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5.4 N EURONALE P LASTIZITÄT IN NCAM- UND ST8S IA IV- DEFIZIENTEN M ÄUSEN : A USWIRKUNGEN IM

5.4.1 I NDUKTION EINES S TATUS EPILEPTICUS

Für die Induktion eines Status epilepticus (SE) wurde in Vorversuchen mit heterozygoten Mäusen eine optimale Dosierung der Kainsäure von 25 mg/kg ermittelt. In einem weiteren Vorversuch mit homozygoten ST8SiaIV Mäusen konnten zudem PSA-abhängige Unterschiede in der Schwere des SE und der Mortalität festgestellt werden (Abb. 39).

-/- w t

latency to first generalized seizure (s)

-/- w t

latency to first generalized seizure (s)

Abb. 39: Kainat-induzierter Status epilepticus in wt (n=13) und -/- (n=18) ST8SiaIV Mäusen. Nach einer Kainatapplikation (25 mg/kg) entwickelte etwa die gleiche Anzahl von Tieren einen SE, jedoch ist die Latenz bis zum Auftreten des ersten generalisierten Anfalls bei -/- Mäusen geringer. Bei diesen Tieren ist die Letalität (5/18) insgesamt höher als in der wt-Gruppe (0/13).

In homozygoten NCAM Mäusen konnten ebenfalls Unterschiede in der Schwere des SE und der Mortalität festgestellt werden (Abb. 40). Wie bei den ST8SiaIV-defizienten Mäusen bestehen zwischen NCAM-defizienten Mäusen und Wildtyptieren ebenfalls keine Unterschiede in der Induktion des SE.

-/- wt

latency to first generalized seizure (s)

-/- wt

exitus during status epilepticus [%]

-/- wt

latency to first generalized seizure (s)

-/- wt

exitus during status epilepticus [%]

-/- wt

Abb. 40: Kainat-induzierter Status epilepticus in wt (n=24) und -/- (n=12) NCAM Mäusen. Nach einer Kainatapplikation (25 mg/kg) entwickelten etwa die gleiche Anzahl von Tieren einen SE, jedoch ist die Latenz bis zum Auftreten des ersten generalisierten Anfalls bei -/- Mäusen geringer. Bei diesen Tieren ist die Letalität (0/12) zudem geringer als bei den wt-Mäusen (5/24).

Analog zu den ST8SiaIV-defizienten Tieren war die Latenz bis zum ersten generalisierten Anfall bei NCAM-defizienten Tieren geringer als bei den Wildtypmäusen. Während keine NCAM-defiziente Maus im SE gestorben ist, betrug die Letalität bei den Wildtypmäusen hingegen 21%. Im Gegensatz dazu war die Letalität bei ST8SiaIV-defizienten Mäusen im Vergleich zu den Wildtyptieren signifikant höher. Für die Hauptversuche wurde eine neue Charge der aus sechs Enantiomeren bestehenden Kainsäure verwendet. Im Verlauf der Versuche stellte sich heraus, dass eine Dosierung von 25 mg/kg dieses Kainats für homozygote Tiere zu potent war. Daher wurde die Kainsäuremenge individuell angepasst.

Die Mäuse erhielten initial 22,5 oder 23,75 mg/kg Kainsäure. Mäuse die einen SE ausbildeten, wurden für die weiteren Versuche selektiert. Tiere die keinen SE ausbildeten, wurden in der folgenden Woche mit der nächst höheren Dosierung (23,75 bzw. 25 mg/kg) behandelt. Mäuse, die hierbei einen SE ausbildeten, wurden ebenfalls für den weiteren Versuchsverlauf selektiert. Da sich die Tiere unabhängig von der verwendeten Kainatapplikationsmenge nicht im SE unterschieden, wurde in allen folgenden Auswertungen auf die Berücksichtigung der originären Kainatmenge verzichtet.

Insgesamt wurden 31 -/- und 20 wt ST8SiaIV Mäuse sowie 38 -/- NCAM und 46 wt NCAM

Mäuse verwendet. Aufgrund der hohen Tierzahlen wurden zwei separate Versuchsets durchgeführt. In dem ersten dieser beiden Durchgänge wurden ST8SiaIV Mäuse und ein Teil der NCAM Mäuse untersucht. In dem zweiten Durchgang wurde ausschließlich die NCAM Gruppe aufgefüllt.

Ein Teil der Tiere (12 -/- und 5 wt ST8SiaIV Mäuse sowie 5 -/- und 17 wt NCAM Mäuse) wurde drei Wochen nach Statusinduktion für immunhistologische Untersuchungen getötet.

5.4.2 Überwachung auf spontane Anfälle

Analog zu Ratten können Mäuse infolge eines SE nach einer mehrwöchigen Latenzphase spontane epileptische Anfälle entwickeln, so dass eine Induktion eines hyperexzitablen, epiletischen Netzwerks möglich ist. Der Einfluss der genetischen Defizienz im PSA-NCAM-System auf die Epileptogenese sollte auf der Basis der Erfassung spontaner epileptischer Anfälle untersucht werden. Zu diesem Zweck wurde ein Überwachungssystem zur Aufzeichnung spontaner Anfälle bei Mäusen entworfen und etabliert (Kap. 4.1.7).

Nach Abzug von drei Mäusen (1x -/- NCAM, 1x wt ST8SiaIV, 1x wt NCAM), die mehrere Wochen nach Statusinduktion verstorben sind, sowie zwei Mäusen (wt ST8SiaIV mit SE, -/- NCAM Vehikelkontrolle), die während der Elektrodenimplantation verendet sind, standen insgesamt 34 Mäuse (18 mit SE, 16 Vehikelkontrollratten) in der ersten Gruppe zur Überwachung zur Verfügung. Da lediglich 8 Überwachungsplätze vorhanden waren, wurden die 18 Mäuse, die einen SE ausgebildet hatten, in drei Gruppen aufgeteilt. Die verbleibenden 6 Überwachungsplätze wurden mit Vehikelkontrollgruppen besetzt. Die verbleibenden Kontrollmäuse wurden analog zu den überwachten Tieren gehandelt und unter gleichen Bedingungen gehalten, jedoch nicht separat auf Anfälle überwacht. Acht Wochen nach Statusinduktion wurden die drei Überwachungsgruppen zweimal für je eine Woche auf das Auftreten spontaner epileptischer Anfälle überwacht. Nach Auswertung der EEGs und Videosequenzen stellte sich heraus, dass die Statusinduktion nicht zu der Entstehung spontaner Anfälle führte, da bei keinem der überwachten Tiere Anfälle zu detektieren waren. Weiterhin sind in dieser Zeit keine der häufig mit epileptischen Anfällen einhergehenden EEG-Veränderungen, wie interictale Spikes, gefunden worden. Aus

diesen Gründen wurden die Tiere des zweiten Versuchsdurchganges (ausschließlich NCAM Mäuse) nach Statusinduktion zwar implantiert, jedoch nicht überwacht. Stattdessen wurden die Mäuse unter den Bedingungen der Tiere des ersten Durchganges in Einzelkäfigen gehalten und entsprechend gehandelt.

5.4.3 Verhaltensphysiologie

Im Anschluss an die Überwachungsphase wurden verhaltensphysiologische Untersuchungen durchgeführt, um SE-bedingte Veränderungen im Verhalten genetisch modifizierter Tiere zu erfassen. Während der Phase der Verhaltenstests sind in der ersten Versuchsgruppe zwei Tiere (1x wt SE NCAM, 1x -/- SE NCAM) und in der zweiten Versuchsgruppe ein Tier (-/- SE NCAM) verendet. Aus diesen Gründen waren am Ende der Verhaltenstests bei den ST8SiaIV-defizienten Mäusen folgende Gruppengrößen vorhanden: sechs ST8SiaIV-defiziente Mäuse mit SE (-/- SE), fünf Wildtypmäuse mit SE (wt SE), vier ST8SiaIV-defiziente Mäuse als Kontrolltiere (-/- c) und sechs Wildtypkontrollmäuse (wt c). Bei den NCAM-defizienten Tieren ergaben sich Gruppengrößen von acht NCAM-defizienten Mäuse mit SE (-/- SE), zehn Wildtypmäuse mit SE (wt SE), acht NCAM-defizienten Mäusen als Kontrolltiere (-/- c) und zehn Wildtypkontrolltieren (wt c). Die Ergebnisse der Verhaltensuntersuchungen werden in der Reihenfolge der verwendeten Paradigmen und für ST8SiaIV und NCAM Mäuse vergleichend aufgeführt.

OF

Das Offenfeld dient der Beurteilung des Spontanverhaltens der Tiere (Kap. 4.4). ST8SiaIV -/- c Mäuse legten im OF eine größere Strecke bei einer höheren mittleren Geschwindigkeit zurück als wt c ST8SiaIV. Nach Statusinduktion hob sich dieser Unterschied auf (Abb. 41). Analog zu diesen Ergebnissen legten -/- c NCAM ebenfalls eine größere Laufstrecke bei einer höheren mittleren Geschwindigkeit zurück (Abb. 42).

Während die Aufenthaltszeiten in den einzelnen Bereichen des OF bei ST8SiaIV Mäusen nicht unterschiedlich waren, war die Aufenthaltszeit im Zentrum bei den wt SE NCAM geringer als bei den korrespondierenden Kontrolltieren. ST8SiaIV -/- SE Mäuse zeigten häufiger und länger rearing als wt SE Tiere (Abb. 41). Im Gegensatz dazu zeigten NCAM

wt c Mäuse häufiger und länger rearing-Verhalten als wt SE Tiere. Bei NCAM -/- c Mäusen war die totale Dauer des Aufrichtens verglichen mit den -/- SE Mäusen ebenfalls verlängert, jedoch signifikant kürzer als bei wt c Mäusen (Abb. 42).

-/- SE wt SE -/- c wt c

center - total duration (s)

-/- SE wt SE -/- c wt c

rearing - total duration (s)

-/- SE wt SE -/- c wt c

center - total duration (s)

-/- SE wt SE -/- c wt c

rearing - total duration (s)

Abb. 41: Lokomotions- und Explorationsparameter bei -/- und wt ST8SiaIV-Kontrollmäusen und Mäusen mit SE (Mittelwerte ± SEM). Die zurückgelegte Laufstrecke und mittlere Laufgeschwindigkeit war in der -/- c Gruppe höher als bei wt c Mäusen. Die Tiergruppen unterschieden sich nicht in der Aufenthaltsdauer in den unterschiedlichen Breichen des OFs. ST8SiaIV -/- SE Tiere richteten sich häufiger und länger im OF auf, als wt SE Mäuse.

-/- SE wt SE -/- c wt c

center - total duration (s)

-/- SE wt SE -/- c wt c

center - total duration (s)

-/- SE wt SE -/- c wt c

Abb. 42: Lokomotions- und Explorationsparameter bei -/- und wt NCAM-Kontrollmäusen und Mäusen mit SE (Mittelwerte ± SEM). Die zurückgelegte Laufstrecke und mittlere Laufgeschwindigkeit war bei -/- c Tieren höher als bei wt c Mäusen. Dabei hielten sich die wt c Mäuse länger im Zentrum auf als die wt SE Mäuse. NCAM wt c und -/- c Tiere zeigten längeres rearing-Verhalten als die korrespondierenden Mäuse mit SE. Darüber hinaus war die totale Dauer des Aufrichtens bei wt c Mäusen höher als bei -/- c Mäusen.

EPM

Das EPM ist ein Test zur Erfassung des Angst-assoziierten Verhaltens von Tieren und beruht auf dem Konflikt, eine neue Umgebung explorieren zu wollen versus der Angst des Tieres vor erhöhten, offenen, hellen Flächen (Kap. 4.5). ST8SiaIV -/- SE Mäuse zeigten häufiger rearing als die Tiere der wt SE Gruppe. Darüber hinaus war bei -/- SE Tieren die Dauer des rearing-Verhaltens gegenüber den ST8SiaIV -/- c erhöht (Abb. 43).

-/- SE wt SE -/- c wt c

rearing - total duration (s)

-/- SE wt SE -/- c wt c

headdips - total duration (s)

-/- SE wt SE -/- c wt c

rearing - total duration (s)

-/- SE wt SE -/- c wt c

headdips - total duration (s)

Abb. 43: Häufigkeit und Dauer des rearings sowie der headdips bei -/- und wt ST8SiaIV-Kontrollmäusen und Mäusen mit SE (Mittelwerte ± SEM). ST8SiaIV -/- SE Mäuse zeigten häufiger rearing-Verhalten als die Tiere der wt SE Gruppe. Darüber hinaus war bei -/- SE Tieren die Dauer des rearings gegenüber den ST8SiaIV -/- c erhöht. Hingegen war die Häufigkeit und Dauer der headdips der -/- SE Mäuse geringer als bei den -/- c Tieren. Zudem war die Häufigkeit dieses Verhaltens gegenüber den wt SE Mäusen reduziert.

Die Dauer und Häufigkeit von headdips war bei NCAM -/- SE Tieren gegenüber den -/- c Mäusen reduziert. Zudem war die Häufigkeit dieses Verhaltens seltener als bei der wt SE Gruppe (Abb. 44). Die Häufigkeit und Dauer des rearings war bei NCAM -/- SE Mäusen gegenüber den wt SE Tieren erniedrigt. In Kontrast zu diesem Ergebnis, war die headdip Häufigkeit und Dauer der NCAM -/- SE Gruppe im Vergleich zu der wt SE Gruppe erhöht.

Die wt SE Tiergruppe zeichnete sich zudem durch eine Reduktion dieses Verhaltens gegenüber den wt c Mäusen aus.

-/- SE wt SE -/- c wt c

rearing - total duration (s)

-/- SE wt SE -/- c wt c

headdip - total duration (s)

-/- SE wt SE -/- c wt c

rearing - total duration (s)

-/- SE wt SE -/- c wt c

headdip - total duration (s)

Abb. 44: Häufigkeit und Dauer des rearings sowie der headdips bei -/- und wt NCAM Kontrollmäusen und Mäusen mit SE (Mittelwerte ± SEM). Die Häufigkeit und Dauer des rearings war bei NCAM -/- SE Tieren gegenüber der wt SE Gruppe reduziert. Im Gegensatz dazu vollzogen diese Tiere häufiger und länger headdips als wt SE Mäuse. NCAM wt SE Mäuse zeichneten sich wiederum im Vergleich zu den wt c Tieren durch ein reduziertes headdip-Verhalten aus.

ST8SiaIV -/- SE Mäuse betraten signifikant seltener die offenen Arme des EPM und verbrachten weniger Zeit auf diesen als -/- c Tiere. Die Häufigkeit des Betretens der offenen Arme des EPM tendierte bei ihenen im Vergleich zu ST8SiaIV wt c Tieren zu einer Reduktion, erreichte aber lediglich in der totalen Aufenthaltsdauer das Signifikanzniveau (Abb. 45). NCAM -/- SE sowie -/- c Tieren betraten signifikant häufiger die offenen Arme des EPM als die korrespondierenden Wildtyptiergruppen. Darüber hinaus waren die Häufigkeit des Betretens der offenen Arme sowie die totale Aufenthaltsdauer auf diesen bei der NCAM wt SE Gruppe im Vergleich zu der wt c Gruppe reduziert. Tiere der wt SE Gruppe hielten sich zudem insgesamt kürzer auf den offenen EPM-Armen auf, als die entsprechenden -/- SE Mäuse.

ST8SiaIV

open - total duration (s)

NCAM

open - total duration (s) ST8SiaIV

open - total duration (s)

NCAM

open - total duration (s)

Abb. 45: Totale Aufenthaltsdauer und Häufigkeit des Betretens der offenen Arme des EPM bei ST8SiaIV und NCAM Mäusen (Mittelwert ± SEM). ST8SiaIV -/- SE Tiere betraten seltener die offenen EPM-Arme und hielten sich weniger auf diesen auf als die -/- c Tiere. Zudem war die totale Aufenthaltsdauer gegenüber den ST8SiaIV wt SE Mäusen verkürzt. NCAM -/- SE Mäuse sowie -/- c Tiere betraten signifikant häufiger die offenen Arme des EPM als die korrespondierenden Wildtyptiergruppen. Die Aufenthaltsdauer der NCAM wt SE war gegenüber den -/- SE und den wt c Mäusen verringert.

BWB

Bei der Durchführung dieses Tests wurden die Mäuse initial in das weiße Kompartiment gesetzt und das Verhalten über einen Zeitraum von fünf Minuten beobachtet (Kap. 4.5).

Während bei ST8SiaIV Mäusen keine Unterschiede bestanden, betraten NCAM -/- SE und -/- c Mäuse häufiger das weiße Kompartiment als die entsprechenden Wildtypkontrolltiere.

Darüber hinaus hielten sich die -/- SE Tiere signifikant länger in diesem Bereich der Box auf, als die wt SE Mäuse (Abb. 46). Weder bei ST8SiaIV, noch bei NCAM Mäusen waren Unterschiede in der Latenz bis zum Betreten der schwarzen Seite der BWB auszumachen.

ST8SiaIV

white - total duration (s)

NCAM

white - total duration (s) NCAM

white - total duration (s)

NCAM

white - total duration (s) NCAM

Abb. 46: Eintritt in den weißen Bereich und totale Aufenthaltsdauer im weißen Bereich der BWB bei ST8SiaIV und NCAM Tieren (Mittelwert ± SEM). Während die ST8SiaIV Mäuse keine Unterschiede in der Aufenthaltsdauer und den Eintritten in die weiße Seite aufwiesen, betraten NCAM -/- SE und -/- c Tiere signifikant häufiger das weiße Kompartiment als die korrespondierenden Wildtypkontrolltiere.

Auch die totale Aufenthaltsdauer war bei NCAM -/- SE Mäusen im Vergleich zu den wt SE Mäusen erhöht.

Bei ST8SiaIV Mäusen konnten keine Unterschiede in der Häufigkeit und der totalen Dauer des rearing-Verhaltens festgestellt werden.

NCAM

rearing - total duration (s) NCAM

rearing - total duration (s)

Abb. 47: Aufrichteverhalten bei NCAM Mäusen in der BWB (Mittelwert ± SEM). Die wt SE Tiere zeigten ein verringertes rearing-Verhalten im Vergleich zu den wt c und den -/- SE Tieren. Zudem war die totale Dauer des rearings bei -/- SE Tieren höher als bei den korrespondierenden Kontrollmäusen.

Hingegen zeigten die NCAM wt SE Gruppe eine Reduktion des rearings gegenüber den wt c und -/- SE Mäusen. Die Dauer des rearings war weiterhin bei NCAM -/- SE Mäusen höher als bei den korrespondierende Kontrollmäusen (Abb. 47).

MWM

Vor der Akquisition im MWM (Kap. 4.4) wurde ein Habituationsdurchgang durchgeführt, um eventuelle Abweichungen der Tiergruppen in der Schwimmgeschwindigkeit zu untersuchen.

center - total duration (s) NCAM

center - total duration (s)

NCAM

center - total duration (s) NCAM

center - total duration (s)

Abb. 48: Schwimmparameter und Aufenthalt im Zentrum des Beckens des MWM bei ST8SiaIV und NCAM-defizienten Status- und Kontrollmäusen (Mittelwert ± SEM). Weder die NCAM noch die ST8SiaIV Tiergruppen unterschieden sich in den Parametern geschwommene Strecke und mittlere Schwimmgeschwindigkeit. ST8SiaIV -/- SE Mäuse hielten sich weniger im Randbereich des Bassins auf als wt SE Tiere. Bei NCAM-defizienten Mäusen konnte dieses Verhalten nicht beobachtet werden.

Zusätzlich wurden die Aufenthaltszeiten im Zentrum und dem Randbereich des Bassins, die auf Unterschiede im Angst-assoziierten Verhalten hindeuten könnten, erfasst. Weder die NCAM noch die ST8SiaIV Tiergruppen unterschieden sich in den Parametern geschwommene Strecke und mittlere Schwimmgeschwindigkeit. ST8SiaIV -/- SE Mäuse hielten sich weniger im Randbereich des Bassins auf als die wt SE Tiere. Bei

NCAM-defizienten Mäusen konnte dieses Verhalten nicht beobachtet werden.

Während der sechstägigen Akquisitionsphase konnten zu keinem Zeitpunkt Unterschiede zwischen den einzelnen Tiergruppen der ST8SiaIV Mäuse beobachtet werden. Zwar tendierten die NCAM -/- SE Mäuse dazu, länger zum Auffinden der Plattform zu benötigen als die wt SE Gruppe, jedoch wurde das Signifikanzniveau (p <0,05) lediglich am zweiten Tag unterschritten. An diesem Akquisitionstag benötigten die NCAM -/- c Mäuse ebenfalls signifikant länger zum Auffinden der Plattform als wt c Tiere (Abb. 49).

0 1 2 3 4 5 6 7 8

Abb. 49: Akquisitionskurven nach mehrtägigem Lerntraining im MWM (Mittelwerte ± SEM). Die genetische Defizienz von ST8SiaIV sowie der SE hatten keinen Einfluss auf den Lernerfolg im Water-Maze Training. NCAM -/- SE Mäuse benötigen am zweiten Tag länger als wt SE Mäuse zu Auffinden der Plattform. An diesem Tag benötigten -/- c Tiere ebenfalls signifikant länger zum Auffinden der Plattform als die wt c Mäuse.

Die spatial probe (SP) wurde direkt an den letzten Akquisitionsdurchgang des fünften Tages angeschlossen (Kap.4.4). Die Latenz bis zum Erreichen der ehemaligen Plattformposition war bei ST8SiaIV-defizienten Mäusen und Wildtypen gegenüber den entsprechenden Tieren mit SE reduziert, erreichte jedoch das Signifikanzniveau nicht.

Weiterhin bestanden keine Gruppenunterschiede in der Anzahl der Kreuzungen und der totalen Aufenthaltsdauer mit der ehemaligen Plattformposition. Auch bei den NCAM Mäusen bestanden keine Unterschiede in der Zeit bis zum Erreichen der ehemaligen Plattformposition oder der totalen Aufenthaltszeit in diesem Bereich.

Eine cued version wurde an dem auf die SP folgenden Tag durchgeführt. Dazu wurde die Plattform in dem der während der Akquisition befindlichen Lernquadranten gegenüberliegenden Beckenbereich gesetzt und mit einem 18 cm hohen, weißen zylinderförmigen Gegenstand von 2 cm Durchmesser markiert. Die Latenz bis zum Aufsuchen dieser veränderten und markierten Plattformposition wurde erfasst (Abb. 50).

ST8SiaIV

latency of first occuring (s)

NCAM

latency of first occuring (s) ST8SiaIV

latency of first occuring (s)

NCAM

latency of first occuring (s)

Abb. 50: Latenz bis zum Aufsuchen der neuen Plattformposition in der cued version des MWM bei ST8SiaIV und NCAM Mäusen (Mittelwert ± SEM). ST8SiaIV -/- c Tiere finden die Plattform schneller als -/- SE und wt c Tiere. NCAM Mäuse wiesen keine Gruppenunterschiede auf.

Tail-Suspension Test

Der Tail-Suspension Test dient der Erfassung des Depressions-assoziierten Verhaltens bei Mäusen (Kap. 4.5). Der Test wurde ausschließlich an NCAM Mäusen des zweiten Versuchsdurchganges angewendet. Weder in der Latenz bis zum Auftreten der Immobilität noch in der Gesamtzeit der Immobilität bestanden Unterschiede zwischen den einzelnen Tiergruppen.

Porsolt-Swim Test

Der Porsolt-Swim Test dient ebenfalls der Erfassung des Depressions-assoziierten Verhaltens und wurde an zwei aufeinander folgenden Versuchstagen durchgeführt (Kap.

4.5). Weder am ersten noch am zweiten Versuchstag konnten Gruppenunterschiede in der Gesamtzeit der Immobilität festgestellt werden. Am zweiten Tag bestanden keine signifikanten Unterschiede in der Latenz bis zum Auftreten der ersten Immobilität. NCAM -/- c Mäuse hatten gegenüber den wt c Tieren eine signifikant verringerte

Immobilitätslatenz (Abb. 51).

-/- SE wt SE -/- c wt c

0 25 50 75 100 125 150 175

immobility - total duration (s)

-/- SE wt SE -/- c wt c

0 25 50 75 100

*

latency to first immobility (s)

Abb. 51: Immobilitätslatenz und totale Dauer der Immobilität in -/- und wt NCAM-Kontrolltieren und Tieren mit SE am zweiten Versuchstag des Porsolt-Swim Tests (Mittelwert ± SEM). Während die Gesamtimmobilität bei allen Tieren ähnlich war, wiesen -/- c Mäuse eine Reduktion der Latenz bis zur Immobilität gegenüber den wt c Tieren auf.

6 D ISKUSSION

6.1 INHIBITION DER HIPPOCAMPALEN NEUROGENESE MITTELS SELEKTIVER RÖNTGENBESTRAHLUNG: AUSWIRKUNGEN IM AMYGDALA-KINDLING-MODELL

Methoden der experimentell supprimierten Neurogenese wurden in der Vergangenheit insbesondere für „loss of function“ Untersuchungen erfolgreich eingesetzt (PARENT et al., 1999; SNYDER et al., 2001; SANTARELLI et al., 2003; SNYDER et al., 2005) und bestätigten unter anderem die Bedeutung der Neurogenese für kognitive Vorgänge. In einem analogen Experiment zur „loss of function“ sollte der Effekt einer supprimierten hippocampalen Neurogenese auf den Kindling-Verlauf untersucht werden. Dazu wurden die implantierten, männlichen Wistar-Ratten einer selektiven hippocampalen Röntgenbehandlung unterzogen und täglich im Amygdala-Kindling-Modell stimuliert. Die Röntgenbestrahlung wurde nach einer Woche wiederholt, um eine in Vorversuchen bereits nach zwei Wochen beobachtete anfallsinduzierte Kompensation des Bestrahlungseffektes zu verhindern. Diese enorm schnelle Kompensation ist vermutlich deshalb möglich, weil die Röntgenbestrahlung insbesondere mitotisch aktive neuronale Vorläuferzellen schädigt.

Da der Tod dieser Vorläuferzellen bereits nach wenigen Stunden eintritt (BELLINZONA et al., 1996; PEISSNER et al., 1999), besteht die Möglichkeit des Auftretens eines durch Zelltod induzierten Reboundeffektes. Dieser könnte von Zellen ausgehen, die sich zum Zeitpunkt der Bestrahlung nicht mehr im Zellzyklus befanden und daher nur vermindert vulnerabel waren. Aus diesem Grunde wird von WOJTOWICZ (2006) eine wiederholte Bestrahlung zur vollständigen Inhibition der Zellproliferation empfohlen. Als wichtigste Ergebnisse der selektiven hippocampalen Bestrahlung im Amygdala-Kindling-Modell konnte gegenüber den Kontrolltieren eine signifikant verminderte Anfallsschwere an den Versuchstagen 6, 9 und 12, sowie eine signifikant verminderte Nachentladungsdauer am Versuchstag 12 festgestellt werden. Des Weiteren benötigten hippocampal bestrahlte Tiere signifikant mehr Stimulationen zum Erreichen der Anfallsschwere III als die Kontrolltiere (Kap. 5.1).

Obwohl das Hirngewebe als relativ unempfindlich gegenüber ionisierender Strahlung gilt

(JENROW et al., 2001), sind reaktive entzündliche Prozesse beschrieben worden (MONJE und PALMER, 2003). Diese könnten für die Anfallsinitiierung und Anfallspropagation bedeutsam sein. Es ist bekannt, dass insbesondere aktivierte Mikroglia, welche pro-inflammatorische Cytokine sezernieren, Neurone gegenüber Anfällen sensitivieren (BERNARDINO et al., 2005). Hingegen konnten WOJTOWICZ und Mitarbeiter (2006) das Auftreten einer akuten strahlungsinduzierten Entzündung mit Mikrogliaaktivierung ausschließen. Zudem konnte die Arbeitsgruppe zeigen, dass eine hippocampale Bestrahlung keinen akuten Einfluss auf essentielle neuronale Funktionen, wie die

(JENROW et al., 2001), sind reaktive entzündliche Prozesse beschrieben worden (MONJE und PALMER, 2003). Diese könnten für die Anfallsinitiierung und Anfallspropagation bedeutsam sein. Es ist bekannt, dass insbesondere aktivierte Mikroglia, welche pro-inflammatorische Cytokine sezernieren, Neurone gegenüber Anfällen sensitivieren (BERNARDINO et al., 2005). Hingegen konnten WOJTOWICZ und Mitarbeiter (2006) das Auftreten einer akuten strahlungsinduzierten Entzündung mit Mikrogliaaktivierung ausschließen. Zudem konnte die Arbeitsgruppe zeigen, dass eine hippocampale Bestrahlung keinen akuten Einfluss auf essentielle neuronale Funktionen, wie die