• Keine Ergebnisse gefunden

B) Vergiftungen beim Grillen

2.4 Rechtsmedizinische Institute

2.4.6 Brandenburgisches Landesinstitut für Rechtsmedizin

Das Land Brandenburg ist mit seiner Einwohnerzahl von ca. 2,495 Millionen ein sehr dünn besiedeltes Gebiet.

Eine Datenbankabfrage (DB ProsekturF Access 2007) der im Brandenburgischen Landesinstitut für Rechtsmedizin in Potsdam inklusive der Außenstelle in Frankfurt Oder obduzierten Leichen wurde durch die Autorin für den Zeitraum 2004 bis 2012 durchgeführt [51]. Diese umfasst alle Fälle im Land Brandenburg im Zusammenhang mit Kohlenmonoxid.

Wie repräsentativ diese Daten für die BRD insgesamt sind, lässt sich schwer einschätzen.

Mit der Hauptnoxe Kohlenmonoxid wurden in den Obduktionsgutachten die Todesursachen Kohlenmonoxidintoxikation, Rauchgasintoxikation, Tod am Brandherd, Verbrennen und Sonstige sowie deren Mischformen im betrachteten Zeitraum erfasst, wie die nachstehende Abbildung zeigt. Insgesamt wurden 135 Fälle erfasst. Diese ließen sich in 65 Tote nach Rauchgasintoxikation, 45 Tote nach Kohlenmonoxidintoxikation, 9 Tote am Brandherd, 8 Tote nach Verbrennen und 8 sonstige Tote kategorisieren.

Abbildung 12: Anzahl der unter Kohlenmonoxideinwirkung tödlich verletzten Personen seit dem Jahre 2005, anteilig zur deklarierten Todesursache

Kategorie im Zeitverlauf

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Zeitraum

Die Abbildung 12 verdeutlicht, dass die durch eine Rauchgasvergiftung Verstorbenen den größten Teil der aufgrund von Kohlenmonoxideinwirkung obduzierten Personen darstellt. Spitzen in der Anzahl der Fälle sind in 2007 und 2009 zu verzeichnen, die jedoch keinen allgemeinen Trend darstellen. Die Unfallopfer mit der Todesursache Kohlenmonoxidvergiftung bewegen sich auf etwa gleichbleibendem Niveau mit gewissen

2. Mit der CO-Intoxikation befaßte Institutionen und deren statistische Untersuchungen

62 von 81

Schwankungen im Zeitraum 2005 bis 2011. Es ist hier keineswegs ein Anstieg, sondern eher ein Sinken der Zahl der Toten aufgrund Kohlenmonoxidvergiftungen feststellbar.

Die Anzahl der Unfallopfer mit den weiteren dargestellten Todesursachen bewegen sich in einer über die Vergleichsjahre kaum schwankenden Größe.

Die folgende Tabellen 20 und 21 stellen die Anzahl der durch Rauchgasvergiftung Verstorbenen je Jahr in Relation zu den ermittelten CO-Hb-Werte einzeln und im Durchschnitt dar.

Tabelle 20: Untersuchungsergebnisse zu CO-Hb (%) nach Obduktion von Toten durch Rauchgasvergiftung im Land Brandenburg im Zeitraum 2004 bis 2012

CO-Hb Wert (%)

Stand: 16.11.2012, , * Datenerhebung nur für Obduktion in Potsdam, Quelle: von der Autorin zusammengestellt

Tabelle 21: Anzahl der Toten nach Rauchgasvergiftung pro Jahr und deren durchschnittliche Untersuchungsergebnisse an CO-Hb (%) im Zeitraum 2004 bis 2012

Jahr Anzahl der Fälle Ø CO-Hb-Werte in % pro Jahr

Quelle: von der Autorin zusammengestellt

2. Mit der CO-Intoxikation befaßte Institutionen und deren statistische Untersuchungen

63 von 81

Als wichtigste Ursachen der Rauchgasvergiftung wird der Wohnungsbrand mit und ohne suizidale Absicht, der Brand in Bungalow, Garage oder Bauwagen aus den Obduktionsgutachten geschlossen. Die Brandverursachung erfolgte zum Einen durch das Rauchen von Zigaretten in Gegenwart von deutlicher Alkoholeinnahme, zum Zweiten durch Brandstiftung von Minderjährigen, zum Dritten durch unsachgemäße Installation von Elektrogeräten und Elektroleitungen (Brandausbruchstelle in den Zwischendecken), zum Weiteren durch Brand im Küchenbereich und durch Brand des Bootsmotors. Die gerundeten CO-Hb-Werte in % pro Jahr lassen auf die Genauigkeit der Todesursachenermittlung schließen, obgleich die theoretisch Werte entsprechend Tabelle 1 teilweise deutlich höhere Daten erwarten ließen.

In den 65 Fällen, bei denen die Todesursache als Rauchgasvergiftung deklariert wurde, konnte in 23 Fällen ein Ethanolwert im Blut ermittelt werden.

Die folgende Tabellen 22 und 23 stellen die Anzahl der durch Kohlenmonoxidintoxikation Verstorbenen je Jahr in Relation zu den ermittelten CO-Hb-Werte einzeln und im Durchschnitt dar.

Tabelle 22: Untersuchungsergebnisse zu CO-Hb (%) nach Obduktion von Toten im Rahmen der Ermittlung der Todesursache Kohlenmonoxidvergiftung im Land Brandenburg im Zeitraum 2004 bis 2012

CO-Hb Wert (%)

Jahr Fall 1 Fall 2 Fall 3 Fall 4 Fall 5 Fall 6 Fall 7 Fall 8 Fall 9 Fall 10 Fall 11

2004* 70 77 52 55 75 71 71 69 78 63 72

2005 64 51 58 84 79 55 - - - -

2006 76 54 61 42 58 58 61 - - - -

2007 71 46 55 - - -

2008 81 74 69 66 77 - - - -

2009 54 63 66 61 - - -

2010 63 62 71 70 - - -

2011 75 63 60 30 49 - - - -

2012 - - -

Stand:16.11.2012, * Datenerhebung nur für Obduktion in Potsdam, Quelle: von der Autorin zusammengestellt

2. Mit der CO-Intoxikation befaßte Institutionen und deren statistische Untersuchungen

64 von 81

Tabelle 23: Anzahl der Toten nach Kohlenmonoxidvergiftung pro Jahr und deren durchschnittliche Untersuchungsergebnisse an CO-Hb (%) im Zeitraum 2004 bis 2012

Quelle: von der Autorin zusammengestellt

Von den insgesamt 45 Fällen im Zeitraum 2004 bis 2012, bei denen als Todesursache Kohlenmonoxidintoxikation deklariert wurde, konnten 7 Fälle, nur 15 %, im Zusammenhang mit geplanten Suiziden (teils in Anwesenheit von Medikamenten, Alkohol, Autoabgasen sowie Mischformen dieser), weitere 7 Fälle im Zusammenhang mit der Einnahme von teils größeren gemessenen Mengen Alkohol, weitere 13 Fälle in Verbindung mit defekten Heizanlagen (Kamine, Propangasflaschen) sowie 10 Fälle mit dem Vorhandensein von Grillutensilien in Innenräumen zugeordnet werden.

Im Vergleich der ermittelten CO-Hb-Werte (%) zeigt sich eine deutliche Differenz in der Höhe der gemessenen Daten für Verunfallte nach Rauchgasvergiftungen sowie für Tote nach Kohlenmonoxidintoxikationen. Diese Differenz ist allerdings zu erwarten, da die erhöhten Werte für die Kohlenmonoxidvergifteten sicher eine Grundlage der Deklarierung der Todesursache darstellt.

Die Todesursachen der 8 "sonstigen Fälle" und auch der 9 Fälle mit der Todesursache "Tod am Brandherd" sind nicht systematisierbar. Der jeweilige CO-Hb-Wert der Opfer wurde vorwiegend im Bereich von 1–11 CO-Hb % ermittelt. Sieben von 9 Fällen mit der Todesursache "Verbrennen" konnten mit dem Verbrennen im PKW in Verbindung gebracht werden.

Sehr deutliche Unterschiede können in der Geschlechterverteilung der Unfallopfer durch Einwirkung von Kohlenmonoxid, unabhängig von der Todesursache, in der folgenden Abbildung gezeigt werden. Deutlich mehr Männer sterben unter der Einwirkung von Kohlenmonoxid. Während im Jahr 2006 17 Männer unter Kohlenmonoxid verunfallten, so war es gleichzeitig nur eine Frau. Ursache dafür können die bevorzugte Wahl des Autos als Fortbewegungsmittel und dadurch Unfall-bzw. Brandverursacher, die Tendenz zum verstärkten Alkohol- und Zigarettenkonsum sein. Seit 2010 nähern sich die Zahlen der

2. Mit der CO-Intoxikation befaßte Institutionen und deren statistische Untersuchungen

65 von 81

männlichen und weiblichen Unfallopfer an. Im Jahre 2010 sind 12 Männer und 7 Frauen mit genannter Todesursache verstorben. Im Jahr 2011 sank die Zahl der männlichen Opfer auf 5 und die Zahl der weiblichen Opfer blieb im Rahmen der Vorjahre bei 4.

Abbildung 13: Geschlechterverteilung der unter Kohlenmonoxideinwirkung tödlich verletzter Personen seit dem Jahre 2005 unabhängig von der deklarierten Todesursache,

Quelle: von der Autorin zusammengestellt

Geschlecht im Zeitverlauf im Land Brandenburg

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Zeitraum

Anzahl Fälle

w m

Hinsichtlich der Altersverteilung der unter Kohlenmonoxideinwirkung tödlich verletzten Personen lässt sich erwartungsgemäß feststellen, dass die Gruppe der mittelalten Erwachsenen aufgrund der täglichen Lebensgewohnheiten (z.B. Mobilität per PKW, soziale Gegebenheiten) den höchsten Anteil hat.

2. Mit der CO-Intoxikation befaßte Institutionen und deren statistische Untersuchungen

66 von 81

Abbildung 14: Altersverteilung der unter Kohlenmonoxideinwirkung tödlich verletzten Personen seit dem Jahre 2005 unabhängig von der deklarierten Todesursache,

Quelle: von der Autorin zusammengestellt

Altersverteilung im Land Brandenburg

0 5 10 15 20 25 30 35 40

0-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90

Alter

Anzahl

67 von 81

3 Schlussfolgerungen

Allgemein Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Aufgabenstellung

Die Vergiftung mit Kohlenmonoxid gilt in den industriell hochentwickelten Nationen nach wie vor als häufigste Ursache tödlich endender Vergiftungen. In Deutschland sterben jährlich schätzungsweise 1500 bis 2000 Menschen an den Folgen einer Kohlenmonoxidintoxikation [41]. Diese Zahl kann jedoch durch die vorgestellten Daten dieser Arbeit aus den betrachteten Bereichen, auch unter Berücksichtigung der Varianz der Daten, nicht bestätigt werden.

Allgemein kann für Vergiftungen eine Dunkelziffer vom 5-10fachen der deklarierten Anzahl ausgegangen werden. Eine Ursache speziell für die CO-Vergiftungen liegt unter anderem in der Variabilität der möglichen Symptome in Kontakt mit CO beim Menschen. Nicht immer werden bei unklaren Bewusstseinsstörungen, Herzrhythmusstörungen oder Herzinsuffizienzanzeichen unklarer Genese eine mögliche Kohlenmonoxidvergiftung des Patienten in Betracht gezogen und die entsprechenden therapeutischen Maßnahmen dagegen eingeleitet [41]. Von den Todesfällen insgesamt entfallen maximal 0,1 % auf die Vergiftungen durch Kohlenmonoxid mit Todesfolge.

Aus einer von der WHO initiierten, im europäischen Rahmen durchgeführten Datenerhebung über 28 Mitgliedsstaaten im maximalen Berichtszeitraum 1998 bis 2008 geht hervor, dass es zu insgesamt 140 490 Todesfällen durch Einwirkung von Kohlenmonoxid kam [29]. Die resultierende jährliche Todesrate je 100 000 Einwohner betrug 2,2. Als häufigste Ursachen von CO-Vergiftungen werden im häuslichen Umfeld Brände, der schlechte Zustand oder die unsachgemäße Wartung von Heizungs- und Feuerungsanlagen, aber auch der Suizid genannt. In den entwickelten Ländern entstehen mehr als 60 % aller CO-Vergiftungen in der häuslichen Umgebung. Vorsätzliche Selbsttötungen durch Kohlenmonoxid nahmen einen Anteil von 38,1 % ein.

Für Deutschland wird Zahlenmaterial aus dem Beobachtungszeitraum von 1980 bis 2007 ausgewertet. In diesem Zeitraum betrug die jährliche Todesrate der durch Kohlenmonoxid verstorbenen Personen 1,91 (in einer Range von 0,34-4,38), ermittelt auf 100.000 Einwohner. Das Verhältnis der an CO verstorbenen Männer im Vergleich zu den an CO verstorbenen Frauen betrug zirka 3 : 1. Das Lebensalter der Verstorbenen betrug bei der anteilig höchsten Gruppe zwischen 25 und 64 Jahren. Von den im betrachteten Zeitraum verstorbenen 3962 Menschen sind ca. 55 % durch Suizide oder Selbstverletzungen und ca.

30 % durch Brände ursächlich. Die Daten der WHO-Studie für Deutschland bestätigen die

3. Schlussfolgerungen

68 von 81

Trends der an CO-Intoxikationen Verstorbenen der weiteren betrachteten Institutionen bezüglich der Angaben zum Geschlechterverhältnis und der Altersverteilung der am meisten betroffenen Altersgruppen. Durch dieses gezeigte Datenmaterial läßt sich jedoch nicht die geschätzte Aussage der jährlich an den Folgen einer Kohlenmonoxidintoxikation versterbenen Personen aus [41] sowie das Verhältnis der CO-Verstorbenen aus Unfall und Selbsttötung bestätigen.

Das ausgewertete Datenmaterial der Studie aus allen beteiligten Ländern ist sehr inhomogen, sowohl im Beobachtungszeitraum als auch in der Anzahl der Todesfälle pro Jahr bzw. der jährlichen CO-Todesrate. Ursache dessen sind die unterschiedlichen Reportingsysteme in den in die Studie eingeschlossenen Ländern. Es wird aufgrund der sehr unterschiedlichen Datensets geschlussfolgert, dass durch das dargestellte Zahlenmaterial die reale Situation der beteiligten Länder nicht vollständig reflektiert werden kann. Die reale Todesfallrate wird als deutlich höher vermutet. Als Kernaussage wird ausgeführt, dass effizientere Beobachtungssysteme, Maßnahmen und Strategien zur Vorbeugung vor CO-Intoxikationen aufgebaut werden müssen, da CO basierte Vergiftung aufgrund des hohen Anteils an der Gesamttodesrate ein gesellschaftliches Thema darstellen. Die Einrichtung von Europäischen Datenbanken zur Aufnahme und Vergleich der CO-Kasuistiken sind notwendig. Weiterhin wird gefordert, dass im häuslichen Umfeld ein hoher Sicherheitsstandard in Heizungsanlagen sichergestellt werden muss [29]

Ergänzend erwähnt werden soll hierzu eine weitere, im Jahr 2013 erschienende Studie verschiedener Medizinischer, Naturwissenschaftlicher und Forenischer Forschungs-einrichtungen der Türkei aus Ankara und Istambul, in der die Anzahl der CO-Toten von 9 ausgesuchten forensischen Instituten analysiert wurde, um die Kohlenmonoxidquelle aufzuklären. Von den 47523 im Zeitraum 1984 bis 2011 durchgeführten Autopsien wurden 980 Fälle (2,06%) mit der Todesursache Kohlenmonoxidvergiftung definiert. Als todesursächlich für die Kohlenmonoxidbildung wurden Kohleöfen, Wassererhitzer und Feuer ausgewiesen. Suizidale Kohlenmonoxidvergiftungen bildeten die Minderheit. Der Anteil verstorbener Männer zu verstorbenen Frauen betrug ca. 65 % zu ca. 35 % [53].

Durch das Einbeziehen unterschiedlichster Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, in denen Kohlenmonoxidintoxikationen auftreten können, wurde versucht, ein möglichst umfassendes Bild der aktuellen Gefahrensituation statistisch darzustellen. Dabei fiel immer wieder ins Gewicht, dass in allen betrachteten Bereichen keine gemeinsamen flächenübergreifenden Systeme der Aufnahme, Darstellung und Auswertung von eingehenden Daten, hier Vergiftungsfällen unter Einwirkung von Kohlenmonoxid, vorhanden

3. Schlussfolgerungen

69 von 81

waren. Einzige Ausnahme hier bildet das Statistische Bundesamt, welches objektiv, unabhängig und qualitativ hochwertige Daten dazu erhoben hat. Die dafür notwendige Informations- und Transportstruktur wird zwischen dem Statistischen Bundesamt und den Statistischen Ämtern der 16 Länder bereitgehalten und ermöglicht den Datenfluss großer Datenmengen. Die Bundesstatistik ist also weitgehend dezentral organisiert und folgt dem föderalen Staats- und Verwaltungsaufbau der Bundesrepublik Deutschland. Die Anzahl der Intoxikationen mit Todesfolge, die bei den Gerichtsmedizinischen Instituten, den Giftinformationszentren detektiert werden, gehen in die Statistik des Statistischen Bundesamtes ein.

Die Auswertung der Informationen aus den betrachteten Teilbereichen des gesellschaftlichen Lebens soll hier im Nachfolgenden noch einmal zusammengefasst werden.

Langfristig betrachtet, hat in den letzten 20 bis 30 Jahren seit der Nutzung von Erdgas anstelle von Kohle die Zahl der Vergiftungen mit Kohlenmonoxid deutlich abgenommen.

Kohlenmonoxid-Intoxikationen entstehen vor allem durch private und gewerbliche Heizanlagen, beim oft unterschätzten Grillen in geschlossenen Räumen, und mit abnehmender Tendenz durch Verbrennungsmotoren von PKWs. In den vergangenen Jahren nahm die Holzkohlennutzung als Suizid-Hilfsmittel zu.

In den Analysen der Kohlenmonoxidvergiftungsfällen stellt das Fehlen eines bundesländer übergreifenden gemeinsamen Erfassungssystems ein deutliches Hindernis dar, das zügig überwunden werden müsste. Die Notwendigkeit der Einführung kompatibler Datenaufnahme- und Datenauswertesysteme in den einzelnen Bundesländern ist auch hier dringend zu empfehlen. Das Statistische Bundesamt stellt mit seinen Daten eine Ausnahme dazu dar.

In den Giftinformationszentren erfolgt die Erfassung der eingehenden Informationen weder flächendeckend in der gleichen Datenbank noch mit den gleichen Erfassungs- und Auswertezielen. Es wurden je nach personeller Besetzung und Befähigung der Mitarbeiter eines Zentrums völlig unabhängig voneinander einzelne Datenbanken entwickelt oder angepasst, die jedoch nicht nach gleichen Modi arbeiten. Deshalb kann im Moment niemals eine vergleichbare Auswertung der Daten, kein deutschlandweiter Jahresbericht daraus erhoben werden. Die hier vorgestellten Daten sind wegen des spezifischen Fallspektrums der Datenaufnahme nicht repräsentativ für eine umfassende Betrachtung des Gesamtgeschehens.

3. Schlussfolgerungen

70 von 81

Wie bereits unter Punkt 2 herausgearbeitet, sind für die Beantwortung der vorliegenden Fragestellung zu den tödlich verlaufenden Kohlenmonoxidintoxikationen in erster Linie die Daten des Statistischen Bundesamtes sowohl bundesweit als auch im Hinblick auf die differenzierten Fragestellungen die kompetentesten Aussageträger.

Sie werden ergänzt durch die Statistiken der regionalen Einrichtungen, wie der Feuerwehr, der Giftinformationszentren der Länder, der Rechtsmedizinischen Institute und Krankenhäuser sowie der KOMOG-Studie. Im Gegensatz zu den Daten des Statistischen Bundesamtes geben die Statistiken dieser Institutionen zumeist nur regional begrenzte und nicht bundesweit gültige Aussagen her. Zudem befassen sie sich häufig mit sehr spezifischen Fragestellungen. Vor allem aber gibt es keine untereinander abgestimmte Systematik und Herangehensweise bei der Erfassung und Auswertung statistischer Daten.

Dennoch konnten diese regionalen Statistiken zur Beantwortung einzelner Fragestellungen bzw. Bestätigung oder Untermauerung der Daten des Statitischen Bundesamtes zum Teil weitergehende und detailliertere Angaben liefern.

3. Schlussfolgerungen

71 von 81

Statistisches Bundesamt

Maßgeblich für die Gesamtauswertung tödlich verlaufenden Kohlenmonoxidintoxikationen sind die Daten des Statistischen Bundesamtes, die allgemeine Repräsentanz für Deutschland haben.

Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes (Tabellen 4–6) sank die Anzahl der Toten durch CO-Intoxikation im Zeitraum 2002 bis 2009 deutschlandweit sowohl absolut als auch prozentual, nahm aber 2010 und 2011 in beiden Kategorien deutlich zu. Ob dieses erhöhte Niveau beibehalten wird oder sich zu einer steigenden Tendenz entwickelt, ist gegenwärtig noch nicht eindeutig abschätzbar. Bei den in Krankenhäusern behandelten Patienten nach vorangegangener CO-Einwirkung ist bereits seit 2000 ein kontinuierlicher Zuwachs feststellbar. Sehr bedeutsam sind die Aussagen des Statistischen Bundesamtes über die Zahl der deutschlandweit ausgeübten Suizide mittels Kohlenmonoxid. Sie stellen laufend einen Anteil von 50 % und mehr an der Gesamtzahl der Toten durch Kohlenmonoxid-Kontakt. Die in den Jahren 2010 und 2011 überproportional gestiegenen Suizide waren die eigentliche Ursache des Anwachsens der Gesamtsterbezahl unter CO-Einwirkung in diesen Jahren.

Ein hoher Anteil von Suiziden oder auch Suizidversuchen bei den schweren CO-Vergiftungen wurde auch durch die ausgewerteten Daten des VIZ Freiburg bestätigt. Andere eingeschränkte statistische Erfassungen bestätigen diesen Tatbestand jedoch nicht.

3. Schlussfolgerungen

72 von 81

Rechtsmedizinischen Institute

Die Statistiken der einbezogenen Rechtsmedizinischen Institute der Länder stellen zumeist nur kurzzeitige, regionale Ausschnitte zu den Todesfällen durch Kohlenmonoxidvergiftungen dar und differenzieren dabei nach Jahreszeit, Alter, Geschlecht, CO-Hb Werten in %, Unfällen und Suiziden. Daraus lassen sich kaum allgemeingültige Aussagen ableiten. Eine bundes- oder gar europaweite Erfassung von Todesfällen, Todesfallanalysen inklusive der Todesursachen mit gleicher Datenaufnahme und Datenauswertesystemen erscheint über alle Rechtsmedizinischen Institute unbedingt notwendig, um länderübergreifende Aussagen auch im Hinblick auf Aufklärung der Öffentlichkeit, eine Risikominimierung und Gefahrenabwehr treffen zu können.

Vom Institut für Rechtsmedizin Hamburg wurden bei den Todesfällen durch CO-Vergiftung unter Verwendung von Holzkohlegrills 2009 und 2010 fast ausschließlich Suizide festgestellt. Eine ähnlich hohe Suizidquote unter den Vergiftungsfällen stellte das Institut für Rechtsmedizin München für die Jahre 2008 bis 2010 fest. Beide Untersuchungen dokumentieren wegen ihrer zeitlichen Begrenzung jedoch nicht, ob die Suizidquote angestiegen ist.

Bei ähnlichen, veröffentlichten Untersuchungen anderer Institute ist die Suizidquote niedriger, so auch bei der Datenbankabfrage der Autorin im Gerichtsmedizinischen Institut des Landes Brandenburg mit nur 7 von 45 registrierten Fällen. Die Erfassung der Toten durch Kohlenmonoxidvergiftung nach Obduktion durch das Brandenburgische Landesinstitut für den längeren Zeitraum 2005-2012 lässt erkennen, dass hier keineswegs ein Anstieg, sondern eher ein Sinken der CO-Sterbefälle eingetreten ist. Als wichtigste Ursachen der Rauchgasvergiftungen wurden Wohnungsbrände mit und ohne suizidale Absicht, Brände in Bungalows, Garagen und Bauwagen identifiziert.

Von den Toten nach Kohlenmonoxidvergiftung konnten nur 15 % geplanten Suiziden zugeordnet werden.

Die vorgestellten Fälle aus dem Institut für Rechtsmedizin Brandenburg bilden die Gesamtsituation und Gesamtzahl aller Obduktionen mit Todesursachen in Verbindung mit Kohlenmonoxid im Land im betrachteten Zeitraum ab. Hinsichtlich der vorgestellten Todesfälle wird so ein repräsentativer Überblick mit der Todesursache Kohlenmonoxidvergiftung, Rauchgasvergiftung, Tod am Brandherd, Verbrennen dargestellt.

3. Schlussfolgerungen

73 von 81

Giftinformationzentren

Die Statistiken der Giftinformationszentralen sind nicht repräsentativ für das Kohlenmonoxidgeschehen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, da durch die spezielle (eingeschränkte) praktizierte Datenaufnahme mit mehr oder weniger starken Rückkopplungen der Fälle aus den öffentlichen Institutionen (Krankenhäuser, Universitätskliniken) in die Datenbanken der Giftinformationszentren nur ein ausgesuchtes Spektrum aller tatsächlichen Fälle aufgenommen wird.

Bei den Giftinformationszentren der Länder, deren Daten zur Auswertung zur Verfügung standen, verzeichnete man teilweise bereits im Jahr 2008 einen Anstieg der Unfälle durch Kohlenmonoxid (z.B. GIZ-Nord, BBGes Berlin), seitdem mit wenig verändertem Niveau.

Bei den Abgasvergiftungen des GGIZ Erfurt (vgl. 9 Erfurt) stellten diejenigen durch Autoabgase den Hauptanteil von ca. 65 % im Zeitraum 2005 bis 2011. Bei den Brandgasvergiftungen lag das Schwergewicht im gleichen Zeitraum bei den Rauchgasvergiftungen mit nicht klassifizierten Brandgasen bei 61 % und Brandgasen aus Hausbrand bei 35 %.

Für die Suizide bzw. Suizidversuche wurden vor allem Autoabgase in Verbindung mit Alkohol, Tabletten oder auch Rauschmitteln benutzt (VIZ Freiburg, GGIZ Erfurt). In den letzten Jahren kam es aber auch vermehrt zu CO-Vergiftungen durch Grillen in Innenräumen, selten jedoch zur Selbsttötung dadurch.

Die Daten des GGIZ Erfurt zeigen, dass der überwiegende Anteil der Suizidversuche von Männern im Alter von 30 bis 50 Jahren begangen wurden.

Unter der Voraussetzung der regelmäßigen Wartung ist eine letale CO-Konzentration bei Einleiten der Abgase in die Fahrzeugkabine eigentlich nicht zu erwarten. Das zeigen die Daten des Giftnotrufes Erfurt deutlich (siehe 2.3.2). Mit der Hauptnoxe Abgase wurden in den Jahren 2009–2011 3 Fälle von Suizidversuchen durch Autoabgase aufgenommen.

Alle 3 Fälle wurden mit dem PSS "schwer" eingestuft, jedoch endete kein Fall tödlich.

Weitere 13 von 98 Fällen wurden, durch die Autorin initiiert, per Hand aus der Datenbank in dem betrachteten Zeitraum selektiert. Hier erfolgte die Einschätzung nach PSS nur im Bereich von PSS bis PSS2 bzw. unbekannt bzw. nicht einschätzbar.

Die Untersuchung von 60 Vergiftungsfällen mit Kohlenmonoxid durch Grillen in geschlossenen Räumen und 146 Betroffenen im Zeitraum von 2000 bis 2009 durch die KOMOG-Studie zeigte, dass 6,9 % der gesamt betrachteten Fälle mit tödlichen Ausgang

3. Schlussfolgerungen

74 von 81

verliefen. Eine Häufung der Fälle trat im Januar, Mai und Juni ein. Die erfassten Fälle sind jedoch gering im Vergleich zu denen des Statistischen Bundesamtes. In den Jahren 2000 – 2009 nahm die Zahl der von der KOMOG-Studie erfassten Vergiftungsfälle durch Kohlenmonoxid durch Grillen in geschlossenen Räumen diskontinuierlich zu.

Dasselbe gilt für den Anteil dieser spezifischen Vergiftungsfälle an den gesamten Kohlenmonoxidvergiftungsopfern, die von dieser Studie erfasst wurden.

Feuerwehr und Schornsteinfeger

Nach den Feuerwehr-Jahresberichten für ausgewählte deutsche Großstädte für den Zeitraum 2004 bis 2011 ist weder bei den Brandverletzten noch bei den Brandtoten eine steigende Tendenz festzustellen. Eine Ausnahme dazu bildet lediglich Hamburg mit einer vermehrten Zahl von Brandverletzten. Die Zahl der Brandtoten bewegte sich in diesem Zeitraum auf konstantem bis sinkendem Niveau, sowohl über den Zeitraum pro Stadt, als

Nach den Feuerwehr-Jahresberichten für ausgewählte deutsche Großstädte für den Zeitraum 2004 bis 2011 ist weder bei den Brandverletzten noch bei den Brandtoten eine steigende Tendenz festzustellen. Eine Ausnahme dazu bildet lediglich Hamburg mit einer vermehrten Zahl von Brandverletzten. Die Zahl der Brandtoten bewegte sich in diesem Zeitraum auf konstantem bis sinkendem Niveau, sowohl über den Zeitraum pro Stadt, als