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5. Modellsysteme für die enzymatisch katalysierte Hydrolyse

5.3 Modellsystem A

Der Einfluß eines Zink-Kations

Einige Strukturdaten für Modellsystem A sind in Tabelle 5.3 zusammenge-stellt. In der Koordinationssphäre des Zinks sind die beiden Imin-Liganden in allen Strukturen mit Bindungslängen von etwa 2.1 Å koordiniert. Anders als in der Kristallstruktur ist das Carboxylat einzähnig gebunden; das zweite Sauerstoffatom befindet sich in der zweiten Koordinationssphäre des Metalls und bildet, wie in Abbildung 5.6 erkennbar, Wasserstoffbrücken zu einem oder beiden Imin-Liganden oder zum Substratmolekül.

Die Spaltung des Formamids verläuft auch mit dem Metallkomplex nach ei-nem Additions-Eliminations-Mechanismus. Die Reaktion beginnt mit dem Angriff des Zink-gebundenen Hydroxid-Ions an die Carbonylgruppe des Formamids. In dem viergliedrigen ÜbergangszustandATS31wird eine Bindung zwischen dem Hydroxidion und dem Carbonyl-Kohlenstoffatom des Form-amids gebildet. Gleichzeitig wechselt die Koordination des Zinks in einem assoziativen Ligandenaustauschmechanismus: Das Sauerstoffatom der Car-bonylgruppe tritt in die Koordinationssphäre ein, während das Hydroxidion sie verläßt. Dabei ist das Zinkion in der Struktur des Übergangszustands fünf-fach koordiniert, und der Abstand zum Sauerstoffatom des Formats in der zweiten Koordinationssphäre vergrößert sich auf 3.145 Å.

Die Bindungslänge zwischen dem Sauerstoffatom des Hydroxids und dem Carbonyl-Kohlenstoffatom beträgt im Übergangszustand 1.795 Å. Die C-N-Bindung verlängert sich um 0.05 Å, die C-O-C-N-Bindung des Formamids um 0.07 Å, und die Formamid-Einheit ist nicht mehr planar.

Der Mechanismus der Addition des Zink-gebundenen Hydroxids ist mit dem

102 5.3 Modellsystem A

A3 ATS31 ATS12

A2 A1

-13.6(-10.0) 6.7(7.0) 28.8(25.1)

0

-22.6(-20.7)

Abbildung5.6:ReaktionsprofilfürdieHydrolysevonFormamiddurchModellsystemAaufB3LYP/BS2-NiveauundB3LY

P/BS1-Niveau(inKlammern).DieEnergien(kcal/mol)beinhaltendieNullpunktsschwingungskorrektur.

Kapitel 5. Modellsysteme für die enzymatisch katalysierte Hydrolyse 103

Tabelle 5.2: Ausgewählte Strukturdaten für Modellsystem A und Kristallstrukturdaten. Ab-stände in Ångstrom, Winkel in Grad.

A3 ATS31 A1 ATS12 A2 Zink-Ligand-Geometrie

BS1 2.175 2.128 2.120 2.155 2.082

Zn-NHis-69 BS2 2.150 2.168 2.107 2.143 2.081

6CPA 2.147

BS1 2.103 2.184 2.093 2.140 2.025

Zn-NHis-196 BS2 2.093 2.147 2.082 2.130 2.032

6CPA 2.153

BS1 2.768 1.988 1.972 1.993 1.999 Zn-O1Glu-72 BS2 2.978 2.009 1.980 1.998 1.997

6CPA 2.175

BS1 1.974 3.101 2.954 3.108 3.262 Zn-O2Glu-72 BS2 1.969 3.145 2.920 3.069 3.185

6CPA 2.269

Zn-OOH

BS1 1.866 2.081 2.875 2.146 2.758 BS2 1.887 2.062 3.178 2.185 2.940 Zn-OFormamid

BS1 2.063 1.883 2.042 1.957

BS2 2.081 1.898 2.061 1.961

Formamid-Einheit

C-N BS1 1.346 1.397 1.458 1.641

BS2 1.344 1.393 1.467 1.631

C-OFormamid BS1 1.227 1.293 1.359 1.309 1.294

BS2 1.224 1.288 1.355 1.308 1.290

C-OOH BS1 1.782 1.445 1.416 1.235

BS2 1.795 1.454 1.419 1.231

O-C-O BS1 101.7 108.3 113.0 128.0

BS2 98.8 108.8 112.6 127.3

O-C-N BS1 109.6 107.0 91.6

BS2 110.9 106.8 91.8

ersten Schritt des Mechanismus der neutralen Hydrolyse von Formamids ver-gleichbar, wobei hier das Zinkion die Rolle eines Protons übernimmt, das auf den Sauerstoff der Carbonylgruppe übertragen wird. Durch die Beteili-gung des Zinks an diesem Schritt sinkt die Barriere, ausgehend vom

Begeg-104 5.3 Modellsystem A nungskomplex des Substrates mit dem Metallkomplex, auf 20.3 kcal/mol auf B3LYP/BS2-Niveau. Die entsprechende Barriere für die neutrale Hydrolyse von Formamid unter Teilnahme von zwei weiteren Wassermolekülen liegt bei 38.9 kcal/mol auf demselben Niveau. Damit entspricht die Energieerniedri-gung durch die BeteiliEnergieerniedri-gung des Zink(II)-Komplexes 18 kcal/mol.

Die Struktur mit dem neu gebildeten tetraedrischen Intermediat liegt knapp 7 kcal/mol unter dem Übergangszustand. Die C-OOH- und C-N-Bindungen entsprechen in ihren Längen Einfachbindungen, und die C-O-Bindung zum koordinierenden Sauerstoffatom liegt mit einer Länge von 1.355 Å zwischen einer Einfach- und einer Doppelbindung.

Für den zweiten Schritt des Mechanismus wird das Proton von dem addier-ten Hydroxidion auf das Stickstoffatom übertragen und die C-N-Bindung ge-spalten. Hierfür ist wesentlich mehr Energie erforderlich als für den ersten Schritt. Die Aktivierungsenergie fürATS12beträgt 28.8 kcal/mol und ist damit nur wenig niedriger als bei der Reaktion von Formamid mit einem Wasser-molekül, wo die Barriere 33.1 kcal/mol auf B3LYP/BS2-Niveau beträgt. Die Struktur von ATS12 ist mit einem O-C-N-Winkel von 91.8 Grad ähnlich ge-spannt wie der Übergangszustand für die Spaltung der C-N-Bindung mit nur einem Wassermolekül (NTS12) mit 95.9 Grad. Die C-N-Bindung verlängert sich im Übergangszustand auf 1.631 (BS2), während sich die C-OFormamid -Bindung um 0.05 Å und die C-OOH-Bindung um 0.03 Å verkürzen. Das Sau-erstoffatom des addierten Hydroxids (OOH) wechselt außerdem wieder in die erste Koordinationssphäre des Zinks. So kann die negative Ladung stabilisiert werden, während das Proton nicht mehr am Sauerstoff gebunden und eine Doppelbindung zum Carbonyl-Kohlenstoffatom noch nicht ausgebildet ist.

Im Produktkomplex ist das Zinkion wieder vierfach koordiniert. Die beiden C-O-Bindungen des gebildeten Ameisensäureanions entsprechen

Doppelbin-Kapitel 5. Modellsysteme für die enzymatisch katalysierte Hydrolyse 105 dungen, und es hat eine planare Struktur.

Die mit den verschiedenen Basissätzen erhaltenen Strukturdaten stimmen gut miteinander überein. Die einzige größere Abweichung tritt beim tetra-edrischen Intermediat A1 auf, wo mit dem größeren Basissatz eine um 0.3 Å längere Zn-OOH-Bindung erhalten wird. Bei den relativen Energien fallen allerdings größere Unterschiede zwischen den beiden Basissätzen auf. Die re-lative Energie des EduktkomplexesA3 ist mit BS1 um 3.6 kcal/mol höher als mit BS2, so daß die Aktivierungsenergie für die Addition des Hydroxids auf B3LYP/BS1-Niveau nur 17.o kcal/mol beträgt, statt 20.3 kcal/mol wie auf B3LYP/BS2-Niveau. Auch die Barriere für den zweiten Schritt, den Zerfall des Intermediates, ist mit 25.1 kcal/mol um 3.7 kcal/mol niedriger als mit dem größeren Basissatz.

5.3.1 Lösungsmitteleffekte

Um elektrostatische Wechselwirkungen mit der enzymatischen Umgebung zu untersuchen, wurden für die stationären Punkte Einzelpunktrechungen mit COSMO durchgeführt. Die relativen Energien aller Strukturen, abgesehen vom EduktkomplexA2, werden durch das dielektrische Kontinuum auf beiden verwendeten Niveaus um etwa 1 kcal/mol abgesenkt. Die Aktivierungsenergie für die Addition des Hydroxids an das Substrat bleibt auf B3LYP/BS2-Niveau mit 20.0 kcal/mol im Lösungsmittelmodell im Vergleich zu 20.3 kcal/mol in der Gasphase nahezu gleich. Der Übergangszustand ATS31 liegt 5.9 kcal/mol über dem tetraedrischen Intermediat, und damit nur 0.8 kcal/mol niedriger als ohne Lösungsmittelmodell. Auch ATS12 ist im dielektrischen Kontinuum energetisch um 1.3 bzw. 0.9 kcal/mol günstiger. Die Energien der