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1982 deutlich auf 8 %. Diese dargestellte Situation ist durch den Wandel in der Heiztechnik nicht mehr repräsentativ.

1.1.1 Stoffeigenschaften von Kohlenmonoxid

Kohlenmonoxid mit der Molmasse von 28,01 g/mol ist ein farbloses, geruchloses Gas mit einem Schmelzpunkt von – 199 °C und einem Siedepunkt von – 191,5 °C. Es ist mit 30 mg/l in Wasser nur gering löslich [42].

Unter Normalbedingungen (0 °C, 101,3 kPa) weist das Gas eine relative Dichte von 0,967 [42] aus. Es steigt damit langsam auf und wird nur in geschlossenen Räumen eine gefährlich. Die relative Gasdichte gegenüber Luft beträgt 1 und die relative Dichte gegenüber Wasser beträgt 0,79 [43]. Es ist unter Normalbedingungen relativ stabil und wird daher nur sehr langsam (nach Monaten) in Kohlendioxid, dem Endprodukt der Oxidation, umgewandelt. Wärme und UV-Strahlung begünstigen die Reaktion.

Kohlenmonoxid ist toxisch, brennbar, extrem entzündbar und bildet zwischen 12,5 und 75%

Volumenanteil mit Luft explosionsfähige Gemische [34] bei einer Zündtemperatur von 620

°C [43].

Seine molekulare Zusammensetzung definiert sich durch eine starke kovalente Bindung eines Kohlenstoff- mit einem Sauerstoffatom durch eine Dreifachbindung.

CO besitzt ein hohes Diffusionsvermögen durch Decken und Wände [20].

1.2 Pharmakologische und Toxikologische Wirkung der CO-Intoxikation

Kohlenmonoxid gelangt mit der Atemluft über die Atemwege in die Lunge und von dort in die Lungenbläschen, in denen der natürliche Gasaustausch mit dem Blut stattfindet. Während des Gasaustausches binden sich die aufgenommenen Sauerstoffatome an das Hämoglobin.

Kohlenmonoxid besitzt zu Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff, und dessen Eisenbindungsstellen eine etwa 200 bis 300fach höhere Affinität als molekularer Sauerstoff.

So reichen beim durchschnittlichen Anteil in der normalen Atemluft von 21 Vol % O2 nur 0,07 Volumenprozent CO aus (berechnet auf 300fache Affinität), um die Hälfte der Bindungsstellen des Hämoglobins zu besetzen, dass heißt die Hälfte der Sauerstofftransportkapazität einzunehmen. CO wird in derselben molaren Menge an das Eisen des Hämoglobins gebunden wie Sauerstoff (1g Hämoglobin binden 1,34 ml Sauerstoff bzw. CO). Es handelt sich hier also um eine Konkurrenz zweier Moleküle um dieselbe

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Bindungsstelle, wobei, wie ausgeführt, das giftige CO die höhere Affinität besitzt. Die O2 Verdrängung aus der Bindung zum Fe2+ im Hämoglobinmolekül verläuft nach folgender Formel: O2 –Hb+ CO  CO-Hb + O2.

Als Indikator für den Sauerstoffmangel gilt der CO-Hb-Wert in Prozent. Er sagt aus, wieviel Hämoglobin (Hb) mit dem Kohlenmonoxid belegt ist und fungiert somit als ein Maß für die Kohlenmonoxidkonzentration im Blut.

Der CO-Hb-Wert im Blut steigt mit zunehmendem Partialdruck des CO in der Luft (steigenden ppm CO) und/oder mit fallendem O

2-Partialdruck in der Luft (verminderter O

2 -Konzentration). Das bedeutet, dass eine tödliche Gefahr auch von solchen CO-Konzentrationen ausgehen kann, die im allgemeinen nicht als tödlich gelten, wenn der O

2 -Gehalt der Umgebungsluft besonders niedrig ist. Allein ein niedrigerer O

2-Partialdruck bewirkt, dass der CO-Hb-Wert ansteigt.

CO ist besonders gefährlich für geschwächte Personen, Herz-Kreislauf-Patienten, Kinder und Föten. Im menschlichen Körper diffundiert CO frei; selbst die Plazentaschranke stellt kein Hindernis dar [42, 45]. Somit kann CO bei Ungeborenen zu Schäden oder gar zum Tod führen. Eine CO-Konzentration ab 0,05 % in der Umgebungsluft ist für einen Menschen in bestimmten Situationen schon potentiell toxisch [41].

Das genaue Diagnostizieren einer Kohlenmonoxidvergiftung ist aufgrund ähnlicher Krankheitssymptome mit z.B. Magen-Darm-Infekten, grippalen Infekten, Alkohol- und Drogenmissbrauch erschwert und kann zu Fehldiagnosen bzw. Nichterkennen eines CO-Falles führen. Der Grund hierin ist im Fehlen von klaren und eindeutig abgrenzenden Indizien für eine CO-Intoxikation zu finden.

Die entstehende CO-Hb (Carboxyhämoglobin)-Bindung ist reversibel. Bei Abnahme des CO-Partialdruckes oder Zunahme des Sauerstoffpartialdruckes in der Aspirationsluft nimmt die Konzentration an CO-Hb-Bindungen ab. Jedoch wird die Freigabe von gebundenem Sauerstoff O2 durch die teilweise Besetzung des Hämoglobins gehemmt (Haldane-Effekt).

Die Symptomatik einer CO-Intoxikation beruht auf der Gewebehypoxie (Mangelversorgung des Gewebes mit Sauerstoff), deren Folgen zuerst in dem hypoxieempfindlichen zentralen Nervensystem spürbar sind und dann erst in der resultierenden metabolischen Azidose. CO wird im Körper kaum metabolisiert und daher fast unverändert ausgeschieden/abgeatmet.

Neben der sehr hohen Bindungsaffinität zu Hämoglobin weist CO auch eine im Vergleich zu Sauerstoff um 30–40 fach höhere Affinität zum Muskelkurzzeitsauerstoffspeicher Myoglobin auf. Myoglobin ist ein Muskelprotein aus der Gruppe der Globine, welches als einkettiges Protein aus 153 Aminosäuren mit einer Molekülmasse von 17.053 Dalton (17 kDa) die Fähigkeit besitzt, Sauerstoff reversibel zu binden. Bei einem Sauerstoffpartialdruck von größer 60 mm Hg weist CO eine höhere Affinität zum Myoglobin als zum Hämoglobin auf und wandert somit aus dem Blut in das Gewebe.

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Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Symptomatik bei CO-Intoxikationen in Abhängigkeit vom Carboxyhämoglobingehalt CO-Hb [12, 30], gemessen im Herzblut.

Tabelle 1: Symptomatik bei Intoxikationen in Abhängigkeit des Hb und der CO-Konzentration in der Umgebungsluft

CO-Konz. in Atemluft [Vol%]

CO-Hb [%] Bedeutung Symptomatik

0,005 langfristig chronische Erkrankungen an Herz und Nerven

0,05 (500 ppm)

> 15–20 Akute Vergiftung Kopfschmerz, Schwäche/Schwindel, leichte Dyspnoe (erschwerte Atemtätigkeit), Herzklopfen

> 0,05

> (500 ppm)

> 30–40 Schwere akute Vergiftung

Charakteristische hellrote (kirschrote) Hautfarbe mit rötlichen Fingernagelbetten, Müdigkeit,

Koma, Zyanose (Unterversorgung des Blutes mit Sauerstoff), ausgeprägter Schock, Krämpfe, Cheyne-Stokes-Atmung (periodisches An- und Abschwellen der Atemtiefe und des Abstands der einzelnen Atemzüge), Stammhirnsymptomatik, Quelle: von Autorin zusammengefasst

Die Bestimmung von CO wird in der Praxis nur bei einem eindeutigen Verdacht auf eine CO-Vergiftung durchgeführt.

Die Ermittlung des CO-Hb Gehaltes erfolgt meist spektralphotometrisch nach der Methode

"Hüfner und Heilmeyer". Ein großer Nachteil dieser spektralphotometrischen Methode ist, dass sie gerade bei degradierten oder postmortal erhobenen Blutproben unter thermischer Belastung ungenau ist und dass sich oft bei solchen Proben spontan Methämoglobin bildet.

Aus diesem Grund ist es vorteilhafter, Analysenmethoden anzuwenden, die das Kohlenmonoxid direkt aus dem Blut freisetzen. So ist es möglich, dass CO mit einer hochselektiven gaschromatographischen Methode mittels Nickel-Katalysator und Flammenionisationsdetektor zu bestimmen.

Der Verlauf einer CO-Vergiftung wird von der CO-Hb Konzentration im Blut bestimmt. Eine klare Veranschaulichung toxischer CO-Hb-Spiegel gibt es nicht. Beeinflussende, jedoch immer individuelle Faktoren sind hierbei:

– Konzentration von CO in der Atemluft – Zeitdauer der Einwirkung

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– Art und Weise der Giftaufnahme und dessen Elimination – Sauerstoffbedarf des Körpers

(bei schwerer Arbeit ist die CO-Hb Konzentration kritisch ab 30–40 %) – Hämoglobin-Gehalt im Körper

(es besteht eine erhöhte Toxizität bei Anämie)

– körperliche Konstitution des Exponierten, aber auch Alter, Geschlecht, Vorschädigungen, Body-Maß-Index

– Notfalltherapiemaßnahmen

Nach den in der folgenden beispielhaften Abbildung 4 dargestellten Werte für F

CO =1 ist bei einem 70 kg schweren Erwachsenen, der sich in Ruhe befindet, nach etwa 10,5 min mit dem Eintreten der Bewusstlosigkeit sowie nach etwa 12,5 min mit dem Eintreten des Todes zu rechnen ist. Würde dieser Mensch der gleichen CO-Belastung unter leichter körperlicher Aktivität ausgesetzt sein, wäre nach etwa 3,5 min mit Bewusstlosigkeit zu rechnen und nach gut 5 min mit dem Tod. Für kleine Kinder sind die Zeiten bis zum Eintreten der Bewusstlosigkeit etwa um den Faktor 2 kürzer. Es ist anzumerken, dass sich die zeitliche Prognose unter Einbeziehen der zeitlichen Entwicklung der Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentrationen noch weiter verschlechtern würde [49].

Abbildung 4: Eintreten von Handlungsunfähigkeit und Tod in Abhängigkeit von den

Randbedingungen CO-Konzentration, Expositionszeit, RMV und Sauerstoffbedarf (Legende: FCO effektive Teildosis CO, R Ruhe, A leichte Aktivität, HU

Handlungsunfähigkeit, RMV Atemminutenvolumen) [49]

Auch das Auftreten der Symptome bzw. Erreichen einer bestimmten Konzentration an CO-Hb ist hochgradig variabel und hängt von zahlreichen Faktoren ab, insbesondere von der körperlichen Belastung bzw. Arbeitsschwere und der Expositionsdauer. Einen Überblick

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über diesen komplexen Zusammenhang gibt die vorstehende Abbildung 5. Die einzelnen Kurven zeigen die Sättigungskinetik des Hämoglobins für Kohlenmonoxid in Abhängigkeit von der Kohlenmonoxidkonzentration in der Inspirationsluft FiCO (s. Angaben in %)

Abbildung 5: Zusammenhang zwischen Kohlenmonoxidkonzentration in der Luft,

Expositionsdauer, CO-Hb-Sättigung, Arbeitsschwere und klinischer Symptomatik, Die grauen Kurven zeigen die Sättigungskinetik des Hämoglobins für Kohlenmonoxid in Abhängigkeit von der Kohlenmonoxidkonzentration in der Inspirationsluft FiCO (s. Angaben in %) [52].

Erwähnt werden soll hier jedoch auch folgender Fakt:

Der Mensch bildet endogen »ganz normal« CO, welches als Botenstoff und Enzymmodulator dient. Durch den Stoffwechsel werden pro Stunde unter physiologischen Bedingungen etwa 0,4 ml von CO produziert [45], 15 Prozent entstehen beim Abbau von Proteinen, Photooxidation, Lipidperoxidation oder im bakteriellen Stoffwechsel. Die restlichen 85 Prozent kommen aus dem Abbau von Hämoglobin, dem eisenhaltigen Farbstoff der roten Blutkörperchen, mit Hilfe der Hämoxygenase. Es entstehen Biliverdin und Kohlenmonoxid.

In der Entwicklung von neuen Arzneimitteln mit dem Ziel der Entwicklung verbesserter Wirkprinzipien der Arzneiwirkstoffe werden die physiologisch günstigen Effekte der gefäßerweiternden Wirkung des Kohlenmonoxides ausgenutzt. So wurden CO-freisetzende Arzneimittel entwickelt und in präklinischen Studien eingesetzt.

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1.2.1 Therapie bei CO-Intoxikation

Die Kohlenmonoxidvergiftung ist ein reversibler Prozess. Kohlenmonoxid wird ausschließlich über die Lungen ausgeschieden. Je höher der Sauerstoffdruck in der Atemluft (kurzfristig bis 2 Atmosphären), je besser ist der respiratorische Gasaustausch, je schneller wird das Kohlenmonoxid im Hämoglobin ersetzt. Allgemein ist nach ca. 240 min die Hälfte des Kohlenmonoxids durch die Atmung von "normaler Luft" verdrängt.

Je nach Schwere der Intoxikation sind die folgenden Maßnahmen anzuwenden:

Akute Vergiftung: der Patient muss sofort an die frische Luft verbracht werden und die Gabe von reinem Sauerstoff (künstliche Beatmung) ist indiziert (Halbwertzeit von CO-Hb 4 Stunden bei normaler Atemluft, Halbwertzeit mit reinem Sauerstoff CO-Hb auf 1,5 h). Auf den Eigenschutz des Retters ist besonders zu achten. Ab schwerer akuter Vergiftung:

Intubation und Beatmung bei 100 % Sauerstoff (Sauerstoff verdrängt CO aus der Hämoglobinbindung), optimal ist die hyperbare Oxigenierung in der Druckkammer (HBO), die als Goldstandard bei der Behandlung der Vergiftung gilt, da hier eine schnelle CO-Verdrängung erfolgt. Es gibt für die einzelnen Krankheitsbilder unterschiedliche Therapieschemata. Bei der Behandlung mit 3,0 bar Gesamtdruck, dies entspricht einer Wassersäule von 20 m, verkürzt sich die Halbwertzeit auf 22 Minuten [6]. Leider nimmt die Zahl der einsatzbereiten Druckkammern in Deutschland auch aufgrund hoher Unterhaltskosten ab.

Zusätzlich ist die intensivmedizinische Betreuung zur Linderung der Krämpfe mit zum Beispiel Diazepam sowie die Hirnödemtherapie mit ödemausschwemmenden Mitteln wie Mannitol oder Glycerol, ggf. kombiniert mit Glucocorticoiden (Therapie des Inhalationstraumas, Hirnödemprophylaxe) [7], anzuwenden. Als weitere Maßnahmen kann der Azidoseausgleich mit Bikarbonat angewendet werden.

Die folgenden Abbildung 6 zeigt beispielhaft die im Universitätsklinikum Halle/Saale etablierte Vorgehensweise eines symptombezogenen Behandlungsschemas bei Kohlenmonoxidvergiftungen. Es sollte stets umgehend mit einer adäquaten Giftelimination begonnen werden, um die bei 15 - 40 % aller Überlebenden der CO-Vergiftung auftretenden Spätschäden z.B. Epilepsie, Ataxie, Demenz, Depression, Herzinsuffizienz zu verhindern [41].

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Abbildung 6: Etablierte Behandlungsstrategie von Kohlenmonoxidvergiftungen am Universitätsklinikum Halle/Saale [41]

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Neben der akuten Kohlenmonoxidvergiftung gibt es auch die chronische Intoxikation (Summationseffekt der Symptome), die dazu führt, dass eine an sich akut toxische CO-Konzentration vom Exponierten (z.B. Bergleute) symptomlos vertragen wird. Ursache dafür ist die Anpassung des Körpers an den Sauerstoffmangel durch gesteigerte Blutneubildung, erhöhte Erythrozytenzahl oder Hämoglobinkonzentration im Blut [42].