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3. Ergebnisse und Diskussion

3.2. Charakterisierung weiterer Peptidyl-Prolyl-cis-trans-Isomerasen

3.2.4. NcFKBP22

Der Gruppe von Maximilian Tropschug an der Universität Freiburg gelang es 1999 mittels Affinitätschromatographie an dem FK506-Homolog Ascomycin ein neues FKBP aus dem Schimmelpilz Neurospora crassa zu isolieren. Wie sich später herausstellte, ist dies eines von insgesamt vier verschiedenen FKBPs in diesem Pilz (Pinto et al. 2008). Das Protein wird als 217 Aminosäuren langes Vorläuferprotein synthetisiert. Eine 20 Aminosäuren lange Signal-sequenz wird nach dem Import ins Endoplasmatische Retikulum (ER) abgespalten. Im ER ver-bleibt dann das reife Protein aus 197 Aminosäuren mit einer rechnerischen Molekülmasse von 20.912 Da. Da die Massenspektroskopie des affinitätsgereinigten Proteins jedoch eine Mole-külmasse von 22.043 Da ergab, wurde das Protein von den Entdeckern NcFKBP22 genannt.

Grund für diese Massendifferenz dürfte eine posttranslationale Glycosilierung sein (Solscheid

& Tropschug 2000).

C-terminal von der FKBP-Domäne (Reste 1-115 des reifen Proteins) befindet sich eine Sequenz (Reste 116-197), in der sich zahlreiche saure Aminosäuren befinden (14 Glutamin-säuren und 5 AsparaginGlutamin-säuren) und zu der bislang in keinem anderen FKBP ein homologes Motiv gefunden werden konnte. Sekundärstrukturvorhersagen ließen auf eine amphipathische Helix schließen (Solscheid & Tropschug 2000).

Hier war nun von Interesse, ob diese neuartige Proteindomäne wie bei den anderen in dieser Arbeit beschriebenen Prolylisomerasen dazu beitragen könnte, die Affinität zu entfalte-ten Proteinsubstraentfalte-ten zu erhöhen und so die katalytische Effizienz des Gesamtproteins zu

ver-600

Abb. 3-40: Katalyse der Rückfaltung von RCM-T1 durch NcFKBP22 und seine isolierten Do-mänen. (A)-(C) Zeitlicher Verlauf der Rückfaltung von 0,5 µM RCM-T1 in Abwesenheit (unterste Kurve) und Gegenwart von (von unten nach oben) 50, 100 und 250 nM NcFKBP22 (A), von 50, 100 und 250 nM NcFKBP22-NT (B) sowie von 5 µM NcFKBP22-CT (C). Die Kurven sind auf identi-sche Endwerte normiert. RCM-T1 wurde bei 15°C in 100 mM Tris/HCl pH 8,0 60 min entfaltet. Die Rückfaltung wurde initiiert durch 100-fache Verdünnung auf 0,5 µM RCM-T1 in 2,0 M NaCl, 100 mM Tris/HCl pH 8,0 bei 15°C und über die Fluoreszenzänderung bei 320 nm beobachtet. An die Fluoreszenzverläufe wurden monoexponentielle Kurven angeglichen (dünne Kurven). (D) Ab-hängigkeit der apparenten Raten der Rückfaltung von RCM-T1 von der Konzentration an NcFKBP22 bzw. seiner isolierten Domänen. Aus der Steigung der Regressionsgeraden resultieren Spezifitätskonstanten kcat/KM von 3,0104 M-1s-1, 3,1104 M-1s-1 und 0 M-1s-1 für die katalytische Effi-zienz von NcFKBP22 (), NcFKBP22-NT () und NcFKBP22-CT (■).

bessern. Daher wurde das Volllängenprotein NcFKBP22 (1-197) sowie dessen isolierte Domänen NcFKBP22-NT (1-115) und NcFKBP22-CT (116-197) im RCM-T1-Rückfaltungs-test eingesetzt. Alle drei Konstrukte waren von der Arbeitsgruppe Tropschug mit jeweils einem N-terminalen Hexa-Histidin-tag rekombinant in E. coli produziert worden und trugen daher keine Glycosylierungen.

Abbildung 3-40 zeigt die Rückfaltung von RCM-T1 in Gegenwart verschiedener Konzen-trationen an NcFKBP22, NcFKBP22-NT und NcFKBP22-CT. Wie sich aus der Auftragung der apparenten Raten der Rückfaltung entnehmen lässt, besitzen das Volllängenprotein NcFKBP22 sowie die isolierte FKBP-Domäne NcFKBP22-NT in diesem Test nahezu identische katalyti-sche Effizienzen von 3104 M-1s-1, während die C-terminale Domäne allein keinerlei Aktivität als Prolylisomerase aufweist. Die Gegenwart dieser Domäne im Volllängenprotein hat keinerlei effizienzsteigernde Auswirkung auf die Isomerasedomäne, anders als zusätzliche (Chaperon-)Domänen bei den anderen in dieser Arbeit beschriebenen Prolylisomerasen. Daher liegt der Schluss nahe, dass die C-terminale Domäne in NcFKBP22 auch keine Chaperon-funktion besitzt.

Diese Annahme sollte mit Hilfe des Citratsynthase-Aggregationstests für alle drei zur Verfügung stehenden NcFKBP22-Konstrukte überprüft werden. Abbildung 3-41 zeigt anhand der Streulichtzunahme die Aggregation von Citratsynthase in Abwesenheit und Gegenwart von 0,3 und 1,5 µM des Volllängenproteins NcFKBP22. Anders als bei effizienten Chaperonen üblich nimmt die Streulichtintensität in Gegenwart von NcFKBP22 hier sogar noch stärker zu.

1200 900

600 300

0 60 50 40 30 20 10 0

Zeit (s)

Streulicht (rel. Einheiten)

Abb. 3-41: Aggregation chaotrop denaturierter Citratsynthase in Gegenwart von NcFKBP22.

Citratsynthase wurde bei Raumtemperatur in 6,0 M GdmCl, 20 mM DTE, 50 mM Tris/HCl pH 7,7 eine Stunde lang entfaltet und anschließend 100-fach auf eine Endkonzentration von 0,15 µM (Mo-nomer) in 60 mM GdmCl, 0,2 mM DTE, 50 mM Tris/HCl pH 7,7 bei 25°C verdünnt. Die Aggrega-tion wurde über die Zunahme des Streulichts bei 360 nM in Abwesenheit (●) und in Gegenwart von 0,3 (○) und 1,5 µM (■) NcFKBP22 beobachtet. Die Streulichtintensität von Puffer und scSlyD*2 wurde von den gemessenen Werten abgezogen.

Bei den beiden isolierten Domänen war dieser Effekt sogar noch stärker ausgeprägt (Daten nicht gezeigt). Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass die gemessene Lichtstreuung kein direktes Maß für die Menge an gebildetem Aggregat sein kann. Die Lichtstreuung hängt nicht nur von der Konzentration an Proteinaggregaten, sondern sehr stark von der Größe dieser lichtstreuenden Partikel ab. So kann beispielsweise die Gegenwart bereits bestehender Protein-aggregate zu Beginn der Reaktion bewirken, dass diese als Aggregationskeime für die Anlage-rung entfalteter Citratsynthasemoleküle dienen und sich so statt vieler kleiner eine niedrigere Anzahl größerer lichtstreuender Partikel bildet und die Lichtstreuung dadurch effektiv höher ausfällt. Bei den vorliegenden Proben an NcFKBP22, NcFKBP22-NT und NcFKBP22-CT dürfte dies durchaus der Fall gewesen sein, wie die Absorptionsspektren der verwendeten Proben zeigen (Abb. 3-42).

In allen drei Proteinlösungen fällt eine deutliche Absorption auch im Wellenlängenbereich oberhalb von 305 nm auf. Bei aggregatfreien Proteinlösungen sollte die Absorption dort null sein. Offensichtlich enthielten also alle drei zur Verfügung gestellten Proben bereits signifi-kante Konzentrationen an Proteinaggregaten, die dann im Chaperontest die Bildung noch größerer Aggregatpartikel und somit die erhöhte Lichtstreuung bewirkt haben dürften. Im Rahmen dieser Arbeit konnte daher für NcFKBP22 und seine isolierten Domänen keine Cha-peronaktivität nachgewiesen werden, was aber durchaus auf die vorgelegene Probenqualität zurückzuführen sein dürfte.

Später konnte die Gruppe von Maximilian Tropschug zeigen, dass NcFKBP22 als Homo-dimer vorliegt und diese Dimerisierung über die Wechselwirkung der helikalen C-Domänen

340 320

300 280

260 240

0,25 0,2 0,15 0,1 0,05 0

Wellenlänge (nm)

Absorption

Abb. 3-42: Absorptionsspektren von NcFKBP22 (─) und NcFKBP22-NT (─) und NcFKBP22-CT (─). Aufgezeichnet wurden die Absorptionsspektren von 1:10-Verdünnungen der zur Verfügung stehen-den Stammlösungen in 10 mM Tris/HCl pH 7,5 bei 20°C in Quarzglasküvetten mit Beobachtungs-schichtdicke 1 cm.

vermittelt wird, anders als beispielsweise bei FkpA oder Mip, wo die Dimerisierung über helikale N-terminale Domänen bewirkt wird. Abweichend von den Resultaten dieser Arbeit konnte auch eine deutliche aggregationsunterdrückende Chaperonfunktion von NcFKBP22 festgestellt werden. Diese stammt primär von der FKBP-Domäne, tritt aber nur im Volllän-genprotein auf. Es zeigte sich weiterhin, dass die FKBP-Domäne mit BiP, dem wichtigsten Hsp70-Chaperon im ER, wechselwirkt und dass diese Wechselwirkung die Chaperonaktivität von NcFKBP22 verstärkt (Tremmel & Tropschug 2007). Außerdem konnte gezeigt werden, dass NcFKBP22 eine essentielle Rolle bei der Bildung der Microconidiphoren und somit bei der asexuellen Vermehrung von Neurospora crassa spielt (Tremmel et al. 2007).