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C 1.3 Mutationen der carboxylterminalen Spaltstelle von p6* führen bei den betroffenen Viren in Kompetition mit dem Wildtypvirus zu einem

deutlichen Replikationsnachteil.

In zurückliegenden Versuchen unserer Arbeitsgruppe konnten keine Unterschiede in Replikationskinetiken zwischen HX10 Wt und den Mutanten csM5 und csM6 in MT4-Zellen festgestellt werden. Um die virale Fitness der Mutanten csM5 und csM6 exakter zu definieren, wurde ein Testsystem entwickelt, bei dem zwei unterschiedliche Viren gemeinsam über einen bestimmten Zeitraum in einem Ansatz replizieren und somit um die zu infizierenden Zellen konkurrieren. Dieses als

Kompetitions-Replikations-Test bezeichnete System ist bezüglich seiner Durchführung und Auswertung genauer in Abschnitt F5.8 beschrieben.

Zur Gewinnung der Infektionsinocula wurden 293T-Zellen, wie unter Abschnitt F4.2 erläutert, mit Konstrukten der entsprechenden Virusmutanten transfiziert. Nach drei Tagen wurden die zellfreien, virushaltigen Überstände abgenommen, die Menge des darin enthaltenen CA-Proteins (p24) über ELISA bestimmt (Abschnitt F5.5) und bezüglich ihres CA-Gehaltes normalisiert. Im Anschluss daran wurden CEM-Zellen mit gleichen Mengen des Wt-Virus und einer der beiden Virusmutanten bzw. mit einem vierfachen Überschuss der entsprechenden Mutante (1:4) oder des Wt-Virus (4:1), infiziert. In einem weiteren Kompetitions-Replikations-Ansatz wurde zu Kontroll-zwecken die Mutante csM7 dem Wt gegenübergestellt, die auf Grund umfassender Prozessierungsdefekte replikationsinkompetent war (134 und Abschnitt C1.1). Die Ausbreitung der konkurrierenden Infektionen wurde in den Ansätzen über die Integration des viralen Genoms in das Genom der infizierten Zellen quantifiziert. Dazu wurden zu verschiedenen Zeitpunkten Zellen aus den Ansätzen entnommen, ihre genomische DNA isoliert, die integrierten viralen Genome über PCR amplifiziert und sequenziert (Abbildung C1.3 A, B und C).

Die Höhe des jeweiligen Signals an den Nukleotidpositionen, an denen sich Wt und Mutante unterscheiden, gibt Auskunft über die Menge der integrierten wildtypischen oder mutierten viralen DNA in der Präparation. Daraus konnte das Verhältnis der Zellen berechnet werden, die vom Wt-Virus oder von der Mutante infiziert wurden, woraus die Menge der beiden Viren im jeweiligen Kompetitions-Replikations-Ansatz zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeleitet werden konnte. Ein Wert bzw. Verhältnis größer als 1 bedeutet somit, dass der Wt in den Proben stärker vertreten ist als die Mutante. Ein Verhältnis kleiner als 1 zeigt an, dass die Mutante das effektivere Virus ist. Am Kurvenverlauf kann man erkennen, ob und mit welcher Geschwindigkeit der Wt eine Mutante verdrängte oder von ihr verdrängt wurde.

Um sicher zu stellen, dass die Verschiebungen der Signalhöhen auf Zu- bzw.

Abnahme von verschiedenen Viren und nicht auf Spontanmutationen beruht, wurde über einen Zeitraum von sechs Wochen dieser Sequenzbereich in Kontrollansätzen mit nur einer Virusvariante untersucht. In allen Fällen blieb die Nukleotidsequenz unverändert.

Aus Abbildung C1.3 D und G geht hervor, dass die Mutante csM5 schon nach fünf Tagen dem Wt-Virus deutlich unterlegen war, da mehr als dreimal so viele Zellen vom Wt-Virus als von csM5 infiziert wurden. Um auszuschließen, dass sich ein Virus gegenüber einem anderen im Verlauf der Experimentdauer auf Grund von marginalen Unterschieden im Inokulationsvolumen durchsetzt, wurden Zellen am Tag 0 mit der

Wt:csM7 = 1:1

Abbildung C1.3 Kompetitions-Replikations-Test zwischen HX10 Wildtyp und den p6*HX10-Mutanten csM5, csM6 und csM7. CEM-Zellen wurden entweder mit gleichen Mengen an Virus und Mutante (1:1) oder in einem zweiten Ansatz mit einem vierfachen Überschuss der Mutante inkubiert (1:4). 1, 3, 5, 11 und 21 Tage später wurden Zellproben aus den Ansätzen entnommen, die genomische DNA isoliert, mit spezifischen Primern integrierte virale DNA amplifiziert und sequenziert. Die Boxen zeigen die p6*-Regionen, in denen sich die Mutanten csM5, csM6 und csM7 in ihrer Nukleotidsequenz vom Wt unterscheiden. Die aus der Sequenzierung an den Tagen 1, 5 und 21 hervorgegangenen Chromatogramme lassen die überlagerten Signale beider viraler Genome im betreffenden p6*-Abschnitt erkennen (A-C). Die Verhältnisse der Signalhöhen von Wt:Mutante wurden für alle markierten Positionen (Sterne) bestimmt und ein Durchschnittswert für jeden Zeitpunkt ermittelt (G). Die Durchschnittswerte (n.e. = Wert nicht ermittelbar) beider Kompetitions-Replikations-Tests (1:1 und 1:4) wurden in einem binär logarithmischen Diagramm gegen die Zeit aufgetragen (D-F).

vierfachen Menge des mutierten im Vergleich zum wildtypischen Virus infiziert (wt:csM5 = 1:4). Wie der Kurvenverlauf zeigt, war in diesem Experiment das Verhältnis von mit Wt und Mutante infizierten Zellen bereits am Tag 6 wieder ausgeglichen. Am Tag 11 konnte man für das Verhältnis Wt:csM5 einen Wert von 4,2 bzw. 1,5 ermitteln, je nachdem ob die Zellen mit einem Wt:Mutante-Verhältnis von 1:1 oder 1:4 infiziert wurden.

Noch schneller konnte das Wt-Virus die Mutante csM6 verdrängen, wie sich aus dem Kurvenverlauf in Abbildung C1.3 E ergibt. Am Tag 5 lag das Verhältnis Wt:csM6 bei fast 10, bzw. bei 2,6, wenn die Zellen am Tag 0 mit der vierfachen Menge der Virusmutante infiziert wurden (Abbildung C1.3 G).

Am deutlichsten konnten sich Wt-Viren jedoch gegenüber der Kontrollmutante csM7 durchsetzen. Hier wurden nach fünf Tagen um den Faktor 200 mehr Zellen vom Wt als von der Mutante infiziert. Waren am Tag 0 noch viermal mehr csM7-Viren, verglichen mit dem Wt in den Ansätzen, so hatte das Wt-Virus fünf Tage später schon fast die neunfache Anzahl an Zellen infizieren können (Abbildung C1.3 F und G). Zu späteren Zeitpunkten waren die Signale, die von den mutierten Sequenzen stammten, bereits so schwach, dass sie teilweise nicht mehr quantifiziert werden konnten. Alle restlichen, zu den verschiedenen Zeitpunkten ermittelbaren Verhältnisse sind tabellarisch in Abbildung C1.3 G aufgeführt. Die Ergebnisse der Kompetitions-Replikations-Experimente, bei denen ein 4:1-Verhältnis für die Inocula von Wt:Mutante gewählt wurde, zeigten schon sehr früh im Replikationsverlauf fast ausschließlich Wt-Signale und sind daher nicht angegeben.

Mit Hilfe des Kompetitions-Replikationstests konnte erstmals gezeigt werden, dass es mit einer Veränderung der vier carboxylterminalen Aminosäuren von p6*, auch wenn sie die Prozessierung nur unwesentlich stören, dennoch zu einem deutlich messbaren Nachteil in der Virusreplikation kommt.