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Organisatorisches (I-7.)

5. UNTERSUCHUNG VON DIGITALISATEN IN KULTURERBEEINRICHTUNGEN

5.3. Angebote und Möglichkeiten von Kulturerbeeinrichtungen

5.3.3. Auswertung der Interviews - Institutionen

5.3.3.7. Organisatorisches (I-7.)

Förderungen der Digitalisierung erhalten die untersuchten Einrichtungen von unterschiedlichen Stellen mit Ausnahme der DFG, die alle Einrichtungen projektweise fördert oder zumindest schon gefördert hat. Die SBB als Bundeseinrichtung erhält neben der DFG Förderungen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), zudem durch die Europäische Union. Die SSB als Einrichtung des Landes Berlin erhält dagegen über digiS Projektmittel des Landes Berlin, hinzu kommen europäische EFRE-Mittel. Die UB ist als Teil der Humboldt-Universität auch eine Landeseinrichtung, da Universitätsbibliotheken vom Land Berlin jedoch nur in zweiter Linie gefördert werden, waren Projektanträge hier bisher noch nicht erfolgreich.

Eine Weiterentwicklung der jeweiligen digitalen Präsentationssysteme findet in allen Einrichtungen statt, neue Funktionen werden regelmäßig hinzugefügt. Während SSB und UB dies über Dienstleister beauftragen, werden Updates in der SBB durch die eigene IT-Abteilung realisiert. Die Weiterentwicklung der Digitalisierten Sammlungen geschieht über die AG Präsentation, welche neue Entwicklungen plant und umsetzt. Zudem bietet die SBB einen Zugriff auf eine offene Beta-Version des Präsentationssystems, so dass neue Funktionen schon vor dem eigentlichen Release von Nutzern ausprobiert werden können.52

52 Staatsbibliothek zu Berlin. Digitalisierte Sammlungen Beta-Version, https://digital-beta.staatsbibliothek-berlin.de/ (abgerufen am 30.07.2019, 15:38).

Ein Datenmanagementplan als wichtiges Verwaltungsinstrument für Forschungsdaten liegt konkret in keiner Einrichtung vor, die Aspekte des Datenmanagements werden aber durch die hier beschriebenen Standards, Workflows und Speicherverfahren abgedeckt und sind somit fester Bestandteil der Aufgaben in den Häusern. Hinzu kommt, dass alle untersuchten Gedächtnisinstitutionen feste öffentliche Einrichtungen sind, so dass die Gefahr eines Verwaisens von Daten, wie es oft nach dem Ende von Forschungsprojekten der Fall ist, hier sehr gering ist.

Bei den Zielgruppen zeigen sich die unterschiedlichen Profile der Einrichtungen besonders deutlich. Die SSB hat ein sehr breites Zielpublikum, was sich aus der interessierten Öffentlichkeit, Kollegen anderer Museen sowie, besonders in speziellen Sammlungen, Forschung und Lehre zusammensetzt. Hinzu kommen auch kommerzielle Nutzer bei der Bildverwertung. Die SBB legt sich als Universalbibliothek zwar auch nicht auf nur eine Nutzergruppe fest, insgesamt würde man aber wahrscheinlich der Wissenschaft, inklusive Laienforschern, den Vorzug geben. Eine Ausnahme bilden die FIDs, wo die jeweiligen Fachcommunities klar den Schwerpunkt bilden. Die UB dagegen hat als Hauptzielgruppe ganz klar die Wissenschaft, besonders an Universitäten, wozu auch das Studium als Ausbildung für die Wissenschaft zählt. Bestandskonzept und Bestandsmanagement und auch die Digitalisierung richten sich daher an der wissenschaftlichen Nutzung, mit besonderem Fokus auf die Wissenschaft an der Humboldt-Universität, aus. Die interessierte Öffentlichkeit wird natürlich nicht von der Nutzung ausgeschlossen, stellt aber nur am Rande eine Zielgruppe dar.

Offener sind dagegen die Sammlungspräsentationen ausgerichtet. Eine konkrete Erhebung der Nutzergruppen gibt es allerdings nicht, es werden nur mittels Tools wie Google Analytics oder Matamo (ehemals Piwik) Nutzerstatistiken erstellt.

Eine allgemeine Einbeziehung der Nutzer in die Digitalisierungsplanung findet nicht statt, es sei denn, es bestehen direkte Kontakte zu diesen Nutzern. So berücksichtigt die SBB z.B. Kontakte der Fachabteilungen und FIDs zu ihren jeweiligen Communities und in der UB werden bei Beständen mit spezifischen Nutzergruppen wie z.B. den Gelehrtenbibliotheken die Nutzer zu ihren Prioritäten im jeweiligen Bestand befragt.

Eine Verknüpfung von Digitalisaten und daraus hervorgegangenen Forschungsdaten findet bei allen Interviewten Zustimmung, ein Hosting solch eines Angebotes auf Seiten der Gedächtniseinrichtung wird jedoch eher problematisch gesehen.

In der SSB wird darauf verwiesen, dass man kein weiteres Portal für die Fachcommunity aufbauen, sondern die Daten in Infrastrukturen zusammenführen sollte, die bereits stark von der Forschung genutzt werden. Das eigene System sollte dann mit Links auf die Objekte dort ausgestattet werden.

Bei der UB wird hier zudem der Vorteil gesehen, dass die Daten so nachhaltig gesichert und verknüpft werden könnten, was bei den Forschungstools oft nicht gegeben ist. Für eine Umsetzung im Haus fehlt hier aber sowohl die Infrastruktur wie der Auftrag der Universität, eine solche einzurichten.

Die SBB sieht hierbei einen Vergleich zu den analogen Belegexemplaren, wobei die praktische Umsetzung an den hier verwendeten offenen Lizenzen scheitert. Dadurch,

dass die Digitalisate frei zugänglich und nachnutzbar sind und die Daten zudem über Schnittstellen angeboten werden, wird nicht verfolgt, wer die Daten nutzt. Man kann hier daher nur mit der Bitte, z.B. durch einen Hinweistext, an die Nutzer herantreten, aus den Digitalisaten entstandene Forschungsdaten einzureichen, damit diese verknüpft werden können.

Trotz der unterschiedlichen Einrichtungen haben die Interviewten relativ ähnliche Vorstellungen davon, was sich in Gedächtniseinrichtungen verbessern sollte bzw. könnte.

Von allen Befragten wird dabei eine bessere Zusammenarbeit mit den Nutzern genannt.

Dies bezieht sich zum einen auf die zu digitalisierenden Bestände, vor allem aber auch auf die von den Nutzern erwarteten und benötigten Funktionen. Gerade für die digitalen Sammlungen sollte hier weniger vom klassischen Bibliotheksnutzer ausgegangen werden, der nur lesend auf die Bestände zugreifen möchte, sondern es sollten auch die Möglichkeiten der Digital Humanities berücksichtigt werden. Im Zuge dessen könnte auch an eine Anpassung der Präsentationsschicht, gerade für jüngere Nutzer, die hier anderes gewohnt sind, stattfinden. Als wichtig wird mehrmals auch die freie Verfügbarmachung im Sinne von Open Access für gemeinfreie Werke durch die Gedächtniseinrichtungen beschrieben, da dies Wissenschaft und Allgemeinheit zugute kommen und die Nutzung vereinfachen würde.

Als weitere Verbesserungsaspekte werden einheitliche Qualitätsstandards und Workflows für möglichst alle Gedächtniseinrichtungen und die Zusammenarbeit mit Portalen genannt, statt für jedes Projekt ein eigenes Portal aufzubauen (SSB). In diese Richtung weist auch der Vorschlag, Angebote wie die DDB oder Europeana noch stärker auszubauen, um die hier liegenden großen Potentiale voll auszuschöpfen (SBB).

In der SSB wird auch der Aufbau von eigenen Ressourcen zur Digitalisierung als wichtige Verbesserung gesehen. Da die Digitalisierung inzwischen Kernaufgabe von Gedächtniseinrichtungen ist, darf sie nicht vom Erfolg einzelner Förderprojekte abhängig, sondern muss als Gesamtauftrag der Institution in allen Bereichen bis hin zur Geschäftsleitung verankert sein. Dazu werden die entsprechenden Personalstellen und Techniken benötigt.

Insgesamt wird, auch in anderen Teilen des Interviews, klar, dass viele Weiterentwicklungen und neue Angebote möglich sind, dies jedoch auch immer eine Frage der personellen und finanziellen Mittel ist.

Dieser Aspekt wird daher auch in der letzten Frage des Interviews thematisiert. So beschreiben alle Interviewten, dass ihre Institutionen bei unbegrenzten Mitteln viel schneller, viel tiefer und viel mehr digitalisieren und erschließen könnten und der gesamte Bestand der jeweiligen Einrichtung innerhalb weniger Jahre online verfügbar und nutzbar wäre. Außerdem wird von allen beschrieben, dass man die digitalen Sammlungen so viel besser mit internen wie externen Sammlungen verknüpfen könnte. Man würde entweder die eigene Sammlung auf Portalen noch sichtbarer machen und so in der Öffentlichkeit viel präsenter sein sowie neue Nutzergruppen erschließen oder man würde selber zu einer zentralen Anlaufstelle für bestimmte Themen werden, indem man einen Einstiegspunkt in diese Themen, Informationen und Sachverhalte bietet und Bezüge unter

Objekten herstellt anstatt nur Materialien zu liefern. Egal ob auf Portalen oder eigenen Angeboten, die jeweilige Einrichtung könnte so (noch mehr) zu einer verlässlichen Quelle und Anlaufstelle für Wissen und Daten im Internet werden, besonders auch bei Zielgruppen, die die Angebote bisher nicht nutzen.

Auch könnten die eigenen Konzepte weiterentwickelt werden. In der UB könnte man z.B.

universitätsweit sammlungsübergreifend arbeiten und passende Objekte in die Digitalisierung mit einbinden, um daraus digitale Ausstellungen zu kuratieren. Auch die Angebote wie der Viewer ließen sich verbessern und mit neuen Funktionen ausstatten.

Mit dem Abschluss der Digitalisierungsarbeiten würden in der SSB auch wieder Kapazitäten für andere Museumsaufgaben frei werden, so dass man sich wieder mehr auf die Forschung im Haus konzentrieren könnte. Die Digitalisate ließen sich auch viel besser in neue Formen der Museumsarbeit einbinden und man hätte die Mittel, Croudsourcing-Angebote umzusetzen, um die Community in die Erschließung von Objekten mit einzubinden.