Sie wird etwas
Wunderbares
sein—
die eigentliche Persönlichkeit des
Men-schen— wenn
sie sich uns zeigen wird.Sie wird in natürlicher
und
einfacher Art wachsen, wie eine Blume, oder wie einBaum
wächst. Sie wird nichtim
Streit liegen. Sie wird nie argumentieren oder disputieren. Siewirdnichts inderWelt
be-weisen. Sie wird alles wissen.Und doch
keinen Wissenschaftsbetrieb kennen. Sie wird weise sein. IhrWert
wird nicht mit materiellenDingen
messbar sein. Siewird nichtshaben.Und
wirddoch
alleshaben,und
sovielman
ihr auch nimmt, sie hat noch immer, so reich istsie. Sie wirdsich nichtimmer um
anderekümmern
oder von ihnenverlangen,siesolltenebensosein wie sie selbst. Sie wird sie lieben, weil sie anders sind.Und
doch,während
sie sichum
andre nichtkümmert,
wird sieallen helfen, wie etwas Schönes uns hilft,
indem
es ist, wie es ist. Die Persönlich-keit desMenschen
wird sehr wundervollsein. Siewird so wundervoll sein, wie die Persönlichkeit eines Kindes.
In ihrer Entfaltung wird sie
vom
Christentum gefördert werden,
wenn
dieMenschen
das lieben;wenn
sie es aber nicht lieben, wird sie sich auch so mit Sicherheit entfalten.Denn
sie wird sich nichtum
Vergangenes zerreissenund
wird sich's nichtkümmern
lassen,ob
sich etwas ereignet hat odernicht ereignethat.Auch
wird sie keine Gesetze anerkennen als ihre eigenen;und
keine Autorität als ihre eigene.Doch
lieben wird sie die, die ihre Mächtigkeit vorbereitet haben,und
wird oftvon
ihnen sprechen.Und
derer einerwar
Christus.„Erkenne
dichselbst/*standüberdem
Portal der antiken
Welt
zu lesen.Ueber dem
Portal der neuenWelt
wird stehen:„Sei
du
selbst.4'Und
die BotschaftChristian den Menschen
lautete einfach: „Seidu
selbst."
Das
ist das Geheimnis Christi.30
Wenn
Jesus vondenArmen spricht,meint er einfach Persönlichkeiten, gerade wie er,wennervon denReichenspricht,einfach Leute meint, die ihre Persönlichkeit nicht ausge-bildet haben. Jesus lebte in einer Gemein-schaft, die gerade wie unsere die
Anhäu-fung vonPrivateigentumerlaubte,und
das Evangelium, das er predigte, hiess nicht, es sei in einer solchen Gemeinschaft von Vorteil,von
karger, verdorbener Nah-rungzuleben,zerlumpte,beschmutzte Klei-derzutragen, in entsetzlichen,ungesunden
Wohnungen
zu hausen,und
es sei von Nachteil,ingesunden,erfreulichenund
ge-ziemenden Verhältnissen zu leben. Solch ein Standpunkt wäre damalsund
in Pa-lästina falsch gewesen,und
wäre natürlich heuteund
inunserm
Himmelsstrich noch falscher;denn
je weiter derMensch
nachNorden
rückt,um
so lebenentscheidender wird die materielle Notdurft,und
unsere Gesellschaft ist unendlich komplizierterund
weist weit stärkere Gegensätze vonLuxus und Armut
auf als irgend eine Ge-sellschaft der antiken Welt.Was
Jesus gemeint hat, ist folgendes.Er
sagtedem
Menschen
:„Du
hast eine wundervolle Per-sönlichkeit. Bilde sie aus. Seidu
selbst.Wähne
nicht, deine Vollkommenheit liege darin, äussereDinge
aufzuhäufen oder zu besitzen. Deine Vollkommenheit istin dir.Wenn du
die nur verwirklichen könntest,dann
brauchtestdu
nicht reich zu sein.Der
gemeineReichtum kann einem
Men-schen gestohlen werden.Der
wirklicheReichtum
nicht. In derSchatzkammer
deiner Seele gibt es unendlich wertvolle Dinge, die dir nichtgenommen werden
können.Und
also, suche deinLeben
so zugestalten, dass äussereDinge
dich nicht kranken können.Und
sucheauch
das per-sönlicheEigentum
loszuwerden.Es
führt niedriges Gebaren, endlose Angst, ewiges Unrecht mit sich. PersönlichesEigentum hemmt
die Individualität beijedem
Schritt."
Es
ist zu beachten, dass Jesus nie sagt,arme
Leute seiennotwendiggut, oderreiche Leutenotwendigschlecht.Das wäre
nichtwahr
gewesen. Reiche Men-schensindals Klasse besseralsarme,mo-ralischer, geistiger, gesitteter.
Es
gibt nur eine Klasse in der Gemeinschaft, die mehr32
ans Geld denkt, als die Reichen, und das sind die Armen. Die
Armen können
an nichtsanderes denken.Das
istderJammer
der Armut. Jesus also sagt, dass der
Mensch
seine Vollendung erreicht: nicht durch das,was
er hat, nicht einmal durch das,was
ertut, sondern ganzund
gardurch das,was
er ist.Daher
also ist der reiche Jüngling, der zu Jesuskommt,
als durch-aus guter Bürger hingestellt, der kein Staatsgesetz, kein Gebot seiner Religion verletzt hat.Er
ist ganz respektabel,im
gewöhnlichen Sinn dieses ungewöhnlichen Wortes. Jesus sagt zu ihm:„Du
solltest das Privateigentum aufgeben.Es
hindert dich an der Verwirklichung deiner Voll-kommenheit.Es
ist eine Fessel für dich.Es
ist eine Last. Deine Persönlichkeit braucht es nicht. In dir selbst, nicht draussen findest du, wasdu
wirklich bistund was du
wirklich brauchst." Seinen Jüngern sagt er dasselbe.Er
fordert sie auf,sieselbstzu seinund
sich nichtimmer
um
andereDinge
zu ängstigen.Was
be-deuten andereDinge? Der Mensch
ist in sich vollendet.Wenn
sie in die Welt 333
gehen, wird die
Welt
sich ihnen wider-setzen.Das
ist unvermeidlich. DieWelt
hasst die Individualität.
Aber
das soll sie nichtkümmern.
Sie sollen stillund
insich gekehrt sein.Wenn jemand
ihnen den Mantel nimmt, sollen sieihm
denRock
noch dazu geben, ebenum
zuzeigen, dass materielleDinge
keineBedeutung
haben.Wenn
die Leute sie beschimpfen, sollen sie nicht antworten.Was
liegt daran?Was
dieLeute voneinemMenschen
sagen, ändert denMenschen
nicht.Er
ist,was
erist. Die öffentliche
Meinung
hat keiner-lei Wert. Selbstwenn
die Leute Gewalt anwenden, sollen sie sich nicht zurWehr
setzen.
Damit
sänken sie auf dieselbe nie-drige Stufe.Und
schliesslichkann
einMensch
selbstim
Gefängnis völlig frei sein. Seine Seelekann
frei sein. Seine Persönlichkeitkann unbekümmert
sein.Friede
kann
inihm
sein.Und
vor allem sollensiesichnichtinandrerLeute Sachen einmischen odersie irgendwierichten.Um
die Persönlichkeit ist es etwas sehr Ge-heimnisvolles. Ein
Mensch kann
nichtimmer
nach dem,was
ertut, beurteiltwer-34
den.
Er kann
das Gesetz haltenund
doch nichtswürdig sein.Er kann
das Gesetz brechenund
doch edel sein.Er kann
schlecht sein,ohne
je etwas Schlechtes zu tun.Er kann
eineSünde
gegendie Gesell-schaft begehen,und doch
durch dieseSünde
seinewahre
Vollkommenheit er-reichen.Es war da
eine Frau, diebeim
Ehe-bruch ergriffenworden
war.Man
be-richtetunsnichtsüberdieGeschichteihrer Liebe, aber diese Liebe
muss
sehr grossgewesen
sein;denn
Jesus sagte, ihreSünden
seien ihr vergeben, nicht weil sie bereute, sondern weil ihre Liebe so starkund wunderbar
war. Später, kurze Zeit vor seinem Tode, als erbeim Mahle
sass,kam
dasWeib
hereinund
goss kostbareWohlgerüche
auf sein Haar. SeineJünger wollten siedavon
abhaltenund
sagten, es sei eine Verschwendung,und
das Geld, das dieses köstlicheWasser
wertsei, hättemögen
für wohltätige Zwecke, fürarme
Leute oderdergleichen verwendet werden.Jesus trat
dem
nicht bei.Er
betonte, die leiblichen Bedürfnisse desMenschen
seien35
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