehö-re. Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände verweisen darauf, dass sie die anfallenden Prüfungskos-ten für kleine GenossenschafPrüfungskos-ten subventionieren, die Preise erheblich gesenkt haben und nur einen Teil der tatsächlich anfallenden Kosten verrechnen. Außerdem eröffne die Mitgliedschaft im Prüfungsverband den Zugang zu umfangreichen Beratungsleistungen, die gerade für kleine Genossenschaften häufig erfor-derlich seien, um erfolgreich agieren zu können, und für die Unternehmen in anderen Rechtsformen teurer bezahlen müssten. Diese Subventionen würden von der genossenschaftlichen Solidargemeinschaft über-nommen, um die Stabilität und Solidität der genossenschaftlichen Rechtsform zu sichern.

Die Prüfungsverbände haben nach eigener Auffassung ausreichend Maßnahmen ergriffen, um genossen-schaftliche Neugründungen zu unterstützen. Dies gelte auch für die Kosten der Verbandsmitgliedschaft und die Prüfungsgebühren. Kostengründe dürften daher kein ausschlaggebender Grund sein, wenn kleine genossenschaftlich ausgerichtete Unternehmen die eingetragene Genossenschaft als Rechtsform

aus-fungsgebühren zu fördern (GdW 2013b). Die genossenschaftlichen Verbände kritisieren, dass der Bedarf an weiteren Erleichterungen beim genossenschaftlichen Prüfungsregime zumeist an plakativen Einzelbei-spielen – etwa in Form von in finanzielle Not geratenen Dorfläden – festgemacht wird, deren Probleme aus Sicht der Verbände aber nicht durch zu hohe Prüfungsgebühren entstünden, sondern durch massiven Wettbewerbsdruck in der Lebensmittelbranche. Zudem handele es sich bei den in Rede stehenden Fällen um einen „Mikrobereich“ (GdW 2013a). Die Verfasser des Referentenentwurfs schätzen, dass sich etwa 20 Prozent der neuen Genossenschaften als Kooperationsgesellschaften gründen, was auf Basis der Neugründungen von 2011 eine Fallzahl von 74 ergeben würde (BMJV 2013).

Nach Ansicht derjenigen, die die bisher erzielten Einsparungen gleichwohl für zu niedrig halten, stellt sich die Frage, ob die spezifischen Erfordernisse der Pflichtprüfung für kleine Genossenschaften überhaupt weiter gelten sollen. Selbst wenn die genossenschaftliche Pflichtprüfung weiterhin als verfassungsmäßig gelten könne, sei sie keineswegs verfassungsmäßig geboten, sondern könne vom Gesetzgeber unter Be-rücksichtigung sich wandelnder Bedingungen jederzeit neu überdacht werden. Ein Festhalten des Ge-setzgebers an der regelmäßigen Pflichtprüfung bedeute ihrer Meinung nach eine Schlechterstellung klei-ner Genossenschaften in Bezug auf den organisatorischen Aufwand und die Kostenbelastung im Ver-gleich zu kleinen Kapitalgesellschaften. Vermutlich würden sich die Gründer kleiner Genossenschaften auch eher an den anfallenden Kosten der genossenschaftlichen Rechtsform orientieren als an dem zutref-fenden, aber aus ihrer Sicht abstrakten Argument hoher Insolvenzfestigkeit (Schulze und Wiese 2009). Im Übrigen ist die Vermeidung von Insolvenzen kein spezifisches Merkmal der Genossenschaftsidee (Bun-desverein zur Förderung des Genossenschaftsgedankens e. V. 2013). Schließlich hat ein aus Sicht ihrer Kritiker bedeutsames Hindernis für die Gründer kleiner Genossenschaften auch nach der Novelle Be-stand: Die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft ist ihrer Ansicht nach im Vergleich zu anderen Rechtsformen wegen der erforderlichen gutachterlichen Stellungnahme nach wie vor aufwändig und teuer.

Insofern scheint die Novelle den Reformbedarf im Hinblick auf eine leichtere und kostengünstigere Grün-dung kleiner Genossenschaften nicht vollständig behoben zu haben (Schulze und Wiese 2009).

Vor diesem, hier nur kurz skizzierten, Hintergrund hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbrau-cherschutz im März 2013 einen Entwurf zur „Einführung der Kooperationsgesellschaft und zum weiteren Bürokratieabbau bei Genossenschaften“ vorgelegt. Der Entwurf knüpft an eine seit Jahren geführte Dis-kussion an, die sich für eine Deregulierung des genossenschaftlichen Prüfungsregimes für kleine Genos-senschaften einsetzt. Um Selbsthilfeinitiativen im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements, wie Dorfläden, kleineren Projekten für altersgerechtes oder alternatives Wohnen, Initiativen im Gesundheits-wesen sowie Trägern bisher kommunal geprägter Aufgaben, die Gründung einer Genossenschaft zu er-leichtern, sollen Genossenschaften, die bestimmte Schwellenwerte unterschreiten, von der

Pflichtmitglied-Reform des Vereinsrechts wird nicht erwogen, weil für wirtschaftliche Betätigungen neben einer Genos-senschaft die Kapitalgesellschaft vorgesehen ist, also für kleinere Engagements die GmbH oder die Un-ternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt).

Die Verfasser des Referentenentwurfs schätzen die Kosten für die gutachterliche Stellungnahme auf 1.500 Euro und die Kosten für den mit der Pflichtprüfung verbundenen Aufwand auf jährlich 3.500 Euro.

Der jährliche Beitrag für die Mitgliedschaft im Prüfungsverband wird auf 50 bis 500 Euro geschätzt. Die Verfasser des Entwurfs befürchten, diese Kosten könnten die Initiatoren kleiner Zusammenschlüsse im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements davon abhalten, eine Genossenschaft zu gründen, und sie, allein wegen der Kosten, in eine andere Rechtsform drängen (BMJV 2013). Diese Auffassung wird eben-falls durch den Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften e. V. vertreten, der sich seit mehr als zehn Jahren für eine Befreiung kleiner Genossenschaften vom genossenschaftlichen Prüfungsregime ein-setzt. Danach weichen zahlreiche Gründer kleinerer Selbsthilfeinitiativen auf die Rechtsform des eingetra-genen Vereins aus, der für eine wirtschaftliche Zwecksetzung aber nach der derzeitigen Gesetzeslage ge-rade nicht in Frage kommt (Bösche 2007; Bösche 2008). Andere Ausweichmöglichkeiten mögen weitere Rechtsformen, wie etwa die UG (haftungsbeschränkt) und Still, bieten, welche allerdings eine demokrati-sche Mitbestimmung nicht in gleichem Umfang ermöglichen können.

4.2.1 Gründungsvoraussetzungen

Der Referentenentwurf schlägt vor, nach dem Vorbild der in § 5a GmbHG geregelten Unternehmergesell-schaft (haftungsbeschränkt) eine KooperationsgesellUnternehmergesell-schaft (haftungsbeschränkt) einzuführen, die den Gründern allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen offensteht. Es ist geplant, für diese besonde-re Regelungen in das Genossenschaftsgesetz einzufühbesonde-ren (§§ 122ff. GenG). Insbesondebesonde-re soll die Ko-operationsgesellschaft (haftungsbeschränkt) von der Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband, der Grün-dungsprüfung und der Pflichtprüfung befreit sein (§ 126 Absatz 1 Satz 1 GenG). Voraussetzung für die Gründung einer solchen Gesellschaft ist das Unterschreiten bestimmter Schwellenwerte – voraussichtliche jährliche Umsatzerlöse von nicht mehr als 500.000 Euro und voraussichtlicher Jahresüberschuss von nicht mehr als 50.000 Euro (§ 122 Absatz 1 Satz 1 GenG) – sowie das Auftreten im Rechtsverkehr als Kooperationsgesellschaft (haftungsbeschränkt) oder als KoopG (haftungsbeschränkt). Die vom Referen-tenentwurf vorgeschlagenen Größenmerkmale hängen im Gründungsstadium von der Einschätzung der Gründungsmitglieder ab und können daher in dieser Phase nicht durch den Registerrichter kontrolliert werden. Eine nachträgliche Überprüfung ist aber möglich (§ 130 Absatz 3 GenG). Stellt sich dabei heraus,

operationsgesellschaft (haftungsbeschränkt) vorgesehenen Erleichterungen nicht mehr in Anspruch neh-men kann.

4.2.2 Rechtsfolgen

Kooperationsgesellschaften (haftungsbeschränkt) brauchen sich keiner Gründungsprüfung – weder durch den Prüfungsverband noch durch das Registergericht – zu unterziehen (§ 124 GenG). Sie sind nach § 126 Absatz 1 Satz 1 GenG von der Pflichtmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband und der Pflichtprüfung befreit, sie können sich aber freiwillig einem Verband anschließen (§ 126 Absatz 1 Satz 2 GenG) und sich auch einer vollständigen oder auf bestimmte Teilbereiche oder Zeitabschnitte be-schränkten Prüfung unterwerfen (§ 127 Absatz 1 GenG). Eine solche freiwillige Prüfung kann, muss aber nicht, von einem genossenschaftlichen Prüfungsverband durchgeführt werden. Die Befreiung von der Pflichtprüfung und der Mitgliedschaft im Prüfungsverband gilt nicht automatisch für alle kleineren Genos-senschaften, die die Größenmerkmale des § 122 Absatz 1 Satz 1 GenG nicht überschreiten. Die kleine Genossenschaft, die in den Genuss der neuen Regelungen kommen will, muss in ihren Firmennamen die Bezeichnung Kooperationsgesellschaft (haftungsbeschränkt) oder KoopG (haftungsbeschränkt) aufneh-men (§ 122 Absatz 1 Satz 2 GenG). Durch diese Firmierung sollen der Rechtsverkehr und externe Gläu-biger auf die für die Gesellschaft geltenden Besonderheiten aufmerksam gemacht werden. Werden die für eine Kooperationsgesellschaft (haftungsbeschränkt) vorgesehenen Größenmerkmale an zwei aufeinan-derfolgenden Abschlussstichtagen überschritten, ist der Vorstand verpflichtet, einen Beschluss der Gene-ralversammlung über die Umfirmierung zur Genossenschaft herbeizuführen (§ 130 Absatz 2 GenG). Sind zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Umfirmierung weniger als drei Jahre vergangen, ist die Grün-dungsprüfung nachzuholen (§ 130 Absatz 1 Satz 3 GenG). Die Verpflichtung zur Umfirmierung sichert die Beachtung der für die Kooperationsgesellschaften (haftungsbeschränkt) bestimmten Schwellenwerte. Zum Ausgleich der Schutzfunktion des wegfallenden genossenschaftlichen Prüfungsregimes schlagen die Ver-fasser des Referentenentwurfs eine Reihe von Maßnahmen vor. Hierzu zählen neben der bereits erwähn-ten besonderen Firmierung der Ausschluss von Nachschusspflicherwähn-ten (§ 123 Absatz 1 Nr. 1 GenG), das Verbot von Sacheinlagen (§ 123 Absatz 1 Nr. 2 GenG), das Verbot der Einführung einer Vertreterver-sammlung (§ 123 Absatz 1 Nr. 3 GenG), die Verpflichtung zum Ansparen einer gesetzlichen Rücklage (§ 123 Absatz 1 Nr. 4 GenG), die Verpflichtung zur Bildung eines Aufsichtsrates (§ 123 Absatz 2 Satz 1 GenG) und die Verpflichtung, bei drohender Zahlungsunfähigkeit eine Generalversammlung einzuberufen (§ 127 Absatz 3 GenG).

dem er diese unter bestimmten Voraussetzungen von rechtsformspezifischen Pflichten befreit. Kleinere Genossenschaften sind zwar bereits seit der Gesetzesnovelle von 2006 von der Prüfung des Jahresab-schlusses und des Lageberichts (§ 53 Absatz 2 GenG) befreit, wenn ihre Bilanzsumme eine Million Euro oder ihre Umsatzerlöse zwei Millionen Euro nicht übersteigen. Diese Regelung hat indessen die für die Prüfung aufzuwendenden Kosten nach Auffassung der Verfasser des Referentenentwurfs nicht ausrei-chend verringert. Für sehr kleine Unternehmen können Aufwand und Kosten, die mit der Rechtsform der Genossenschaft verbunden sind, teilweise abschreckend wirken. Zwar konzedieren die Verfasser des Re-ferentenentwurfs, dass die Prüfungsverbände mittlerweile verschiedene Maßnahmen ergriffen haben, um neugegründete kleine Genossenschaften zu entlasten, diese Maßnahmen griffen allerdings nicht flächen-deckend und nicht für alle Branchen, in denen Genossenschaften aktiv seien (BMJV 2013).

Der Referentenentwurf geht daher deutlich weiter als die Novelle von 2006 und will für die betroffenen Genossenschaften die Pflichtprüfung abschaffen. Jedoch nimmt der Referentenentwurf von der Pflichtmit-gliedschaft im Prüfungsverband, der Gründungsprüfung und der umfassenden regelmäßigen Pflichtprü-fung der Genossenschaft nicht grundsätzlich Abstand. Die Bestandteile des genossenschaftlichen Prü-fungsregimes werden von den Verfassern des Entwurfs für Mitglieder, Gläubiger und die Genossenschaft selbst vorteilhaft bewertet, aus ihnen ergebe sich die sehr niedrige Insolvenzquote der Genossenschaften.

Dies wird maßgeblich auf das Prüfungsregime zurückgeführt, das sich seit Jahrzehnten bewährt habe.

Kleinen Genossenschaften, die die vorgesehenen Schwellenwerte nicht überschreiten und als Kooperati-onsgesellschaft (haftungsbeschränkt) firmieren, sollen die Kosten des genossenschaftlichen Prüfungsre-gimes erspart bleiben. Zudem sei eine freiwillige Prüfung – aus welchen Gründen auch immer – stets möglich. Eine freiwillige Prüfung beruhe dann aber jeweils auf einer autonomen Entscheidung der Mitglie-der und müsse nicht zwingend in dem bisher in § 53 Absatz 1 GenG vorgeschriebenen Turnus stattfinden.

Die Genossenschaftsverbände verweisen hier darauf, dass ein großer Teil derjenigen Genossenschaften, die zu den Begünstigten der Prüfungserleichterungen nach § 53 GenG zählen, die Erleichterungen nicht in Anspruch nehmen (vgl. etwa GdW 2013a).

Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände lehnen die Einführung einer Kooperationsgesellschaft (haf-tungsbeschränkt) entschieden ab. Aus ihrer Sicht würde die Einführung einer Kooperationsgesellschaft (haftungsbeschränkt) die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft diskreditieren und ihre Stellung im Wettbewerb der Rechtsformen unterminieren. Wenn entsprechende Aktivitäten tatsächlich weiterver-folgt werden sollten, dann dürfe dies unter keinen Umständen unter dem Dach des Genossenschaftsge-setzes und unter Zuhilfenahme der genossenschaftlichen Marke geschehen, die ansonsten einen erhebli-chen Schaden nähme, sodass es unweigerlich zu einem Profil- und Reputationsverlust der genossen-schaftlichen Rechtsform und einer Verwässerung der genossengenossen-schaftlichen Marke käme. Eine

Verwechs-nossenschaftlichen Prüfungsverbände und ohne regelmäßige Pflichtprüfung wäre ihrer Ansicht nach die Insolvenzquote von Genossenschaften signifikant höher, was sich nicht nur auf das Image der Rechtsform negativ auswirken, sondern über höhere Finanzierungskosten auch wirtschaftliche Nachteile mit sich brin-gen würde (GdW 2013a; RWGV 2013b).

Diese Einschätzung teilt der Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften e. V. nicht. Selbst wenn es vermehrt zu Insolvenzen kommen sollte, könne und werde zwischen einer eingetragenen Genossen-schaft und einer KooperationsgesellGenossen-schaft (haftungsbeschränkt) unterschieden. Um dies auch statistisch auszuweisen, solle das Bundesamt für Statistik aufgefordert werden, die Insolvenzen der Kooperationsge-sellschaft (haftungsbeschränkt) gesondert zu zählen (ZdK 2013b). Im Zuge der Diskussion über die Ein-führung einer Kooperationsgesellschaft (haftungsbeschränkt) hat der Zentralverband deutscher Konsum-genossenschaften e. V. nach eigenem Verständnis einen Kompromissvorschlag unterbreitet, nach dem als kleine Genossenschaft eine Kooperativgesellschaft eingeführt werden soll, die im Rahmen des Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetzes (MicroBilG) keiner regelmäßigen Pflichtprü-fung unterliegt. Eine Pflichtmitgliedschaft im PrüPflichtprü-fungsverband soll gleichwohl bestehen bleiben. Das Gründungsprozedere soll sich nach dem Genossenschaftsgesetz richten, allerdings ohne die Erstellung einer gutachterlichen Stellungnahme. Die Pflichtprüfung solle so lange nicht stattfinden, wie die Gesell-schaft klein im Sinne der Grenzen des MicroBiLG sei (350.000 Euro Bilanzsumme, 700.000 Euro Umsatz-erlöse und zehn Arbeitnehmer). Werden zwei der Größen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren überschrit-ten, soll im darauffolgenden Jahr automatisch die Pflichtprüfung einsetzen. Die Gesellschaft soll also ohne formellen Übergang in eine eingetragene Genossenschaft mit Pflichtprüfung übergehen.