• Keine Ergebnisse gefunden

2.2 Das nicht-primate Hepacivirus (NPHV)

2.2.2 Taxonomie und Struktur des NPHV

2.2.2.1 Nachweismethoden des NPHV

Für die Untersuchung der Serumproben auf spezifische Antikörper gegen Antigene des NPHV ist derzeit das Luziferase-Immunpräzipitation-System (LIPS) weit verbrei-tet (BURBELO et al. 2012). Bei diesem Testverfahren werden die Proben auf das Vorliegen von Antikörpern gegen NS3 Antigene untersucht (4.4).

Der Nachweis virusspezifischer Ribonukleinsäure gelingt mit einer quantitativen real-time Polymerase-Kettenreaktion (PCR) (4.5). Das Verfahren ist weit verbreitet und gut etabliert.

C E1 E2 p7 NS2 NS3 NS4A NS4B NS5A NS5B

ORF

N 5´UTR

C 3´UTR

14 2.2.3 Klinik des NPHV

Die meisten Pferde mit positivem NPHV RNA Nachweis weisen keine klinischen Krankheitssymptome und keine erhöhten Leberwerte auf, sodass ein subklinischer Krankheitsverlauf für eine NPHV-Infektion vermutet wird (GEMAQUE et al. 2014).

Lediglich zum Zeitpunkt der Viruseliminierung zeigen einige Pferde geringgradig er-höhte Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT)- und Glutamat-Dehydrogenase (GLDH)-Werte (PFAENDER et al. 2015; RAMSAY et al. 2015; SCHEEL et al. 2015b). Abwei-chend von der Annahme einer subklinischen Infektion beschreiben REUTER et al.

(2014) den Fall eines natürlich NPHV-infizierten Pferdes mit einem Ikterus und stark veränderten Leberwerten, sodass ein akuter Krankheitsverlauf nicht ausgeschlossen werden kann.

Infektionsstudien zeigen, dass ca. eine Woche post infectionem virale NPHV RNA und ca. 8 - 12 Wochen post infectionem anti-NPHV NS3 Antikörper im Serum nach-weisbar sind (PFAENDER et al. 2015; RAMSAY et al. 2015; SCHEEL et al. 2015b).

Mit Zunahme der Antikörper-Titer kann im Regelfall eine Abnahme des Virusgehalts beobachtet werden. Im Gegensatz zu Menschen mit einer HCV-Infektion eliminieren die meisten Pferde das NPHV. Jedoch können Pferde auch chronisch infiziert sein (LYONS et al. 2014; REUTER et al. 2014; MATSUU et al. 2015; PFAENDER et al.

2015; RAMSAY et al. 2015; SCHEEL et al. 2015b).

Neben dem Nachweis der viralen NPHV RNA im Blut belegen histopathologische Untersuchungen das Vorkommen viraler NPHV RNA neben der Leber auch im Bron-chialepithel, im Kleinhirn und im Tracheobronchial-Lymphknoten (PFAENDER et al.

2015; SCHEEL et al. 2015b). Parallele Untersuchungen mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung zeigen jedoch, dass negativsträngige NPHV RNA als Zeichen für die Virusreplikation nur im Lebergewebe vorkommt (PFAENDER et al. 2015). Leberver-änderungen, eventuell auf Grund einer NPHV-Infektion, konnten bei zwei chronisch infizierten Jährlingen gefunden werden. Die Obduktionen zeigten bei dem einen Pferd eine Gallenganghyperplasie und bei dem anderen eine lymphohistiozytäre He-patitis (RAMSAY et al. 2015). Die Überlegung, ob neben der parenteralen Übertra-gung des NPHV eine vertikale ÜbertraÜbertra-gung von der Stute auf das Fohlen stattfindet, konnte bisher nicht bestätigt werden (MATSUU et al. 2015).

15 2.3 Weitere Hepatitis C Homologe

Der Ursprung des Hepatitis C Virus ist bis heute nicht bekannt (SIMMONDS 2013).

Es gibt Vermutungen, dass das Virus ähnlich wie beim Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) vom Affen auf den Menschen übertragen wurde (KEELE et al. 2006). Ei-ne andere Hypothese ist die zoonotische Übertragung vom nicht-primaten Säugetier auf den Menschen (SCHEEL et al. 2015a). Für die erste Hypothese spricht die Ent-deckung des GB-Virus-B (GBV-B) bei einem Tamarin, einem Neuweltaffen im Jahr 1995 (SIMONS et al.) und für die zweite Hypothese der Fund von HCV Homologen bei Hunden (KAPOOR et al. 2011), Pferden (BURBELO et al. 2012), Rindern (BAECHLEIN et al. 2015), Mäusen (KAPOOR et al. 2013b), Ratten (DREXLER et al.

2013) und Fledermäusen (QUAN et al. 2013) (Abbildung 2).

Abbildung 2: Vereinfachte Übersicht der Hepatitis C Homologe und ihre Verwandtschaftsgrade.

Wirtszugehörigkeit: Rot = Rinder; Hellblau = Fledermäuse; Braun = Primaten; Dunkelblau = Ratten und Mäuse; Gelb = Menschen; Grün = Pferde; Violett = Hunde [aus (PYBUS u. THEZE 2015)].

16 2.3.1 Affen

Schimpansen und andere Neuwelt-Affen, wie Pinseläffchen und Nachtaffen, sind für eine Hepatitis C Infektion empfänglich und entwickeln häufig einen akuten Krank-heitsverlauf (BUKH 2012). Im Jahr 1967 transfundierten DEINHARDT et al. einem Neuweltaffen Plasma von einem Chirurgen, der die Initialen G.B. trug und unter einer idiopathischen Hepatitis litt. Dieser Neuweltaffe entwickelte anschließend ebenfalls Symptome einer Lebererkrankung. Erst im Jahr 1995 konnte das Pathogen, das GB-Virus-B (GBV-B) identifiziert werden und in die Familie der Flaviviridae, Genus He-pacivirus eingeordnet werden (SIMONS et al.). Untersuchungen zeigen, dass 28 % der Aminosäuresequenzen aus dem offenen Leserahmen des GBV-B mit dem HCV Genotyp 1 übereinstimmen (MUERHOFF et al. 1995). Jedoch konnte dieses Virus seither nicht wieder bei einem Menschen gefunden werden, sodass der Ursprung weiterhin ungeklärt bleibt (STAPLETON et al. 2011).

Mit der Studie von LAUCK et al. (2013) wurde zum ersten Mal das Vorkommen von Hepaciviren bei Mantelaffen, die sich auf natürlichem Weg infiziert haben, beschrie-ben. Sie benannten das Virus Guereza Hepacivirus (GHV). Es weist phylogenetisch große Ähnlichkeit zum GBV-B, zu dem Ratten (Rodent) Hepacivirus (RHV) und zu dem Fledermaus (Bat) Hepacivirus (BHV) Klasse A auf, sodass ein gemeinsamer Ursprung dieser Hepaciviren vermutet wird (LAUCK et al. 2013).

2.3.2 Hunde

In Nasentupfern von Hunden, die unter unterschiedlichen Atemwegserkrankungen litten und in der Leber von Hunden mit unspezifischen Gastrointestinalerkrankungen wurde 2011 unbekannte virale RNA gefunden (KAPOOR et al.). Die phylogeneti-schen und molekularbiologiphylogeneti-schen Untersuchungen bestätigten, dass es sich bei dem Virus um eine neue Spezies der Hepaciviren handelte. Das Virus erhielt damit den Namen: Canines Hepacivirus (CHV). Die Sequenzen zwischen dem CHV und dem NPHV sind zu 99 % identisch (BURBELO et al. 2012). Jedoch konnten in nachfol-genden Studien häufig keine CHV RNA oder anti-CHV NS3 Antikörper im Blut oder

17

in Gewebeproben von Hunden gefunden werden (BURBELO et al. 2012; BEXFIELD et al. 2014; VAN DER LAAN et al. 2014).

Nur LYONS et al. (2014) wiesen bei einem Hund anti-CHV NS3 Antikörper nach und EL-ATTAR et al. (2015) fanden bei Zwingerhunden mit Atemwegserkrankungen vira-le Canine (Cn) NPHV RNA in der Trachea, in der Lunge und in der Leber. Histologi-sche Veränderungen des Respirationstraktes oder der Leber standen jedoch nicht im signifikanten Zusammenhang mit dem Vorkommen von viraler CHV RNA (EL-ATTAR et al. 2015).

2.3.3 Rinder

In der Studie von BURBELO et al. (2012) konnten bei einer Kuh anti-CHV NS3 Anti-körper nachgewiesen werden. Passend dazu fanden BAECHLEIN et al. (2015) in 1,6% der Serumproben von 320 Rindern aus unterschiedlichen Herden aus Deutsch-land virale RNA und benannten das Virus Bovines Hepacivirus (BovHepV). Neben den Serumproben konnte der höchste Virusgehalt in der Leber festgestellt werden.

Die Tiere zeigten keine klinischen Symptome einer Lebererkrankung. Über Verlaufs-kontrollen bestätigte sich analog zum NPHV, dass die meisten Rinder das Virus eli-minierten, aber einige Tiere infiziert blieben. Das BovHepV besitzt 8.841 Nukleotide und damit weniger als das HCV oder das NPHV. Die ORF setzt sich aus 8.337 Nuk-leotiden zusammen und kodiert für ein Polyprotein aus 2.779 Aminosäuren (BAECHLEIN et al. 2015). In Verbindung mit weiteren phylogenetischen Untersu-chungen konnten mehr Gemeinsamkeiten zu dem GBV-B und dem RHV festgestellt werden als zu dem HCV oder NPHV (BAECHLEIN et al. 2015).

Vergleichbare Untersuchungsergebnisse erzielten CORMAN et al. (2015), die in 8,5% der Serumproben afrikanischer Rinder bovine Hepacivirus RNA fanden. Phylo-genetische Untersuchungen zeigten große Unterschiede zwischen den gefundenen bovinen Hepaciviren, sodass von mindestens zwei Abstammungslinien ausgegangen wurde. Eine geschlechts- oder altersabhängige Prädisposition konnte nicht festge-stellt werden.

18 2.3.4 Mäuse, Ratten und Fledermäuse

Neben den Haussäugetieren wurden HCV-Homologe bei Mäusen (KAPOOR et al.

2013b), Ratten (DREXLER et al. 2013; FIRTH et al. 2014) und bei Fledermäusen (QUAN et al. 2013) gefunden. KAPOOR et al. (2013b) wiesen in Serumproben von wilden Ratten aus Nord-Amerika, von Weißfußmäusen, von Rauhaar-Taschenmäusen und von amerikanischen Buschratten Hepaciviren nach. Zeitgleich stellten DREXLER et al. (2013) das Vorhandensein von Hepaciviren in Ratten aus Europa, Afrika, Thailand und Mexiko fest. Sie wurden als Ratten (Rodent) Hepacivi-rus (RHV) bezeichnet, besitzen jedoch mehr Ähnlichkeit zum GBV-B als zum HCV (PFAENDER et al. 2014). In einer weiteren Studie von FIRTH et al. (2014) konnten zwei neue Hepaciviren bei Wanderratten aus New York City gefunden werden (Nor-way rat hepacivirus (NrHV) -1 und -2). Histopathologische Untersuchungen von RHV-positiven Tieren bestätigten einen hohen Virusgehalt und Entzündungssymp-tome innerhalb der Leber (DREXLER et al. 2013). Außerdem konnte negativsträngi-ge virale RNA nur in der Leber infizierter Ratten nachnegativsträngi-gewiesen werden, sodass ana-log zum HCV und NPHV von einem Lebertropismus ausgegangen wurde (FIRTH et al. 2014).

Neben den Untersuchungen an Ratten konnten mehrere Forschungsgruppen HCV-Homologe bei Fledermäusen nachweisen [Bat Hepacivirus (BHV)]. QUAN et al.

(2013) fanden das BHV bei insektenfressenden Fledermäusen aus Kenia und DREXLER et al. (2013) bei Fledermäusen aus West- und Südafrika. Bedingt durch die unterschiedlichen Sequenzierungsergebnisse gibt es 22 verschiedene Spezies des BHV, die in drei Klassen aufgeteilt sind (SCHEEL et al. 2015a). Die Klasse A, die vor allem Parallelen zum GBV-B aufweist und die Klassen C und D, die größere Ähn-lichkeiten zum HCV bzw. NPHV besitzen. Insgesamt scheinen 5 % der Fledermäuse Träger viraler BHV RNA zu sein (SCHEEL et al. 2015a). Zwischen den Ratten- und Fledermaus-Hepaciviren gibt es phylogenetisch große Unterschiede, sodass vermu-tet wurde, dass die beiden Ur-Ahnen für das HCV sein könnten (PYBUS u. GRAY 2013).

19 2.4 Lebererkrankungen beim Pferd

2.4.1 Allgemeines

Die Leber synthetisiert 90 % der Plasma-Proteine, ist zentraler Ort der Glukoneoge-nese und Glykolyse und reguliert den Fett-Stoffwechsel (BARTON 2010). Neben den metabolischen Funktionen spielt die Leber eine essentielle Rolle in der Elimination körpereigener und körperfremder schädlicher Stoffe. Diese werden anschließend zusammen mit der Galle oder über die Niere ausgeschieden. Zusätzlich werden von der Leber einige Vitamine (A, D und B12) sowie Eisen und Kupfer gespeichert. Bei Feten ist die Leber maßgeblich für die Haematopoese verantwortlich (ENGELHARDT u. AURICH 2015).

2.4.1.1 Vorkommen

Lebererkrankungen kommen beim Pferd relativ häufig vor, verlaufen aber aufgrund der hohen Reserve- und Regenerationsfähigkeit meist subklinisch (GEHLEN et al.

2010). Eindeutige klinische Symptome treten erst auf, wenn über 75 % des Leber-gewebes zerstört sind (MCAULIFFE 2014). Abhängig von den Noxen entstehen aku-te oder chronische Krankheitsbilder. Die meisaku-ten Noxen führen zu Veränderungen und Zerstörung der Hepatozyten. Eine Entzündung der Gallengänge und dem an-grenzenden Lebergewebe (Cholangiohepatitis) kann ebenso auftreten. Gallen-gangobstruktionen, insbesondere durch Gallengangsteine, Cholelithen sind seltener (SAVAGE 1999).

2.4.1.2 Klinische Symptome

Die klinischen Symptome sind meist sehr unspezifisch, weil die hohe Regenerations- und Reservekapazität der Leber den Funktionsausfall einzelner Leberbezirke auf-fängt, sodass Lebererkrankungen ante mortem schwer zu diagnostizieren sind (BARTON 2010).

20

Pferde mit einer Lebererkrankung haben häufig weniger Appetit, verhalten sich ruhi-ger und verlieren mit zunehmender Erkrankungsdauer an Gewicht. Im fortgeschritte-nen Stadium zeigt sich meistens ein Ikterus aufgrund einer Hyperbilirubinämie. Für eine Differenzierung eines prähepatischen, eines hepatischen oder eines posthepati-schen Ikterus sind zusätzliche diagnostische Untersuchungen notwendig. Bei Pfer-den mit einer akuten Leberschwellung oder Gallengangobstruktion treten häufig un-spezifische, starke Koliksymptome auf. Die Pferde schauen zum Bauch und die Pal-pation des Abdomens, insbesondere der rechten Thorax-Seite, hinter den Rippen kann schmerzhaft sein (GEHLEN et al. 2010).

Des Weiteren neigen manche lebererkrankten Pferde zu petechialen Blutungen, Ek-chymosen oder Hämorrhagien, weil nicht ausreichend Fibrinogen von der Leber syn-thetisiert wird. Außerdem kann aufgrund mangelnder Galleproduktion nicht ausrei-chend Vitamin K aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert werden, das essentiell für die Bildung der Gerinnungsfaktoren II, VII, IX, X und Protein C ist. Eine Hypopro-teinämie ist möglich, tritt aber selten auf (PARRAGA et al. 1995). Fieber kann bei Pferden mit Lebererkrankungen konstant oder intermittierend auftreten. Eine En-dotoxämie, Steatorrhoe, ein Pruritus oder eine Pigmenturie sind ebenfalls selten (BARTON 2010).

2.4.1.3 Diagnose

Für die Diagnose, die Therapie und die Prognose von Lebererkrankungen sind Un-tersuchungen von Blutparametern von großer Bedeutung. Die Bestimmung der Kon-zentrationen von Leberenzymen, von Gallensäuren, Bilirubin und anderen leberspe-zifischen Parametern können Hinweise auf den Krankheitsauslöser, die Dauer der Erkrankung, das Ausmaß an geschädigten Strukturen und den primären Sitz der Er-krankung geben.

Eine Erhöhung der Glutamat-Dehydrogenase (GLDH)- Konzentration im Blut kenn-zeichnet mit großer Wahrscheinlichkeit eine akute Schädigung der Leberzellen, weil dieses Enzym trotz Vorkommen im Nierengewebe, im Gehirn, im Muskel und im Darm die höchste Aktivität in den Hepatozyten aufweist (BARTON 2010). Die Aspar-tat-Aminotransferase (AST) und die Alanin-Aminotransferase (ALT) kommen zwar im

21

Zytosol der Hepatozyten vor, haben aber eine höhere Aktivität in den Muskelzellen, sodass bei einer Konzentrationserhöhung im Blut zunächst eine Muskelerkrankung in Betracht gezogen werden sollte. Die Laktatdehydrogenase (LDH) kommt in allen Geweben vor und ist aus diesem Grund zur Diagnose von Lebererkrankungen beim Pferd wenig geeignet. Eine Auftrennung in die einzelnen Isoenzyme mittels Elektro-phorese und der Bestimmung des Isoenzym 5 wäre spezifischer. Aber das Isoenzym 5 liegt auch in der Skelettmuskulatur vor. Das Enzym Alkalische Phosphatase (AP) kommt im Knochen, im Darm, in der Niere in der Plazenta und der Leber vor und ist damit wenig spezifisch für eine Lebererkrankung (AMBROJO et al. 2013). Jedoch ist eine Konzentrationserhöhung häufig ein sensitiver Indikator für eine Cholestase (PEARSON 1999).

Im Gegensatz zu den bisher genannten Enzymen, die alle im Zytosol und zumeist an die Mitochondrien gebunden vorliegen, ist die Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT) membrangebunden am Gallengangepithel (MEYER u. WALTON 2014). Eine Kon-zentrationserhöhung im Blut ist daher leberspezifisch und weist auf eine chronische Erkrankung und insbesondere auf das Vorliegen einer Gallengangerkrankung hin.

Die γ-GT kommt außerdem im Pankreas und in den Nierentubuli vor, wird aber in der Niere bei Überschuss über den Urin aus dem Organismus eliminiert. Da Pankreaser-krankungen beim Pferd sehr selten sind, bleibt die γ-GT primär leberspezifisch (BARTON 2010). Bei der Beurteilung der γ-GT- Werte ist zu beachten, dass die Wer-te beim Fohlen physiologisch höher sind als beim adulWer-ten Pferd (PATTERSON u.

BROWN 1986).

Neben der Untersuchung der Enzyme gibt die Gallensäurekonzentration spezifische Hinweise auf eine Lebererkrankung (AMBROJO et al. 2013). Gallensäuren werden in den Hepatozyten gebildet und sind für die Fettresorption und die Fettverdauung un-erlässlich. Damit ist die Gallensäure-Konzentration ein Maß für die Funktionalität der Leber. Insbesondere bei Gallengangobstruktionen und portosystemischen Shunts sind hohe Werte zu beobachten (BARTON 2010).

Die Hyperbilirubinämie führt zum klinischen Symptom des Ikterus. Die Konzentrati-onsbestimmung des Gesamtbilirubins sowie des konjugierten und unkonjugierten Bilirubins sind daher für die Diagnostik von Lebererkrankungen und der

Differenzie-22

rung eines Ikterus von großer Bedeutung. Einer Konzentrationserhöhung des unkon-jugierten Bilirubins liegt meist eine starke innere Blutung zugrunde (prähepatischer Ikterus). Eine hepatozelluläre Erkrankung führt dagegen zu einer Konzentrationser-höhung des konjugierten Bilirubins (hepatischer Ikterus). Wenn der Anteil des konju-gierten Bilirubins am Gesamtbilirubin mehr als 30 % beträgt, liegt häufig eine Cho-lestase vor (posthepatischer Ikterus). Zu beachten ist, dass die Konzentration des unkonjugierten Bilirubins aufgrund von Anorexie und bestimmten Medikamenten er-höht sein kann (BARTON 2010; MEYER u. WALTON 2014).

Trotz der verringerten Syntheseleistung der Leber bei Erkrankung, sind eine Hy-poproteinämie und -albuminämie selten (PARRAGA et al. 1995). Erstens besitzt Al-bumin mit 19 bis 20 Tagen eine sehr lange Halbwertszeit und zweitens werden bei Verlust von Kupfer‘schen Zellen vermehrt Gammaglobuline gegen die erhöhte A n-zahl von Antigenen gebildet, sodass eine Hypergammaglobulinämie vorliegt.

2.4.2 Virale Lebererkrankungen

In den letzten Jahren sind neue hepatotrope Viren in der Familie Flaviviridae bei Pferden und anderen Tierarten gefunden und identifiziert worden (CHANDRIANI et al. 2013; PFAENDER et al. 2015).

Neben dem bereits erwähnten NPHV sind zwei weitere Viren, das equine Pegivirus 1 (EPgV1) und das „Theiler‘s Disease assoziierte Virus“ (TDAV) kürzlich in Serumpro-ben von Pferden gefunden worden, die zum Genus Pegivirus gehören (CHANDRIANI et al. 2013; KAPOOR et al. 2013a). Das EpgV1 scheint im Gegensatz zu dem TDAV, das als Pathogen für die Theiler‘s Disease vermutet wird, keine Er-krankung auszulösen (POSTEL et al. 2016).

Akute hepatische Nekrose, Serum-Hepatitis oder Serumkrankheit gelten als Syno-nyme für die Theiler‘s Disease. Die Erkrankung verläuft akut und tritt bei adulten Pferden auf. Die Pferde zeigen häufig Fieber, einen Ikterus, Anorexie, Kolik, einen dunklen Urin und Anzeichen einer Hepatoenzephalopathie (ALEMAN et al. 2005).

Zusätzlich können plötzliche Todesfälle beobachtet werden. Die Symptome schreiten

23

schnell voran und für betroffene Tiere endet die Theiler‘s Disease meist tödlich. Ob-duktionen erkrankter Pferde wiesen meist zentrolobuläre hepatozelluläre Nekrosen auf (ALEMAN et al. 2005). Erhöhte GLDH- und Bilirubinwerte sind feststellbar (SMITH et al. 1991). Im Jahre 1918 ist diese Erkrankung zum ersten Mal bei einem Pferd, das mit einer Kombination aus Lebendimpfstoff und Pferde-Antiserum gegen die Afrikanische Pferdepest geimpft wurde, beschrieben worden (THEILER 1918).

Weitere Fälle in unterschiedlichen Ländern zeigten, dass fast alle betroffenen Pferde biologische Produkte equinen Ursprungs erhalten hatten, bevor Symptome auftraten.

So gab es Fälle nach der Gabe von Tetanus-Antitoxin (SMITH et al. 1991), nach An-tisera gegen Clostridium perfringens, Clostridium botulinum, Streptococcus ssp, In-fluenza oder Equines Herpesvirus (EHV) 1 und 4 (ALEMAN et al. 2005). Studien stellten ein erhöhtes Risiko für laktierende Zuchtstuten (MEYER u. WALTON 2014) und für Pferde, die jünger als 2 Jahre alt sind fest (WALDRIGE 2006). Außerdem traten die Erkrankungen im Sommer und im Herbst häufiger auf (ALEMAN et al.

2005). Inwiefern das TDAV in biologischen Produkten equinen Ursprungs vorkommt und tatsächlich das Pathogen für die Theiler‘s Disease darstellt, müssen weitere Studien zeigen.

2.5 Epidemiologische Untersuchungen

Das Ziel epidemiologischer Untersuchungen ist neben der Bestimmung von Inziden-zen und PrävalenInziden-zen, die Analyse der Verbreitung von Krankheiten in einer Popula-tion und von Faktoren, die das Vorkommen von Krankheiten beeinflussen können (KREIENBROCK et al. 2012). Je nach Fragestellung bzw. Untersuchungsziel eignen sich unterschiedliche Studientypen.

Querschnittstudien werden für die Bestimmung von Prävalenzen von Erkrankungen (Prävalenzstudien) in einer Population und von potentiellen Risikofaktoren einge-setzt. Dafür werden zu einem festgelegten Zeitpunkt aus einer ausgewählten Studi-enpopulation eine repräsentative Anzahl an Stichproben entnommen bzw.

Untersu-24

chungsmerkmale analysiert. Ein großer Nachteil ist, dass diese Studien in der analy-tischen Epidemiologie zum Kausalitätsnachweis nur bedingt geeignet sind, da die Probenentnahmen unabhängig vom Infektionszeitpunkt und der Erkrankung stattfin-den (KLUG et al. 2004). Die Querschnittsstudie dient daher vor allem der Beschrei-bung eines Ist-Zustandes in einer Untersuchungskohorte und der Hypothesengene-rierung (KREIENBROCK et al. 2012).

Ist das Ziel der Untersuchung dagegen die Bestimmung kausaler Zusammenhänge zwischen einer Erkrankung und einer Exposition x sind vor allem Kohortenstudien, die auch als Longitudinal-, Follow-up- oder prospektive Studie bezeichnet werden, geeignet (KLUG et al. 2004). Dabei werden Probanden über einen festgelegten Zeit-raum auf das Eintreten bedeutender Ereignisse, wie Erkrankung oder Todesfall, hin untersucht (KREIENBROCK et al. 2012). Zusätzlich werden häufig Probanden, die nicht-exponiert sind beobachtet und als Vergleichsgruppe untersucht. Dadurch kann eine höhere Inzidenz in der Risikogruppe gegenüber der Vergleichsgruppe auf das Einwirken von Risikofaktoren zurückgeführt werden. Ein Nachteil dieser Studie ist der meist höhere Kosten- und Zeitaufwand (PETRIE u. WATSON 2013).

Ein weiterer Studientyp, die sogenannte Fall-Kontroll-Studie eignet sich insbesonde-re für die Analyse seltener Erkrankungen und dient der Bestimmung von Risikofakto-ren (KLUG et al. 2004). Dabei wird retrospektiv eine Gruppe von Erkrankten (Fälle) mit einer Gruppe Gesunden (Kontrolle) aus einer gemeinsamen Population hinsicht-lich einer zeithinsicht-lich vorausgegangenen Exposition miteinander verghinsicht-lichen (KREIENBROCK et al. 2012). Die Hauptschwierigkeit des Studientyps ist die Aus-wahl einer geeigneten Kontrollgruppe und die Datenerhebung bei Fällen und Kontrol-len gleichermaßen zu standardisieren (KREIENBROCK et al. 2012).

25

3 Material

3.1 Studienkooperation

Die vorliegende Studie erfolgte in Kooperation mit dem Institut für Experimentelle Virologie, TWINCORE Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung GmbH in Hannover und dem Direktorium für Vollblutzucht und Rennen e.V. in Köln.

3.2 Studienpopulation und Probengut

Die Studienpopulation bestand aus 733 Vollblutpferden, von denen im Rahmen der Herbstuntersuchung 2014 (September und Oktober 2014) zu diagnostischen Zwe-cken Blut (EDTA-antikoaguliertes Vollblut und Serum) entnommen wurde. In Koope-ration mit dem Direktorium für Vollblutzucht und Rennen e.V. wurden die Besitzer der Pferde zuvor schriftlich über die geplanten Probenentnahmen informiert und aufge-klärt. Die Pferde waren alle als Zuchtpferde im Direktorium für Vollblutzucht und Rennen e. V. eingetragen und befanden sich in Niedersachsen, Hamburg, Schles-wig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.

Die Blutproben wurden innerhalb von 12 Stunden nach der Entnahme in das Labor der Klinik für Pferde der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover gebracht. Dort fand zunächst eine hämatologische Untersuchung (4.2) statt, bevor das Serum, wel-ches mittels Zentrifugation (Universal 320®, Hettich, Tuttlingen Deutschland) bei 3000 Umdrehungen über 6 min gewonnen und anschließend bei - 80 °C aserviert wurde.

26 3.3 Labormaterialien

Für die Untersuchung der Serumproben auf anti-NPHV NS3 Antikörper und virale NPHV RNA sind verschiedene Chemikalien, Pufferlösungen, Plasmide, Oligonukleo-tide und Geräte verwendet worden, die im Anhang unter 10.1 (Labormaterialien) auf-gelistet sind.

27

4 Methode

4.1 Klinische Allgemeinuntersuchung

Eine klinische Allgemeinuntersuchung der Probanden wurde zusammen mit der Be-stimmung des Fruchtbarkeitsstatus von den Untersuchern der Herbstuntersuchung durchgeführt.

4.2 Hämatologische Untersuchung

Im Rahmen der hämatologischen Untersuchung, die im Labor der Klinik für Pferde Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover stattfand, wurden die Zahl der weißen (WBC) und roten Blutkörperchen (RBC), der Hämoglobingehalt (HGB), der Hämato-krit (HCT) und der Thrombozytengehalt (PLT) bestimmt. Die Untersuchungen erfolg-ten mit dem Sysmex Hämatologieanalysator KX-21N® (Sysmex, Hamburg, Deutsch-land). Eine Bestimmung des Gesamteiweißgehalts (GE) im Plasma fand mit einem

Im Rahmen der hämatologischen Untersuchung, die im Labor der Klinik für Pferde Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover stattfand, wurden die Zahl der weißen (WBC) und roten Blutkörperchen (RBC), der Hämoglobingehalt (HGB), der Hämato-krit (HCT) und der Thrombozytengehalt (PLT) bestimmt. Die Untersuchungen erfolg-ten mit dem Sysmex Hämatologieanalysator KX-21N® (Sysmex, Hamburg, Deutsch-land). Eine Bestimmung des Gesamteiweißgehalts (GE) im Plasma fand mit einem