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Osteoporose – Eine unbekannte Bekannte

Die Osteoporose ist zwar eine bekannte Erkrankung.

In den Folgen für die Betroffenen und der gesund­

heitspolitischen Tragweite wird sie aber weiterhin unterschätzt. Knochenbrüche verursachen erhebliche Schmerzen, führen zum Teil zu aufwändigen Opera­

tionen, zu Immobilisation und dadurch zu weiteren Folgekrankheiten – und Kosten. Früherkennung, Primär­ und Sekundärprävention sind wichtig, im medizinischen und politischen Umfeld aber seit Jahren kontrovers diskutiert.

Definition

Die Osteoporose ist eine systemische Skeletterkrankung, die durch eine verminderte Knochenmasse und eine ver-änderte Mikroarchitektur des Knochengewebes charakte-risiert ist.

Daraus folgt ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche.

Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen als Männer.

Nicht jede Osteoporose führt zur Komplikation von Knochenbrüchen, denn unabhängig von der Knochen-masse und der Knochenarchitektur ist auch die Qualität des Knochenkollagens eine Determinante.

Umgekehrt gilt aber auch: Selbst wenn in der Knochen-dichtemessung die WHO-Kriterien für die Osteoporose nicht erfüllt sind (siehe Tabelle 1), kann eine erhöhte Knochenbrüchigkeit vorliegen. Bei jeder Fraktur ohne adäquates Trauma ist von einer primären oder sekundären Osteoporose auszugehen.

Aus diesem Grund wird seit einigen Jahren versucht, das Risiko für das Auftreten von Knochenbrüchen nicht alleine aufgrund der Resultate einer Osteodensitometrie zu beurteilen. Es wurden Beurteilungshilfen geschaffen wie das FRAX-Tool (international: http://www.shef.ac.

uk/FRAX/ ) und das Top-Tool (Schweizerische Gesell-schaft für Rheumatologie: http://web.osteo-rheuma.ch/

TOP.aspx )

Ursachen

Von verschiedenen Gesellschaften werden Risiken für die Osteoporose aufgelistet, die letztlich auch in die Tools zur Risikoeinschätzung von Frakturen einfliessen.

In Tabelle 2a bis 2c finden sich die Guidelines der American Medical Directors Association (AMDA).

Osteoporosis and fracture prevention in the long-term Tab 1. WHO Definition der Osteoporose (diagnostische Kriterien) WHO Technical Report Series: 843; 1994

Definition Knochendichte Strategie

Normal bis max. 10 % Verlust

T-Score < 2,5 SD

Behandlung

Schwere Osteoporose

Osteoporose mit Fraktur(en)

Tab. 2a. Allgemeine Risiken – Weibliches Geschlecht – Alter

– Familienanamnese positiv für osteoporotischer Frakturen – Untergewicht

– Knochenbruch in Persönlicher Anamnese – Verminderung der Sexualhormone

– Tiefer Oestrogenspiegel, Menopause eingeschlossen – Tiefe Spiegel von Testoseteron und Oestrogen bei Männern – Ernährung: geringe Zufuhr von Vitamin D3 und Calcium;

Exzessive Zufuhr von Proteinen, Natrium, Koffein – Bewegungsarmut

– Nikotinkonsum

– Übermässiger Alkoholkonsum – Medikamente gemäss Tabelle 2b – Sekundäre Ursachen gemäss Tabelle 2c

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Die Leitlinien der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) Deutschland sind sehr viel differenzierter.

Link: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/034-003.

html.

care setting. Columbia (MD): American Medical Direc-tors Association (AMDA); 2009. 32 p. [76 references]

mit der Ergänzungen durch AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaf-ten) Deutschland 2011

In Tabelle 3 sind die Richtlinien aufgeführt der National Osteoporosis Foundation, Clinician›s Guide to Prevention and Treatment of Osteoporosis, 2008 Update.

Link: http://www.nof.org/professionals/Clinicians_Guide.

Tab. 2b. Risiken durch Medikamente – Aromatasehemmer

– Antiepileptika (Phenytoin, Phenobarbital, Carbamazepine) – Chemotherapeutika (Methotrexat, Cyclosporine A)

– Übersubstitution von Schilddrüsenhormonen (TSH ist reduziert) – Übermässiger Vitamin A-Konsum

– Glucocorticoide > 5 mg/Tag über mindestens 3 Monate – Gonadotropin-Releasing Hormone Agonistem and

Antagonisten – Heparin – Lithium Glitazone

Protonenpumpenhemmer

Tab. 2c. Risiken durch sekundäre Ursachen – Chronisches Leberversagen

– Chronisches Nierenversagen

– Chronisch obstruktive Lungenkrankheit – Cushing-Syndrom

– Immobilität – Hyperthyreose

– Hypogonadismus (bei Frauen und Männern)

– Malabsorptions-Syndrome, Zirrhosen, Inflammatory Bowel Disease

– Multiples Myelom, Leukämie, Maligne Lymphome – Primärer Hyperparathyroidismus

– Rheumatoide Arthritis und andere entzündlich rheumatische Krankheiten

– Diabetes Typ 1 und Typ 2 – Vitamin D3-Mangel

Tab. 3. Guidelines zur Durchführung einer Knochendichtemessung – Aromatasehemmer

– Frauen über 65 und Männer über 70, unabhängig von Risiko-faktoren

– Postmenopausale Frauen sowie Männer zwischen 50 und 69 mit Risikofaktoren

– Frauen vor/bei Eintritt in die Menopause mit erhöhtem Frakturrisiko z.B. durch:

– Untergewicht, Fraktur ohne adäquates Traum, Medikation mit Osteoporose-Risiko

– Erwachsene mit einer Fraktur nach dem 50. Lebensjahr – Erwachsene mit einer Risiko-Erkrankung (z.B. Rheumatoide

Arthritis) oder mit Risiko-Medikation (z.B. Glucocorticoide) – Personen, bei denen eine Osteoporose-Therapie geplant wird – Personen, bei denen eine Osteoporose-Therapie durchgeführt

wird

– Personen ohne Osteoporose-Therapie aber mit Risiko zur Osteoporose-Entwicklung

– Frauen in Postmenopause mit Sistierung der Hormonersatz-therapie

Tab. 4. Empfohlene Laboruntersuchungen – Aromatasehemmer

– Blutsenkung/CRP – Kalzium, Phosphat

– GOT, GPT, alk. Phosphatase, Gamma-GT – Kreatinin

– Blutbild

– Gesamteiweiss und Albumin / Serum-Eiweiss-Elektrophorese – 25-OH-Vitamin D3

– Evtl. Parathormon – Evtl. TSH

– Evtl. Knochenresorptionsparameter (Pyridin-Crosslinks im Urin – TRAP, CTX im Blut, …)

– Testosteron beim Mann

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können auf Wirbelkörperfrakturen Hinweisen. Fehlstel-lungen am Handgelenk können Hinweise geben auf „ver-gessene“ Radiusfrakturen.

Laboruntersuchungen

Es gibt keine allgemein verbindlichen Laboruntersuchun-gen. Je nach Alter und Zusatzerkrankungen sollen diese individuell gestaltet werden.

Diagnostik

Klinische Untersuchung

Die Klinische Untersuchung kann Hinweise auf das Vor-liegen einer Osteoporose geben.

Die Grössenabnahme um mehrere Zentimeter, eine Gib-busbildung der BWS oder das Tannenbaumphänomen Tab. 3. Guidelines zur Durchführung einer Knochendichtemessung

– Aromatasehemmer

– Frauen über 65 und Männer über 70, unabhängig von Risiko-faktoren

– Postmenopausale Frauen sowie Männer zwischen 50 und 69 mit Risikofaktoren

– Frauen vor/bei Eintritt in die Menopause mit erhöhtem Frakturrisiko z.B. durch:

– Untergewicht, Fraktur ohne adäquates Traum, Medikation mit Osteoporose-Risiko

– Erwachsene mit einer Fraktur nach dem 50. Lebensjahr – Erwachsene mit einer Risiko-Erkrankung (z.B. Rheumatoide

Arthritis) oder mit Risiko-Medikation (z.B. Glucocorticoide) – Personen, bei denen eine Osteoporose-Therapie geplant wird – Personen, bei denen eine Osteoporose-Therapie durchgeführt

wird

– Personen ohne Osteoporose-Therapie aber mit Risiko zur Osteoporose-Entwicklung

– Frauen in Postmenopause mit Sistierung der Hormonersatz-therapie

Tab. 4. Empfohlene Laboruntersuchungen – Aromatasehemmer

– Blutsenkung/CRP – Kalzium, Phosphat

– GOT, GPT, alk. Phosphatase, Gamma-GT – Kreatinin

– Blutbild

– Gesamteiweiss und Albumin / Serum-Eiweiss-Elektrophorese – 25-OH-Vitamin D3

– Evtl. Parathormon – Evtl. TSH

– Evtl. Knochenresorptionsparameter (Pyridin-Crosslinks im Urin – TRAP, CTX im Blut, …)

– Testosteron beim Mann

Abb. 1. Osteodensitometrie

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Zudem werden Kontrollmessungen höchstens alle zwei Jahre übernommen.

Cave:

– Es gibt unterschiedliche Messgeräte, deren Resultate nicht immer direkt verglichen werden können, zum Beispiel bei Kontrollmessungen im Verlauf.

– Degenerative Veränderungen an Wirbelkörpern und Hüfte lassen die Knochendichte falsch zu hoch erschei-nen.

– Entsprechende Wirbel sollten bei der Beurteilung aus-geblendet werden.

– Im Zweifelsfall sollte eine weitere Lokalisation z.B.

die Vorderarme miteinbezogen werden.

In der Prämenopause gilt der Z-Score: –2.0 und tiefer gilt als Osteoporose!

Therapie

Substitution von Vitamin D3

Empfehlung des Institut of Medicine IOM:

Vitamin D mind. 800 IE/Tag

Cave: Das IOM basiert auf Erhebungen in den USA, wo Milchprodukte mit Vitamin D ergänzt werden!

Empfehlung der Deutschen Vereinigung für Osteoporose:

800–2000 IE/Tag.

Ziel ist ein Serumspiegel von 25-OH-Vitamin D3 von 50 nm/l.

Substitution von weiblichen Sexualhormonen

Die HRT ist in der Osteoporose-Prävention eine gute Wahl.

Andere Hormontherapien Calcitonin (Miacalcic®)

Ist geeignet in den ersten 1–3 Monaten bei frischer Wir-Radiologische Untersuchungen

Röntgenuntersuchung

Bei Verdacht auf ältere oder frische Wirbelfrakturen empfiehlt sich ein konventionelles Röntgenbild der Wir-belsäule.

Cave:

– Die Schmerzen sind oft tielf lumbal, die Frakturen fin-den sich aber häufig im thorako-lumbalen Übergang.

– Eine frische Fraktur kann oft erst einige Tage später im Röntgenbild nachgewiesen werden, da die Wirbelkör-perkontur zuerst erhalten bleibt und erst allmählich ein-bricht.

– Die Hinterkante der Wirbelkörper bleibt meistens intakt.

Bestehen Zweifel im Röntgenbild, sollte eine CT-Unter-suchung gemacht werden um eine instabile Fraktur zu erkennen und die Operationsindikation abzuschätzen.

Knochendichtemessung

Die heute mit vielen Studien geprüfte und best aner-kannte Methode ist die DXA (Dual Photon X-Ray).

Zur Indikation siehe Tabelle 3.

In der Schweiz gilt bezüglich Bezahlung der Untersuchung durch die Krankenkassen folgendes:

– Bezahlt wird nur, wenn das Resultat eine Osteoporose zeigt

– Ausnahmen sind:

Kontrolle der Knochendichte bei Fraktur ohne adäquates Trauma

Erkrankungen oder Medikation mit hohem Osteo-poroserisiko

Die Ausnahmen sind noch nicht bei allen Versicherungen gleichermassen anerkannt.

Es empfiehlt sich somit, bei einer „Routinemessung“ die Patientinnen darauf aufmerksam zu machen, dass die Krankenkasse für die Kosten der Untersuchung allenfalls nicht aufkommt.