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5.2 Pflanzenschutzmaßnahmen im Spargelanbau

5.2.1 Pilzliche Erkrankungen

Die für den Spargel pathogenen Pilze lassen sich in die Systematik der Pilze bzw. pilzähnlichen Organismen wie folgt einordnen. [37]

Reich Fungi (Echte Pilze)

Stamm Ascomycota (Schlauchpilze)

Klasse Ascomycetes: Botrytis cinerea Fusarium spec.

Stemphylium botryosum Stamm Basidomycota (Ständerpilze)

Klasse Basidomycetes: Puccinia asparagi Rhizoctonia crocorum Reich Chromista (Algen)

Stamm Pseudofungi (Oomycota)

Klasse Oomycetes: Phytophtora megaspermae

Die Schadpilze des Spargels gehören damit bis auf eine Ausnahme zu den „Echten Pilzen“.

Nachfolgende Tabelle gibt die in Deutschland zur Zeit im Rahmen des chemischen Pflanzenschut-zes bekämpfungswürdigen Pilzkrankheiten mit Schadbild, Zeit des bekämpfungswürdigen Auftre-tens und dem begünstigenden Klima an.

Tab.14 Relevante Pilzkrankheiten in Deutschland [5, 47, 48]

Schadpilze Schadbild Auftreten Begünstigendes

Klima Spargel-Laubkrankheit

(Stemphylium botryosum)

in Junganlagen im unteren Stängelbereich rötlich-braune Befallsflecken, Flecke können den gesamten Stängel umfassen, oberer Teil stirbt dann ab, auf den Flecken entsteht später dichter, schwarzer Sporenrasen

Mai – Sep. hohe Luftfeuchte, Temperaturen zwischen 15-20°C,

>12h Taunässe Grauschimmel (Botrytis

cinerea) grauer, stark staubender Sporenrasen, auf Stängel- und Seitentrieben, Triebe können über Befalls-stelle absterben

bleichgelbliche Flecken an Blättern, Stängeln und Trieben, auf denen später rotbraune, dann später schwarzbraune Sporenlager (Teleutosporen)

Neben den aufgeführten Schadpilzen verursachen bodenbürtige Schadpilze eine Reihe von Fäulen an Wurzel, Spross und Krone. Fusarium oxysporum f. sp. asparagi, F. redolens, F. moniliforme, F.

proliferatum und Rhizoctonia crocorum sind Verursacher von Wurzelfäulen. Fusarium culmorum ruft eine Fußkrankheit hervor, die Wurzel und Stengel betrifft. Phytophtora megaspermae var. sojae

befällt von Boden ausgehend Wurzel, Spross und Krone. [5]

Eine Bekämpfung im Rahmen des chemischen Pflanzenschutzes ist gegen genannte bodenbürtige Pilze nur sehr begrenzt möglich, da die Infektion im Boden stattfindet und zur Bekämpfung ein ho-her Mittelaufwand notwendig wäre. Vorbeugende Bekämpfungsmaßnahmen die auf gesundes Pflanzgut abzielt, stehen im Vordergrund. Es stehen Mittel zur Beizung von Jungpflanzen (Switch – Fludioxonil, Cyprodinil) und der Bekämpfung von Phythophthora ssp. und Pythium ssp. in der Jungpflanzenanzucht (Proplant - Propamocarb) zur Verfügung. Zu vorbeugenden Bekämpfungs-maßnahmen gehören weiterhin eine optimale Standortwahl (kein Nachbau, keine Staunässe), Ver-meidung mechanischer Verletzungen, optimale Kulturführung, Beseitigung von Spargelstümpfen und das Abräumen der Dämme nach der Stechperiode. [5]

Die „Echten Pilze“ sind zur asexuellen und sexuellen Vermehrung durch verschiedene Arten von Sporen befähigt. Bekämpft werden die stoffwechselaktiven pilzlichen Lebensformen, keimende Sporen, Keimschlauch, Mycel. Stark melanisierte Sporen / Dauersporen können nicht bekämpft werden. Deshalb ist der optimale Bekämpfungszeitpunkt entscheidend. Dieser ist abhängig von der Luftfeuchte, Blattfeuchte und der Temperatur. Prognosemodelle spielen bei der Pilzbekämpfung deshalb eine immer größere Bedeutung, z.B. TomCast bei der Bekämpfung von Stemphylium. Un-bekämpft können die Infektionen bis zum Totalverlust der Spargelanlagen führen. Nachfolgend ist der zeitliche Verlauf des Auftretens der verschiedenen Sporenarten und der Zeitpunkt der Bekämp-fung angegeben. [15, 16]

Tab.15 Auftreten und Zeitpunkt der Bekämpfung von pilzlichen Schadorganismen [47, 48, 74]

Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov

Botrytis saprophytisch Konidien

Sklerotien

2.-3. Standjahr 3.-4. Standjahr

Pflanzjahr

Stemphylium Ascosporen Pyknidien

Konidien

Rost Basidosporen

Acidiosporen Teleutosporen

Uredosporen

Pflanzjahr 2.-3. Standjahr

3.-4. Standjahr

Die Infektionen von Botrytis cinerea nehmen von absterbenden Blütenböden (Saprophyt) ihren Ausgangspunkt. Deshalb ist die Zeit der Spargelblüte in Verbindung mit feucht-kühler Witterung besonders zu überwachen (Regenwarnung). Der vorbeugenden Bekämpfung der Primärinfektionen (sexuelle Sporenformen) und Sekundärinfektionen bei Warnwetterlage von Stemphylium und Rost ist ebenfalls besondere Beachtung zu schenken, da Folgeinfektionen auf Grund der enormen Sporu-lationsraten (exponentiellen Vermehrung) wesentlich schwieriger oder gar nicht zu beherrschen sind. Schadschwellen bedeuten in der Bekämpfung pilzlicher Pathogene im wesentlichen die Infek-tion zu verhindern bzw. früh zu bekämpfen.[47, 48]

Fungizide lassen sich nach Art der Wirkung in protektive (Kontaktfungizide) und kurative Fungizide einteilen. Protektive Fungizide wirken auf stoffwechselaktive Pilzformen (nicht auf Dauerformen) und hemmen die Keimung der Pilzsporen, die Ausbildung des Keimschlauchs und das Eindringen des Keimschlauchs in das Pflanzengewebe. Dazu müssen protektive Fungizide die Pflanze vollständig benetzen und auf der Pflanzenoberfläche gut haften sowie regenfest und UV-stabil sein. Je nach Witterung kann ein Schutz von mehreren Wochen dadurch erreicht werden, dass in der Wachsschicht ein Wirkstoffdepot gebildet wird, welches kontinuierlich translaminar in das Pflanzengewebe übergeht. Man spricht von einer quasi-systemischen Wirkung. Beispiel dafür sind die Strobilurine. Klassische Kontaktfungizide verbleiben „nur“ auf der Pflanzenoberfläche und können durch Regen abgewaschen werden, z.B. Metiram. Der Pflanzenzuwachs ist bei Kontaktfungiziden nach der Applikation nicht geschützt.[37]

Kurativ wirkende Fungizide müssen über die Blätter und/oder die Wurzel in die Pflanzen aufgenommen werden und im Pflanzengewebe durch das Xylem spitzenwärts verteilt werden, um gegen die ins Pflanzengewebe eingedrungenen Pilze zu wirken. Damit die Wirkstoffe durch die Pflanze aufgenommen werden können, müssen sie wasserlöslich, d.h. hydrophil (logP <3) sein. Die Wirkstoffe sind dem pflanzlichen Metabolismus ausgesetzt. Bei einigen Wirkstoffen wird die Wirkung erst durch die Metaboliten des PSM erzielt. Es erfolgt eine Verdünnung in älteren Pflanzenteilen, da der Xylemstrom überwiegend zum stark metabolisierenden Zonen erfolgt, dort kann ggf. eine Konzentration erfolgen. Es ist daher wichtig die Pflanzen am Pflanzengrund gut zu benetzen. Zunehmend werden Präparate entwickelt, die einen protektiven und einen kurativen Wirkstoff enthalten, um die Pflanzen über einen langen Zeitraum zu schützen.[38]

Nachfolgend sind die für den Spargelanbau zugelassenen Fungizide gegliedert nach Schadpilzen mit Zuordnung der Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen aufgeführt.[10, 49]

Tab. 16 Zugelassene Fungizide

Schadorganismus Wirkstoff Mittel Wirkstoffklasse

Spargelrost (protektiv)

Mancozeb Dithane Ultra WP (31.12.2008) Dithiocarbamat

Metiram Polyram WG (31.12.2015) Dithiocarbamat

Azoxystrobin Ortiva (31.12.2009) Strobilurin Kresoxim-methyl Stroby WG, Discus (31.12.2016) Strobilurin Kupferoxychlorid Funguran (31.12.2017) Kupferpräparat Chlorthalonil,

Azoxystrobin Amistar Opti (31.12.2016) Chlornitril; Strobilurin

(kurativ) Tebuconazol Folicur (31.05.2009) Triazol

Difenoconazol Score (30.06.2009) Triazol

Epoxiconazol Opus (31.12.2016) Triazol

Stemphylium

(protektiv) Cyprodinil, Fludioxonil Switch (31.12.2012) Anilinopyrimidin, Phenylpyrrol Pyraclostrobin,

Boscalid

Signum (10.07.2009) Strobilurin,

Pyridinecarboxamin Chlorthalonil,

Azoxystrobin Amistar Opti (31.12.2016) Chlornitril, Strobilurin

(kurativ) Tebuconazol Folicur (31.05.2009) Triazol

Difenoconazol Score (30.06.2009) Triazol Botrytis

(protektiv)

Kresoxim-methyl Stroby WG (31.12.2016) Strobilurin Chlorthalonil,

Azoxystrobin Amistar Opti (31.12.2016) Chlornitril, Strobilurin

Schadorganismus Wirkstoff Mittel Wirkstoffklasse Pyraclostrobin,

Boscalid Signum (10.07.2009) Strobilurin, Pyridinecarbox-amide

Iprodion Roval WG (31.12.2017) Dicarboximide

Cyprodinil, Fludioxonil Switch (31.12.2012) Anilinopyrimidin, Phenylpyrrol Bodenbürtige

Pilze Propamocarb-HCl Proplant (31.12.2012) Carbamate

Die aufgeführten Wirkstoffe gehören zu den Wirkstoffgruppen:

Anorganische Fungizide (Kupferoxychlorid)

Dithiocarbamate (Metiram, Mancozeb)

Carbamate (Propamocarb)

Chlornitril (Chlorthalonil)

Dicarboximide (Iprodion)

Triazole (Difenoconazol, Tebuconazol, Epoxiconazol)

Strobilurine (Azoxystrobin, Kresoxim-methyl)

Pyridinecarboxamide (Boscalid)

Anilinopyrimidin (Cyprodinil)

Phenylpyrrol (Fludioxonil)

Fungizide wirken an verschiedensten molekularen Zielstrukturen des Stoffwechsels der Pilze.

Nachfolgend sind die von der FRAC (Fungicide Resistance Action Committee) aufgestellte Systematik des „Mode of Action“ dargestellt. Die Wirkmechanismen der zugelassenen Spargel-fungizide wurden im Fettdruck gekennzeichnet.

Tab. 17 Fungizide – Systematik des „Mode of Action“[36]

Gruppe des Wirkmechanismus

Wirkmechanismus Wirkstoffgruppe

A Nukleinsäuresynthese Hemmung der RNA-Polymerase I (4) Hemmung der Adenosin-Desaminase (8)

Hemmung DNA-Topoisomerase TypII (Gyrase) (31) DNA/RNA-Synthese (32)

B Mitose, Zellteilung Störung der Tubulinaggregation während der Mitose (1, 10, 22) Störung Zellteilung (20)

Delokalisation von Spectin-ähnlichen Proteinen (43)

C Atmungskette Hemmung Atmungskette, Komplex II (Succinat-Dehydrogenase) (7)

Hemmung Atmungskette, Komplex III, Cytochrom bc1 (Ubiquinol-Oxidase) Qo Seite (11)

Hemmung Atmungskette, Cytochrom bc1(Ubiquinon-Reduktase) Qi Seite (21)

Hemmung Atmungskette, Entkoppler der oxidativen Phosporylisierung (29)

Hemmung Atmungskette, Hemmung der ATP-Synthase (30) ATP-Produktion (38)

Hemmung Atmungskette, Komplex I, NADH Oxidoreduktase (39)

Pyridinecarbox-amide (7) Strobilurine (11)

D Aminosäure- und

Proteinsynthese Hemmung der Methioninsynthese (9) Proteinsynthese, Enopyranuronsäure (23)

Proteinsynthese, Hexopyranosyl Antibiotikum (24) Proteinsynthese, Glucopyranosyl Antibiotikum (25) Tetracycline Antibiotikum (41)

Anilinopyrimidin e

Gruppe des

Wirkmechanismus Wirkmechanismus Wirkstoffgruppe

E Signaltransduktion Hemmung MAP-Kinase (os-1, Daf-1) in der osmotischen Signaltransduktion (2)

Hemmung MAP-Kinase (os-1, HOG1) in der osmotischen Signaltransduktion (12)

Hemmung G-Protein in der frühen Signaltransduktion (13)

Phenylpyrrole

F Lipid- und

Membransynthese, Zellwanddeposition

Hemmung Phospholipidbiosynthese und Zellwand deposition (6) Lipidperoxidation (14)

Zellmembrandurchlässigkeit, Fettsäuren (28)

Hemmung Phospholipidbiosynthese und Zellwand deposition (40)

Carbamate G

Sterol-Biosynthesehemmer (SBI)

Hemmung C14-Demethylase in der Sterolbiosynthese (DMI) (3) Hemmung der Δ14-Reduktase und der Δ8-- Δ9-Isomerase der Sterolbiosynthese (5)

Hemmung der 3-Ketoreduktase, C4-Demethylierung (17) Squalen-Epoxidase (18)

Triazole

H Glucansynthese Hemmung Chitinsynthase (19)

Proteinsynthese, Trehalase und Inositol-Biosynthese (26) I Melaninsynthese in

der Zellwand

Hemmung Reduktase in der Melaninbiosynthese (16.1) Hemmung Dehydratase in der Melaninbiosynthese (16.2) M mehrere

Zielstrukturen

Multi-Site activity (M1-9) Kupfer,

Dithiocarbamate, Chlorthalonil P Host Defence Inducer Salicylic acid pathway (P1)

unklarer pathway (P2-3) U

N Unbekannt Unbekannt (NC, U5-7, 27, 33-37, 42)

Angriffspunkte der im Spargelanbau zugelassenen Fungizide sind somit:

die Atmungskette

die Sterol-Biosynthese

die osmotische Signaltransduktion

die Zellmembrandurchlässigkeit

die Aminosäuresynthese (Methionin)

Damit sind Zielstrukturen erfasst die sowohl pilzspezifisch sind (Sterol-Biosynthese, osmotische Signaltransduktion, pilzliche Methioninsynthese) und Strukturen, die auch in Vertebraten vorkommen (Atmungskette und Zellmembrandurchlässigkeit). Für die Entwicklung von Fungiziden sind spezifische Strukturen besonders interessant, die keine Analogie in den Vertebraten aufweisen, da toxische Effekte auf Wirbeltiere dann weniger wahrscheinlich werden.

Die Dithiocarbamate werden als protektive Mittel gegen Spargelrost eingesetzt. Sie wirken unspezifisch als multi-site-Fungizide durch die Hydrolyse von Disulfidbrücken in Proteinen. Neben den Dithiocarbamaten wirken Chlorthalonil und Kupferchlorid ebenfalls als multi-site-Fungizide und hemmen Redox-Systeme in Enzymkomplexen.

Triazole werden als protektive Mittel gegen Rost und Stemphylium eingesetzt. Triazole sind Hemmstoffe der Ergosterolbiosynthese und inhibieren die Demethylierung einer Ergosterolvorstufe und verhindern damit den Aufbau einer fluiden Zellmembran (ähnliche Funktion wie Cholesterol in tierischen Membranen). Triazole sind single-site-Inhibitoren und damit durch Resistenzen gefährdet. Beobachtete Resistenzen beruhen auf einem quantitativen Mechanismus und sind somit beherrschbar.[37, 52]

Strobilurine leiten sich von den Naturstoffen Strobilurin A und B des Kiefernzapfenrüblings Strobi-lurus tenacellus ab. Sie hemmen die pilzliche Atmungskette indem sie am Komplex III der At-mungskette, einer Cytochrom bc1-Untereinheit, den Weitertransport der Elektronen innerhalb der Atmungskette verhindern. Die Cytochrom bc-1 Untereinheit durchspannt die innere mitochondriale Membran und besitzt zwei Wasserstoffionen bindende Zentren, die beide für eine Funktionsfähig-keit aktiv sind müssen. Strobilurine blockieren die äußere Bindungseinheit (QuO). Auch die Strobi-lurine sind single-site-Inhibitoren und stärker als die Triazole von Resistenzen betroffen. Auf Grund dessen werden die Strobilurine überwiegend in Mischung mit einem Wirkstoff anderer Wirkklassen eingesetzt.[38]

Eine neuere Wirkstoffgruppe, die ebenfalls die Atmungskette blockiert, sind die Pyridine-carboxamide. Sie blockieren am Komplex II und inhibieren die Succinat-Dehydrogenase.

Nachfolgende Abbildung verdeutlicht die Wirkorte der Fungizide mit Wirkmechanismen in der Atmungskette.

Abb.1 Atmungskette

Zu neueren fungiziden Wirkstoffgruppen gehören die Anilinopyrimidine (Cyprodinil) und Phenyl-pyrrole (Fludioxonil). Sie werden gegen Botrytis und Stemphylium eingesetzt und sind im Rahmen des Resistenzmanagement besonders wichtig, da sie neue Wirkmechanismen repräsentieren. Sie sind single-site-Fungizide und beruhen auf pilzspezifischen Wirkmechanismen. Anilinopyrimidine hemmen die Methioninsynthese. Methionin ist für den Menschen eine essentielle Aminosäure und die Synthese ist damit ein spezifischer Metabolismus der keine Entsprechung im Stoffwechsel von Vertebraten hat. Phenylpyrrole greifen in die Signaltransduktion (MAP-Kinase) zur Steuerung der osmotischen Vorgänge ein und verhindern dadurch Keimung und Wachstum der Pilze. Cyprodinil und Fludioxonil werden im Spargelanbau als Kombinationspräparat (Switch) eingesetzt, was einer Resistenzentwicklung beider Wirkstoffe vorbeugt. [37, 38, 52]

Wie bereits bereits mehrfach erwähnt spielt die Ausbildung von Resistenzen bei der Bekämpfung von pilzlichen Schaderregern eine große Rolle. Dabei sind drei Ebenen zu unterscheiden. Zum einen sind die pilzlichen Pathogene unterschiedlich zur Ausbildung von Resistenzen befähigt. Die Ausbildung von Resistenzen wird durch eine hohe Reproduktionsrate, viele Vermehrungszyklen, eine hohe genetische Variabilität der Population und eine große Reichweite der Verbreitung der Sporen durch Wind begünstigt[37]. Dies gilt im übertragenen Sinn auch für die Ausbildung von Re-sistenzen von Insekten und Unkräutern gegen Insektizide und Herbizide. Da aber die oben aufge-führten Bedingungen insbesondere durch Pilze erfüllt werden, ist die Resistenzentwicklung bei Pil-zen am bedeutendsten.

Zum zweiten sind die Fungizide durch die Art des Wirkmechanismus unterschiedlich von der Aus-bildung von Resistenzen bedroht. Die Suche nach immer spezifischeren Wirkmechanismen und da-durch verbesserten toxikologischen Profilen bringen Fungizide mit single-site-Mechanismen hervor, die dadurch anfälliger für Resistenzen sind. Kreuzresistenzen zwischen Wirkstoffen gleicher Wirk-stoffgruppe oder WirkWirk-stoffgruppen mit gleichem Wirkort werden ausgebildet.

Ein dritter wichtiger Faktor ist die Art der agrotechnischen Maßnahmen, insbesondere die wieder-holte Ausbringung des gleichen Wirkstoffes oder der Wirkstoffgruppe des gleichen Wirkmechanis-mus erhöhen das Risiko der Resistenzbildung. Nachfolgende Darstellung zeigt den Einfluss der Wirkstoffgruppe und des Schadpilzes auf das Risiko der Resistenzbildung.[35]

Tab. 18 Risiko der Resistenzbildung

Fungizidklassen PSM-Risiko Kombiniertes Risiko

Benzimidazole Dicarboximide Phenylamide Qo1 Fungizide

Hoch -3 3 6 9

Carboxamide SBI-Fungizide Anilinopyrimidine Phenylpyrrole Phosphorothiolate

Mittel -2 2 4 6

Multi site Fungizide (Dithiocarbamate, Kupfer)

MBI-R Inhibitoren

Niedrig -1 1 2 3

Erregerrisiko →

Schadpilze →

Niedrig = 1 Medium = 2 Hoch = 3

Samenbürtige Pa-thogene

Bodenbürtige Pa-thogene (Phytophto-ra spp.)

Rostpilze

Rhizoctonia spp.

Septoria tritici Botrytis cinerea Phytophtora infes-tans

Resistenzen entstehen durch Selektion auf die Kulturbedingungen angepasster Individuen. Diese Anpassung kann durch quantitative Mechanismen oder qualitative Mechanismen erfolgen. Bei quantitativer Resistenz werden Mechanismen entwickelt, die den Wirkstoff weniger verfügbar machen, z.B. verminderte Wirkstoffaufnahme, verstärkter enzymatischer Abbau, Ablagerung in Reservestoffen. Ein qualitativer Mechanismus beruht auf einer Punktmutation und somit der Veränderung der Zielstruktur. Qualitative Resistenzen führen deshalb zu einem vollständigen Wirkverlust. Quantitative Resistenzen führen zu einem graduellen Verlust und können oft durch Konzentrationserhöhungen bekämpft werden. In vielen Fällen verfügen die selektierten Stämme nicht über die notwendige Fitness, und die Resistenz der Population ist reversibel.[37, FRAG]

In Tab. 18 ist zu erkennen, dass Botrytis zu den am stärksten resistenzgefährdeten pilzlichen Patho-genen gehört. Auf Grund dessen wird zur Kombination von Solopräparaten geraten - Kombination von Strobilurinen mit z.B. Iprodion bzw. es werden Kombinationspräparate angeboten und ver-wandt - Signum (Pyraclostrobin, Boscalid), Amistar Opti (Azoxystrobin, Chlorthalonil). Switch (Cyprodinil, Fludioxonil) stellt ein Mittel dar, welches keine Strobilurinkomponente enthält und ist

daher im Rahmen eines Resistenzmanagements besonders zur Bekämpfung von Botrytis und Stem-phylium geeignet.

Kupferpräparate spielen im ökologischen Anbau eine große Rolle, da sie neben vorbeugenden pflanzenbaulichen Maßnahmen, die einzige Bekämpfungsmöglichkeit darstellen.

Je nach Schadpilz standen 2008 Fungizide aus 5-7 Wirkmechanismen zur Verfügung. Dies ist ausreichend für die Etablierung von Bekämpfungsstrategien gegen Resistenzentwicklungen.

In den aufgeführten Daten der zugelassenen PSM wurde der Ablauf der Genehmigungen für die PSM angegeben. Die in 2009 zur Verfügung stehenden Wirkmechanismen gehen damit auf 4-6 je Schadpilz zurück, wobei für regulär auslaufende Zulassungen eine zweijährige Aufbrauchsfrist gewährt wird. Von auslaufenden Genehmigungen besonders betroffen sind die wichtigen Triazole, mit Opus (Epoxiconazol) ist dann nur noch ein Triazol zur kurativen Bekämpfung von Rost und Stemphylium nutzbar.

Als angepasste Fungizidstrategie wird von Pflanzenschutzunternehmen und Pflanzenschutzberatern folgende Bekämpfungsstrategie bei vorliegendem Befallsdruck in Ertragsanlagen empfohlen.[32]

Tab.19 Angepasste Fungizidstrategie

protektiv Kontaktfungizid (multi-site)

Botryzid

Kontaktfungizid (Depot) Wirkstoffwechsel Botryzid

Strobilurin (Greening-Effekt) kurativ Triazol Triazol

Zeit Stechende Vollblüte Volle Laubentwicklung Abreife des Laubes

In der im Rahmen der NEPTUN-Erhebung (2005) des JKI erhobenen Daten ergab sich folgendes Ranking für Fungizide. Die Daten sprechen für die Umsetzung dieser Fungizidstrategie.

Tab.20 Anwendungshäufigkeiten von Fungiziden

Wirkstoffname Anteil an

Wirkstoffgruppe

Difenoconazol 31,6

Tebuconazol 7,3

Triazole (kurativ) 38,9

Azoxystrobin 12,3

Kresoxim-methyl 8,6

Kontaktfungizid (Depot) 19,9

Mancozeb 8,6

Metiram 1,6

Chlorthalonil 1,2

Tolyfluanid (nicht mehr

zugelassen) 5,2

Kontaktfungizid (multi-site) 16,6

Cyprodinil 10,3

Fludioxonil 10,3

Boscalid 2,3

Botryzid (Wirkstoffwechsel) 22,9