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Objektive Bedingung der Strafbarkeit

Im Dokument Das materielle (Seite 165-185)

Computerstrafrechts im engen Sinn

B. Die nebenstrafrechtliche Bestimmung des

6. Objektive Bedingung der Strafbarkeit

Die täter- bzw tatobjektbezogene Umschreibung » [ Daten ], die er sich widerrechtlich verschafft hat « iZm § 51 DSG 2000 als Allgemeindelikt 653 schränkt die Strafbarkeit insoweit ein, dass nur solche schutzwürdi-gen personenbezoschutzwürdi-genen Daten als Tatobjekt überhaupt in Frage kom-men, die der Täter durch Zweckentfremdung je nach seinem Vorsatz weiterverwenden will. Da der objektive ( strafbarkeitsbegründende ) Tatbestand – wie oben angemerkt – kein sozial inadäquates Verhalten beschreibt und dadurch ein hohes Kriminalisierungspotenzial schon durch die äußere Tatbeschreibung begründet wird, könnte man die-ses konkretisierende Element als » objektive Bedingungen der Strafbar-keit « ansehen, die nicht vom Tatbildvorsatz umfasst sein müssen ( sog

» Tatbestandsannex « ).654 Eine solche Interpretation bietet sich auch an, um Beweisschwierigkeiten im Bereich eines diesbezüglichen Tat-bildvorsatzes, Kausalitätsproblemstellungen oder eine ggf doppelte Rechtswidrigkeitsprüfung zu vermeiden. Wobei man im Vorfeld –

au-652 Vgl Jahnel, Handbuch, Rz 4 / 103.

653 Dies gilt nicht für die Variante des § 51 DSG 2000 als ( echtes ) Sonderdelikt, da die berufsmäßige Zugänglichkeit in diesem Fall das Unrecht der Tat mitbestimmt.

654 Siehe zur Begrifflichkeit Triffterer, AT 2, 191 ff; zum » Tatbestandsannex « weiters Triffterer, AT 2, 194.

ßerhalb der Tatbestandprüfung des § 51 DSG 2000 – dennoch die Wi-derrechtlichkeit und den spezifischen Verschaffungsakt überprüfen muss. Im Übrigen ist das » widerrechtliche Verschaffen « der Daten ( im Fall des § 51 DSG 2000 als Allgemeindelikt ) kein Erfolgserfordernis. Es nimmt daher in dieser Variante keinen Einfluss auf den Unrechtsge-halt der Tat, schränkt aber den Anwendungsbereich der Strafvorschrift auf die strafwürdigen Fälle ein, denn bestraft wird nach § 51 DSG 2000 als Allgemeindelikt nur unter der Bedingung, dass die Daten vorher wi-derrechtlich verschafft wurden. Dies macht auch im Vergleich zur Vari-ante des § 51 DSG 2000 als Sonderdelikt Sinn, denn – wie bereits oben angemerkt – fokussiert § 51 DSG 2000 nicht auf den Verschaffungsakt der tatbildlichen Daten, sondern auf deren ( anschließende ) Verwen-dung.655 Da » jede « Datenverwendung von schutzwürdigen personen-bezogenen Daten bereits einen Eingriff in des Grundrecht auf Daten-schutz ( § 1 Abs 1 DSG 2000 ) darstellt, sollen aber für die Festsetzung des strafrechtlichen Unrechts ( iSd tatsächlichen kriminalpolitischen Strafbedürfnisses ) weitere rein objektive Kriterien hinzutreten, um eine überschießende Strafbarkeit zu verhindern. Eine solche Interpre-tation ergibt sich aus spezifischen Sinn- und Zwecküberlegungen be-züglich des konkreten Deliktstypus. Die Strafbarkeit wird daher vom Vorliegen weiterer äußerer Umstände abhängig gemacht. Insoweit stellt eine ( unechte ) objektive Bedingung ( rein objektiv ) der Strafbar-keit auch das Gegenstück einer überschießenden Innentendenz ( rein subjektiv ) dar, obwohl beide Elemente die Strafbarkeit einschränken.

Es ist aber bei der objektiven Bedingung der Strafbarkeit die subjektive Einstellung des Täters unbeachtlich.

Wer ein fehlgeleitetes E-Mail mit schutzwürdigen personenbezo-genen Daten irrtümlich erhält und diese Daten in weiterer Folge mit entsprechender Schädigungsabsicht im Internet veröffentlicht, macht sich nicht nach § 51 DSG 2000, sondern nach dem Ermächtigungsde-likt des § 120 Abs 2 a strafbar.656

655 Dazu schon Reindl-Krauskopf in Brodil, Datenschutz, 73 ( 74 ).

656 Siehe dazu S 216 ff.

7. Tatobjekt » personenbezogene Daten « mit Geheimhaltungsinteresse

Als Tatobjekt des § 51 DSG 2000 werden ausschließlich personenbezo-gene Daten ( iSd § 1 Abs 1 DSG 2000 bzw § 4 Z 1 DSG 2000 ) geschützt. Per-sonenbezogene Daten, die automationsunterstützt verarbeitet werden, kommen dabei aber ebenso in Betracht, wie konventionell ( oder auch nur zum Teil automationsunterstützt ) verarbeitete Daten 657, da sich § 51 DSG 2000 am Grundrecht nach § 1 Abs 1 DSG 2000 orientiert. Personen-bezogen sind Daten gem § 4 Z 1 DSG 2000 dann, wenn es sich um An-gaben eines Betroffenen handelt, dessen Identität bestimmt oder be-stimmbar ist.658 Beim Tatobjekt des § 51 DSG 2000 kommt es foglich auf Dateninhalte, dh die Information selbst, an und nicht auf eine konkrete Darstellungsform derselben. Insoweit ist der Begriff » Daten « historisch bedingt nicht mehr treffsicher. Ursprünglich wurden » Daten « in der all-gemeinen Begriffsbestimmung des § 3 Z 1 DSG 1978 als » auf einem Da-tenträger gespeicherte Angaben [ … ] « definiert. Mit der DSG-Nov 1986 659 wurde diese Formulierung leicht in » auf einem Datenträger festgehal-tene Angaben « modifiziert und mit Umsetzung der Datenschutz-RL musste die Einschränkung » auf einem Datenträger festgehaltene « über-haupt entfallen ( vgl § 4 Z 1 DSG 2000 ). Art 2 lit a Datenschutz-RL versteht unter dem Begriff » personenbezogene Daten « alle » Informationen « über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person. Die » Daten « des DSG 2000 sind daher mit ( personenbezogenen ) » Informationen « gleich-zusetzen. So auch der OGH wenn er zu § 1 Abs 1 DSG 2000 ausführt, dass unter personenbezogenen Daten » Informationen ( im weitesten Sinn ) « zu verstehen sind, die mit einer Person in Verbindung stehen oder ge-bracht werden können.660 Darüber hinaus umfassen auch die Schutzge-währleistungen des europäischen Gemeinschaftsgrundrechts des Art 8 Abs 1 GRC und des nationalen Grundrechts auf Geheimhaltung des § 1 Abs 1 DSG 2000 personenbezogenen » Daten «, unabhängig ihrer Darstel-lungsform. § 51 DSG 2000 verweist nun in der zweiten Alternative seiner überschießenden Innentendenzen expressis verbis auf den

Geheimhal-657 Siehe dazu ausf Jahnel, Die Meldung von Gesundheitsdaten an die Führerschein-behörde aus datenschutzrechtlicher Sicht, jusIT 2008 / 8, 18; auch DSK 05. 04. 2002, K120.766 / 004-DSK / 2002.

658 Siehe dazu auch S 563 ff.

659 BGBl 370 / 1986.

660 OGH 24. 11. 2014, 17 Os 40 / 14 g ( 17 Os 41 / 14d ) = jusIT 2015 / 30, 76 ( Bergauer ).

tungsanspruch des § 1 Abs 1 DSG 2000, weshalb auch das dort gegen-ständliche Datenverständnis maßgebend ist.

Dass daher lediglich der ( unkörperliche ) Informationscharakter ausschlaggebend ist, macht bezüglich des zu schützenden Rechtsguts jedenfalls Sinn. Die personenbezogenen Daten – wenn auch als reine Information verstanden – stellen nur das mittelbare Schutzobjekt dar, da originär die Persönlichkeit eines konkreten menschlichen Indivi-duums, dessen Integrität und Entfaltungsmöglichkeiten das zentrale Schutzanliegen bilden.661

Personenbezogene Informationen fallen bei flüchtigen Ereignis-sen, die gleich wieder in Vergessenheit geraten können, ebenso an, wie beim schlichten Faktum der Existenz einer Person durch ihr äußeres Erscheinungsbild in der Außenwelt. Auf ein Festhalten auf einem ( Da-ten- ) Träger kommt es dabei nicht an.662

Innerhalb der Kategorie der deliktsrelevanten direkt personenbe-zogenen Daten unterscheidet man einerseits Daten, die einer Person so zugeordnet sind, dass deren Identität ohne zusätzliche Informati-onen bestimmt werden kann, und andererseits Daten, die erst unter Rückgriff auf weitere Zusatzinformationen auf die Identität einer Per-son schließen lassen.663 Wesentlich ist folglich, dass es beim Tatobjekt des § 51 DSG 2000 auf Dateninhalte, dh die Information, ankommt.

§ 51 DSG 2000 liegt – wie auch § 1 Abs 1 DSG 2000 – ein nur relativer Geheimnisbegriff zugrunde. Geschützt sind demnach personenbezo-gene Daten nur, sofern an ihnen ein » schutzwürdiges Geheimhaltungs-interesse « besteht.

Das schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse und der Geheim-haltungsanspruch, sind anhand der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs 1 DSG 2000 664 zu ermitteln.665 Da es nicht um die Frage geht, wann schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen als verletzt erachtet wer-den, sondern lediglich darum, ob überhaupt solche Interessen an den

661 Berka, Das Grundrecht auf Datenschutz im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit, 18. ÖJT Band I / 1 ( 2012 ) 69.

662 Siehe dazu Bergauer, jusIT 2015 / 3, 9.

663 Siehe Jahnel, Begriff und Arten von personenbezogenen Daten, in Jahnel ( Hrsg ), Datenschutzrecht und E-Government. Jahrbuch 2008 ( 2008 ) 27 ( 32 ff ).

664 Was die allgemeine Verfügbarkeit bzw mangelnde Rückführbarkeit der Daten auf eine Person anlangt.

665 Siehe Bergauer, ÖJZ 2013 / 113, 958; weiters Kmetic, Grundzüge des Computerstraf-rechts ( 2014 ) 26.

verwendeten Daten bestehen, ist es für die Tatbestandsmäßigkeit des

§ 51 DSG 2000 nicht erforderlich, ein solches Geheimhaltungsinteresse nach Art 8 EMRK iZm der Gesamtrechtsordnung, insb auch nach den

§§ 7 bis 9 DSG 2000, zu beurteilen.666 Ausgeschlossen ist ein schutzwür-diges Geheimhaltungsinteresse nach der Verfassungsbestimmung des

§ 1 Abs 1 DSG 2000 explizit somit nur dann, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführ-barkeit auf den Betroffenen ( sog » anonyme Daten « ) nicht Gegenstand des Geheimhaltungsanspruchs sind.

Der OGH führt diesbezüglich in einer E 667 aus, dass ein großzügiger Maßstab anzulegen ist und ein schützwürdiges Geheimhaltungsinter-esse grundsätzlich immer dann angenommen wird, wenn es nicht iSd

§ 1 Abs 1 zweiter Satz DSG 2000 auszuschließen ist. Von einer » allge-meinen Verfügbarkeit « ist nach dem OGH nur dann auszugehen, wenn im Zeitpunkt der in Rede stehenden Verwendung von Daten diese tat-sächlich ( noch ) jedermann zugänglich sind, was etwa bei Daten zu-trifft, die in öffentlichen Registern oder Büchern, in Kundmachungen oder in sonstigen öffentlich abrufbaren Informationsquellen, wie etwa dem Telefonbuch oder dem Internet, auffindbar sind. Dagegen bedeu-tet ( einmal hergestellte ) Öffentlichkeit nicht in jedem Fall auch all-gemeine Verfügbarkeit. Denn neben der jeweiligen Reichweite unter-schiedlicher Arten von Öffentlichkeit ( etwa in Form eines Gesprächs vor mehreren Anwesenden, einer Berichterstattung durch Massenme-dien oder der Abrufbarkeit im Internet ) ist – unter dem Aspekt fort-dauernder Verfügbarkeit – die zeitliche Komponente zwischen ( einma-liger ) Veröffentlichung und Verwendung der Daten zu berücksichtigen.

Nach diesen Kriterien sind daher nach Meinung des OGH in einer öf-fentlichen Verhandlung vorgekommener Daten – ohne qualifizierte Be-richterstattung in Massenmedien oder dem Internet – nicht allgemein verfügbar.

Grundsätzlich wird aber die » allgemeine Verfügbarkeit « weder im DSG 2000 noch in dessen GMat 668 näher erläutert 669. Allerdings hat

666 So aber Dohr / Pollirer / Weiss / Knyrim, DSG 2 § 51 Anm 8.

667 OGH 24. 11. 2014, 17 Os 40 / 14 g ( 17 Os 41 / 14d ) = jusIT 2015 / 30, 76 ( Bergauer ).

668 Siehe ErlRV 1613 BlgNR XX. GP, 35; dort ist von der » allgemeinen Zugänglichkeit « die Rede.

669 Zur detaillierten Auseinandersetzung mit dieser Thematik siehe Jahnel, Dreifa-cher Datenschutz ?, in Bergauer / Staudegger ( Hrsg ), Recht und IT. Zehn Studien ( 2009 ) 33 ( 51 f ); ebenso Jahnel in FS Schäffer, 313 ( 321 f ).

mittlerweile auch der EuGH 670 zu » allgemein verfügbaren Daten « Stel-lung genommen und klargestellt, dass auch » veröffentlichte personen-bezogene Daten « in den Anwendungsbereich der Datenschutz-RL 671 fal-len.672 Das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen lebt daher durch Änderung der ursprünglichen Zweckbindung von zulässigerweise ver-öffentlichten Daten datenschutzrechtlich wieder auf.

In diese Richtung verweisen auch die GMat ( iZm § 8 Abs 2 DSG 2000 ), wenn dort ausgeführt wird: » Da im Übrigen auch eine andere Form der Aufbereitung veröffentlichter Daten neue – nicht veröffent-lichte – Informationen liefern kann, kann nicht ausgeschlossen wer-den, daß in besonderen Konstellationen schutzwürdige Geheimhal-tungsinteressen doch berührt werden, [ … ] «.673

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass der Wortlaut des § 1 Abs 1 DSG 2000 allgemein verfügbare Daten per se vom Grundrechtsschutz ausschließt. Dieser zu rigorose Ausschluss, stellt ein Versäumnis des nationalen Gesetzgebers dar, der die unionsrechtlichen Vorgaben bis-lang nicht gehörig umgesetzt hat.674

In diesem Zusammenhang sei ergänzend auf das Recht auf Daten-schutz nach Art 8 GRC hingewiesen, welches in seinem Wortlaut we-der auf ein etwaiges schutzwürdiges Interesse abstellt, noch eine Aus-nahme für veröffentlichte Daten vorsieht.675

Beispiel: A speichert auf einem Datenträger ( zB USB-Stick ) perso-nenbezogene Daten von unterschiedlichen Personen, die im Internet – zB von A selbst – zulässigerweise auf verschiedenen Webpages veröf-fentlicht wurden. A kombiniert diese für sich allgemein verfügbaren Daten in einer Datensammlung. Diese gesammelten Daten stellen nun aber durch ihren neuen Informationsgehalt neue personenbezogene Daten dar, die in dieser Form nicht allgemein verfügbar sind. Die Da-tensammlung verfolgt nämlich einen anderen Zweck und dieser deckt sich wiederum nicht mit dem Zweck, der der Veröffentlichung der

ein-670 EuGH 16. 12. 2008, C-73 / 07 ( Tietosuojavaltuutettu / Satakunnan Markkinapörssi Oy und Satamedia Oy ) = MR-Int 2009, 14 ( Wittmann ).

671 RL 95 / 46 / EG.

672 Vgl Bergauer, OGH: Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz unter Miss-brauch der Amtsgewalt, jusIT 2012 / 13, 30.

673 Siehe ErlRV 1613 BlgNR XX. GP, 41.

674 Siehe zum diesbezüglichen ( aber nicht beschlossenen ) Vorhaben § 1 Abs 1 DSG 2000 idF RV 472 BlgNR XXIV. GP.

675 Vgl sinngemäß ErlRV 472 BlgNR XXIV. GP, 6.

zelnen Datensätze zugrunde gelegen ist.676 Falls sich B den USB-Stick, auf dem diese Datensammlung gespeichert ist, widerrechtlich schafft und die Daten – entsprechenden Vorsatz vorausgesetzt – ver-wendet ( bspw durch die Veröffentlichung im Internet ), ist § 51 DSG 2000 verwirklicht.

Auf Tatbestandsebene ist somit lediglich zu prüfen, ob an den deliktsgegenständlichen Daten überhaupt ein schutzwürdiges heimhaltungsinteresse iSd § 1 Abs 1 DSG 2000 nach objektiven Ge-sichtspunkten besteht. Bejahendenfalls kann erst bei der Rechtswid-rigkeitsprüfung das Unrecht der Tat noch entfallen, wenn nämlich zwar an sich schutzwürdige Daten verwendet werden, aber dieser Ein-griff bzw diese Beschränkung des grundrechtlich geschützten Inter-esses nach § 1 Abs 2 DSG 2000 – bzw den einfachgesetzlichen Bestim-mungen des §§ 8 und 9 DSG 2000 – gerechtfertigt ist.677

Eine solche Rechtfertigung wird daher insb gem § 8 Abs 2 erster Satz zweite Alt ( für nicht-sensible Daten ) und gem § 9 Z 2 DSG 2000 ( für sensible Daten ) bei der Verwendung bloß » indirekt personenbezo-gener Daten « 678 vorliegen.

8. Allgemeine Betrachtung des schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresses

Was das schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse anlangt, so kommt es dafür – wie oben ausgeführt – auf eine objektive ( datenschutzrecht-liche ) Betrachtung an, weshalb die Daten nicht absolut geheim sein müssen.679 Ein begrenzter Kreis von ( berechtigten ) Geheimnisträgern beeinträchtigt dieses Interesse daher noch nicht.680 In diesem Sinn führt – wie bereits angemerkt – der OGH aus, dass das schutzwürdige Interesse an der Geheimhaltung personenbezogener Daten auch dann nicht ausgeschlossen werde, wenn der Betroffene selbst geschützte

Da-676 Vgl idS EuGH 16. 12. 2008, C-73 / 07.

677 Vgl dazu auch Salimi in WK 2 DSG § 51 Rz 64.

678 Siehe dazu Bergauer, Indirekt personenbezogene Daten – datenschutzrechtliche Kuriosa, in Jahnel ( Hrsg ), Datenschutzrecht. Jahrbuch 2011 ( 2011 ) 55 ( 55 ff ); gene-rell zur Begrifflichkeit Jahnel in Jahnel, Jahrbuch 2008, 27 ( 36 ff ).

679 AA Salimi in WK 2 DSG § 51 Rz 45.

680 Siehe dazu noch Jahnel, Datenschutzrecht, in Jahnel / Schramm / Staudegger ( Hrsg ), Informatikrecht 2 ( 2003 ) 241 ( 250 ); weiters OGH 03. 09. 2002, 11 Os 109 / 01.

ten einem ( begrenzten ) Personenkreis offenbart.681 Selbst ein begrenz-ter Kreis von berechtigten » Geheimnisträgern « steht daher dem Ge-heimhaltungsinteresse nicht entgegen. Dies resultiert auch aus dem allgemeinen Gebot der restriktiven Interpretation einer Einschrän-kung von Grundrechten.682 Darüber hinaus ist – anders als noch in § 48 Abs 1 DSG 1978 – nicht mehr die » Offenbarung « der Daten tatbildlich, die sich dadurch definierte, dass der Täter die schutzwürdigen Daten jemandem mitteilen musste, dem sie bisher nicht oder nicht sicher be-kannt waren.683

Dass diese Daten niemandem außer dem Betroffenen bekannt sein dürfen, ist daher nicht gefordert. Dies ist schon deshalb anzunehmen, da die Frage, ob an den Daten schutzwürdige Geheimhaltungsinter-essen bestehen, ausschließlich anhand objektiver ( datenschutzgesetz-licher ) Kriterien zu beantworten ist. Für eine Strafbarkeit nach § 51 DSG 2000 kommt es idZ darauf an, dass die Daten vom Täter – mit ent-sprechendem Vorsatz – rechtswidrig ( im datenschutzrechtlichen Ver-ständnis ) verwendet werden. Es ist davon auszugehen, dass, hätte der Gesetzgeber dies – entgegen der hier vertretenen Ansicht – anders be-rücksichtigen wollen, der objektive Tatbestand um das Merkmal » Un-befugten « – wie es auch in § 120 Abs 2 a Eingang gefunden hat – ein-fach ergänzt hätte werden können, was aber nicht gemacht wurde.

Damit wäre aber klargestellt worden, dass nur pönalisiert wird, wer ei-nem ( aus datenschutzrechtlicher Sicht ) » Unbefugten « diese Daten zu-gänglich macht. Daher bestätigt die geltende Formulierung des Tatbe-stands die Meinung, dass es überhaupt nicht auf den Kenntnisstand oder eine etwaige Befugnis des Datenempfängers ankommt.

Für eine grundsätzliche Strafbarkeit des Zugänglichmachens von schutzwürdigen Daten kommt es demnach nicht darauf an, ob dem Übermittlungsempfänger die Daten bereits ( rechtmäßig oder unrecht-mäßig ) bekannt sind oder nicht. Ein » Offenbarungszwang « für eine Strafbarkeit in der Form, dass geheim zuhaltende Daten einem bislang unwissenden Dritten zur Kenntnis gebracht werden müssen, besteht

681 Vgl OGH 03. 09. 2002, 11 Os 109 / 01.

682 So auch OGH 03. 09. 2002, 11 Os 109 / 01.

683 Siehe OGH 05. 04. 1991, 16 Os 6 / 91 ( 16 Os 7 / 91 ); weiters Bertel in WK 2 § 310 Rz 7 ( Stand Mai 2010 ).

für die Tatbildmäßigkeit nicht ( mehr 684 ).685 So sieht dies auch Popp, der ausführt, dass der zum » Offenbaren « gehörende Erfolg erst ( und nur dann ) eingetreten ist, wenn auf der Empfängerseite mindestens eine Person am Ende um die geheime Tatsache weiß und sie der von die-ser Tatsache betroffenen Person zuordnen kann.686 Das » interne Täter-verhalten «, ohne die Daten außenwirksam zu verwenden, reicht somit schon aus.687 Zu diesem Schluss muss man wohl kommen, wenn man sich die faktische Existenz der Tathandlung des » Selbst-Benützens « vor Augen führt, da gerade diese Handlung keine tatsächliche Aufhebung des Geheimhaltungsschutzes im engeren Sinn impliziert. Der Täter ist ja bereits ( rechtmäßig oder nicht ) in Kenntnis der Daten. In diesem Sinn führt auch der OGH aus, dass das schutzwürdige Interesse an der Geheimhaltung personenbezogener Daten auch dann nicht ausge-schlossen werde, wenn der Betroffene selbst geschützte Daten einem ( begrenzten ) Personenkreis offenbart.688

Ebenso kommt es für die Strafbarkeit nicht auf das enge Verständ-nis des Geheimhaltungsschutzes an ( iSd ausschließlichen Schutz ge-genüber Preisgabe und Übermittlung an Dritte ). Nach einhelliger da-tenschutzrechtlicher Meinung beinhaltet der Geheimhaltungsschutz auch einen Ermittlungsschutz.689 Dem Täter fehlt in Verwirklichung des Delikts bereits die rechtliche Befugnis zur Verwendung der Da-ten, selbst wenn er diese für die Ausübung seiner beruflichen Tätig-keit innehat. Aus datenschutzrechtlicher Sicht muss jede Zweckände-rung gesondert auf ihre Zulässigkeit geprüft werden, was sich aus dem strengen Zweckbindungsprinzip ergibt. Im Gegensatz etwa zum kern-strafrechtlichen § 120 Abs 2 a, wo die erste Tathandlung des

Aufzeich-684 Siehe aber die Vorgängerbestimmung des § 48 Abs 1 DSG 2000 mit seiner Tat-handlung des » Offenbarens « ( vgl auch OGH 05. 04. 1991, 16 Os 6 / 91[ 16 Os 7 / 91 ] ).

685 Vgl dazu auch die Tathandlung des » Offenbarens « iZm der Verletzung des Amtsge-hemnisses ( § 310 ), wo gefordert wird, dass das Amtsgeheimnis jemandem mitge-teilt wird, der es bisher nicht oder nicht sicher gekannt hat ( vgl Bertel in WK 2 § 310 Rz 7; Leukauf / Steininger, StGB 3 § 310 Rz 10; Fabrizy, StGB 11 § 310 Rz 3a ).

686 Vgl Popp, IT-Outsourcing und Cloud Computing – zwei neue Herausforderungen für die Criminal Compliance, JSt 2012, 30.

687 AA Salimi in WK 2 DSG § 51 Rz 45, der meint, dass jede Tathandlung – auch das Be-nützen – geeignet sein müsse, die Geheimhaltungsinteressen des Opfers zu ver-letzen, was eine Außenwirkung voraussetze.

688 Vgl OGH 03. 09. 2002, 11 Os 109 / 01.

689 Vgl Wiederin, Privatsphäre, 62; weiters Jahnel, Handbuch, Rz 2 / 15 mwN; Jahnel in FS Schäffer, 313 ( 320 ); VfSlg 12.228 / 1989, 12.880 / 1991, 16.369 / 2001; DSK 05. 04. 2002, K120.766 / 004-DSK / 2002.

nens einer Nachricht noch eine abstrakte Gefährdung des Rechtsguts bedeutet, ist mit dem » Selbst-Benützen « schutzwürdiger Daten iSd § 51 erster Fall zweite subj Alt DSG 2000 – entsprechende Absicht vorausge-setzt – bereits das Rechtsgut der » Geheimhaltung personenbezogener Daten « ) bzw der » informationellen Selbstbestimmung « verletzt. Ins-besondere bei der ( erweiterten ) Schädigungsabsicht kommt es näm-lich ( ledignäm-lich ) darauf an, den » Anspruch « auf Geheimhaltung nach § 1 Abs 1 DSG 2000 zu schädigen, was sich daher gerade nicht daran orien-tieren kann, ob die Daten rein faktisch absolut geheim sind oder nicht.

9. Tathandlungen

Die Tathandlungen des § 51 DSG 2000 sind das Selbst-Benützen, Ei-nem-anderen-Zugänglichmachen und das Veröffentlichen der tatbild-lich näher konkretisierten personenbezogenen Daten.

Mit » Benützen « der Daten werden wohl sämtliche Handlungsalter-nativen der Datenverwendung iSd § 4 Z 8 DSG 2000 gemeint sein, wie es auch die Deliktsbezeichnung zum Ausdruck bringt.690 Dass der Gesetz-geber ausschließlich das Benützen im datenschutzrechtlichen Sinn, nämlich als eine der vielen Alternativen des § 4 Z 9 DSG 2000 ( neben dem Zugänglichmachen und Veröffentlichen ) pönalisieren wollte 691, ist mE bereits aufgrund der Tatsache, dass wohl auch das » Zugänglich-machen « keinen ausdrücklichen datenschutzgesetzlichen terminus technicus einer Datenverwendungsmodalität darstellt, nicht anzuneh-men. Als ein weiteres Indiz kann der Ausdruck des » widerrechtlichen Verschaffens « herangezogen werden, denn auch das » Verschaffen « ist kein Begriff, der aus der Datenschutzterminologie stammt. Zudem soll nach den GMat die rechtswidrige » Verwendung « von Daten in beson-ders verwerflicher Absicht von der Strafnorm erfasst sein.692 Da diesbe-züglich von der Datenverwendung gesprochen wird, ist anzunehmen, dass alle Arten der Handhabung von Daten gemeint sind. Daher wäre die Formulierung einer Tathandlung des » Verarbeitens « ( § 4 Z 9 DSG 2000 ) wohl sachgerechter.

690 Wobei anzumerken ist, dass das » Verarbeiten von Daten « eine Unterform der » Ver-wendung von Daten « iSd § 4 Z 8 darstellt; siehe dazu nun auch ErlRV 689 BlgNR XXV. GP, 21.

691 Wie es auch Thiele in SbgK, Vorbem zu den §§ 118 – 124 StGB Rz 61 interpretiert.

692 Siehe dazu ErlRV 1613 BlgNR XX. GP, 53.

Den GMat 693 ist weiters zu entnehmen, dass die Tathandlung des

» Benützens « gewählt wurde, um nicht zu einer Konkurrenz mit an-deren gerichtlichen Straftatbeständen zu gelangen ( zB § 126 a ). Diese Sorge war und ist – nun nach der Novellierung des § 51 DSG 2000 noch viel mehr – aus mehreren Gründen nicht nachvollziehbar. § 51 DSG 2000 idgF stellt nun ebenso wie § 126 a ein ( reines ) Offizialdelikt dar und geht als lex specialis hins personenbezogener Daten der Datenbe-schädigung ggf vor. Wobei anzumerken ist, dass als Tatobjekt des § 51 DSG 2000 nicht nur automationsunterstützte Daten ( wie ua bei § 126 a ) in Frage kommen, sondern auch solche, die mittels anderer Verarbei-tungs- und Darstellungsformen verarbeitet werden.

Aufgrund der höheren Strafdrohung des § 51 DSG 2000 würde in die-sem Verhältnis zum Grunddelikt des § 126 a Abs 1 auch die Subsidiari-tätsklausel des § 51 DSG 2000 nicht greifen. Zudem repräsentiert § 126 a nach hM ein Vermögens- bzw Erfolgsdelikt, das auf den Eintritt eines Vermögensschadens abstellt. Da durch die DSG-Nov 2010 nunmehr klar-gestellt wurde, dass sich die » Schädigungsabsicht « in § 51 DSG 2000

Aufgrund der höheren Strafdrohung des § 51 DSG 2000 würde in die-sem Verhältnis zum Grunddelikt des § 126 a Abs 1 auch die Subsidiari-tätsklausel des § 51 DSG 2000 nicht greifen. Zudem repräsentiert § 126 a nach hM ein Vermögens- bzw Erfolgsdelikt, das auf den Eintritt eines Vermögensschadens abstellt. Da durch die DSG-Nov 2010 nunmehr klar-gestellt wurde, dass sich die » Schädigungsabsicht « in § 51 DSG 2000

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